Die Gartenlaube (1891)/Heft 37

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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum: 1891
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[613]

Nr. 37.   1891.
Die Gartenlaube.

Illustriertes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.

In Wochen-Nummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pf.   In Halbheften: jährlich 28 Halbhefte à 25 Pf.   In Heften: jährlich 14 Hefte à 50 Pf.


Nachdruck verboten.     
Alle Rechte vorbehalten.

Ein Götzenbild.

Roman von Marie Bernhard.

(1. Fortsetzung.)

Als Werner, der seine letzten Worte mit einer gewissen Feierlichkeit gesprochen hatte, wie in tiefem Nachsinnen innehielt, heftete Andree einen erstaunten Blick auf ihn. Da er jedoch den schmerzlichen Zug im Gesicht des Kranken bemerkte, unterdrückte er die Frage, die ihm auf den Lippen schwebte, und sagte beruhigend: „Ich einer der wenigen, auf die Du Dich verlassen kannst? Du hast hier viele Freunde, Troost!“

„Freunde? Ja, sie haben mich alle gern; weiß Gott, die Menschen sind gut zu mir gewesen, so lange ich denken kann, und ich bin dankbar dafür! Aber was meinst Du wohl – wie


Die Frankfurter elektrotechnische Ausstellung am Abend.
Nach einer Zeichnung von F. Boehle.

[614] viele von denen, die mir, wenn ich heute sterbe, einen Kranz von Frühlingsblumen stiften und mir in ehrlicher Trauer das Geleit zur Pyramide des Cestius geben, werden nach einem Jahr noch mehr von mir wissen als den Namen? Ein lustiger Gesell, ein flotter Kumpan, kein Spielverderber – das ersetzt sich leicht! Ja, wenn ich wenigstens in meinen Werken fortleben würde! – Ich hab’ mich noch nie überwinden können,“ fuhr er nach einer kurzen Pause fort, „Dich zu fragen, weil ich Deine Antwort scheute, indessen heute – – Glaubst Du, Andree, daß ich jemals ein bedeutender Bildhauer sein, mir einen Namen machen werde?“

Andree rückte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. „Wie kannst Du nur so fragen? Du weißt doch, wie sehr ich Deine Begabung schätze. Aber laß jetzt solche Gespräche, Du brauchst vor allem Ruhe.“

„Nein, lieber Freund, ich bitte Dich, daß Du meine Frage ernsthaft, gründlich beantwortest, ich werde keine Ruhe haben, bevor Du das gethan hast, und ich verlange von Dir, wenn Du mich wirklich liebst, daß Du mir die Wahrheit sagst, die volle, rückhaltlose Wahrheit – hörst Du?“

Andree blickte mit ernster Sorge auf den jungen Freund, dessen Augen verlangend auf ihn gerichtet waren.

„Du bist sehr gut beanlagt, lieber Troost,“ sagte er endlich, „Du hast ein blühendes Talent! Dir keimen die reizvollen Ideen leicht auf, und Dir fehlt nicht die glückliche Hand, sie zu verwirklichen. Was Deinen Werken – in meinen Augen wenigstens – noch abgeht, das ist eine gewisse Strenge, welche die Kunst, Deine Kunst zumal, nicht entbehren darf. Es ist mir zu viel zierliche Anmuth in Deinen Arbeiten, zu viel leichtes Spiel! Ich will mir das gewiß nicht hinwegwünschen, denn es gehört zu Deinem ganzen Wesen, ist ein Theil Deiner Eigenart, und das, was Du jetzt schaffst, wird immer willige Käufer finden, immer den Beifall des Publikums haben.“

„Du weißt, daß es das nicht ist, was ich will,“ unterbrach ihn Werner mit fieberischer Lebhaftigkeit. „Vor allem will ich ein echter Künstler sein. Du hast recht in jedem Wort, das Du mir sagtest, ich fühl’ es ja selbst. Bis jetzt hab’ ich mir erst in einem einzigen Werk Genüge gethan – da hat es aber die Sache gewollt! – in einem Werk, das bis heute niemand zu sehen bekommen hat. Du sollst es jetzt sehen und urtheilen! Was etwa daran noch zu vollenden ist, das sind unbedeutende Nebendinge, nicht der Rede werth, im großen und ganzen ist’s fertig.“

„Das verschleierte Bild zu Sais, an dem Du immer bei verschlossenen Thüren gearbeitet hast? Das Du stets sorgsam in Deine Geräthkammer trugst, ehe Du irgend einen Besuch zu Dir hereinließest?“

„Ja, das! Hast Du eine Ahnung davon, was es vorstellen könnte?“

Andree lächelte.

„Nun, mein Sohn, das ist nicht so schwer. Wer täglich mit Dir zusammenkam, wie ich, wer nicht ganz auf den Kopf gefallen war und Dein ganzes Wesen, Deine oft sehr durchsichtigen Anspielungen beachtete, den raschen Wechsel von weicher Träumerei und glühender Thatkraft, das glückselige Augenspiel heute und den schwärmerischen Sehnsuchtsblick morgen – der konnte keine Minute lang im Zweifel sein, daß eine große Liebe Deinem ganzen Wesen die Richtung giebt.“

„Hol’ es jetzt, hol’ es, ich bitte Dich!“ Troost ließ seinen Freund nicht ausreden, seine dunkeln Augen schwammen in feuchtem Glanz, eine fliegende Röthe tauchte sein ganzes Gesicht in plötzliche Gluth. „Du hättest es ohnehin bald erfahren, ich hätte Deinen Rath, vielleicht Deinen Beistand erbeten; jetzt möchte ich noch mehr als das! Man kann nie wissen – – Also in der Geräthkammer rechts steht es; eine Büste! So verdeckt wie sie da ist, bring’ sie herein!“

Andree gehorchte; in die halbdunkle Geräthkammer, wo allerlei altes Gerümpel übereinander gehäuft lag, fielen durch ein paar hoch angebrachte Fensterklappen lustige Sonnenlichter auf die graue Hülle, die in weichen Falten über eine Büste hinfloß und auch deren Sockel noch zur Hälfte verdeckte. Eine schräge Säule von Sonnenstäubchen flimmerte in der schweren abgesperrten Luft, und aus der Ferne war der eintönige Klang einer Kirchenglocke deutlich vernehmbar.

Behutsam hob er die Büste sammt der Hülle herunter; fast schien es, als sei der Kopf lebendig, denn die Decke bewegte sich und wollte herabfallen.

„Bring’ auch den Sockel hierher!“ kommandierte Werner Troost und machte eine Bewegung, wie wenn er sich im Bett aufrichten wollte, um sofort mit einem unmuthigen Kopfschütteln zurückzusinken. „Hier rechts von mir stelle beides hin, daß ich auch gut sehen kann – noch weiter rechts – halt – jetzt halt! Nun rasch die Decke herunter, und komm’ her zu mir.“

Andree gehorchte; mit einem raschen Griff warf er die Hülle beiseite und trat ein paar Schritte rückwärts. So schauten sie beide empor, Werner Troost mit dem glücklichen Blick des Liebenden, sein Freund sprachlos, erstaunt.

Das, was er hier sah, war ein leicht aufwärts gewendetes Mädchenköpfchen, von einer Feinheit der Form, einer Anmuth der Bewegung, einer Leichtigkeit der Wiedergabe, daß man das spröde Material ganz vergaß. War’s nicht, als rege sich leise der entzückende kleine Kopf auf dem feinen Nacken, als öffneten sich die süß geschwellten Lippen, als senkten sich die Lider über die schönen Augen? Welch edle, schlichte Linien, welch unaussprechlich zarte Frauenblüthe – mit einem Wort: welch ein Meisterwerk der Natur und der Kunst!

Andree stand da wie in den Boden gewurzelt, schaute und schaute. In ihm wurde der Maler wach und belebte den weißen Marmor, hauchte zartes Roth auf die Wangen, vergoldete das üppig gewellte Haar, ließ die Augen in tiefem Blau erstrahlen, setzte an die zart abfallenden Schultern die Arme an, baute die ganze schlanke weiße Gestalt auf, daß sie sich leuchtend emporhob, das Haupt der Sonne zugewendet – dem Licht!

Dem Licht! Er drückt die Augen zu, es keimt ein Gedanke in ihm auf, gewinnt Leben – ein glücklicher Gedanke, sein bestes Bild! Das Herz wird ihm groß in der Brust, es klopft in wilden Schlägen, sein Blut strömt rascher, zu seiner ganzen Höhe richtet er sich empor und sein Athem geht beschleunigt aus und ein – Licht!!

„Andree! Ich hab’ Dich lange schweigen lassen, jetzt rede! Du hast Dich hineingesehen – ich will Deine Kritik haben!“

„Kritik!“ Der Maler faßte die schmale Linke, die auf der Bettbecke lag, und preßte sie selbstvergessen in seiner starken Hand, daß es schmerzen mußte. „Die kannst Du mir erlassen! Man kann nicht kritisieren, wenn man bewundern muß.“

Ein strahlendes Lächeln ging über Werners Züge hin, aus denen die vorige Röthe rasch gewichen war – sein Gesicht war ganz entfärbt.

„Du machst mich glücklich – Du machst mich stolz!“ murmelte er abgebrochen. „Ich sagte Dir’s ja – mein bestes Werk, das einzige, in dem ich mir Genüge that bis jetzt!“

Werner Troosts Augen, die unnatürlich klar waren, hafteten auf Andree, aber dieser merkte nichts davon. Seine Blicke hingen wie festgezaubert an der Büste.

„Und das lebt, das athmet wirklich?“ fragte er nach einer Weile halblaut. „Das ist nicht nur Deiner Einbildung entsprungen?“

Der junge Künstler lächelte halb schmerzlich, halb spöttisch.

Du thust mir viel Ehre an, wenn Du meinst, ich sei genial genug, ein solches Gesicht aus meiner Einbildung heraus zu erfinden. Wie oft hab’ ich meinen Meißel verwünscht, daß er mir nicht gehorchen, das nicht schaffen wollte, was die Natur doch schuf, was ich mit dem Auge des Geistes zum Verzweifeln und zum Entzücken deutlich vor mir sah! Sie lebt und ich liebe sie mehr als mein Leben, und sie ist eines reichen Hamburger Senators und Börsenkönigs Tochter – und ich bin nichts als ein kleiner unbekannter Bildhauer und darf nicht eher öffentlich um sie werben, als bis ich ein berühmter Mann geworden bin und ein reicher dazu! Hörst Du, Andree? Auch ein reicher! Denn sie ist das Kronjuwel, das Kleinod der ganzen Familie, sie schwimmt in märchenhaftem Glanz und Luxus, und ihr Vater träumt von einer Fürstenkrone für sie. Die Lorbeeren allein thun es nicht bei den praktischen Hamburger Kaufherren, der Lorbeer ist ja nur grün, und für sie muß er massiv golden sein, sonst lachen sie darüber! Von ihrer Familie ahnt keine Seele (sehr seelenvoll ist sie übrigens nicht, diese Familie!) etwas von unsern Beziehungen. Denn vor einem Jahr und drei Monaten, eh’ ich hierher nach Rom kam, hab’ ich mich mit dem bestrickenden siebzehnjährigen Kinde verlobt, und seither schreiben wir einander auch – das heißt, sie antwortet mir auf meine langen, langen, tollen Episteln, in denen mein ganzes Herz liegt, mein grenzenloses Sehnen, [615] meine wahnwitzige Angst, daß sie mir fortgenommen werden könnte – da, sag’ ich, antwortet sie mir hin und wieder mit kleinen schüchternen Zettelchen, solch’ hilflosen Mädchenbriefen; das ist, als hättest Du den rasendsten Durst von der Welt, und sie bieten Dir dafür ein paar spärlich versprengte Tröpfchen Blumenthau!“

„Aber Troost, wenn sie Dich liebt –“

„Liebt? Ja doch, ja, sie glaubte es damals wenigstens – oder hatte ich sie nur mit meiner gewaltigen Leidenschaft mitgerissen? Aber nun dies Wunderbild und das brausende Hamburger Leben und sie mitten in diesem Strom von Gold und Glanz, alles auf den Knieen vor ihr in Bewunderung und Begehren, – und ich nicht da, niemals da, sie zu behüten, festzuhalten! Hier in Rom muß ich arbeiten, arbeiten, um groß und reich zu werden – und doch müßte sie bald, bald aus diesem Taumel der Vergötterung herausgerissen werden durch eine feste und starke Hand, denn in ihrer Umgebung ist niemand, der einen hohen Sinn und eine vornehme Denkweise hat – ich wenigstens habe dort keinen gefunden. Und sie ist so jung, so leicht zu verwirren, zu beeinflussen! Andree, wenn ich sterbe, mußt Du mir mein Kleinod retten!“

Der Maler zuckte leicht zusammen und wandte seine Augen von der Büste fort auf seinen Freund.

„Red’ nicht solch’ dummes Zeug zusammen, lieber Sohn! Du hast wohl Fieber bekommen und fängst zu phantasieren an? Sterben! Du, bei Deiner Jugend und Lebenskraft!“

Werner Troost lächelte.

„Ich denke ja nicht d’ran, sterben zu wollen, nur für alle Fälle – auch junge, kerngesunde Leute machen ihr Testament, und ich – zu hinterlassen hab’ ich nicht viel, meine Ateliereinrichtung bekämest Du und das einzige werthvolle Stück darin wäre diese Marmorbüste.“

„Du sprichst zuviel, Troost, das kann Dir nicht gut sein.“

Andree sah mit Besorgniß, wie seines Freundes Gesicht sich verändert hatte – eine wächserne Blässe lag darüber ausgebreitet.

„Thorheit! Wer weiß, wie lange ich noch reden kann! Sieh nicht so bös aus, ich red’ ja nicht vom Tode, nur ist es nicht unmöglich, daß ich wirklich anfange, zu fiebern, und dann erfährst Du nichts! ’s ist doch nur, weil ich denke, Du müßtest nach Hamburg, meine Stelle vertreten, wenn … dummes Zeug! Also, vor zwanzig Monaten etwa kam ich nach Hamburg zum Besuch meines Onkels, des einzigen Verwandten, den ich noch habe. Er ist ein wohlhabender Schiffsreeder, hat mir viel Gutes erwiesen und fand diesmal mehr Wohlgefallen an mir als je; er hält mich, da er von der Kunst ungefähr soviel versteht, wie ich von seinen Schiffswerften, für ein Genie ersten Ranges, für so eine Art Michelangelo, dazu bestimmt, die Welt mit unsterblichen Werken außer Athem zu setzen. Durch seine Frau, die aus einer alten Hamburger Familie stammt, hatte er Zutritt in den stolzesten Patrizierhäusern, so verkehrte ich überall, wurde viel eingeladen, und bei einer jener glänzenden Hamburger Gesellschaften, die einem Fürsten von Geblüt keine Schande gemacht hätte, traf ich Senator Brühl nebst Gattin und Tochter.“

Troost that einen tiefen Athemzug, der wie ein Seufzer klang, und heftete seine weitgeöffneten Augen auf das Marmorbildniß. Die Sonne stand schon bedeutend tiefer, schräge Goldstreifen glitten durch die Gehänge am Fenster und zitterten um Stirn und Lippen der Büste.

„Stella heißt sie – ein Name wie für sie erfunden – der ‚Stern‘! Sie verblaßten alle neben ihr wie Schatten, die vielen hübschen Mädchen, die dort waren.“

„Nun – und Du?“

„Ich sah den ganzen Abend nur sie, und andern Tags hab’ ich dort meinen Besuch gemacht. Ich fand ein prachtvoll eingerichtetes Haus, einen Vater und eine Mutter, die mit ihrer Tochter Abgötterei trieben – wer kann es ihnen verdenken?“

„Ist sie die einzige Tochter?“

„Nein, sie hat eine Schwester und einen Bruder, beides noch Kinder!“

„Und sie selbst – ihr Wesen?“

„Ach!“ Werner Troost athmete tief und schloß halb die Augen. „Es ist alles im Werden bei ihr, ich sagte Dir ja, sie muß erzogen, behütet, veredelt werden – wer thut das bei ihr zu Hause? Ob ich fest und stark genug wäre, sie oben zu halten – ich weiß es nicht! Ich liebe sie so abgöttisch, da überlegt man nichts! Wenn ich aber sterbe, mußt Du ihr alles sein. Du wirst ihr nicht nur Liebe und Anbetung, sondern auch Energie zeigen – versprich mir!“

Er sank tiefer zurück in die Kissen! Andree beugte sich beunruhigt über ihn. Das Gesicht seines Freundes war seltsam verändert; die Pupillen schienen sich erweitert zu haben und strahlten einen bläulichen Glanz aus; ein eigenthümliches Lächeln, das nichts Freundliches, sondern etwas befremdend Starres hatte, zog die Oberlippe ganz zurück und legte die schönen weißen Zähne bloß. Die freie linke Hand dehnte sich mehrmals aus und schloß sich langsam wieder zusammen.

„Rede nicht mehr, Werner,“ sagte Andree und strich ihm die Haare aus der Stirn, wie einem kranken Kind, „es greift Dich doch an. Ich verspreche Dir alles, was Du willst!“

„Dank, Dank – doch nun – mich fröstelt, ich möchte schlafen – nimm doch die Büste weg – die Sonne ist ja auch schon fort – Du mußt sie aber bedecken!“

Andree hob das Tuch vom Boden auf. Vorsichtig, als habe er ein lebendes Wesen vor sich, hüllte er das schöne Köpfchen in die Decke ein und trug es nach dem entlegensten Winkel des Ateliers; dann trat er auf den Fußspitzen wieder an das Bett.

Werner hatte die Augen geschlossen, allein die Lider deckten sie nicht ganz zu, ein dunkler Spalt schimmerte darunter hervor. Immer noch theilte das starre Lächeln, das kein Lächeln war, die Lippen, und die linke Hand suchte und tastete auf der Bettdecke.




3.

Leise that sich die Thür auf, und Signora Marchini steckte vorsichtig den Kopf herein, sie hatte verweinte Augen und winkte Andree zu sich heran.

„Die Herren Aerzte sind drüben bei mir – wenn Signor Andree auch kommen wollte – Frolo kann solange hier bleiben!“

Der hagere Wärter schob sich hinter ihr herein und setzte sich mit seiner unbeweglichen Miene sofort neben das Bett.

In dem kahlen Flur blieb Signora Marchini, nachdem sie die Thür des Ateliers leise hinter sich geschlossen hatte, plötzlich stehen, ergriff Andrees Hand und preßte ihr verweintes Gesicht dagegen.

„Ich kann’s nicht glauben, Signore, ich kann’s nicht! Meinen eigenen Sohn, wenn mir die Muttergottes statt meiner drei Töchter einen gegeben hätte, könnt’ ich nicht lieber haben! Heute früh ist er fortgegangen mit Lachen und einem Liedchen auf den Lippen – und nun – nun –“

Andree erwiderte kein Wort. Sie traten in das Zimmer der Witwe, ein freundliches Stübchen mit einem behäbigen Ledersessel, auf welchem ein zusammengekauertes Kätzchen schnurrte; bunte Heiligenbilder hingen über dem Bett und als Prunkstück stand auf einem Schränkchen ein betendes Kind aus Gips, ein Geschenk des Miethers.

Die beiden Herren, Doktor Weber, der deutsche Arzt, ein untersetzter wohlwollend aussehender Herr, und sein römischer Kollege, stattlich, brünett, mit einem glattrasierten Gesicht, erhoben sich von ihren Stühlen, als Andree eintrat. Der fremde Arzt fragte: „Ein Bruder des Kranken?“

„Ein Freund!“ erwiderte Doktor Weber.

Andree verbeugte sich stumm.

„Herr Doktor Weber hat mir seine Diagnose mitgeteilt,“ begann der stattliche Herr von neuem. „Sonach hat Ihr Freund bei dem Unglücksfall in der Casa Bortenyi schwere innere Verletzungen davongetragen, die nach menschlichem Ermessen unfehlbar den Tod nach sich ziehen. Um dem Kranken die Möglichkeit zu gewähren, einige Verfügungen zu treffen, und um den unausbleiblichen qualvollen Schmerzen vorzubeugen, hat Herr Doktor Weber sich veranlaßt gesehen, ein sehr scharfes Mittel anzuwenden, dessen Wirkung jetzt bald beendet sein dürfte. Mein Herr Kollege wünscht ausdrücklich, daß ich den Verunglückten sehe und, wenn möglich, nochmals untersuche. Ich füge mich diesem Wunsch, obgleich ich der unumstößlichen Ueberzeugung bin, daß Herr Doktor Weber, mit welchem ich bereits mehrfach im ärztlichen Berufe zusammen thätig war, mit seiner Diagnose hier, wie bisher stets, das Richtige getroffen hat!“

Dokor Weber verneigte sich in Anerkennung dieser wohlgesetzten Rede, die seinem Können so volle Achtung zollte, und wendete sich dann zu Andree.

[616] „Ihr Freund, unser armer Werner Troost, hat Ihnen Mittheilungen von Wichtigkeit gemacht?“

„Ja, – einige!“ Des Malers Stimme klang heiser und trocken, seine Augen blickten ausdruckslos gerade vor sich hin.

„Das ist mir lieb zu hören! Wenn es jetzt gefällig wäre, Herr Kollege!“

Er öffnete die Thür und bemühte sich, Signora Marchini zurückzuhalten, die ihnen folgen wollte. Als sie die gefalteten Hände zu ihm aufhob und ihm schwur, sie wolle stumm wie ein Bild sein, gab er achselzuckend nach.

Als sie in Troosts Atelier eintraten, sahen sie Frolo, den Wärter, weitab von dem Bett des Kranken, an der Hinterwand des großen Raumes stehen und mit vieler Aufmerksamkeit die dort aufgestellten Statuen betrachten, als ginge ihn sein Pflegling nichts mehr an.

Der römische Arzt trat dicht an das Lager, blickte dem darauf Liegenden scharf ins Gesicht, legte leicht die Hände übereinander und blieb so stehen, ohne auch nur die geringsten Anstalten zu der beabsichtigten Untersuchung zu treffen. Doktor Weber bog sich nahe über den Kranken, zuckte fast unmerklich zusammen und ging mit wenigen Schritten bis an das Fußende des Bettes zurück. Dort blieb auch er regungslos stehen, die Hände in einander gefügt, den Kopf gesenkt.

Waldemar Andree schaute von dem einen zum andern. Sein Begriffsvermögen war wie vernichtet, er verstand noch immer nicht. Erst als er bemerkte, wie Signora Marchini ein kleines silbernes Kruzifix aus ihrem Busen zog, es andächtig küßte und dann neben dem Bett in die Kniee sank, kam ihm die ganze Wahrheit zum Bewußtsein.

Er war mit drei Schritten neben dem Bett und starrte mit großen Augen auf die hingestreckte Gestalt.

„Werner! Werner!“ rief er zweimal mit lauter Stimme.

Aber Doktor Weber machte ihm rasch ein abwehrendes Zeichen mit der Hand, und der römische Arzt neben ihm flüsterte:

„Lassen Sie ihn! Sehen Sie nicht?“

Unter den halb zugesunkenen Augen zeigten sich breite blaue Schatten; die Schläfen schienen plötzlich eingefallen, und die Lockenhaare hatten sich fest um die Stirn geklebt. Der Athem ging keuchend, die linke Hand bewegte immer noch mühsam tastend die Finger hin und her. Dann öffneten sich Werners Augen plötzlich unnatürlich weit. Unendlich kläglich war es anzusehen, wie er mit aller Gewalt danach strebte, sich auf etwas zu besinnen, den fliehenden Geist zurückzuzwingen, umsonst –

Er richtete seinen starren, hilflosen Blick nach dem Fenster, als würde er von dorther irgend welchen Beistand erwarten. Doktor Weber gab dem Wärter einen Wink; Frolo eilte zum Fenster und nahm hastig und geräuschlos die Vorhänge herunter.

Drüben über der Straße lehnte ein kleines, grün umsponnenes Häuschen an einer halbzerfallenen Mauer, voll und goldig lag dort noch der scheidende Sonnenschein. Wie ein Lichtbild stand das kleine Haus da, und ein paar lustig jubelnde Kinderstimmen drangen durch die tiefe Stille bis herein in den schweigenden Kreis der Männer.

Die Augen des Sterbenden schauten groß und ungeblendet in den sonnigen Glanz, – ob sie ihn noch empfanden? Signora Marchini schluchzte leise und versuchte, mit gebrochener Stimme Gebete zu murmeln. Andree zitterte wie im Fieberfrost, aber keine erlösende Thräne wollte ihm kommen, er hätte sich ihrer wahrlich nicht geschämt! Tief zu seinem Freunde niedergebeugt, schien er dem Tode wehren zu wollen, dem starken Tode, dem Mächtigsten unter den Mächtigen, dem niemand seine Beute abringt!

Ob Werner Troost ihn noch einmal erkannte? Er setzte zweimal zum Sprechen an, endlich beim dritten Mal gelang es ihm.

„Mein Erbe!“ sagte er laut und vernehmlich, mit einer klaren feierlichen Stimme, dann zuckte es durch seinen ganzen Körper, und er streckte sich langsam aus.

Signora Marchini richtete sich von ihren Knieen empor und legte ihm das Kruzifix, das ihre lebenswarmen Hände bisher umschlossen hatten, in die erkaltende Linke. Seine Finger umklammerten es krampfhaft, die Zähne setzten sich knirschend aufeinander, und die glanzlosen Augen kehrten sich nach oben.

Der italienische Arzt und der Wärter bekreuzten sich. Doktor Weber trat zu dem Toten und legte seine Hand fest über die gebrochenen Augen.

Auf dem kleinen Häuschen und der halbverfallenen Mauer lag kein Sonnenstrahl mehr. –

*               *
*

„Was meinst Du wohl? Wie viele von denen, die mir, wenn ich heute sterbe, einen Kranz von Frühlingsblumen stiften und mir in ehrlicher Trauer das Geleit zur Pyramide des Cestius geben, werden nach einem Jahr noch mehr von mir wissen als den Namen? Ein lustiger Gesell, ein flotter Kumpan, kein Spielverderber – das ersetzt sich leicht!“ Waldemar Andree wiederholte sich diese Worte, während das Trauergefolge sich anschickte, Werner Troost zu Grabe zu geleiten.

Es war eine sehr stattliche Schar dazu versammelt, ehrlich ergriffen waren sie alle und Frühlingsblumen gab es in Massen, süß duftend und rosig, daß auch nicht ein Fleckchen des Sarges hindurchschimmerte. Konnte es sein? Würden sie ihn, der so jäh, so plötzlich dahingesunken war, wirklich so rasch vergessen?

Nicht nur die deutschen Künstler waren zahlreich erschienen; die einheimischen Maler und Bildhauer, eine ganze Anzahl jüngerer Beamter, sie alle hatten sich eingestellt, um dem allgemein beliebten Manne die letzte Ehre zu erweisen. Der ungarische Graf Bortenyi war aus Siena, wo er bei seiner Braut weilte, nach Rom gekommen und wohnte der Bestattung bei, sichtlich bewegt. Namentlich aber war der Zudrang aus dem Volke groß.

Andree sah das alles wie im Traume; er erinnerte sich genau an das Geschehene, er wußte jede Einzelheit, o ja, er hatte auch das Begräbniß angeordnet und den Nachlaß vorläufig übernommen, – aber er konnte den Gedanken nicht loswerden, was da vorgehe, sei doch nicht Wirklichkeit, es müsse sich noch abklären, anders entwickeln, – er sei nicht er selbst, sondern ein ganz anderer, der dabeistehe und zusehe, und auf sein eigenes Ich müsse er sich erst besinnen.

Der Friedhof der Protestanten! Die vielen fremden Namen! Die unzähligen Deutschen auch, die hier ruhen! Aber es schläft sich gut zu Füßen des Cypressenhains, der die Gräber bewacht!

Der protestantische Geistliche hält eine kurze Grabrede; er sagt, was er verantworten kann, und lobt den Heimgegangenen in warmen Worten und nennt Gottes Wege unerforschlich, da er dieses blühende Leben mitten in voller Kraft und Frische abberufen habe, und bittet die Freunde des Verstorbenen, seiner nicht zu vergessen.

Der Sarg schwebt über der offenen, dunkel aufgähnenden Gruft und gleitet langsam abwärts, wie von Geisterhänden in die Tiefe gezogen. Noch einmal nicken die lachenden, hellen Frühlingsblumen, die man auf den Sarg gehäuft hat, den Ueberlebenden einen Abschiedsgruß zu, dann sind auch sie verschwunden, und man hat der Erde gegeben, was der Erde gehört.




4.

In Hamburg gab es um die Mitte des April das berühmte oder vielmehr berüchtigte Hamburger „Weltuntergangswetter“.

Der Reisende, der soeben auf dem Berliner Bahnhof angekommen war und im Begriff stand, sich selbst sowie einen Theil seines Gepäcks in eine von Nässe triefende Droschke zu zwängen, duckte sich fröstelnd in den aufgeschlagenen Kragen seines Reisemantels hinein und schleuderte die Cigarette, die trotz aller seiner Bemühungen nicht brennen wollte, mit einer unwilligen Bewegung auf das Straßenpflaster.

„Wohin?“ fragte der Kutscher und breitete die von Nebeldampf rauchende Pferdedecke über seine Kniee.

„Hamburger Hof!“ Holpernd setzte sich das Gefährt in Bewegung, der Insasse desselben seufzte und starrte mit einem trüben Blick durch die angelaufenen Scheiben des Wagenfensters auf die verdrießlich im Regen dastehenden Häuser, auf die Menschengruppen, die sich unter ihren Schirmen ungeduldig weiterschoben, und auf die Bäume, die ihr schwarzes Geäst kläglich in die graue Luft hineinstreckten.

O Rom, herrliches, schönes Rom trotz aller Verunstaltungen und Verzerrungen, die man dir angethan! Wie er es geschaut hatte am Tage seiner Abreise, so sah er es wieder jetzt vor sich: zu seinen Füßen hingebreitet die ewige Stadt, von den flammenden Strahlen der untergehenden Sonne mit allen Farben vom dunkelglühenden

[617]

Gefährlicher Augenblick im Manöver.
Nach einer Zeichnung von O. Gerlach.

[618] Gold bis zum zartesten Lichtgrün übergossen. Fern inblaßgoldenem Duft schwamm Sankt Peters Dom, und hier, dort, überall, wohin das Auge nur blickte, traf es auf die stummen gewaltigen Zeugen einer großen Vergangenheit, die in ernstem Schweigen das Gewimmel der hastigen lärmenden Gegenwart überragte. Wie lenzdurchsonnt war die Luft, wie blau und klar der Himmel! O Rom, einzig schönes, wie schwer für den, der jahrelang in dir gelebt, dich zu verlassen! –

Und doch war Waldemar Andree gern gegangen! All die Leute, mit denen er in Rom verkehrt, hatten es gewußt, daß Werner Troost sein liebster, sein einziger Freund sei. So sah man ihn, wohin er kam, unwillkürlich forschend an, um festzustellen, wie er seinen Kummer trage. Dies machte ihn zornig und ungeduldig. Selbst mit Signora Marchini, die den Verstorbenen auf ihre Weise aufrichtig geliebt hatte, verhandelte er nicht gern. Es blieb in Werners Atelier fürs erste alles so stehen und liegen, wie es war; Andree hatte die Miethe für ein volles Jahr vorausbezahlt und angeordnet, daß nichts angerührt werden solle. Die Witwe hatte ihm geschworen, die Sachen wie ein Heiligthum zu behüten, wenn auch vielleicht nicht immer in eigener Person, da sie möglicherweise zu ihrer verheiratheten Tochter nach Pisa reisen müsse. Nur eine Mappe mit Skizzen und das marmorne Köpfchen von Werner Troosts Braut hatte der Maler mit sich genommen; er wollte in Hamburg den Onkel des Verstorbenen, dessen Namen er nicht einmal kannte, ausfindig zu machen suchen und sich dann mit ihm über den Nachlaß verständigen.

Wie lange er in Hamburg bleiben wollte, wußte er noch nicht. Mit Unbehagen und Bangen dachte er an das, was ihm bevorstand: der Braut seines toten Freundes Mittheilung von ihrem Verlust zu machen. Wahrlich keine leichte Aufgabe! Er konnte einem jungen, glücklich liebenden und ahnungslosen Geschöpf, das vom Leben bisher nur verwöhnt worden war, nicht ohne weiteres in dürren Worten melden, was geschehen war; sie war sicher reizbar und nervös – er mußte sie vorbereiten – aber wie? Ueberdies war es eine heimliche Verlobung gewesen, niemand ahnte etwas davon, er mußte daher suchen, Stella Brühl allein zu sprechen, und das würde sich bei einem ersten und zweiten Begegnen sicher nicht ohne Schwierigkeiten machen lassen!

Andree hatte in Rom gehört, daß einer seiner ehemaligen Münchener Studiengenossen, ein gewisser Hilt, seit ein paar Jahren in Hamburg lebe. Er hatte zwar nie große Zuneigung zu ihm empfunden, wußte auch gar nicht, wie er sich inzwischen entwickelt habe, indessen, da er der einzige Mensch war, dessen sich Andree in der großen, ihm fremden Stadt entsann und den er zur Erreichung seines Ziels in Anspruch nehmen konnte, so hatte er beschlossen, ihn aufzusuchen.

Er sah Hilt im Geist ganz deutlich vor sich, ein schmächtiges Männchen mit dünnem Haar und pfiffigen, unruhigen Aeuglein. Hilt war sehr begabt, arbeitete ungeheuer rasch und verdiente viel Geld, das ihm ebenso schnell, wie es zu ihm kam, wieder unter den Händen zerrann. Als Andree ihn kennenlernte, beschäftigte er sich vorwiegend mit Stillleben, die er mit fabelhafter Naturtreue auf Holz und Leinwand wiedergab. Er dekorierte nach und nach beinah alle Münchener Speisezimmer, sofern sie reichen Leuten angehörten, mit seinen berühmten Frucht- und Thierstücken. Seine Gläubiger, die ihn oft hart bedrängten, pflegte er lachend zu vertrösten: „Nur ruhig! Ich male einen Teller mit Radieschen oder ein paar halbzerbrochene Hummerschalen mit einem umgestürzten Rheinweinglas daneben oder einen Tischtuchzipfel, auf dem ein paar tote Drosseln und eine Hand voll frischer Wachholderbeeren liegen – und aller Jammer hat ein Ende!“ Noch naß, von der Staffelei weg, wanderten diese Sachen zu ihren Käufern, und Hilt steckte sich das Geld, ohne es zu zählen, in die Tasche, dachte nicht daran, seine Gläubiger zu bezahlen, und führte selbst durchaus kein „Stillleben“. Alles in allem war Hilt damals ein unterhaltender, aber grundsatzloser und selbstischer Genußmensch; man nannte ihn wegen seiner großen Zungenfertigkeit „die Klapper“.

Ob „die Klapper“ noch immer den riesenhaften Rembrandthut wie in der Münchener Zeit trug, unter dem seine kleine Gestalt sich ausnahm wie ein wandelnder Pilz?

Indessen trottete die Droschke langsam durch den Regen weiter, und Andree schauerte abermals zusammen und dachte für sich: „Das also wäre Hamburg! Gerade kein vielversprechender Anfang!“

In seinem Innern wunderte er sich, daß er so ruhig war, gar nicht so aus dem Geleise gerissen durch Werner Troosts Tod, wie er es sich gedacht hatte! Andree hatte seine Eltern früh verloren, der Kummer um sie lag weit hinter ihm, so war ihm die Erfahrung fremd, daß nicht die Zeit unmittelbar nach dem Tode eines geliebten Menschen für tiefer empfindende Naturen die schlimmste ist: wir gehen einher wie unter einem schweren Druck, wir sehen uns in der Welt mit einer gewissen Verwunderung um; die Menschen beklagen, bemitleiden uns, und es ist wahr, wir haben einen großen Verlust erlitten, aber wir sind merkwürdig ruhig! Wir warten auf etwas, es ist uns, als müsse nothwendig noch irgend etwas kommen – was es ist, vermögen wir nicht zu sagen, allein wir fühlen es bestimmt, so kann es nicht bleiben! Und es bleibt auch nicht so! Nach dem dumpfen Halbschlaf, in dem unsere Seele gelegen hat, empfinden wir mit einmal eine ungeheure Oede, die Seele ist erwacht und sieht sich allein, und im Sturm und Drang des Lebens hat keiner Zeit, sich um sie zu bekümmern und sich ihren Jammer sagen zu lassen. „Der erste Schmerz ist ja vorüber!“ Und jetzt beginnt das Sehnen, das Zurückblicken auf die Vergangenheit, das leidvolle Erinnern, und der Schmerz schlägt seinen schweren Trauermantel um uns und hält uns darin gefangen! –

„Hamburger Hof!“

Ein paar barhäuptige Kellner stürzten, trotz des Regens, im vollen Lauf heraus und wurden noch höflicher, als sie den großen Herrn mit dem zerstreuten Lächeln und dem nachdenklichen Blick gewahrten.

„Befehlen Aufzug?“ „Befehlen Zimmer im zweiten, dritten Stock?“ „Erster Stock alles besetzt!“

„Gut also! Im zweiten!“

„Adolf, das Gepäck!“ „Belieben hierher!“

Andree ließ sich von dem Aufzug gemächlich in die Höhe befördern und von „Adolf“ zwei nebeneinanderliegende Zimmer zeigen. „Nummer sechzehn und siebzehn, zwei schöne Räume – Blick auf die Binnen-Alster – belieben table d'hôte? Um fünf Uhr!“

„Ja, bis dahin werde ich schlafen. Schicken Sie mir eine halbe Flasche Sherry her und lassen Sie mich ein Viertel vor fünf Uhr wecken!“

„Sehr wohl! Belieben sonst noch?“

„Nein, danke!“

Der Maler leerte in kleinen Zügen sein Glas Sherry und sah gedankenvoll zum Fenster hinaus. Der gerühmte Blick auf die Binnen-Alster mußte bei gutem Wetter wunderhübsch sein.

Andree fühlte sich abgespannt und hatte doch zugleich die Ueberzeugung, daß er nicht werde schlafen können. Er hatte in Berlin einige Tage Rast gemacht, mithin nur wenige Reisestunden hinter sich, aber die lange Strecke von Rom aufwärts mochte ihm noch in den Gliedern stecken. Er war der Eisenbahnfahrten fast gänzlich entwöhnt, seitdem er seinen Wohnsitz in Rom aufgeschlagen. Von dort aus hatte er nur kurze Sommerausflüge unternommen, die ewige Stadt bot ihm alles, was er bedurfte. Vollends seitdem er Werner Troost dort kennengelernt hatte!

Er seufzte und wandte sich vom Fenster ab. Der Salon, in dem er sich befand, war hübsch und geschmackvoll ausgestattet, ebenso das anstoßende Schlafzimmer. Langsam begann er seine Sachen auszupacken und einzuräumen, dabei fiel ihm etwas ein, er drückte heftig auf den Knopf der eletrischen Leitung.

„Befehlen?“

„Ist eine Kiste von der Bahn für mich da? Maler Andree aus Rom! Ich ließ sie hierher adressieren! Erkundigen Sie sich!“

„Sofort nachsehen!“

Nach einer kleinen Weile kamen bedächtige Schritte den Flur entlang. Zwei Leute trugen vorsichtig die kleine, aber schwere Kiste in Andrees Salon und hoben geschickt mit einem Stemmeisen den Deckel ab.

Der Maler nahm, als er wieder allein war, behutsam die Marmorbüste aus ihren vielen Hüllen heraus und stellte sie an die Stelle einer schweren Bronzelampe auf einen hohen Sockel.

Selbst hier, in der trüben Beleuchtung des grauen Hamburger Regentages, kam die unvergleichliche Schönheit des Köpfchens zur vollen Geltung. Andree, der das Kunstwerk lange Zeit hatte entbehren müssen, versenkte sich mit durstigen Blicken in das Vermächtniß seines toten Freundes, und wieder belebte er den klaren Marmor mit Farben, wieder hob und senkte sich seine Brust in stürmischem Athmen, und das Bild, das er im ersten Umriß in Troosts Atelier geschaut, das sich ihm inzwischen immer wieder [619] in die Seele gedrängt hatte, es wuchs lebendig, farbenschön und freudig vor ihm empor, deutlich bis ins Kleinste.

Unwillig sah er sich in den Hotelzimmern um und zuckte mit den Händen. Wenn er jetzt eine große aufgespannte Leinwand vor sich gehabt hätte! Daß er jetzt, gerade jetzt nicht malen konnte! Freilich – die Beleuchtung! Aber – –

Er wühlte aus einem seiner Koffer ein Reißbrett und einen Kohlenstift hervor und fuhr mit dem letzteren emsig auf dem weißen Grunde hin und her. Eine so kleine Fläche! Und es sollte ein so großes Bild werden! Seine Augen fingen an, zu leuchten, er mußte sich einen großen Karton anschaffen – bald! Und er mußte auch Hilt aufsuchen, der konnte ihm dabei behilflich sein! Natürlich würde er hier im Hotel nicht arbeiten können, er würde sich eine Wohnung miethen. Wunderlich, auf der Durchreise, hier in einer ihm ganz neuen Stadt, eine so große Arbeit zu beginnen! Gleichviel! Wenn die Stimmung da war, mußte sich alles andere finden!

Das Reißbrett wurde in eine Ecke gestellt, so ging es nicht! Seine Hand war gewöhnt, in großen kühnen Umrissen vorzugehen, der kleine Raum beengte ihn! Er warf sich auf die Ruhebank und schloß die Augen.

Als der Zimmerkellner bald nach halb fünf Uhr vorsichtig klopfte und auf ein schlaftrunkenes „Herein!“ den Salon betrat, blieb er mit offenem Munde im Rahmen der Thür stehen: dort auf dem schwarzen Postament, wo bisher die Lampe gewesen war, stand jetzt eine Büste, ein weiblicher Kopf, leicht aufwärts gewendet, wie erwartungsvoll …

„Nun? Was denn?“ – Andree war erst vor einer guten halben Stunde eingeschlafen und hatte gänzlich vergessen, wo er sich befand und was er eigentlich wollte.

„Belieben zu verzeihen! Mir war befohlen worden, um diese Zeit zu wecken.“

„Schon gut!“ Des Malers Blick fiel auf die Büste, die der Kellner immer noch wie verzaubert anstarrte, und er ärgerte sich, daß er sie nicht mit irgend einem Tuch bedeckt hatte, ehe er einschlief. „Sie können gehen!“

Adolf ging auch. Aber es war schon zu spät. Denn ehe eine Stunde verging, wußte bereits das gesammte Bedienungspersonal des „Hamburger Hofes“, der Herr auf Nr. 16 und 17, ein Maler Andree aus Rom, habe in einer Kiste eine Marmorbüste mitgebracht und frank und frei in seinem Zimmer aufgestellt – und diese Büste stelle niemand anders dar, als des Senatars Brühl entzückende Tochter, die stadtbekannte Schönheit Hamburgs.

(Fortsetzung folgt.)



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Die Poesie der Elektrotechnischen Ausstellung.

Von Emil Peschkau.

Grotte und Wasserfall.

Die Ausstellung der heutigen Elektrotechnik, welche gegenwärtig in Frankfurt am Main stattfindet und deren technische Bedeutung schon in Nr. 17 dieses Jahrgangs ihre Würdigung gefunden hat, weist eine Besonderheit auf, durch welche sie sich von anderen ähnlichen Unternehmungen wesentlich unterscheidet. Bei sonstigen Ausstellungen bringt uns der Gartenbau Blumen, die das Auge entzücken, und Früchte, die verheißungsvoll unserem Gaumen winken, die Kunst läßt uns im Anblick von Farben und Formen, von buntem Leben und träumerischer Stimmung schwelgen, und das Gewerbe zaubert prunkvolle Salons, behagliche Stübchen und andere reizvolle Bilder in die schachtelartigen Abtheilungen einer nüchternen Bretterhalle. Die Elektrotechnik hat es nicht so gut, und so gewahrt der Laie von dem eigenthümlichen Inhalt der Frankfurter Ausstellung nicht viel mehr als sausende Räder, Eisenungethüme, die schnaufen, stöhnen und surren, allerlei sonderbare Apparate aus Messing, Holz und Glas und endlich Drähte, Drähte und wieder Drähte. Und doch hat dieses scheinbar nüchterne und trockene Sammelsurium von großen und kleinen Maschinen auch seine Poesie; eine Poesie, die sich sogar da und dort zu kleinen, das Auge erfreuenden Bildchen verdichtet und die überdies in dem Theater der Ausstellung – getanzt wird.

Ich lade den Leser ein, mit mir auf die Plattform des Aussichtsthurmes zu treten. Es ist noch früher Morgen, tiefe Stille lagert über den Hallen für Bier, Wein, Kaffee, Champagner, Heidelbeersaft, Liqueur und so weiter, und nur aus dem kuppelgekrönten Langbau, der die Mitte des Platzes einnimmt, tönt ein leises, seltsames Summen zu uns herauf. Und nun nehme ich meinen Zauberstab und die Dächer fliegen weg, die Maschinen öffnen ihre Leiber, das Auge folgt einer ausgedehnten Leitung von Drähten und weit, weit über die Mainstadt hinaus dringt der Blick in die Ferne nach dem schönen Schwabenland, an die freundlichen Ufer des Neckar, dessen Wasserkraft von Lauffen aus durch den Draht nach Frankfurt geschickt wird. Wir blicken hinab in die Tiefe und es ist uns, als ob ein wunderbarer Traum unsere Sinne umgaukle. Die Werkstätte der Natur scheint sich uns erschlossen zu haben, wir sehen die Materie, wie sie sich, beseelt von Kraft, zu Formen fügt, und wie durch das Aufeinanderwirken dieser Formen wieder Kräfte frei werden und neue Formen entstehen. Wir sehen, wie sich die Kraft der Materie bald anziehend oder abstoßend äußert, wie sie mechanische Arbeit leistet und zu Wärme, Licht oder Schall wird, wie sie vor allem als Elektricität sich äußert. Eine eigenthümliche Anregung, zum Beispiel das Reiben einer Glasstange oder die Berührung von Zink und Kupfer oder das Vorüberdrehen eines schwach magnetischen Eisenkörpers an Drahtspulen genügt, um jenen eigenthümlichen Erregungszustand der Materie hervorzurufen, den man Elektricität nennt. Wir sehen jetzt die feinen Aethertheilchen, die den elektrisierten Körper umhüllen und durchdringen, wir sehen, wie sie aus ihrer Ruhe gestört werden, schwingen – ähnlich dem Schwingen der Theilchen des Wassers, wenn man einen Stein in dasselbe

[620]

In der Maschinenhalle. 

wirft – und wie dieses Schwingen sich an dem „Leiter,“ an dem Drahte in die Ferne fortpflanzt, bis der Ausgleich erfolgt, die Ruhe wieder hergestellt ist. Und so weckt die Wasserkraft des Neckar, indem sie das magnetische Eisen dreht, in den Drahtspulen den elektrischen Strom, der durch die Leitung blitzschnell nach Frankfurt „schwingt“ und sich hier wieder in Arbeitskraft, in Licht oder Wärme wandelt. In dieser Halle dreht er nun das magnetische Eisen, das Maschinen und Maschinchen treibt, in jener tobt er sich an dem Widerstand aus, den man ihm in der Form von Kohle entgegensetzt, und läßt die Kohle erglühen und leuchten, und wieder an anderen Orten löst er den chemischen Zusammenhang der Materie oder er gleitet hinab in die dunkle Nacht, in der das Geheimniß des Lebens ruht – er scheidet Metalle aus den Erzen, er bleicht, gerbt und färbt, er heilt die kranken Nerven und das kranke Gehirn. Das alles sehen wir in dem klaren Aetherblau des Morgens und es ist kein Märchen, es ist Wirklichkeit. Und was uns umfängt, ist nichts anderes als die Poesie der Wissenschaft, die freilich nicht zu den Sinnesnerven spricht, die man nicht eben durch Auge und Ohr aufnehmen kann, sondern vor allem durch das empfängliche Gemüth.

Aber nun wird es unten lebendig – es geht dem Mittag entgegen und wir wollen unsere Zeit nicht ganz verträumen. Der elektrische Aufzug mit neuen Besuchern steigt in die Höhe und wir kehren mit ihm zur Erde zurück. Unser erster Besuch gilt der Maschinenhalle, und wie anders erscheint sie uns jetzt! Diese schwarzen Ungethüme leben alle, sie blicken uns mit Menschenaugen an und ihre Sprache ergreift uns. Und während wir emsig weiter schreiten, von einer Halle zur andern, entdecken wir zwischen all diesem trägen oder sausenden Metall bald da bald dort ein Bildchen, in dem sich die Poesie der Wissenschaft besonders nahelegt, aus dem der Zauber auch zu unseren Sinnen spricht. Staunend stehen wir vor dem Blätter- und Blüthengeranke, das Natur scheint und doch Gold und Silber ist, und wenn wir näher treten, sehen wir den elektrischen Strom, wie er geisterhaft die Platten edlen Metalles umspült und die feinen Theilchen löst und fortträgt, um damit natürliche Rosen und Maiblumen, Epheugewinde und Palmenwedel zu überziehen. Und jetzt wird es hell in einem dunklen Raume und in allen Farben glüht es vor uns auf – wieder Blüthenranken, aber sie leuchten jetzt – wir stehen vor den Wundern des elektrischen Lichtes. Dann glauben wir die weißen Flocken der Winternacht zu sehen, die silbernen Glöckchen erklingen und der Schlitten im Rokokogeschmack fliegt an uns vorüber, von elekrischen Lämpchen beleuchtet, die aus Rosenkelchen hervorglühen. Und hier endlich hören wir durch das Telephon eine ferne, leise Musik – es geht ihr die Fülle und der Wohlkang ab, aber das wird ersetzt durch den Gedanken, daß sie aus dem Opernhause in München kommt – wir haben wieder Poesie.

So wandern wir hin und her, und jetzt sinkt die Sonne hinter dem bunten Gewirr von Giebeln, Kuppeln und Thürmchen, es wird Abend. Wir treten in das kleine Theater, und hier wird nun der Verhärtete, der die Poesie der Elektricität noch immer nicht empfunden hat, durch anmuthige Mädchengestalten so lange bestürmt, bis ihm der Zauber endlich das Herz erweicht. Diese getanzte Poesie der Ausstellung, wie sie auch unsere Bilder wiedergeben wollen – sie werde mit ein paar Worten geschildert.

Der kleine Roman, welcher der Theateraufführung zu Grunde liegt, beginnt im Olymp, wo Papa Zeus sich eben wieder über einen seiner schlimmen Verwandten gewaltig ärgert, über den Menschenschöpfer Prometheus. Dieser verlangt das Feuer für die Menschen, aber der alte Olympier, der seine Machtmittel

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Schlußscene aus dem Ballet „Pandora“: 0Die Huldigung vor der Siegerin Kultur.


nicht gern in fremde Hände giebt, will nichts davon wissen, und so entreißt Prometheus dem Gott der Schmiede, Hephästos, seine Fackel und eilt davon, um sie seinen geliebten Schützlingen zu bringen. Zeus ist wüthend und sinnt auf Rache – und siehe da, ein kostbarer Gedanke stellt sich ein. Das Feuer, das den Menschen die Erkenntniß, die Kultur, die Herrschaft über die Welt bringen würde, soll durch ein anderes Geschenk entkräftet werden. Dieses Geschenk ist – das Weib. Flugs macht sich der Göttervater an die Schöpfung, ein herrlicher Marmorblock wird herbeigeschafft, und bald ist das Werk vollendet, liebreizend und sinnverwirrend steht das marmorne Weib vor uns. Und nun hebt Hephästos, der vielerfahrene Ehegemahl der Venus, den kleinen Gott der Liebe zu dem starren Leib empor, und unter Amors Kusse wird der Marmor zu einer schönen Frau, zum Weibe, zum Sinnbild des schmeichelnden Liebreizes, der den kühnen Menschengeist in Sklavenfesseln schlagen soll.

Zeus frohlockt, und die Sterne kommen und tragen das Weib hinab zur Erde. Wolken erfüllen die Bühne, man erblickt die Kugel unseres Planeten, dann verschwindet auch sie und neue Wolken ziehen vorüber, endlich blaut der Himmel, eine lachende Landschaft erscheint – wir sind in Italien, am Comersee; aber die alten Götter sind längst gestorben, und was wir schauen, ist die Heimath Galvanis und Voltas, der beiden Männer, mit deren Beobachtungen um die Wende des letzten Jahrhunderts der Siegeszug der Elektricität begann.

Telephonie. 0 Photographie. 0 Phonographie. 0 Telegraphie.
Aus dem Ballet „Pandora“.

Der alte Olympier hat einen großen Rechenfehler gemacht. Er war – wenigstens nach der Ansicht des Balletmeisters – ein schlechter Menschenkenner. Daß das Weib liebreizend ist, wird der Balletmeister selbstverständlich nicht leugnen, aber er meint, daß dieser Reiz nicht hemmend, sondern fördernd auf das Streben und Kämpfen des Menschengeistes wirkt. Um das zu beweisen, führt er Galvani und Volta ins Treffen, diese beiden grundgelehrten Männer, die trotz alles Grübelns und Experimentierens nicht hinter das Geheimniß der Elektricität kommen. Da erscheint Signora Galvani, eine der schönen Enkelinnen jenes schönen von Zeus gemodelten Geschöpfes und siehe da – das Geheimniß ist gelöst! Sie hält spielend das Ende eines Drahtes an den Schenkel eines eben hereinhüpfenden Frosches, und plötzlich fängt dieser an, ganz seltsam zu springen – das ist der „elektrische Strom“ – der „Galvanismus“ ist entdeckt. So sehen wir, wie das Weib, statt den Menschen zu verderben, ihn nur weiter führt auf dem Weg zum Licht. Und nun beginnt ein froher Siegesreigen, aus allen Theilen der Erde strömen die Bewunderer der neuen Entdeckung herbei, Fürsten und Könige huldigen dem Gatten der schönen Signora und die Quelle, die sie eröffnet hat, wird zum weltbeherrschenden „Strom“.

Das Schlußbild des Ballets zeigt wieder eine hohe Frauengestalt, [622] die elektrische Glühlichter in der erhobenen Rechten schwingt. Aber diesmal ist es – wie schon das Gewand verräth – nicht Signora Galvani, es ist auch nicht „Pandora“, jenes tückische Geschenk des Zeus, es ist die Siegerin „Kultur“. Alle die glänzenden Gestalten des Ballets huldigen ihr in den bunten Verschlingungen des Tanzes, man sieht wieder die Elemente, die Metalle, die schwarze Kohle und den hellschimmernden Krystall, dann die Errungenschaften der Kultur wie Bergbau, Telegraphie, Telephonie, Phonographie und Photographie und andere mehr. Die Kultur, von Europa ausgegangen, das ihr zu Füßen lagert, hat nun auch die übrigen Erdtheile erobert, und so huldigen sie ihr alle, Asien und Afrika, Amerika und Australien, die beiden ersteren im Vordergrunde, die beiden letzteren im Hintergrunde unseres Bildes rechts und links hervorragend. Zuletzt öffnet sich die Säule, auf welcher die Kultur steht, fächerartig, ein Parkett leuchtender Blumen strahlt aus ihnen empor, und unter den Jubelklängen der Musik fällt der Vorhang. –

Wir verlassen das Theater und treten hinaus ins Freie. Ein herrlicher Sommerabend, lind und duftig – die phantastischen Linien der Giebel, Kuppeln und Thürmchen verschwimmen in den Schatten der Nacht. Die Poesie dieser Stunde, das leise Rauschen des Wassers aus der Ferne, die Klänge der Musik, die gedämpft an unser Ohr dringen, das alles zaubert eine Stimmung hervor, die uns bald vergessen läßt, wo wir sind. Die Wissenschaft, die Technik, die Elekricität – sie liegen weit hinter uns und vor uns ist nur die Nacht mit ihren geheimnißvollen Linien und Tönen, mit ihrer Dämmerung und ihrem milden Wehen. Da blitzt es plötzlich auf – in blendendem Schein liegt der weite Ausstellungsplatz vor uns; und dort wird eine Grotte hell in eletrischem Lichte, ein Frauenleib, von Silberlicht umstrahlt, hebt sich aus der leuchtenden Fluth, wie rothglühende Lava wälzt sich das Wasser über Felsen herab, aus dunkler Höhle schimmert ein Drachenungethüm in allen Farben hervor, und das Zickzack der Giebel und Firste zeichnet sich scharf ab von der märchenhaft erhellten Luft.

Wir stehen still und die Empfindungen des Morgens erwachen aufs neue. All dies wundersame Leuchten ist nur Schwingen der Moleküle, Licht gewordene Kraft. Und ergriffen von der Poesie dieses Gedankens starren wir in das elektrische Märchen, bis uns die Glocke der Ausstellung zum Aufbruche mahnt.




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Am Viktoria-Njansa.

Im Norden von Deutsch-Ostafrika liegt der größte der Seen, aus denen der heilige Nilstrom entspringt. Die Eingeborenen nennen ihn einfach Njansa, d. h. See, die Araber hatten ihm nach einer seiner Inseln den Namen Ukerewe gegeben; am 30. Juli 1858 schaute ein Europäer, John Hanning Speke[WS 1], von einem Hügel zum ersten Male auf seine unendlichen Wassermassen und taufte ihn seiner Königin zu Ehren „Viktoria-Njansa“. Seit jener Zeit wurde der See wiederholt von Forschern besucht, Missionare ließen sich an seinen Gestaden nieder, aber niemand war bis jetzt imstande, seine Ufer genau zu vermessen; so können wir seine Größe nur annähernd angeben, er mag eine Fläche ungefähr so groß wie das Königreich Bayern bedecken.

Auf diesen Wassern, die, vom Sturm erregt, beinahe wie das Meer tosen und branden, haben bis jetzt nur die einfachen Boote der Eingeborenen ihre Fahrten von Küste zu Küste, von Insel zu Insel vollzogen; aber der Tag naht, an welchem auch hier der erste Dampfer kreuzen wird, und dieser erste Dampfer auf dem größten Quellsee des Nils wird ein deutsches Schiff sein! Die Gebiete am Viktoria-Njansa sollen neben anderem den Schauplatz der künftigen Thätigkeit deutscher Kulturträger in Afrika bilden; versuchen wir, das weite Feld, das für Deutschland immer mehr an Bedeutung gewinnt, in knappen Umrissen zu schildern!

Die Völker am Viktoria-Njansa haben ihre Geschichte. Als der erste Europäer, John Hanning Speke, sich jenen Gebieten näherte, da belehrte ihn der Araber Nasib: „Diese Wahuma-Könige sind nicht wie die, welche Ihr in Unjamwesi oder sonstwo gesehen habt, sie haben Offiziere und Soldaten gleich dem Sultan von Sansibar.“ Wer sind nun diese Wahuma?

In alten Zeiten – genauere Bestimmungen lassen sich nicht geben – war das Land zwischen dem Viktoria- und Albertsee von einem dunkelfarbigen Negervolke, den Witschwesi bewohnt; in das Gebiet dieses ackerbautreibenden Stammes drang, vom Norden kommend, ein heller gefärbter Volksstamm ein, der sich ausschließlich mit Viehzucht beschäftigte und von den Ureinwohnern des Landes Wahuma, d. h. „Leute aus dem Norden“, genannt wurde. Die Nomaden unterjochten die Witschwesi, und aus der Vermischung der beiden Rassen gingen die heutigen Völker im Westen des Viktoria-Njansa hervor, vor allem die Waganda und Wanjoro; aber zwischen ihnen wohnen noch zerstreut die echten Witschwesi und die echten Wahuma. Die Sieger nahmen, wie dies so oft der Fall war, die Kultur der Besiegten an, und heutzutage sind in den betreffenden Ländern die unvermischt gebliebenen Wahuma ein verachteter Stamm, obwohl in den Adern der herrschenden Geschlechter des Landes zweifellos Wahumablut fließt. Sie leben in stiller Abgeschiedenheit fernab von den Ansiedlungen der Ackerbauer am Rande von Waldungen und sind nach wie vor Hirten.

Die siegreichen Wahuma, die stammverwandt mit den Abessiniern oder den Gallavölkern sein dürften, gründeten ihre erste große Herrschaft Kittara in den Ländern, die in dem heutigen Unjoro zu suchen sind. Im Laufe der Zeit zerfiel dieses Reich in zwei selbständige Staaten, Unjoro und Uganda, von denen der letztere – an der Nordwestecke des Vikoria-Njansa gelegen – am meisten emporblühte. Thronstreitigkeiten führten in noch späterer Zeit zur Auswanderung der Wahumafürsten, die weiter südlich am Viktoria-Njansa neue Reiche gründeten, wie Karagua, Uhaija und Usinsa.

Unter diesen Wahumastaaten übernahm frühzeitig Uganda die führende Rolle. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, so fand hier außer der Wahumaeinwanderung noch eine andere statt. Wir wissen, daß die Völker des Alterthums eine ziemlich genaue Kunde von der Lage der Nilseen besaßen; das wird nur dadurch erklärlich, daß einmal in alter Zeit regere Handelsverbindungen zwischen Aegypten und den Völkern am Viktoria-Njansa bestanden. Vermuthlich verdankt Uganda diesen alten verschollenen Einflüssen seine für Innerafrika hervorragende Kultur und die wunderbare Empfänglichkeit für jene Einwirkungen der Gesittung, die, sei es von Arabern, sei es von Europäern, in letzter Zeit dort versucht worden sind.

Als das Reich von Speke und Grant[WS 2] entdeckt wurde, kannte das Volk der Waganda bereits eine stattliche Reihe von Herrschern, und in der Nähe der Königsstadt Mengo erhoben sich zweiunddreißig pyramidenförmige Hütten, unter denen in kammerartigen Grüften die Mumien der letzten zweiunddreißig Könige des Landes bestattet lagen.

Dem entsprechend war hier auch die staatliche Ordnung fester gefügt als in anderen uns bekannten ostafrikanischen Gemeinwesen. Den Kern der Bevölkerung bildete wie überall die arbeitende Klasse und diese bestand hier in erster Linie aus dem „Mkopi“, dem Bauern; er zahlte in Bodenerzeugnissen die Abgaben und er mußte zum Speer greifen, wenn sein Herrscher sich in Kriege verwickelte. Das ganze Land war in eine große Zahl kleiner Kreise getheilt, an der Spitze eines jeden stand ein vom König ernannter Häuptling, ein „Mtongoli“; mehrere dieser Kreise bildeten eine Provinz, die von einem Oberhäuptling oder „Mkungu“ verwaltet wurde; die Leitung des Gesammtstaates lag in der Hand des Herrschers, des „Kabaka“. Diesem war zwar ein aus den vornehmsten Häuptlingen gebildeter Rath zur Seite gestellt, auf dessen Stimme er bei wichtigen Angelegenheiten Rücksicht nehmen mußte; im großen und ganzen war er aber ein Selbstherrscher, der frei über Leben und Gut seiner Unterthanen verfügte. –

Die Waganda bauen bis heute keine Häuser aus Mörtel und Stein; sie wohnen in den runden ostafrikanischen Grashütten, und auch ihre Oberhäupter bedienten sich desselben Materials, um ihre „Paläste“ zu errichten, auch deren Wohnhäuser waren Grashütten, nur im großen Stil. Trotzdem war die Residenz eines Kabaka geeignet, das Staunen des Europäers hervorzurufen. Die Könige liebten es, ihre Hauptstädte und Burgen auf Hügeln zu errichten, und da sah das Auge Tausende von Hütten und Gehöften zu einem großen Ganzen vereinigt, ein gewisser barbarischer Pomp und Prunk stellte sich dem Auge dar.

[623] Die Frauen eines Königs von Uganda zählten oft nach Tausenden; neben seinem Hofhalt befand sich derjenige der Königin-Mutter, einer in Negerstaaten angesehenen Persönlichkeit. Ferner bauten in der Nähe des Herrschers selbstverständlich die Minister ihre geräumigen Gehöfte für ihre zahlreichen Frauen und ihre noch zahlreicheren Sklaven; außerdem waren die Mkungu und Mtongoli verpflichtet, neun Monate in ihren Kreisen und Provinzen zu wirken, drei Monate aber in der Hauptstadt zu weilen. So waren die Audienzhöfe stets mit Menschen gefüllt, und in diesem Gedränge fehlten nicht Musikbanden und Spaßmacher. Außer den Hofleuten erschienen auch getreue Unterthanen mit Geschenken, die sie freiwillig dem Kabaka überreichten; mit Kühen und Ziegen und Hühnern stellten sie sich ein, ja Väter brachten ihre Töchter, um des Königs Haushalt zu mehren.

Daneben standen in alten Zeiten Abtheilungen von Soldaten, mit Speer, Pfeil und Bogen bewaffnet, mit allerlei Thierhäuten bekleidet, mit Kriegsfarben bunt bemalt. Und dieser Hof war kein Gemenge von nackten, schmutzigen Negern. Es gab von jeher eine Kleiderordnung in Uganda; jeder Unterthan mußte sich bei der Audienz in den „Mbugu“ kleiden, einen mantelartigen Umwurf aus Rindenstoff, und wehe dem Manne, der sich einen Verstoß gegen diese Vorschrift zu Schulden kommen ließ, er mußte der Todesstrafe gewärtig sein. Diese wurde am Hofe der Kabaka gar oft vollzogen, und an den Stufen des Thrones saßen stets die „Herren vom Stricke“, wie man die königlichen Pagen nannte, die zugleich Henkerdienste versahen und zum Zeichen ihres Amtes einen aus Stricken zusammengelegten Turban trugen.

Die Kabaka waren Heiden wie ihre Unterthanen; sie glaubten an Dämonen, welche im See, auf Bergeshöhen und in Bäumen hausen sollten; sie glaubten auch an Zaubermittel, durch welche die feindlichen Geister beschwichtigt werden könnten, glaubten an das Behexen und hielten sich für Propheten. Sie waren schlimme Traum- und Zeichendeuter und opferten Hunderte von Menschen auf einmal, wenn ihre geheimnißvollen Beobachtungen das zu verlangen schienen. Das Menschenleben war überhaupt feil in Uganda und niemand vor dem Zorn oder der Laune des Herrschers sicher. Zürnte dieser einem der Häuptlinge, so erhielt irgend ein anderer den Auftrag, den in Ungnade Gefallenen zu strafen. Eines Nachts erschien in dem Kreise oder der Provinz des Unglücklichen eine Truppenabtheilung, nahm ihn gefangen, legte Beschlag auf sein Hab und Gut und suchte in ähnlicher Weise die Bevölkerung des Bezirkes heim, die mit ihrem Häuptling leiden mußte.

Trotz dieser Willkürherrschaft wuchs Uganda von Geschlecht zu Geschlecht; es war ein wehrhaft eingerichteter Staat, der ein starkes bewaffnetes Aufgebot stellen konnte und seinen Nachbarn furchtbar wurde. Wie ein Halbmond lagerte sich das ursprüngliche Uganda um die Nordwestecke des Viktoria-Njansa, die beiden Hörner dehnten sich nach Süden und Osten aus. Die Nachbarländer wurden unterjocht, das tapfere Usoga mußte die Waffen strecken und der Wahumastaat Karagua wurde in ein Lehnsverhältniß gebracht.

Nur einen Rivalen hatte Uganda, der unbezwingbar blieb, es war das aus denselben Anfängen hervorgegangene, obwohl in der Kultur mehr zurückgebliebene Reich von Unjoro, das sich im Nordwesten von Uganda bis zum Albertsee erstreckte. Die Könige von Unjoro, eingesessen auf den Gründen des alten Kittarareiches, hielten die Kabaka von Uganda für Emporkömmlinge, und die mächtig gewordenen Herrscher der Waganda betrachteten umgekehrt die Nachkommen der alten Wawitudynastie von Unjoro als unbotmäßige Vasallen. Es herrschten daher, soweit die geschichtliche Kunde zurückreicht, fast unaufhörlich Kriege zwischen Unjoro und Uganda, in denen aber keiner der beiden Gegner über den andern einen entscheidenden Sieg zu erringen vermochte.

So waren die politischen Verhältnisse an dem Westufer des Viktoria-Njansa beschaffen, als die Wahumareiche aus ihrer Abgeschiedenheit heraustreten und mit fremder Gesittung in Berührung kommen sollten. Um die Mitte unseres Jahrhunderts saß auf dem Throne Ugandas Suna II., ein finsterer Herrscher, dem die Geschichte von Uganda in Anbetracht seiner Siege den Beinamen des Großen und in Anbetracht seiner maßlosen Wuth den des Grausamen beilegen könnte. Unter seiner Regierung kamen die Araber, von Tabora vordringend, zum ersten Male ins Land. Der Hof des Wahumakönigs blendete diese fahrenden Leute Afrikas, und sie wälzten sich vor Suna nicht weniger demüthig im Staube wie seine eigenen Unterthanen. Doch war der Einfluß der Araber um jene Zeit nur ein mittelbarer, sie brachten Erzeugnisse der Kultur ins Land und weckten in den Waganda ein lebhafteres Verlangen nach europäischen Stoffen, nach Glasperlen und Feuerwaffen.

Suna wurde krank; um den ihm feindlichen Dämon zu versöhnen, ließ er fünfhundert Menschen opfern, allein die gewünschte Heilung blieb aus, und als er eines Tages von einem Spazierritte heimgekehrt war, den er auf dem Nacken seines ersten Ministers unternommen hatte, rührte ihn der Schlag. Das geschah im Jahre 1860. Das Land athmete auf. Sunas Leiche wurde durch Räuchern zur Mumie verwandelt und ein neues Grabgemach für den zweiunddreißigsten Sprossen des Herrschergeschlechts errichtet. Dort legte man die Mumie mit den Waffen und Lieblingsgeräthen des Toten nieder, und zwölf schwarze Jungfrauen traten in der über dem Grabe erbauten Hütte die Totenwache an, die so lange währen sollte, bis man das Grab für den Nachfolger errichtet haben würde. Dann trat der große Rath „Lukicho“ zusammen, um aus den Söhnen Sunas einen neuen Herrscher zu wählen; die Wahl fiel auf einen gutmüthigen mildäugigen Jüngling: der sanfte Mtesa wurde Kabaka von Uganda. Indessen, der Jüngling gebrauchte die Macht, die ihm gegeben wurde, in grausamer Weise. Er ließ nicht nur seine Brüder morden, damit ihm niemand seine neue Würde streitig machen könnte – das wäre nach afrikanischer Anschauung nichts gar so Frevelhaftes gewesen und war althergebracht in Uganda – sondern er ließ auch diejenigen hinrichten, welche ihn auf den Thron gehoben hatten. Er war eine jener selbstischen und ehrgeizigen Naturen, welchen die Empfindung des Dankes fremd oder lästig ist, und erklärte rundweg, er wolle keinen Unterthanen um sich haben, dem er wegen irgend etwas sich verpflichtet fühlen müßte.

Im Jahre 1862 betraten die ersten Europäer, Speke und Grant, den Boden Ugandas, wo der junge Mtesa seine Herrschaft in blindem Wüthen mißbrauchte; als ihm z. B. eine seiner Frauen auf einem Spaziergange eine frisch gepflückte Frucht überreichte, übergab er die Aermste für diese „Frechheit“ den „Herren vom Stricke“. Mit der Zeit wurde Mtesa ernster. Die Einflüsse, die von außen nach Uganda kamen, gaben seinem von Natur aus hellen Geist eine andere Richtung. Ein arabischer Sklavenhändler Muley bin Salim ließ sich in seiner Residenz nieder, und Mtesa lernte viel von ihm: er gestaltete seinen Hofhalt nach arabischem Muster um, so daß die Araber meinten, er habe den Glauben des Propheten angenommen. Einige Jahre später erschien Stanley[WS 3] im Lande; Mtesa führte mit ihm gern religiöse Gespräche, erlaubte, daß in Uganda eine christliche Kirche errichtet wurde, und öffnete später sein Reich den Missionaren. Stanley glaubte, Mtesa zum Christenthum bekehrt zu haben – aber er irrte sich ebenso wie vorher die Araber. Der König blieb dem Aberglauben seiner Ahnen treu, weil dieser ihm am bequemsten war. Nicht die Religion, nur die Bildung Mtesas machte Fortschritte; er eignete sich das Kisuahili an, die Verkehrssprache Ost-Afrikas, er lernte von den Arabern schreiben, und seine Minister folgten seinem Beispiel. Er sah auch gern Weiße in seinem Lande, nicht nur wegen der Geschenke, die sie ihm brachten, sondern weil er wohl merkte, daß seine Waganda von ihnen viel Nützliches absehen konnten. So öffnete er wunderbarerweise dem Islam und dem Christenthum, den Katholiken und den Protestanten die Thore. Freilich, er duldete die Fremden nur, denn er hielt sich nach wie vor für den mächtigsten Fürsten der Welt und gab diesem Selbstbewußtsein den deutlichsten Ausdruck, indem er von der Königin von England eine ihrer Töchter zur Frau verlangte.

Unter Mtesas Regierung stand Uganda auf der Höhe der Macht; die Einwohnerzahl betrug etwa 5 Millionen. Keiner der Nachbarn wagte einen Angriff, und Mtesa brauchte selbst Gordon-Pascha[WS 4] nicht zu fürchten; zuletzt verfügte er sogar über eine uniformierte Leibgarde und über einige tausend Flinten.

Trotzdem gährte es schon unter seiner Regierung in Uganda. Die Mohammedaner hatten einen starken Anhang unter den Waganda, und ebenso fand das Christenthum unter den fleißigen Mkopi lebhaften Anklang. Nach Mtesas Tode sollte diese Gährung stürmisch werden und Uganda in eine Reihe von Bürgerkriegen verwickeln. Mtesa starb im Jahre 1884. Zu seinem Nachfolger wurde sein Sohn Muanga gewählt, scheinbar ein gutmüthiger Bursche, wie einst sein Vater; allein gleich diesem wüthete auch er in roher [624] Weise sofort nach seinem Regierungsantritt. Die Araber drängten sich an den neuen Herrscher heran und bewogen ihn, die Christen zu verderben; Muanga ordnete eine regelrechte Christenverfolgung an. Viele der schwarzen Bekenner Christi besiegelten ihren Glauben mit ihrem Blute und starben auf dem Scheiterhaufen einen qualvollen Tod, viele mußten sammt den Missionaren aus dem Lande fliehen. Inzwischen gewöhnte sich der König das Hanfrauchen und Trinken an und trieb es selbst den Mohammedanern zu toll, sodaß sie meuterten und den Gehaßten verjagten. Sie wählten nunmehr einen Bruder Muangas, Kiwewa, zum Kabaka, und als dieser ihnen nicht gehorchte, wandten sie sich an Karema, einen dritten Bruder, der Kiwewa gefangen nehmen und enthaupten ließ.

Der vertriebene Muanga ging zuerst zu den arabischen Händlern am Südufer des Viktoria-Njansa; er wurde aber hier so schlecht behandelt, daß er sich schließlich zu den französischen Missionaren in Ukumbi flüchtete. Vorher ein Verfolger der Christen, nahm er jetzt selbst das Christenthum an, und die versprengte Schar der Christen sammelte sich um ihn als um den rechtmäßigen Herrn von Uganda. Im April des Jahres 1888 pflanzte Muanga seine Standarte an der Mündung des Kageraflusses auf, die ugandischen Christen begannen den Kampf gegen den mohammedanischen Anhang Karemas. Die Schlachten fielen indessen nicht immer zu Gunsten der Christen aus und ihre Lage war eine bedrängte.

Um jene Zeit waren englische Expeditionen in der Nähe von Uganda angelangt. In Kawirondo im Nordosten des Viktoria-Njansa stand Jackson, der Beauftragte der Britisch-ostafrikanischen Gesellschaft, mit 500 Flinten; die Christen baten ihn um Hilfe, aber Jackson hatte nicht den Muth, in Uganda einzurücken. Um die gleiche Zeit zog Stanley mit den Geretteten, Emin und Casati, an der Südgrenze von Uganda vorüber, derselbe Stanley, der einst Missionare in das Land gerufen hatte. Eine Abordnung der Christen erschien in seinem Lager und rief seinen Beistand an, allein Stanley hatte eine heilige Scheu vor der Macht Ugandas und zog nach der Küste, trotz des Widerspruchs von Emin die schwarzen Christen ihrem Schicksal überlassend.

Kurze Zeit darauf erschien eine dritte Expedition im Osten des Viktoria-Njansa. Sie war, was die Zahl der Flinten anbelangt, die schwächste von allen. Es war die deutsche „Emin Pascha-Expedition“ und ihr Führer Dr. Karl Peters[WS 5]. Seine kleine kriegsgeübte und unerschrockene Schar hatte die wildesten Stämme des Ostens bezwungen, und der Ruf dieser Siege ging ihr voran. Als nun Peters von der Noth der Christen erfuhr, zögerte er keinen Augenblick, ihnen Beistand zu bringen. Sein Erscheinen inmitten des verwüsteten Landes war von den heilsamsten Folgen begleitet: Karema floh an die Grenze von Unjoro, Peters stattete den Christenkönig Muanga mit Pulver aus und erwirkte von ihm das Verbot des Sklavenhandels in Uganda.

Schon während seines kurzen Aufenthaltes hatte er die Freude, das schnelle Aufblühen des Landes beobachten zu können.

„Im Norden von Mengo,“ schreibt er in seinem letzten Werke, „war alsbald unter mächtigen Bäumen der tägliche Markt wieder eröffnet worden, und massenhaft, mit jedem Tage mehr, strömten die christlichen Flüchtlinge von allen Seiten in ihre Heimath zurück. Fast wie Blüthen nach einem Frühlingsregen schossen auf allen Hügeln Häuser und Dörfer wieder empor. Die breiten schönen Wege, welche mit Gras überwachsen waren, waren bald wieder gereinigt und gewährten den netten Eindruck, welcher allen diesen Ansiedlungen eigen ist. Ueberall wurde geschaufelt und gepflanzt, und, da merkwürdigerweise mit unserem Einzuge ins Land auch der Regen wieder gekommen war, so grünte und blühte es bald an allen Orten und Enden. Die Gemeinden beider Bekenntnisse gingen auch sofort an die Erbauung von Gotteshäusern. Das Symbol und der Segen des Kreuzes waren überall bemerkbar.“

Wir schließen hiermit die Geschichte des wichtigsten Negerreiches an den Ufern des Viktoria-Njansa. Die Saat, welche hier von christlicher Gesittung ausgestreut wurde, ist bereits aufgegangen; aber sie bedarf noch des Schutzes vor der rohen Gewalt der Araber. Die Anwesenheit der Deutschen an den Ufern des Sees, die von Emin gegründete Station und der Dampfer, der hinaufgebracht werden soll, werden ohne Zweifel mittelbar die Macht der Christen in Uganda stärken, obwohl dieses Land auf Grund des deutsch-englischen Abkommens nicht mehr zum Machtbereich von Deutsch-Ostafrika gehört. Die Hauptthätigkeit der Deutschen wird sich auf die mehr südlich gelegenen Länder erstrecken, unter denen Karagua, das Vasallenreich Ugandas, die hervorragendste Stelle einnimmt.




Nachdruck verboten.     
Alle Rechte vorbehalten.

Das Los des Schönen.

Erzählung aus dem achtzehnten Jahrhundert. Von Stefanie Keyer. Mit Abbildungen von René Reinicke.

 (1. Fortsetzung.)

Dem Wink der Schwester gehorsam wandelte Lida mit ihrem Begleiter dem Theil des Gartens zu, wo das Wasser der Gräben in dem Rasen eine keine Bucht bildete. Dort hatte Lida dem Zeitgeschmack gemäß eine der babylonischen Weiden angepflanzt, die noch nicht gar lange als schwanke, zufällig in einen Feigenkorb verflochtene Reiser nach Europa gekommen und von dem Dichter Pope eingebürgert worden waren. Eine kleine Urne stand unter den hängenden Zweigen; Vergißmeinnicht säumten das Ufer ein, welches Lottes üppigen Anpflanzungen von Brunnenkresse abgenommen worden war. Auf der schlicht aus knorrigen Aesten gefügten Bank ließen sie sich nieder. Die langen, mit den ersten schmalen Blättchen und Kätzchen bedeckten Zweige spielten in dem Wasser, das von der lauen Abendluft in kleinen Wellen herangetrieben wurde. Jenseit des Wassers stiegen die starken altersgrauen Mauern des ehemaligen Schlosses auf, die tiefen Fenster blinzelten in der Abendsonne wie die Augen eines greisen Kobolds.

„Welch trautes Plätzchen!“ sagte der junge Offizier, mit sichtlichem Behagen sich umschauend.

Sie nickte. „Dort von meinem Fenster aus habe ich geraden Blick darauf.“

„Wie muß es schön sein, in einer so friedlichen Heimath zu leben!“ sprach er leise, wie für sich. Und da sie ihn fragend ansah, fuhr er fort: „Ich habe nie eine solche gekannt. Mein Vater ist wie ich Offizier in der Leibgarde gewesen, meine Mutter Hofdame bei der hochseligen Frau Landgräfin. Beide starben so früh, daß mir nur eine halbverwischte Erinnerung an sie geblieben ist. Wir sind immer sehr arm gewesen. Ich wurde durch die Gnade meines Landesherrn in der Schule für Ritterbürtige erzogen, wurde Page, Kavalier, Offizier, wie man mich eben brauchen konnte. Ich weiß mich der Zeit nicht zu entsinnen, wo ich einmal mit meinem Taufnamen Heinrich gerufen worden wäre, und – lachen Sie mich

[625]


 Liebesrast.

Sommmergluthen – vom Mittag gewiegt
In schimmernden Träumen Granada liegt,
Ein ferner Brunnen nur plätschert gemach,
Ruft Märchen versunkener Größe wach

5
Und spendet in bauchige Krüge die helle

Immerrauschende Kühle der Quelle.

Liebesgluthen – ob müde auch nun
Auf Gassen und Markt die Gewerke ruh’n,
Ob südliche Sonne, ob wandelnd die Nacht

10
Allüberall Schweigen und Schlummer entfacht,

Es findet sich Liebe an lauschiger Stelle,
Schließt auf der Herzen verborgene Quelle.

 Adolf Marquardt.

[626] aus! – ich hatte manchmal eine fast schmerzliche Sehnsucht danach.“

Allein Lida lachte nicht. Seine Rede ging ihr zu Herzen. Wenn es sich nur geschickt hätte – wie gern wollte sie ihn einmal Heinrich nennen! Da das nicht wohlanständig war, suchte sie ihn wenigstens auf freundliche Gedanken zu bringen. „Aber Sie lebten doch in fröhlicher Gemeinschaft mit anderen Kindern?“

Es zuckte seltsam um seine Lippen, als er erwiderte: „Ja, wir waren unser viele, die ihr Leben pünktlich nach der Uhr zubrachten. Nur in den Vakanzen wurde es unregelmäßiger. Dann eilten alle meine Kameraden zu ihren Eltern, wenn es auch manchmal nur zu einer verwitweten einsam lebenden Mutter war, und ich mußte mich zusammennehmen, daß ich den Lehrern und Dienstleuten nicht lästig fiel. Die Ungeduld war den geplagten Präzeptoren und Dienern nicht zu verargen, sie wollten auch einmal frei aufathmen.“

Lidas Augen schimmerten feucht.

„O, man lernt sich schmal machen, wenn man überflüssig ist,“ beruhigte er mit sanfter Stimme.

„Aber jetzt?“ fragte sie, und ihr Blick glitt über seine glänzende Uniform.

Er lachte harmlos. „Jetzt besitze ich als Heimath ein Stübchen, so kahl und eng, wie es der Sold eines Lieutenants erschwingen kann.“

Das Mädchen athmete erlöst auf. Gott sei Dank, er lachte doch! „Und wie selten werden der Mansieur darin weilen,“ scherzte sie schelmisch. „In der Residenz giebt es Komödien, große Tafeln, Bälle, um die jungen Offiziers für ihre kahlen Stübchen zu trösten.“

Eine Wolke flog über seine Stirn. „Wenn der Trost nur nicht noch schlimmer wäre als das Leid,“ entgegnete er fast finster.

Seiner Zuhörerim wurde es beklommen zu Muth, sie lenkte ab. „Da oben winkt Lottchen mit einer Serviette,“ sagte sie und erhob sich. „Ist’s gefällig?“

Er stand rasch auf und nahm ihr galant den Glaskrug ab. „Ich werde doch nicht stören?“ fragte er noch einmal bedenklich.

Lida schüttelte den Kopf. „O nein, meine Schwester hat ja die Sache in die Hand genommen.“

„Aber Dero Herr Papa und Frau Mama?“ forschte er weiter.

„Meine Mutter sieht Gäste gern und mein Vater wird nicht viel davon gewahr werden. Er hat einen wichtigen Prozeß zu entscheiden; da schenkt er niemand Attention,“ beruhigte sie ihn.

Als die beiden durch den weiten Hausflur gingen mit seinen Steinbänken und dem großen Kamin in der Ecke, wo sich die vor das Amt Geladenen wärmen durften, öffnete Lotte die Thür der Wohnstube und komplimentierte den Gast herein, während Lida sich verschämt hinter ihr zu verstecken suchte.

Hier war nichts zu merken von der alten Burgeinrichtung als die tiefen gemüthlichen Fensternischen. Doch auch sie wurden durch lichte weiße Vorhänge zu heiteren Plätzchen umgewandelt. Die dicken Steinwände bekleidete eine helle Glanztapete; auf einer geschweiften, kunstvoll ausgelegten Kommode stand eine schnörkelige Vase, mit Schneeglöckchen und Leberblümchen gefüllt, und auf dem gedeckten Tisch funkelte reiches Zinngeschirr.

Der Justizamtmann sah seinem Gast höflich, aber etwas zerstreut entgegen und drehte bedächtig eine silberne Dose zwischenden Fingern.

Der junge Offizier verbeugte sich tief. „Mit des Herrn Justizamtmann Permission erlaube ich mir, mich vorzustellen: Lieutenant von Altendorn.“

Der Justizamtmann reichte ihm die Hand. Die Frau Amtmännin, die dem Gast zu Ehren eine Dormeuse mit einer Hopfenblüthe auf der Spitze aufgesetzt hatte, bat, fürlieb zu nehmen; dann sprach Lida leise das Tischgebet. Sie hatte schon Amen gesagt und noch blickte sie der Gast mit gefalteten Händen andächtig an. Man setzte sich zu Tisch. Der Hausherr schenkte den ehrlichen Frankenwein ein, die Hausfrau nöthigte, wie es schicklich war.

Lida sah so verklärt aus, als speise sie Ambrosia der Götter statt des kräftigen Schwarzbrotes, und der junge Gast bewies, daß er gelernt hatte, wie man in Gesellschaft sich anmuthig unterhalte.

Von dem Kompliment, welches er der älteren Schwester für die Zubereitung der aus Amerika eingeführten Erdäpfel machte, wußte er überzugehen auf die Welthändel, und da er darunter als Offizier hauptsächlich die Kriege verstand, so theilte er Nachrichten mit über den Kampf in Amerika, wo sich die Kolonien von England loszulösen strebten.

„Ein höchst verwickelter Rechtsfall,“ meinte der Justizamtmann. „Die Amerikaner erlassen Erklärungen über Menschenrechte, von denen in keinem Gesetzbuch etwas steht. Nach ihnen hat jeder Staatsbürger auf Freiheit, Leben, Eigenthum seiner Regierung gegenüber ein unveräußerliches Recht; nur nach Gesetzen, in die jeder eingewilligt hat, kann darüber verfügt werden. Eine bedenkliche Sache!“

„Und doch machen sie Fortschritte,“ sagte Altendorn. „Sie haben einen tüchtigen Befehlshaber, einen gewissen Washington, der seiner Vaterlandsliebe sogar das Opfer bringt, daß er ohne Sold dient.“

Lotte setzte den Schinkenteller, den sie herum bot, erstaunt nieder. „Umsonst? Der ist ja noch schlimmer als der Inspektor mit seinen Erdtoffeln.“ Dann wurde sie rot und duckte den Kopf, weil sie sich verschnappt hatte; allein es achtete niemand darauf. Der Amtmann folgte überhaupt nur seinen eigenen Gedankengängen, und seine Gattin drückte, wie kluge Mütter thun, in diesem Falle, wo es sich für Lotte um einen so annehmbaren Freier handelte, zwar nicht ein Auge, aber beide Ohren zu.

„Vom Krieg habe ich genug gehabt in den ersten sieben Jahren meiner Ehe,“ sagte sie. „Die Lotte hat ein Pandur laufen gelehrt, die Lida ein Franzose gewiegt. Gott sei Dank, daß das Meer zwischen uns und dem Krieg liegt!“

Ihr Mann nahm bedächtig eine Prise. „Wenn irgendwo ein Feuer aufgeht, wissen wir nicht, ob nicht vielleicht ein Brand auch in unser Haus fliegen wird.“

Einverständniß suchend sah Lotte ihre Schwester an. Da war einmal wieder die gräßliche juristische Umsicht, die allezeit Unheil witterte.

Der alte Richter nahm indeß selbst seinen Unkenruf nicht schwer; geruhig fuhr er fort: „Ich denke, jeder muß das Seine besorgen. Die Engländer mögen die Amerikaner bekriegen; ich habe meinen Prozeß zu entscheiden.“ Er hatte damit nach dem von ihm ersehnten Ziele hingelenkt, jetzt konnte er sich absentieren.

Mit einer kurzen würdigen Gebetsformel hob er die Tafel auf, bat, sich nicht stören zu lassen, murmelte noch etwas vom Corpus juris, in dem er nachschlagen wolle, und kehrte zu seinen geliebten Akten zurück.

„Es ist wegen des Holzbirnbaums,“ erklärte die Frau Amtmännin, während man sich „gesegnete Mahlzeit“ wünschte. „Der steht auf der Grenze zweier Grundstücke, und die beiden Bauern streiten sich so hitzig und lange darum, daß der Verlierende seinen Hof mit hingeben muß für die aufgelaufenen Kosten.“

Mit diesen Worten folgte sie ihrem Eheherrn, um die Studierlampe anzuzünden.

Altendorn griff nach Hut und Degen; aber es war, als werde es ihm schwer, zu gehen. Er blickte sich noch einmal um in der behaglichen Stube.

„Das sind wohl die Fenster der Damen?“ fragte er.

In der einen Nische befand sich ein großer Arbeitskorb, und auf dem Sims lag das neue Kochbuch mit dem aufgeschlagenen Rezept: „Wie Erdäpfel mit süßem Rahm und Muskatblüthen zu stofen sind.“

„Hier hause ich,“ erklärte Lotte.

„Und das hier ist Mademoiselle Lidas Platz?“ fragte er leise, als betrete er ein Heiligthum. Ein Filetzeug lag auf dem Fensterbrett neben dem „Messias“ von Klopstock. Ein kleines Spinett war dicht herangeschoben.

„Ah, Mademoiselle spielen das Spinett,“ sagte er überrascht. „Würden Sie uns nicht einen kleinen Ohrenschmaus geben? Ich möchte wohl wissen, was Ihr Lieblingslied ist.“

„Errathen Sie es nicht?“ fragte Lida lächelnd. „Giebt es ein zweites, das so viel und so aus tiefstem Herzen gesungen würde?“ Und indem sie sich auf dem hochlehnigen Stuhl vor dem Instrument niederließ, legte sie ein Notenblatt auf das kleine geschnitzte Pult. Ihre Finger berührten kaum die schwarzen Tasten, und schwirrend ließen diese die Melodie ertönen: „Guter Mond, du gehst so stille!“ Dann schloß sich allmählich ihre zarte Stimme an, leise wie der süße Ton des Rothkehlchens. Bei der Stelle:

 „Durch die Abendwolken hin“

fiel Lotte ein:

„Gehst so ruhig“ –
„Und ich fühle, daß ich ohne Liebe bin,“

sang eine weiche Tenorstimme mit. Jetzt schwiegen die beiden [627] hohen Stimmen wie athemlos, nur Lotte fuhr tapfer mit ihrem kräftigen Alt fort:

„Traurig folgen meine Blicke
Deiner stillen heitern Bahn –“

und ebenso kräftig stimmte plötzlich eine tiefe Baßstimme ein:

„O, wie hart ist das Geschicke!“

Es war der eintretende Herr Inspektor, der in dem zimmetbraunen, mit zierlichen Nesteln besetzten Rock, dem fein gefältelten Jabot und den Manschetten sich sehr „honorig“ ausnahm, wie Lotte sich befriedigt gestand. Er grüßte mit geschwenktem Hut, und ohne Unterbrechung sangen die vier jungen Stimmen weiter:

„Daß ich Dir nicht folgen kann“

mit allen den weichen schwungvollen Schnörkeln, welche jene Zeit in der Musik wie in allen Gegenständen liebte. Allmählich schob sich dabei der neue Ankömmling so ein, daß er eine Wand zwischen Lotte und dem Lieutenant bildete. Dieser merkte es nicht. Aber Lotte hatte Mühe, zu Ende zu singen vor heimlichem Lachen.

„Also hier sind der Herr Lieutenant?“ fragte Ehrhardt. „Sie waren schnell von der Kegelbahn verschwunden.“

Lotte hörte die heimliche Gereiztheit heraus. „Der Herr hat uns das Vergnügen gemacht,“ unterbrach sie ihn und zog ihren Charmanten am Aermel. Ehe der junge Offizier ein Wort zu sprechen vermochte, war der Inspektor in Lottes Fensternische verschwunden.

„Die Demoiselle hat ja gesungen wie eine Nachtigall,“ brummte er, „ich hab’s bis in den Garten gehört; da konnte sie freilich nicht am Quittenspalier sein.“

„Wie hätte ich zum Quittenspalier gehen können,“ erwiderte Lotte muthwillig, „da ich doch die Erdtoffeln kochen mußte, die der Herr Inspektor schickten und mit denen wir den Gast traktiert haben? Sie waren deliciös.“

Er zog die Stirn kraus. Seine Erdäpfel hatte der fremde Kriegsknecht in Gesellschaft seiner Herzallerliebsten verzehrt, für den hatte sie gekocht und war deshalb nicht zum Stelldichein gekommen. „Lotte!“ drohte er.

Sie kicherte vergnügt. „Ich glaube, der Herr Inspektor ist jaloux. Das kommt nur von den Erdäpfeln, das sind eigentlich Zankäpfel. – Nein, es wird nicht nach dem Rohrstock gegriffen und fortgestapft! Hier still gestanden und mir in die Augen gesehen!“ Die Ausführung dieses Befehls zog sich in die Länge. Es wurde still in der Nische bei dem Arbeitskorbe und dem Kochbuch.

Drüben an dem andern Fenster stand das zweite Paar und sah in den Abendhimmel hinein. In dem lichten Glanz, den die untergegangene Sonne hinterlassen hatte, schwamm die Mondsichel wie ein silberner Kahn, der einem glückseligen Hafen zusteuert.

„Mademoiselle lieben also auch Musik,“ sagte er, „und Sie haben dasselbe Lieblingslied wie ich; ich blase es auf der Flöte.“

„Das muß himmlisch sein,“ flüsterte sie.

„Wenn ich doch Mademaiselle Lida einmal begleiten dürfte!“ Er sprach den Namen schüchtern, aber zugleich mit unendlicher Zärtlichkeit aus. „Darf ich wiederkommen?“ fragte er kaum hörbar.

„Ja,“ antwortete sie und blickte ihm in die Augen.

Da beugte er zum Dank das Knie und küßte ihre zitternden Finger.

„Es ist ja ganz dunkel in der Stube!“ Die Frau Amtmännin trat mit dem guten Zinnleuchter ein, von dem aus die Unschlitkerze einen kleinen Lichtkreis verbreitete. Aus der einen Nische kam der Inspektor ganz verlegen zum Vorschein; aus der andern trat geräuschlos der Lieutenant. Sie stand verwundert in der hohen Dormeuse vor ihnen.

Die beiden jungen Männer entschuldigten ihr langes Verweilen und empfahlen sich.

„A revoir!“ flüsterte der Offizier, als er sich vor Lida tief verneigte. Der Amtsbote verschloß das mit Eisen beschlagene Thor hinter den scheidenden Gästen.

„Lotte, ein andermal zündest Du Licht an, wenn Herren zum Besuch da sind,“ befahl die Mutter, als die jungen Mädchen ihr „Gute Nacht“ boten. Die Schwestern eilten, daß sie über die winkelige Wendeltreppe hinauf in ihre Schlafkammer kamen. Lotte bereitete alles zur Nachttoilette vor. Während sie von dem Scheitel das Polster hob, über das die blonden Haare empor gethürmt waren, zog sie die Augenbrauen bedenklich zusammen. „Ich glaube, ich habe einen dummen Streich gemacht.“

„Wann?“ fragte Lida erstaunt.

„Eben, heut!“ war die ungeduldige Entgegnung. „Ich hätte den Offizier nicht einladen sollen.“

„O, Lottchen!“

„Und ich hätte mich auch mehr zurückhalten sollen gegen Ehrhardt,“ fuhr sie fort und bürstete den Puder mit Macht aus ihrem Haar.

„Aber Lottchen, Ihr habt Euch doch Liebe und Treue geschworen!“

„Nun ja, das mag noch sein,“ meinte die Schwester niedergeschlagen. „Einen Kuß in Ehren kann niemand wehren. Dein Lieutenant jedoch ist mir hinterher schwer aufs Herz gefallen.“

„Mir nicht,“ entgegnete Lida heiter. „Er ist der edelste beste Mensch von der Welt.“

„Wer hat Dir denn das gesagt?“

„Die innere Stimme, die mir immer auch sagt, wenn ich mir nicht zu helfen weiß: Lottchen wird schon Rath schaffen!“

Lotte drückte sie gerührt auf den Schemel vor dem kleinen, mit Musselin umkräuselten Toilettentisch und begann, ihr die langen Locken auf Papilloten zu wickeln. „Sieh! Ehrhardt gehört dem Nährstande an, der kann einen häuslichen Herd gründen. Aber die Soldaten – das ist nur der Verzehrstand, die können keine Frau erhalten.“

Lida schüttelte den Kopf. „Würdest Du Deinen Ehrhardt weniger lieben, wenn er nicht dem Nährstand angehörte?“

Die Schwester stand verdutzt. „Das weiß ich wahrhaftig nicht. Ich kann mir ihn nur denken zwischen Wagen mit Getreidesäcken und Bottichen voll Butter und Käse. – Ach!“ fuhr sie unmuthig auf, „welche überflüssigen Fragen Du immer thust, die einen nur ängstigen! Gute Nacht!“ Ein leichtes Schnarchen wie das gemüthliche Schnurren der Hauskatze tönte bald von ihrem hohen Federbett her.

Lida lag schlaflos mit weit geöffneten Augen auf den weichen Kissen. Sie wiederholte sich jedes Wort, das der junge Offizier gesprochen hatte, rief sich den Klang seiner Stimme zurück, sein schönes Gesicht mit den zärtlichen Augen. – So sah sie in die Nacht hinaus, wo längst der rosige Schein verglommen, das Mondschifflein untergegangen war und nun Stern um Stern hinter den schwarzen Festungsthürmen hinabsank.

(Fortsetzung folgt.)



[628]

Blätter und Blüthen.

Zum hundertjährigen Geburtstag des Komponisten der „Hugenotten“. Die Musikgeschichte hat den 5. September dieses Jahres als einen Gedenktag hervorzuheben, welcher einem der bekanntesten und glänzendsten Tondichter des Jahrhunderts gewidmet ist. Am 5. September vor nunmehr hundert Jahren wurde in Berlin Jacob Meyer Beer geboren, dessen später angenommener Name Giacomo Meverbeer fast schon für sich allein genügt, um einen großen, noch heute nicht vollkommen erschlossenen Zeitraum in der Geschichte der Oper zu bezeichnen.

Unter den denkbar günstigsten äußeren Verhältnissen aufwachsend, entwickelte der junge Jacob Meyer Beer frühzeitig eine ganz außerordentliche musikalische Begabung. Ein Wunderkind wie Mozart und Mendelssohn, war er schon in seinem zehnten Jahre ein kleiner Virtuose auf dem Klavier. Der Jüngling bewies bald in einer Reihe eigener Tonwerke eine gewandte Beherrschung von Theorie und Technik der Komposition, wenn auch der musikalische Gehalt seiner Erstlingswerke noch wenig Originelles bot. Sie zeigten mehr nur den Charakter trockener schulgemäßer Verstandesarbeiten.

Eine gründliche Umwandlung dieses Stils brachte für den jungen Komponisten ein mehrjähriger Aufenthalt in Italien mit sich, wo Rossinis unvergleichliche Melodienfülle ihre Triumphe zu feiern begonnen hatte. Mit einem Schlage wandte Giacomo Meyerbeer der strengen deutschen Art den Rücken und bemühte sich, die flüssigen melodischen Formen des gefeierten italienischen Altersgenossen sich anzueignen. Nicht ohne Erfolg, wovon eine Reihe italienischer Opern Zeugniß giebt, welche aus den Jahren 1818 bis 1824 stammen und alle Beifall und theilweise glänzende Aufnahme fanden. Allein keines dieser leichtgeschürzten Werke konnte sich auf die Dauer halten. Meyerbeer kehrte nach Deutschland zurück, und einige Jahre schien es, als ob er, müde der vorübergehenden und deshalb doch nur halben Erfolge, dem Streben nach dem Ruhm eines dramatischen Tondichters vollständig entsagt habe. Er widmete sich fast ausschließlich der Komposition von religiösen Kantaten und Psalmen, von Oden und Liedern.

Allein es war dies nur eine Durchgangszeit. In langsamer sorgfältiger Arbeit vollendete Meyerbeer 1830 ein Werk, dessen Aufführung an der „Großen Oper“ in Paris sich zu einem beispiellosen, glänzenden Triumph gestaltete. „Robert der Teufel“ war dieses Werk, das am 22. November 1831 erstmals auf die Bühne kam. Von diesem Tage ab konnte Giacomo Meyerbeer, welcher deutsche orchestrale Schulung und italienische melodiöse Gewandtheit mit französischem dekorativen Pomp zu verbinden gewußt hatte, als der Schöpfer einer neuen Gattung dramatischer Musik, der „großen französischen Oper“, betrachtet werden.

In der Zeit von 1831 bis zu seinem Tode im Jahre 1864 hat Meyerbeer im ganzen nur noch sechs Opern vollendet. Heute weniger bekannt sind von diesen „Struensee“ und der „Nordstern“; dagegen sind die „Hugenotten“ (1836), der „Prophet“ (1849), „Dinorah“ (1859) und die „Afrikanerin“ (1864) wie „Robert der Teufel“ noch jetzt auf allen großen Bühnen Europas eingebürgert, nachdem dieselben Jahrzehnte lang eine fast unbestrittene Herrschaft auf dem Gebiete der Opernmusik ausgeübt hatten.

Es ist nicht zu leugnen, daß die Kunst Meyerbeers nicht frei ist von Schwülstigkeit und unwahrem Pathos, daß er oft genug darauf ausgeht, grobe musikalisch unlautere Effekte zu erzielen und mit leerem Schaugepränge das Ohr durch das Auge zu betrügen. Je länger, je mehr Gegner hat darum diese „große französische Oper“ gefunden; der größte und erbittertste Feind erstand ihr bekanntlich in Richard Wagner, welcher ein neues deutsches Musikdrama mit nationalem Inhalt schuf.

Aber trotzdem bleibt die Thatsache bestehen, daß Meyerbeers Opernschöpfungen eine eigenartige Entwicklungsstufe der dramatischen Musik bedeuten. Zweifellos wurde durch ihn die Ausdrucksfähigkeit der letzteren vielfach und wesentlich bereichert; dies nicht zum wenigsten durch die Erweiterung der Aufgabe, die er dem Orchester zuwies – ein Fortschritt, dessen Verdienst Meyerbeer auch von denen zuerkannt wird, welche keine Verehrer seiner musikalischen Richtung sind. V. 

Gefährlicher Augenblick im Manöver. (Zu dem Bilde S. 617.) Den Truppenübungen im Herbst nachzugehen und sich das Stück „Krieg im Frieden“, das sich da abspielt, gemächlich zu betrachten, das hat für alle seinen Reiz, besonders aber für die Bewohner des abgelegenen Landes, denen die glitzernden Uniformen und die gefechtsmäßige Entfaltung der Soldaten unbekannte oder seltene Dinge sind. Man fühlt sich als solcher Schlachtenbummler selbst militärisch begabt, giebt da und dort ein gewichtiges Urtheil ab über den Gang der Dinge und holt am Schluß höchst befriedigt den mitgenommenen Mundvorrath aus der Tasche, um bei einem tüchtigen Imbiß im Magen, der gewaltsam sein Recht fordert, die ungewohnten Eindrücke zu konzentrieren und ausklingen zu lassen.

Indessen nicht immer erreicht das Schlachtenbummeln ein so behagllches Ende; unser Bild zeigt, daß auch der Krieg im Frieden seine bedenkichen Seiten haben kann. Da hat ein Häuflein Feldarbeiter sich für eine Stunde freigemacht und unter einem Baum einen bequemen Ausguck entdeckt, um das Hin- und Herwogen des Gefechts zu verfolgen. Plötzlich wird’s in unmittelbarer Nähe lebendig, ein Regiment Ulanen jagt aus seinem Hinterhalt wie der Sturmwind über die geneigte Fläche dahin, die Erde erdröhnt unter den Hufen der Pferde. Ein THeil der kleinen Gesellschaft ist so hingenommen von dem mächtigen Schauspiel, daß er die Gefahr gar nicht merkt, die im Rücken daherbraust, die andern aber blicken mit entsetzten Mienen der kommenden Minute entgegen, die ihnen sicheren Untergang zu bringen scheint. Und doch wird die Gefahr ebenso rasch abgewendet sein, als sie entstanden ist: schon hat der Stabsoffizier, der den Angriff leitet, das Zeichen zum rettenden Signal gegeben, und der ganze Auftritt wird nur die Folge haben, daß den Zuschauern der Genuß an dem militärischen Bilde für diesmal ernstlich vergällt sein dürfte. Indessen am Abend, wenn sie in ihrem Dorfe mit den Nachbarn zusammensitzen, regt sich wohl die geschäftige ausschmückende Phantasie, und dann erzählen sie mit Stolz und klingendem Wort ihr unverhofftes Kriegsabenteuer.




Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne vollständige Angaben von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

P. F. in Dornburg. Vor dem Gebrauch der „Nuß-Haarfarbe“, welche die Firma J. F. Schwarzlose Söhne in Berlin vertreibt, ist entschieden zu warnen. Der verdienstvolle Karlsruher Ortsgesundheitsrath hat aus Anlaß eines bestimmten Falles, in welchem die Anwendung des Mittels eine schwere Erkrankung der Kopfhaut zur Folge hatte, die Nuß-Haarfarbe untersuchen lassen. Dabei hat sich ergeben, daß dieselbe, neben kleinen Mengen von Nußextrakt etwa 2,4 % Kupferchlorid und etwa 4 % Pyrogallussäure in Wasser gelöst enthält.

Nun ist nicht nur die Verwendung von Kupferchlorid zur Herstellung kosmetischer Mittel durch § 3 des Reichsgesetzes vom 5. Juli 1887 als gesundheitsschädlich verboten und unter Strafe gestellt, sondern es ist auch die Pyrogallussäure geeignet, selbst bei nur äußerlichem Gebrauch ernstliche Störungen innerer Organe zu verursachen.

Also lassen Sie Ihre Haare, wie sie sind, jedenfalls aber benutzen Sie keine „Nußhaarfarbe“ der Firma J. F. Schwarzlose Söhne!

A. S. in Fürth. Wenden Sie sich unter Vorlage fertiger Arbeiten an einen Zeichenlehrer.

E. Kl. in Dresden. Wenn Sie uns Ihre genaue Adresse angeben, dann werden wir Ihnen brieflich Antwort erteilen.



Inhalt: Ein Götzenbild. Roman von Marie Bernhard (1. Fortsetzung). S. 613. – Gefährlicher Auenblick im Manöver. Bild. S. 617. – Die Poesie der Elektrotechnischen Ausstellung. Von Emil Peschkau. S. 619. Mit Abbildungen S. 613, 619, 620 und 621. – Am Viktoria-Njausa. S. 622. – Liebesrast. Bild und Gedicht. S. 625. – Das Los des Schönen. Erzählung aus dem achtzehnten Jahrhundert. Von Stefanie Keyser (1. Fortsetzung). S. 624. Mit Abbildungen S. 624 und 627. – Blätter und Blüthen: Zum hundertjährigen Geburtstag des Komponisten der „Hugenotten“. S. 628. – Gefährlicher Augenblick im Manöver. S. 628. (Zu dem Bilde S. 617.) – Kleiner Briefkasten. S. 628.




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Gartenlaube-Kalender
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Siebenter Jahrgang. Mit zahlreichen Illustrationen.
Preis in elegantem Ganzleinenband 1 Mark.




Der Gartenlaube-Kalender 1892 ist fertig und bringt ansprechende und spannende Erzählungen von A. G. v. Suttner, Stefanie Keyser, W. Heimburg, unterhaltende und belehrende Beiträge von E. Hellmuth, R. Falb, Schmidt-Weißenfels u. A., zahlreiche Illustrationen von hervorragenden Künstlern, Humoristisches in Wort und Bild und viele praktische und wertvolle Kalender-Notizen und Tabellen zum Nachschlagen bei Fragen des täglichen Lebens.

Bestellungen auf den Gartenlaube-Kalender nimmt die Buchhandlung entgegen, welche die „Gartenlaube“ liefert. Post-Abonnenten können den Kalender durch jede Buchhandlung beziehen oder gegen Einsendung von 1 Mark und 20 Pf. (für Porto) in Briefmarken direkt franko von der

Verlagshandlung: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)