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Die Gartenlaube (1891)/Heft 8

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum: 1891
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Nr. 8.   1891.
Die Gartenlaube.

Illustriertes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.

In Wochen-Nummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pf.   In Halbheften: jährlich 28 Halbhefte à 25 Pf.   In Heften: jährlich 14 Hefte à 50 Pf.



Eine unbedeutende Frau.
Roman von W. Heimburg.
(7. Fortsetzung.)


Hildegard erschrak förmlich, als Tante Polly sie am Mantel zupfte und ihr bedeutete, daß sie aussteigen wollten. Sie schob sich wie im Traum hinter der kleinen starken Frau her durch das rege Weihnachtsleben auf der Straße. Was ging sie das alles an? Sie mochte sie kaum sehen, diese lachenden Gesichter von jung und alt, diese bepackten Menschen, diese Buden, diese Christbäume, und sie stieß zornig einen kleinen Knirps zur Seite, der sich mit bunten Papiersternchen an sie drängte und unermüdlich sein: „Nur zehn Pfennig! Es sind die letzten, guteste Dame!“ rief. Der Kleine taumelte rückwärts und die Thränen stürzten ihm aus den Augen. „Nun, nun!“ meinte ein stattlicher Mann und stellte den Jungen auf die Füße, „der kleine Kerl ist doch kein Stück Holz!“ Als er aber das blasse Mädchengesicht gewahrte mit den dunkeln Augen, die förmlich versteint schienen in zorniger Lebensverachtung, verstummte er, und eilig weiterschreitend murmelte er: „Donnerwetter, die sieht desperat aus!“

Tante Polly bemerkte es nicht, wie das Mädchen, wenn man vor diesem oder jenem Schaufenster stehen blieb, mit den Füßen ärgerlich das Trottoir klopfte, sie bemerkte die Blässe und die zusammengepreßten bläulichen Lippen erst, als sie wieder aus dem Fischladen trat, wo sie den winzigsten Karpfen erhandelt hatte, der jemals gefangen sein mochte.

„Große Güte, was hast Du denn nur?“ fragte sie.

„Heimweh!“ war die kurze Antwort.

„Heimweh? Du?“ rief Tante Polly ungläubig, und als Hilde schwieg, setzte sie hinzu: „Da hätt’ ich auch eher gedacht, daß der Himmel einfällt, als daß Du Heimweh bekommst.“

Aber Tante Polly mußte es wohl schließlich glauben, denn die Nichte saß so bleich und still in dem kleinen Wohnstübchen, hörte so wenig auf die verheißungsvollen Anspielungen vom Weihnachtsmann, der diesmal aus „Reichenbach“ komme, daß die Tante seufzend und kopfschüttelnd das winzige Tannenbäumchen in der guten Stube mitten unter den Farben und Skizzenbüchern Hildegards anputzte und sich gestand, ganz allein an solchem Abend sei doch noch besser als mit jemand zusammen, der so unwirsch und unartig sei wie ihre Nichte.

Von den Zweidorfs aus Altwedel war ein Kistchen angelangt, Tante Polly setzte es auf den Tisch unter das Bäumchen und fügte noch einige Paare selbstgestrickter Strümpfe hinzu, dann ging sie in die Küche und richtete ihren winzigen Karpfen zu. Mit Dunkelwerden wollte sie die Lichter anzünden.

Hilde blieb regungslos in der Stube; sie hatte nicht gelogen, sie hatte Heimweh oder bildete sich wenigstens ein, es zu haben. Sie dachte, wie jetzt die Mutter mit ihren paar


„Es ist eine alte Geschichte –“
Nach einem Gemälde von G. Tyrahn.

[118] dürftigen Geschenken in der Schürze und trotzdem frohen Gesichtes in die Weihnachtsstube schlüpfte. Beschert wurde immer daheim in dem ärmlichen Hause, und wenn es noch so kleine Gaben waren, anders hätte der Vater es nicht gethan. Der sparte ja schon von Neujahr ab wieder auf das Fest, und jedes fand etwas auf seinem Plätzchen. Es ist doch etwas Rührendes um so ein Vater- und Mutterherz, trotz aller Armuth giebt es noch! O, wäre sie jetzt daheim, nur auf ein Viertelstündchen!

Nein, sie wollte es doch nicht! Sie setzte sich auf einmal kerzengerade aufrecht in dem alten Ohrenstuhl, der noch vom seligen Berger stammte. Was wollte sie auch zu Hause? Sich fragen lassen, wie es ihr gegangen sei? Was sie geschafft, was sie erreicht und gewonnen habe in der Fremde, von der sie das Glück erhoffte?

Sie lachte leise und bitter. „Nichts!“ sprach sie halblaut, „nichts! – Nichts!“ wiederholte sie noch einmal und ballte die kleine Faust.

Sie hatte nichts gewonnen, sie hatte nur verloren – ihr junges Herz.

Und der, an den sie es verloren, der hielt es nicht der Mühe werth, sich danach zu bücken, oder er that wenigstens so. Während all der Zeit hatte er sie angeschaut mit sehnsüchtigen Augen; ihr Lachen hatte ihn froh gemacht, ihr Mißmuth ihn verstimmt; sie hätte ihn, wie Tante Polly sagte, um den Finger wickeln können, wenn sie nur gewollt hätte, aber Hilde war stolz, und sie wahrte sorgfältig den Schein, als ob ihr nichts an der Gunst dieses Mannes läge. Sie hatten miteinander getollt in den Malpausen, und sie hatten ernsthafte Gespräche miteinander geführt; sie hatte die Blumen an ihre Brust gesteckt, die er ihr schenkte, und jeden Tag war sie mit Herzklopfen, mit heimlicher süßer Bangigkeit die Treppe emporgestiegen nach dem Atelier, immer die Hoffnung in der Brust: heute - heute wird er Dir sagen, daß er Dich lieb hat! – Aber er schwieg, immer, immer!

Und je länger er schwieg, desto ungestümer, desto leidenschaftlicher ward ihr Begehren nach diesem Augenblick.

Sie hatte die unglaublichsten Kümmernisse zu erdulden. War er froh, so meinte sie, er habe gewiß eine andere Liebe und die glückliche Aussicht baldiger Erhörung; war er verstimmt, so glaubte sie, er gräme sich um eine heißgeliebte Ungetreue. Dann wieder, wenn er ihr eine Blume oder ein Buch schenkte, wenn er eine Schmeichelei sagte über ihre Schönheit, wenn seine blitzenden Augen die ihren suchten, befiel sie ein wahrer Taumel von Glück. Sie ging an solchen Tagen nach Hause, als habe sie unsichtbare Schwingen. Sie schrieb dann an die Schwestern ganz närrische übermüthige Briefe, sie herzte und küßte Tante Polly, daß diese fast erstickte, und peinigte die arme Frau mit ruhelosen Fragen über ihr Bild, ob es schön sei, ob ähnlich, und ob sie nicht finde, daß es unvergleichlich gemalt sei. Und andern Tages, wenn er die gewisse Falte zwischen den Brauen hatte, wenn er blaß und verdrießlich jeden Augenblick eine Ruhepause machte und in dieser aus dem Fenster starrte, um ihre Augen nicht sehen, ihr Geplauder nicht beantworten zu müssen, dann fand sie das Bild unter aller Kritik, schalt ihn heimlich einen Stümper, brach die Sitzungen früher ab, als bestimmt war, und weinte zum Erbarmen in ihrem Kämmerchen daheim. Sie nahm sich dann vor, ihm am andern Tage zu schreiben, es thue ihr leid, sie sei nicht imstande, zur Sitzung zu kommen; sie schrieb auch mit zitternden Händen irgend etwas, um es wieder zu zerreißen und dennoch hinzugehen, mit bleichem Gesicht und lachendem Munde. Wenn er dann fragte, warum sie so schlecht aussehe, ob ihr etwas fehle, antwortete sie ganz verwundert: „Was soll mir denn fehlen? Ich bin wohler denn je und vergnügt wie der Fisch im Wasser!“ Und dann zwang sie sich, lustig zu sein und zu lachen, bis ihr die Thränen aus den Augen rannen. –

Endlich war sie ruhiger geworden in dem Gedanken, daß es nach der Fertigstellung des Bildes sich entscheiden müsse. Sie hatte gehofft, er würde es heute vollenden, hatte davon geträumt, daß heute – –

Und da stieg ihr eine glühende Röthe in die Wangen, der ganze große Stolz, den sie besaß, bäumte sich in ihr auf. Sie hörte wieder seine gleichgültige Stimme von heute früh, als er auf ihre so wenig ernsthaft gemeinten Worte: „Ich glaubte, heute würden wir endlich fertig?“ antwortete: „Sie müssen noch einige Male stehen, zwischen Weihnacht und Neujahr; ich werde Ihnen den Tag sagen lassen. Ich weiß noch nicht, wann ich in die Stadt zurückkomme.“

„Sie verreisen?“ hatte sie gefragt.

„Ich gehe aufs Land.“

„Wann?“

„Heute noch.“

Es war ihr so ein halbes Aufschluchzen entschlüpft, aber sie hatte sich gleich darauf lächelnd an die Perlenschnur gefaßt, die eng den schlanken Hals umgab. „Ein bissel Husten, ich glaube, der Ofen raucht,“ hatte sie sich entschuldigt und ihn mit so stolzen Augen angefunkelt, daß er gemeint hatte, er sollte ihr statt des Fächers lieber einen Dolch in die Hand geben.

Ja, stolz war sie, sie wollte ihm nie zeigen, daß sie ihn liebte, nie! Aber sie würde dabei zu Grunde gehen, das fühlte sie. – Sie war so anders geworden, sie weinte so leicht, sie hatte nicht mehr die Kraft von früher, nicht mehr die kühne Zuversicht auf ihr Glück; sie fühlte sich so klein, so arm, so verzagt.

Plötzlich erhob sie sich, um Hut und Mantel zu holen; sie wollte in eine Kirche. Als sie aber auf den Flur trat, riß Tante Polly eben die Thür der guten Stube auf und der Glanz des Weihnachtsbäumchens quoll blendend in die Finsterniß. „Komm rasch!“ rief die alte Frau, und aus ihrer Stimme klang der Jubel, der selbst die ältesten Menschen in dieser Stunde seligen Gebens und Nehmens erfaßt. „Komm, Hilde, Du findest allerlei, auch von daheim!“

Und Hilde stand gleich darauf vor dem Bäumchen und hielt ein kleines Packet in der Hand.

„Das ist von Herrn Jussnitz,“ erklärte triumphirend die kleine Tante. „Mach’s auf, ich bin neugierig. Was meinst Du, Hilde,“ fragte sie dann leise und neckend, „wenn darin ein Ringelchen, so ein ganz schlichtes goldenes Ringelchen – –“

Die schlanken Finger hatten blitzgeschwind das Seidenpapier abgerissen und das kleine Etui geöffnet – farbig sprühten ihr drei Edelsteine entgegen. „Eine Brosche!“ sagte sie enttäuscht, während die Tante aufschrie vor Entzücken.

„Das Briefchen!“ rief die alte Frau, „da ist doch auch ein Brief.“ Aber es war nur eine Karte: „Leo Jussnitz, mit der Bitte um freundliche Aufnahme,“ lasen die zornigen Mädchenaugen.

Hilde warf das Etui und die Karte auf den Tisch, raffte im Flur Hut und Mantel vom Haken und lief hinaus auf die Gasse. Das Gesangbuch hatte sie vergessen, sie dachte auch nicht mehr an die Kirche, nur hinaus wollte sie. Draußen hatte sich der Wind gelegt, ein sternenklarer Himmel wölbte sich über der Erde, und auf den Straßen herrschte noch das letzte eilige Weihnachtstreiben. Behenden Schrittes wand sich Hilda durch das Gedränge und stand endlich nach langer Wanderung vor der einsamen Villa, in welcher das Atelier Leos sich befand. Sie wußte keinen anderen Platz in der großen weiten Stadt, wo sie Erfüllung finden konnte für ihre riesengroße Sehnsucht nach Alleinsein, nach einem stillen Winkel, in dem sie sich nicht zu verstellen brauchte. Nur eine Stunde allein, nur einmal aufschreien können, ungehört, unbedauert!

Sie riß ungeduldig an der Schelle, und als die alte Frau mit der Laterne eilig dahergetrippelt kam, sagte sie, sie habe heute etwas vergessen im Atelier, das sie nothwendig holen müsse.

„Ist recht,“ meinte die Alte und ging, ein Licht zu holen. Mit einer brennenden Kerze stieg Hllde gleich darauf die Treppe empor und schloß das Atelier auf. Sie trat, das Licht in der Hand, vor das Bild und betrachtete es lange. Sie fand es sehr schön in diesem Augenblick; das blaßgelbe Seidenröckchen mit dem schwarzen Spitzenbesatz schien förmlich bewegt von der lebendigen Haltung des Körpers; lächelnd schaute das blasse Gesicht aus der Mantille. So hatte sie vor ein paar Wochen noch ausgesehen, so hatte er sie auf die Leinwand gezaubert, aber das Lächeln hatte sie verlernt.

Sie wandte sich ab, stellte das Licht auf ein Tischchen, warf sich in einen der Lehnstühle am Ofen und starrte auf einen Fleck. „Wenn er jetzt käme,“ sagte sie, „wenn er nur jetzt käme, dann fragte ich ihn, ob er mich liebt. Ach, nur Gewißheit, nur endlich Gewißheit!“ – –

[119] „Sie können wohl nicht finden, was Sie holen wollen?“ ertönte jetzt die Stimme der Alten, welcher das lange Verweilen des Mädchens dort oben befremdlich war.

Erschreckt erhob sich Hilde. „Nein!“ stammelte sie.

„Ist’s etwa ein Handschuh, den Sie suchen?“

Hilde strich sich über die Stirn. „Ja!“ erwiderte sie mechanisch, „ein Handschnh.“

„Der liegt unten bei mir, ich will ihn gleich bringen. Sehen Sie, das ging so zu: wie die Herrschaften heute die Treppe herabkamen, da stand ich unten, ich wollte doch auch einmal die gnädige Frau sehen; und da zog Herr Jussnitz gerade sein Taschentuch, dabei fiel der Handschuh, so ein kleiner, schwarzer, gewebter, aus der Tasche und just der gnädigen Frau vor die Füße. Er hat sich ganz rasch danach gebückt und den Kopf geschüttelt, wie ihn die Frau verwundert anschaute. ‚Wie komme ich denn dazu?‘ sagte er und lachte, und dann gab er den Handschuh mir. ‚Er wird dem Fräulein gehören, bewahren Sie ihn auf, Frau Kirchner!‘ hat er gesagt, und dann ist er mit seiner Frau und dem Herrn hinausgegangen. Ich sollte ja gewiß alle Tage ein wenig heizen, hat er noch zurückgerufen, und die Gnädige hat mir zwei Mark geschenkt, weil ich so gut sorgte für ihren Mann.“

„Die Dame – ich verstehe Sie nicht –“ kam es von zwei todtenblassen Mädchenlippen.

„War seine Frau. – Lieber Himmel, Sie haben sie ja heute früh gesehen! Da hat sie ihn wollen abholen nach Sibyllenburg. Nicht wahr, das ist ein liebes Gesichtel? Der Kutscher sagt, ein wahrer Engel sei sie und überhaupt sei es sehr schön auf Sibyllenburg, und Geld hätten sie, wenn nur sonst alles so recht – – Aber, du Himmlischer, wie sehen Sie denn aus, Fräulein!“ unterbrach sie sich.

„Ich? Wie soll ich aussehen? Kopfweh habe ich – bringen Sie mir Wasser; ich kann jetzt nicht gleich fort, der Weg ist weit – noch einen Augenblick nur –“

Hilde lehnte mit geschlossenen Augen in dem Stuhl. Sie war wie betäubt nach diesem Schlag, aber sie wußte doch, daß es Weihnachtsabend sei, daß sie in dem Raum sich befinde, in welchem alle ihre Hoffnungen emporgeblüht waren, in dem das erste selige Glück ihres jungen Herzens sich erschlossen hatte. Sie hörte die kleine buntemaillirte Uhr ticken und die eiligen Schritte der alten Frau auf der Treppe, sie sah dort drüben ihre schwebende Gestalt auf der Staffelei und sie empfand mit furchtbarer Deutlichkeit, daß ihr eben die Wahrheit berichtet worden war, daß der, dem sie ihr Herz geschenkt hatte, eine Frau besaß, eine junge, schöne, geliebte Frau, die er niemals ihr gegenüber erwähnt hatte.

Sie lachte kurz auf. Was hatte sie danach zu fragen, ob der Künstler, der sie malte, verheirathet sei? Welche Verpflichtungen hatte er denn, sie aufzuklären über seine Familienbeziehungen? Sie war ja doch nur sein Modell gewesen!

Die kleinen Hände krampften sich um die geschnitzten Löwenköpfe der Stuhllehne, ihre Brust hob sich zu einem tiefen Stöhnen. Wie das nur auf einmal war um sie her? Sie hörte die Thür gehen und stellte sich auf die Füße. „Es ist mir schon besser,“ sagte sie heiser und trank von dem Wasser, dann aber sank sie gleich wieder in ihren Sessel zurück. „Nur noch einen Augenblick möchte ich still sitzen, ganz still,“ bat sie.

Die alte Frau entfernte sich und legte drunten frische Kohlen in ihren Ofen. Sie schüttelte dabei den Kopf und murmelte etwas vor sich hin von Wunderlichkeiten der jungen Leute, die heutzutage allesammt überspannt seien, dann legte sie den kleinen Handschuh bereit, um ihn seiner Besitzerin zurückzugeben, setzte sich schließlich an den Ofen und drehte ein Tannenzweiglein in den Händen, das sie draußen gebrochen hatte, damit sie doch auch wisse, daß heute Christabend sei, und drehte so lange, bis sie einschlief.

Sie erwachte, leise fröstelnd, als just der heisere Kuckuck ihrer alten Wanduhr neunmal rief. Es dauerte eine ganze Weile, ehe sie sich besann, daß das hübsche Fräulein heute abend noch gekommen war, ihren Handschuh zu suchen – das alte Ding lohnte wahrhaftig solche Mühe und solchen Weg nicht! Ob sie wohl noch da oben saß? Gähnend stieg sie die Treppe hinauf, um nachzusehen, ob sie fort sei, und ob nicht etwa das Licht noch brenne.

Richtig, es brannte noch, und das Mädchen saß auch noch da und sah sie groß an mit zwei starren ausdruckslosen Augen.

„Aber du meine Güte,“ jammerte die alte Frau, „was machen Sie nur noch hier, Fräulein? Sie werden sich erkälten, Sie haben ja nicht einmal eine Zudecke! Ueber Nacht können Sie doch auch nicht hierbleiben – Sie haben sich am Ende gar mit Ihrer Tante gezankt? Das wäre so ein Wunder gerade nicht, aber sehen Sie –“

Sie verstummte plötzlich, denn die Klingel der Pforte schrillte durch die Nacht. „Natürlich, sag’ ich’s nicht? Da kommt gewiß Ihre Frau Tante, und nun wird’s was geben!“ rief sie und lief eilig hinaus.

Hilde rührte sich nicht, mochte Tante Polly doch kommen. Sie dachte nicht einmal über eine Entschuldigung nach, die sie ihr sagen könnte, es war ihr alles einerlei. – Dann hörte sie die hohe Stimme der Frau Kirchner wieder auf der Treppe: „Hier herauf, bitte, die Stufen sind so hoch und – was ich sagen wollte, sie sitzt da, leibhaftig, ihren Handschuh hat sie vergessen gehabt, und –“

„Wie? Die schöne Spanierin selbst – heute abend?“ rief lachend eine glockenhelle Frauenstimme. „Geschwind. Nelly, wenn wir das Original statt der Kopie bringen, machen wir noch größeren Eindruck.“

Hilde erhob sich bei den ersten Worten und ihre Augen suchten nach einem Ausgang, durch den sie entschlüpfen könnte. Sie that ein paar Schritte auf den Eingang zum Nebenzimmer zu – da öffnete sich schon die Thür und in das spärlich erhellte große Gemach kamen, in Pelzmantel und Schleier gehüllt, zwei Damen. Die kleinere lief geradeswegs zu Hilde hinüber, welche verständnißlos auf die Eindringlinge sah, deren Erscheinen hier sie schlechterdings nicht begriff.

„Liebes Fräulein,“ lachte die kleine Baronin. „unsere Begegnung hier hat wirklich einen abenteuerlichen Anstrich und ist doch im Grunde so harmlos wie möglich. Das ist meine Cousine Nelly Benken, ich heiße Irene Erlach, wir wollten Ihr Bildniß holen. Jussnitz erlaubt nämlich nicht, daß wir es ansehen, bevor es in Berlin war. Wissen Sie, nun bin ich eine von denen, die Widerspruch zu allem möglichen reizt; ich sagte also, ich würde meinen Willen durchsetzen, und bot ihm eine Wette an, daß ich und alle die andern seine schöne Spanierin bis morgen gesehen haben würden; dann ließ ich anspannen und machte mich heimlich mit Nelly aus dem Staube. Wir wollten das Bild holen und finden nun das Original! Liebes Fräulein,“ fuhr sie mit glühenden Wangen fort, „seien Sie einmal genial und kommen Sie selbst mit, Sie erweisen uns den größten Gefallen – es giebt die allerschönste Ueberraschung!“

Hilde maß die Sprecherin, die ihren Arm erfaßt hatte, mit einem langen kühlen Blick von oben bis unten.

„Mein Gott, Nelly, so hilf doch zureden!“ rief die Baronin kläglich. „Kommen Sie, liebes Fräulein – darf ich um Ihren Namen bitten?“

„Von Zweidorf,“ sagte Hilde stolz.

„Bitte, liebes Fräulein von Zweidorf –“ die übermüthige junge Frau zeigte einen Augenblick einen etwas verwunderten Ausdruck – „kommen Sie mit. Sie sind doch unter meinem Schutz! Denken Sie sich das Erstaunen unseres Kreises, wenn ich auf so schöne Art meine Wette gewinne.“

„Bitte, bitte, Fräulein von Zweidorf,“ rief auch das junge Mädchen mit dem kecken, frischen Gesicht, in welchem deutlich die Sehnsucht zu lesen war, den Streich, den die Cousine vorgeschlagen hatte, auszuführen.

„Ich tauge nicht für die große Geselligkeit, ich bin Ihnen allen fremd, ich –“

„Ach, ich bitte Sie, wir sind höchstens dreißig Personen, lauter gute Bekannte unter einander; Sie finden ja doch auch Jussnitz mit seiner Frau –“

Hilde zuckte zusammen. – Seine Frau! Ein brennendes Verlangen, dieser Frau gegenüberzutreten in seiner Gegenwart, überkam sie. „Aber ich bin doch nicht für Gesellschaft gekleidet!“ stammelte sie.

„Macht nichts! Wir helfen aus, nicht wahr, Nelly? Deine Sachen würden passen. Schade, daß Sie nicht Ihr spanisches Kostüm –“

„Das ist hier im Nebenzimmer,“ sagte Hilde.

Die kleine Baronin schlug vor Entzücken in die Hände. „O, das paßt ja herrlich, wir wollten heute abend allerhand Unsinn

[120]

„Der Graben“ in Wien.
Nach einer Zeichnung von W. Gause.

[121] WS: Das Bild wurde auf der vorherigen Seite zusammengesetzt. [122] anstellen – ich bitte Sie, eilen Sie sich, ziehen Sie sich als Spanierin an! Nelly,“ wandte sie sich lebhaft zu ihrer Begleiterin, „das wird ja eine köstliche Geschichte! – Haben wir denn hier nicht ein wenig mehr Licht?“ Und sie riß die Thür auf und rief durch das stille Haus nach einer weiteren Lampe; dann drängte sie Hilde in das Nebengemach hinein. „Bedenken Sie, wir haben noch ein gutes Stück zu fahren, machen Sie so rasch als möglich, ich flehe Sie an.“

Die alte verschlafene Frau brachte ihr Lämpchen, und Frau von Erlach stürmte damit in das Zimmer, wo Hilde sich umzog mit zitternden Händen.

Die junge Dame im Atelier hörte von drinnen das Knistern der Seide, das leise Krachen des spanischen Jäckchens und das eilige Gebahren der beiden. Und als nach einigen Minuten Hilde über die Schwelle schritt, stockte ihr fast der Athem über solch verblüffender Schönheit. Die Baronin aber trat rasch mit der Lampe zur Staffelei. „Sieh her, Nelly, rasch!“ rief sie.

Sie blieben beide stumm, und Nellys Augen sahen enttäuscht aus.

„Mittelmäßig – nicht wahr?“ flüsterte die Baronin auf französisch. Hilde hörte es nicht. Dann wickelten sie die reizende Spanierin in ihren Mantel und entführten sie unter Lachen und Neckereien aus dem Hause.

Frau Kirchner lief kopfschüttelnd mit dem Laternchen hinterdrein. „Die mögen sie mitnehmen, meinetwegen!“ knurrte sie, „aber das Bild, das Bild hätte ich nicht hergegeben.“ Und als der Wagen durch die Nacht davonbrauste, sah sie ihm nach mit ärgerlichem Blick.

„Mag was Schönes sein, was die da vorhaben mit ihrer Mummerei zum heiligen Christabend; – mich dauert nur so eine arme Frau, die zu allen Tollheiten noch lächeln muß.“

Und sie dachte, während sie heimging, an ein Paar klarer kindlicher Frauenaugen, die mit einem ganz unbeschreiblich bangen Ausdruck auf einen kleinen schwarzen Handschuh geschaut hatten, der aus ihres Mannes Tasche gefallen war.

„Mag was Schönes sein, was die da vorhaben,“ murmelte sie noch einmal und drehte mit einem kräftigen Ruck den Schlüssel der Hausthür herum.




Die geplante Weihnachtsfeier der Baronin Erlach konnte nicht auf dem spukhaften Schlosse ihres Vetters stattfinden. Die alten Kamine und Oefen, die ein halbes Jahrhundert und länger nicht benutzt sein mochten, weigerten sich bei dem glücklicherweise zur rechten Zeit gemachten Versuche, ihre Schuldigkeit zu thun, und der herbeigerufene Sachverständige sprach von umfassenden Ausbesserungen, die mindestens einige Wochen in Anspruch nehmen würden. So mußte Herr von Barrenberg seiner Cousine die betrübende Nachricht bringen, daß er zu seinem lebhaftesten Bedauern seine Gäste nicht auf Barrenberg empfangen könne, dafür aber doch inständig bitte, den Festabend in seiner Stadtwohnung begehen zu wollen.

Nun, es war kein großes Unglück. Nachdem Irene von Erlach eine halbe Minute geschmollt hatte, überstürzte sie sich mit hundert Vorschlägen für die Feier und versprach dem „kleinen Vetter“ – er maß beinahe zwei Meter – gewissenhaft die Pflichten der Wirthin zu erfüllen. Sie hatte allerhand phantastische Ideen für die Ausschmückung des Bescherungssalons und überlegte, wer geladen werden solle; denn der praktische Vetter, der sich nur in der Noth dazu verstand. seine Räume auch Familien zu eröffnen, wollte, weil er nun doch einmal „am Abmachen“ sei, gleich noch einige Einladungen ergehen lassen an Leute, denen er es „eigentlich schuldig“ sei. Irene suchte mit ihm allerlei reizende kleine Geschenke aus, versprach, für einen prachtvollen Christbaum und für einen „lebendigen“ Weihnachtsengel zu sorgen, fuhr mit ihm zum Koch und dachte an jede Kleinigkeit, so daß Barrenberg sich schließlich selbst auf den „Zauber“ freute und punkt fünf Uhr am Heiligen Abend an der ersten Thür seiner graßen eleganten Junggesellenwohnung die Gäste mit dem stillvergnügten gutmüthigen Lächeln empfing, das seine große, etwas täppische Persönlichkeit so anziehend machte.

Neben ihm stand Frau von Erlach in einem weißen Seidenkleid mit Besatz aus Marabu, über dessen duftigem Flaum sich das dunkle, übermüthige Köpfchen noch reizender als sonst ausnahm. Hinter ihr lachten und flüsterten zwei allerliebste blonde Mädchen, Melly und Nelly von Benken. Nichten Barrenbergs, die er sich eigens für diesen Abend von seiner Schwester erbettelt hatte. Sie waren unter die Obhut der kleinen Baronin gestellt und hatten Erlaubniß, bis zum ersten Januar die Freuden der Großstadt und die Gastfreundschaft der Baronin zu genießen. Die beiden, die sich zum Verwechseln ähnlich sahen, machten ihre allerliebsten, noch etwas an die Tanzstunde gemahnenden Knixe, je nach dem Range der Eintretenden verschieden tief und mit den feierlichsten Gesichtern, was sie aber nicht hinderte, gleich nachher die Köpfe zusammenzustecken und zu kichern. Es kamen ja aber auch zu kostbare Menschen hier zusammen! Da waren die ehemaligen Kameraden des Onkels, der lustige Lieutenant von Osten vor allen, dann eine alte asthmatische Frau Oberst in grünem Sammetkleide, die sich in einem fort umsah, die Lorgnette vor den Augen; da kam eine fabelhaft elegante Frau Siegsfeld, die Witwe eines Jagdfreundes; ferner ein junger Mann in unmöglichem Civil, dessen Kravatte viel zu roth und dessen junge Frau viel zu schön für ihn war. Er sollte ein Klaviervirtuose sein, bei dem der Onkel Unterricht nahm.

„Denke Dir unseren braven Onkel, wenn er mit seinen Tatzen das Klavier schlägt,“ flüsterte Melly Nelly zu.

Da war ferner eine gefeierte Schauspielerin, die den Einfall, sie zum Weihnachtsabend einzuladen, „ganz süperbe“ fand, die, ihren Federfächer schwingend und sehr nach dem neuesten Parfüm duftend, sich vor ihr Bild stellte, das im rothen Sammetrahmen über einem kleinen Divan hing, und mit einem Augenaufschlag, den Nelly hinterher vergebens einzuüben suchte, den lieben Barrenberg von einer rührenden Anhänglichkeit fand.

Es kam der General von soundso mit Frau und vier Töchtern, von denen die jüngste dreißig Jahre zählte und welche sämmtlich lange weiße Gesichter mit blassen Lippen, zahllose Sommersprossen und röthliches Haar hatten. Die beiden auf Weihnachtsurlaub befindlichen Brüder begleiteten sie, immer auf der Jagd nach einer reichen Frau, keine Gelegenheit versäumend, um eine solche zu finden, und heute doppelt aufmerksam, denn die beiden Benkens hatten neben all ihrer Niedlichkeit den großen Vorzug, daß sie dereinst Barrenbergs Erbinnen werden sollten – so sagte man. Daß Barrenberg erst vierzig Jahre alt war, das kam weiter nicht in Betracht bei dieser Angelegenheit, heirathen würde er ja doch nie aus purer Bequemlichkeit.

Die jungen Dämchen setzten bei der Begrüßung der beiden Offiziere eine etwas hochmüthige Miene auf und verhielten sich der auffallenden Liebenswürdigkeit der vier Schwestern gegenüber ebenfalls kühl.

„Das könnte mir passen,“ erklärte Nelly. Als eben wieder jemand hereinkam, stieß Melly Nelly an und sagte: „Du, sieh einmal, Nell –“ aber unwillkürlich machten sie beide gleichzeitig eine tiefe Verbeugung, als der Onkel sagte: „Meine beiden Nichten, Frau Jussnitz.“

Die vier klaren Mädchenaugen sahen Antje an, die am Arme ihres Mannes eingetreten war, und beim Anblick dieses weichen Frauengesichtes, das ihnen so angenehm unter allen den andern erschien, vergaßen sie ihre harmlose Spottsucht. „Du, die hat geweint,“ flüsterte Nelly Melly zu. Diese nickte zustimmend, und beide schauten sie der Frau nach, deren lange dunkelbraune Sammetschleppe eben unter der Thür nach dem Nebenzimmer verschwand.

„Es ist unglaublich,“ sagte die Baronin leise zu ihrem Vetter, „welch eine Atmosphäre von Langweiligkeit diese Frau umweht. Du hättest Jussnitz eben nicht so fürchterlich quälen sollen, daß er sie mitbringt – mein Gott, da sie noch dazu gar nicht einmal gern kommt!“

„Aber Irene!“

„Schweig’ doch, Vetter; sie paßt nun mal nicht her, wenn wir lustig sein wollen.“

Nelly steckte ihr Köpfchen zwischen Onkel und Tante. „Ich finde sie sehr reizend,“ sagte sie nachdrücklich, „und jetzt gehe ich zu ihr und sehe zu, ob sie wirklich so langweilig ist.“

Nelly führte ihren Vorsatz auch aus, kam aber bald zurück und gesellte sich mit enttäuschtem Gesichtchen zu ihrer Schwester, die mit Lieutenant Osten plauderte. „Ach Gott,“ sagte sie altklug, „es ist nicht alles Gold, was glänzt.“

(Fortsetzung folgt.)

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Nachdruck verboten.     
Alle Rechte vorbehalten.

Wanderungen durch Wien.

Von V. Chiavacci. Mit Zeichnungen von W. Gause.
Die innere Stadt.

Die österreichische Kaiserstadt an der schönen blauen Donau steht in diesen Tagen am Ausgangspunkte einer neuen Entwicklungsphase. „Groß-Wien“, das lang erstrebte und lang bestrittene Ziel, soll endlich zur Wahrheit werden, und mit der Auflassung der Linienwälle und der Eingemeindung der Vororte geht die lange zum verhältnißmäßigen Stillstand verurtheilte Stadt einer ganz neuen – und hoffen wir, glücklichen Zukunft entgegen.

An dieser Wende in der Geschichte der alten Kaiserstadt dürfen wir wohl die Leser einladen, mit uns einen Gang durch ihre Straßen und Gassen, ihre Gärten und Plätze zu machen; und wenn dann einst die späteren Bürger des neuen Wiens erfahren möchten, wie es einst, vor jener Wende, ausgesehen hat in ihrer Heimath, dann mögen sie den alten „Gartenlaube“-Band aufschlagen und im Geiste unsere heutige Wanderung wiederholen.

Ein Spaziergang durch Wien muß nothwendig vom Stefansplatz seinen Ausgang nehmen. Daß hier das Herz der alten Kaiserstadt pulsirt, ersieht man nicht nur aus dem riesigen Verkehr, der zwischen der Kärntnerstraße und der Rothenthurmstraße an der Hauptfassade des ehrwürdigen Domes vorüberfluthet; weit empfindlicher noch zeigen dies die hohen Miethpreise an, welche für Kaufläden und Wohnungen in diesem Stadttheile bezahlt werden. Von altersher galt der Stefansthurm, dessen Vollender, Meister Friedrich Schmidt, in diesen Tagen erst unter allgemeiner Theilnahme zu Grabe getragen wurde, den Wienern als das Wahrzeichen und Heiligthum ihrer Stadt. Wenn Krieg, Pest oder Hungersnoth die Bürger von ihrer friedlichen Arbeit wegschreckte, so versammelten sie sich in der dämmerigen Halle des uralten Gotteshauses und die tiefen Glockenklänge des Thurmes hallten zusammen mit den inbrünstigen Gebeten des bedrängten Volkes. In Freud und Leid, bei Siegen und Niederlagen war der Platz vor dem gothischen Riesenbau die Stätte, an welcher das Volk von Wien gemeinsame Kundgebungen veranstaltete. Seit Jahrhunderten wurzelt daher die Liebe zu dem herrlichen Gotteshause in dem Herzen des Wieners, und weil er gern Menschen und Dinge, die ihm lieb geworden, in ein gemüthliches Verhältniß zu sich setzt, so fand er auch bald für den Dom einen vertraulichen Kosenamen. Der „alte Steffel“ ist das zärtlich geliebte Wahrzeichen, der Stolz jedes Wieners. Wenn diesen in schlimmen Tagen kleinmüthige Gefühle beschleichen, so stärkt ein Blick auf den „alten Steffel“ sein Selbstvertrauen und seinen Muth. Er fühlt sich als den Enkel eines wackeren Geschlechtes, das über ein Jahrtausend hier gewaltet und Großes geleistet hat – zäh und ausdauernd in furchtaren Zeiten der Gefahr, emsig und lebensfroh in guten Tagen. Wenn der Wiener in die Fremde zieht, so ist der blinkende Schein des goldenen Adlers auf dem Stefansthurme das letzte Bild, das in seinem umflorten Auge glänzt, und wenn ihn das Heimweh in der Fremde anwandelt, so giebt er seiner Sehnsucht mit den Worten Ausdruck:. „Ach, könnte ich nur einmal noch die Spitze des Stefansthurmes schauen!“

Nach dem Gesagten ist es kein Wunder, daß der alte behäbige Wiener Bürger, welchen unsere Anfangsvignette zeigt, den Ausdruck der Bewunderung, den er im Antlitz eines den Stefansdom umwandelnden Fremden beobachtet, glänzenden Auges und behaglich schmunzelnd zur Kenntniß nimmt.

Der Fremde hat den rothgebundenen Reiseführer in der Hand, blickt aber nur selten hinein; er ist ergriffen von dem Zauber des mächtigen gothischen Bauwerkes, an dessen Riesengliedern sein Auge staunend emporgleitet, während es bei dem schönen Ebenmaß der Theile und dem reichen, phantasiervoll durchgebildeten Zierat mit sichtlichem Interesse verweilt. Das ist genug für unsern Wiener, um ihn für den Fremden einzunehmen. Er umkreist ihn dergestalt, daß er ihm immer ins Antlitz sehen kann, und jeder Ausdruck der Bewunderung und Freude in den Mienen des Fremden wirkt auf die Gesichtsmuskeln des alten Herrn zurück und ruft ein drolliges Echo derselben Empfindungen wach, die er aus dem Gesichte des Fremden zu lesen glaubt. Dabei bemächtigt sich seiner eine nervöse Unruhe; er öffnet mehrmals den Mund, um den Fremden anzusprechen, scheint aber das schickliche Wort nicht zu finden.

Als aber der Fremde auf seiner Wanderung vor der Hauptfassade angekommen ist und sich anschickt, sich aus dem Reiseführer Rath zu holen, da leidet es den Alten nicht länger in seiner stummen Rolle. Er tritt an den Mann, den er sich nun einmal zum Schützling erkoren hat, heran und sagt zu ihm in einem Tone, als ob er ein längstbegonnenes Gespräch fortsetzte.

„Und das ist das Riesenthor. Wie, was haben Sie gesagt? Ja, Riesenthor heißt’s. Warum? Das weiß ich selber net. Wahrscheinlich, weil es das größte ist. Eigentlich heißt es das Westportal. Einer der ältesten Theile des ganzen Bauwerks, sehr merkwürdig. Schauen Sie nur das große Mittelbild an: Jesus im Eirund! Ein Meisterwerk, so einfach und so verständlich: der Erlöser segnet alle, die zu ihm eingehen. Das ist noch alles romanisch, auch die beiden Heidentürme und die symbolischen Friesleisten; da könnte man stundenlang hinschauen; hat alles eine tiefe Bedeutung. Haben Sie die Kanzel an der Außenseite des Domes schon gesehn? Geschichtlich sehr merkwürdig! Hier hat der asketische Mönch Capistran in lateinischer Sprache zum Kreuzzug gepredigt und die Wiener zur heldenmüthigsten Begeisterung hingerissen. Kopf an Kopf haben sie gestanden und athemlos der Predigt des klapperdürren Männchens gelauscht, das mit dem Kruzifix in der Rechten und der Fahne in der Linken seine begeisternden Worte wie Donnerkeile unter die Menge schleuderte. Nicht wahr, Sie möchten auch mehr zurücktreten, um einen Gesammteindruck zu gewinnen? Ja, das ist ja der Schmerz von uns Wienern, daß uns der Stefansplatz gar so stiefmütterlich zugestutzt worden ist. Da, seh’n Sie das Riesengebäude an! Wie das sich protzig unserm ‚alten Steffel‘ gegenüberstellt, als wollt’s sagen: ‚I bin a wer!‘ Ja, seh’n S’, lieber Herr, das ist halt wo anders anders. Wenn man ein bißl in der Welt herumgekommen ist, so stellt man Vergleiche an. Hierher gehört ein Monumentalbau à la Galeria Vittorio Emanuele in Mailand. Hab’ ich recht oder unrecht? Ah, richtig; bald hätt’ ich vergessen, mich Ihnen vorzustellen: Hainfelder, Fabrikant. Einer, der noch übrig geblieben ist aus der guten alten Zeit.“

Mit diesen Worten, welche er in dem Bestreben, hochdeutsch zu reden, mit starken Anklängen an seinen heimischen Dialekt hervorsprudelte, hatte er sich als echter „Wiener vom Grund“ ausgewiesen, der trotz aller Begeisterung für seine schöne Vaterstadt doch stets mit einer Art Wollust die Mängel und Unterlassungssünden seines Gemeinwesens hervorhebt.

Der Fremde lüftete den Hut und nannte seinen Namen: „Fritz Werner.“

„Freut mich, freut mich sehr,“ sagte Herr Hainfelder. „Sie g’fall’n mir, Herr Fritz Werner. Ich schau’ Ihnen schon lang’ zu, mit welcher Begeisterung Sie unsern Steffel betrachten. So was thut ein’ alten Wiener wohl. Wenn’s angenehm ist, so begleite ich Sie und zeig’ Ihnen die Stadt.“

Der Fremde nahm das Anerbieten seines freundlichen Berathers mit Vergnügen an, und Herr Hainfelder führte ihn zunächst über den „Stock im Eisen“-Platz auf den Graben.

In einer Nische der seinerzeit vielbesprochenen und bewitzelten Springerruine steht das uralte und ehrwürdige Wahrzeichen der Stadt, welches man den „Stock im Eisen“ nennt. Es ist dies ein mehr als mannshoher bis auf das letzte Fleckchen mit Nägeln [124] von allen Größen beschlagener Baumstamm, ein Ueberbleibsel jenes Theiles des Wienerwaldes, der sich vor vielen Jahrhunderten bis hart an die Mauern der Stadt erstreckt hatte. Jeder Schlossergehilfe schlug, bevor er auf die Wanderschaft ging, in diesen Stamm einen Nagel ein. Diese hüllten mit der Zeit den ganzen Stamm in jenen Eisenpanzer, wie er noch heute besteht.

Das Dasein dieses Baumstammes beweist auch, daß dieser Stadttheil sich einstmals außerhalb der Stadtmauern befunden hat, und in der That standen der Stefansdom und alle westlich vom Bauernmarkt und südlich vom Graben liegenden Stadttheile zur Zeit des Babenbergerherzogs Heinrich Jasomirgott († 1187) außerhalb der Stadtmauern. Der Graben, die vornehmste und volkreichste Verkehrsader der inneren Stadt, war damals ein wirklicher Festungsgraben und auf dem „Stock im Eisen“-Platz stand früher ein großes Befestigungswerk, dessen Mauerreste bei dem im Jahre 1866 vorgenommenen Umbau der Häusergruppen vor dem Trattnerhof aufgedeckt wurden.

Die Fischerstiege.   Die Kirche „Maria am Gestade“.

Seit Jahrhunderten bildete der Graben ein getreues Spiegelbild des Lebens und Treibens der Stadt. Alle Wandlungen in Sitten und Gewohnheiten der Bewohner Wiens brachte dieser Stadttheil zuerst und am anschaulichsten in dem Gewoge seiner Spaziergänger, in dem Stile seiner Häuserfronten, in dem Gepräge seiner Schauläden zum Ausdruck.

„Sehn S’, das ist unser Graben,“ sagte Herr Hainfelder. „Da war halt von jeher der größte Verkehr und das bunteste Treiben. Wenn Sie sich da vor den Trattnerhof hinstellen, übersehen Sie das ganze Bild. Rechts hinter Ihnen der Stefansthurm; das prächtige Haus mit den bemalten Feldern gehört eigentlich noch zum ‚Stock im Eisen‘-Platz. Es ist in zierlicher deutscher Renaissance ausgeführt und steht an der Stelle des uralten Hauses zum ‚güldenen Becher‘. Dann an der Stelle des ehemaligen Schlossergäßchens der Prachtbau des Fabrikanten Haas, daran anschließend der berühmte Trattnerhof; endlich das Sparkassagebäude; gegenüber der stolze Neubau ‚Grabenhof‘ mit seiner Säulenfassade, weitere Neubauten an der Ecke der erweiterten Spiegelgasse; zwischen den modernen Palästen mit den prunkvollen Schauläden steht noch manches ehrwürdige Gebäude aus alter Zeit. Die Dreifaltigkeitssäule da vorne wurde von Leopold I. 1687 zum Andenken an die Abwendung der Pest errichtet. Jetzt bitte ich aber in das Gewurl zu sehen,“ mahnte Herr Hainfelder jetzt seinen Begleiter.

„Das Gewurl? Was ist denn das?“ fragte der Fremde.

„Gewurl heißt bei uns ein Gewoge, ein buntes Treiben und Jagen,“ erklärte Herr Hainfelder. „Auf dem Graben finden Sie nämlich einen Auszug der Bevölkerung Wiens, wenn ich so sagen darf: eine Taschenausgabe. Die wichtigste Figur ist der Grabenfiaker. Die Grabenfiaker sind sozusagen das Garderegiment unter den Wiener Fiakern. Sehen Sie sich nur so ein ‚Zeugl‘ an, wie fesch und elegant der leichte Wagen, wie nett und proper die flinken Rössel g’halten sind. Und der Kutscher, gewohnt, mit Kavalieren zu verkehren, ist selbst ein Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle. Den ‚Stößer‘ keck aufs linke Ohr gesetzt, ein feines Jackett mit flottem Schnitt, unter welchem die lichte Weste und die schwere Uhrkette mit dem Maria Theresiathaler sichtbar ist, eine Hose nach dem ‚höchsten Schan‘ (Genre): so steht er da, der Grabenfiaker, [125] und fragt jeden, den er für einen ‚Gawlier‘ hält: ‚Fahr’n m’r oder spar’n m’r, Euer Gnaden?‘ Sie, lieber Herr, wenn Sie Wien genießen wollen, müssen S’ mit einem Grabenfiaker in den Prater fahren. Wenn er so seine Katzeln ‚fürischießen‘ laßt und sich durch das Gewühl von Wagen und Fußgängern durchwindet wie ein Wiesel, das ist der höchste Genuß, sag’ ich Ihnen. Der Gotschewer (Südfrüchtehändler), der am Portal des Trattnerhofes seine ‚Pomeranschen und Feigen‘ anbietet, gehört, seitdem ich denk’, zu den bekannten Grabenfiguren, der ‚Pintscherlverkäufer‘ ebenfalls, der unter den Armen und in jeder Rocktasche ein junges Hündchen hat. Der Mann mit dem südlichen Gesichtsausdruck, der ein Brett mit zierlichen Gipsfiguren auf dem Kopf trägt, ist der ‚Figurini‘; und schau’n S’ Ihnen die ‚fesche Godl‘ mit der ‚Butt’n‘, über welcher die geputzten Steifröcke hängen, an. Das ist das ‚Wiener Wäschermadl‘. Alle sehen freilich nicht so fesch aus wie die da. Aber die hübsche Figur, das kleine ‚Fußi‘ und das kecke ‚Goschi‘ finden Sie fast bei jeder.

Stefansdom.

 Riesenthor des Stefansdoms.

Da haben Sie noch einen Wiener Schusterbuben, ein verwegenes Gewächs, das immer zu Schabernack und tollen Streichen aufgelegt ist. Was glauben Sie, wer dieser elegante Herr ist, der eben in einen Fiaker einsteigt, um sich in den Prater fahren zu lassen? Das ist ein Kaffeehausmarqueur, der seinen freien Tag hat; an solchen Tagen ist er Kavalier vom reinsten Wasser und wirft das Geld mit vollen Händen hinaus. Die eleganten Damen und Herren machen ihre Einkäufe in den prachtvollen Kaufläden. Denn hier sind die stolzesten Firmen in Kunst-, Bronze- und Lederartikeln, in Bijouterie und Rauchwaren. Ein Geschenk, das die Marke einer Grabenfirma trägt, hat für den Beschenkten einen höheren Werth. Die jungen Herrchen in den auffallenden Kleidungen und mit dem komisch protzigen Wesen gehören der zahlreichen Gilde der ‚Wiener Gigerln‘ an. Es sind junge Leute, welche in ihrem Leben einen einzigen guten Einfall gehabt haben, nämlich den, daß sie in der Wahl ihrer Eltern vorsichtig waren. Ihr ganzes Denken und Trachten geht in ‚Pschütt‘ und ‚Chic‘ auf. Ihr höchster Ehrgeiz besteht darin, alle andern Pflastertreter durch bizarre Einfälle in Kleidung und Haltung, in blöden Wortverdrehungen und unmöglichen Gliederverrenkungen zu übertreffen. [126] Der freche Geselle mit dem herausfordernden Blick und dem brutalen Gesichtsausdruck, welcher durch die schief gesteckte Virginiacigarre und die über die Schläfen gedrehten ‚Sechsundsechziger‘ ein charakteristisches Gepräge bekommt, ist ein ‚Strizzi‘ aus den westlichen Vororten, ein ‚Pülcher‘, der sich wahrscheinlich mit der Burgmusik bis hierher verirrt hat und jetzt nach einem Fang ausspäht.“

„Verzeihung! Was ist denn ein ‚Strizzi‘ und ein ‚Pülcher‘?“ fragte der Fremde.

„Das sind unsere Lazzaroni,“ erwiderte Herr Hainfelder, „arbeitsscheue, verwahrloste Bursche, welche ihren Lebensbedarf aus hundert unlauteren Erwerbsquellen schöpfen. Im Winter bringen sie die Nächte in ‚Schnapsbutiken‘ oder in verrufenen ‚Tschecherln‘, ganz kleinen Kaffeeschänken, zu, im Sommer schlafen sie bei der ‚grünen Bettfrau‘ und machen die Wohnungen unserer Sommerfrischler unsicher. – Geb’n S’ acht, der ‚Pülcher‘, den Sie hier seh’n, ist ein Taschendieb. Ich hab’ dafür einen unfehlbaren Blick,“ fuhr Herr Hainfelder fort. „Ich bitt’ Sie, Herr von Werner, wollen Sie mir eine kleine Gefälligkeit erweisen? Stellen Sie sich gütigst vor diese Buchhandlung, halten Sie Ihren rothen Bädeker in der Hand und studieren Sie arglos die ausgestellten Bücher!“

Der Fremde that, wie ihm geheißen, und Herr Hainfelder stellte sich in unauffälliger Weise in seine Nähe. Nach einigen Minuten bemerkte der Strolch den Köder, rekognoscirte eine Weile und drängte sich dann ganz nahe an den Fremden heran. Plötzlich that er, als ob er von einem Passanten einen Stoß erhalten hätte, hielt sich einen Augenblick an den Fremden an und sagte „Paardon!"

„Halt!“ rief Herr Hainfelder und packte den Gauner bei der Rechten, „hab’ ich Dich, Bürscherl, und so schön in flagranti – na, nix wegwerfen, ’s Geldbörserl schön b’halten, bis die Sicherheit ’kommen is.“

Bei diesen Worten umklammerte er die Hand des Strolchs wie in einem Schraubstock, so daß es diesem unmöglich war, die gezogene Geldbörse fallen zu lassen. – Sofort versammelte sich um die Gruppe eine ungeheure Menschenmenge, bis ein Sicherheitswachmann erschien und den Burschen dingfest machte.

„Ich dank’ Ihnen vielmals, und nix für ungut,“ sagte Herr Hainfelder zu seinem Begleiter. „Ich habe Ihnen nur an einem Beispiel zeigen wollen, wie gut der Fremde thut, nicht gar zu arglos seine Schaulust zu befriedigen. Wien ist zwar kein solches Goldland für Diebe wie London oder Berlin, aber die paar Fremden, welche uns mit ihrem Besuch beehren, sind für unsere Gauner doch eine gute Kundschaft.“

Der Fremde mußte lächeln über diesen Taschendiebentlarvungskursus mit Demonstrationen und schritt an der Seite seines freundlichen Führers weiter über den eleganten und belebten Kohlmarkt auf den Michaeler Platz.

„Da hat unser liebes, trauliches altes Burgtheater gestanden,“ sagte Herr Hainfelder, auf eine Gebäudeecke des von Fischer von Erlach entworfenen und teilweise ausgebauten Burgtraktes mit der Winterreitschule deutend. „Hier stand vor zwei Jahren noch der unscheinbare Bau, in dessen beschränkten Räumlichkeiten durch viele Jahrzehnte hindurch den Wienern der edelste Kunstgenuß geboten wurde. Ein Gefühl der Wehmnth beschleicht jeden gebildeten Wiener, wenn er den nunmehr leeren Platz betrachtet, wo jeder von uns soviele Stunden reiner Freude und edelster Kunstbegeisterung genossen hat. Der Einlaß ins Burgtheater! Herr, das war zu meiner Zeit ein sehenswerthes Schauspiel. Wie oft habe ich mich, kaum daß ich den Löffel weggelegt, um 2 oder 3 Uhr nachmittags unter dem Einfahrtsthor der Reichskanzlei oder im Hofe der Winterreitschule aufgestellt und mit Hunderten von Kunstbegeisterten geduldig auf das Oeffnen des Thores gewartet. Was da für Leute zusammenkamen! Die Witze und das Kritisiren, die Schwärmerei der halbflüggen Mädchen für ihre Götter, das Nachahmen der Schauspieler, das Hersagen klassischer Stellen –. Ja, ja, das war eine schöne Zeit! Vielleicht erscheint sie mir gar so schön, weil ich damals jung war; ich bilde mir wenigstens ein, daß ich später, als ich mir einen festen Sitz kaufen konnte, niemals wieder das Hochgefühl der Begeisterung empfunden habe wie damals. Das ist jetzt alles vorbei, vorbei!“

Der unvollendete Theil der Burg, von dem ein herrliches Bruchstück in der Winterreitschule des Fischer von Erlach vorhanden ist, soll jetzt nach den Plänen dieses Meisters ausgebaut werden, und zu diesem Zwecke hat man auch schon mit dem Niederreißen der Häusergruppe zwischen dem Michaeler Platz und der Schauflergasse begonnen.

„So, jetzt kommen S’ geschwind mit mir auf den inneren Burgplatz mit dem Kaiser Franz-Denkmal, damit wir die Burgmusik nicht versäumen.“ Herr Hainfelder nahm seinen Schützling am Arm und führte ihn durch das Einfahrtsthor der Reichskanzlei auf den inneren Burgplatz, wo eben die Burgwache mit klingendem Spiel abgelöst wurde. Die „Burgmusik“ bietet ein eigenartiges Schauspiel, welches kein Fremder versäumen sollte. Die Wachabtheilung. welche unter Voranschreiten einer Militärkapelle aus einer der Vorstadtkasernen in die Burg marschirt, um dort ihre Posten zu beziehen, wird regelmäßig von einem lawinenartig anschwellenden Schwarm von Gassenjungen, beschäftigungslosen Individuen, Vagabunden und Spaziergängern begleitet, welche die schöne Gelegenheit eines Freikonzertes in behaglichster Lauue genießen.

Nachdem sich dieses buntbewegte Bild vor den Augen unserer beiden Wanderer abgespielt hatte, warfen sie noch einen Blick auf die geschichtlich und architektonisch gleich bedeutenden Gebäudeflügel, welche den inneren Burgplatz umrahmen: die herrliche Fassade der Reichskanzlei mit den beiden Kolossalgruppen an den Seiten der Durchfahrten, dann den Amalienhof und endlich den uralten Schweizerhof mit dem romantischen Schloßgraben und dem malerischen Epheugeranke, in welchem viele Tausende von Spatzen nisten und zur Sommerszeit ein betäubendes Geschrei anstimmen.

Durch die Thoreinfahrt des Schweizerhofes gelangt man auf den in vornehmer Abgeschlossenheit liegenden Josefsplatz, dessen Mitte das herrliche Monument Zauners, die Reiterstatue Kaiser Josefs II., ziert. Den Hintergrund des Platzes bildet das imposante, von Fischer von Erlach erbaute Hofbibliothekgebäude; die beiden Flügel sind gebildet von den Redoutensälen einerseits und dem Gebäude der geologischen und mineralogischen Sammlungen andererseits. Dieses Gebäude dient jedoch bereits andern Zwecken, weil die Sammlungen seit einem Jahre in dem großartigen neuen naturhistorischen Museum auf dem Burgring untergebracht sind. Der schöne Platz wird an seiner vierten Seite von dem lebhaften Verkehre, welcher zwischen der Albrechtsrampe und dem Michaeler Platze fluthet, durchbrochen. Architektonisch bildet sie einen würdigen Abschluß durch die Paläste Pallavicini und Palffy. Die Thoreinfahrt des ersteren Gebäudes bewachen vier Kolossalstatuen, weibliche Karyatiden, ein prächtiges Werk des genialen Zauner. Um die Theaterzeit und an Sonntagen vormittags, wenn in der Augustinerkirche das Hochamt celebrirt wird, ist hier ein großes Gewoge von Equipagen und Fußgängern, welches wegen der engen Passage in der Augustinerstraße und unter dem Schwibbogen des Burgstallgebäudes manchmal beängstigend wird. Die Augustinerkirche ist wegen der vorzüglichen Sologesänge während des Gottesdienstes, die von ersten Künstlern ausgeführt werden, stets von einem großen Publikum besucht, und auch der Fremde darf an ihr nicht vorübergehen, schon wegen des herrlichen Grabdenkmales der Erzherzogin Christine nicht, welches von der Meisterhand Canovas herrührt.

Nun zurück über den Michaeler Platz durch die Herrengasse mit ihren stattlichen Palästen, den stolzen Herrensitzen der Trauttmannsdorff, Wilczek, Liechtenstein, Herberstein, Clary, Traun, Stadion, Batthyany, mit dem Landständehaus und dem Nationalbankgebäude. In der Herrengasse und dem unmittelbar daranliegenden Stadttheile stehen die stattlichen Adelsburgen und verleihen demselben einen Charakter der vornehmen Ruhe und Behaglichkeit, welcher von dem geschäftlichen Treiben der anstoßenden Straßen auffallend absticht. In dieser Gasse befinden sich auch zwei stark besuchte Kaffeehäuser, welche den Unterschied zwischen einst und jetzt am deutlichsten zum Ausdrucke bringen: das altbewährte Café „Griensteidl“ mit seinem anheimelnden Ecken- und Winkelwerk, seinen niedrig gewölbten Zimmern, seinen litterarischen Stammgästen und historischen Plätzchen, seinem „Hofschauspielerzimmer“, seinem stadtbekannten Zahlmarqueur und seiner reichen Auswahl an Zeitungen und Monatsschriften. Hier geht es noch sehr patriarchalisch zu. Man sieht um dieselbe Stunde jeden Tag dieselben Menschen an denselben Plätzen, welche manche von ihnen schon seit Jahrzehnten einzunehmen gewohnt sind. Ganz anders im Café Central, welches im ehemaligen Börsengebäude an der Ecke der Herren- und Strauchgasse im üppigsten Stile eingerichtet ist. Man tritt in eine hohe, in maurischem Stile gehaltene Säulenhalle; [127] hier ist ein stetes Kommen und Gehen. Will man ruhig seine Zeitung lesen oder ein Spielchen machen, so geht man in die anstoßenden, mit vornehmer Pracht ausgestatteten Säle.

So hat sich neben dem Neuen, Eleganten, Stilvollen auch überall das Alte zu behaupten gewußt, welches durch den Schimmer von Behaglichkeit, durch den patriarchalischen Ton und das traditionelle Festhalten am Hergebrachten nicht nur auf die absterbende Generation, sondern auch auf das jüngere Geschlecht seinen Reiz ausübt. Mit großer Zähigkeit behaupten sich daher neben den neuen prunkvoll eingerichteten Restaurants die alten, gemüthlichen, gutbürgerlichen Gasthäuser, welche zum Theil einen Jahrhunderte alten Ruf genießen. Das Michaeler Bierhaus, der „Lothringer“, das alte „Blumenstöckl“, der „Kühfuß“, das Winterbierhaus, das „Reichenbergerbeisl“, die Weinstuben von Zett, „Zu den drei Mohren“, „Bei den Schotten“, dann die verschiedenen Weinkeller, unter denen der „Esterhazy-Keller“ mit seiner mehr als dürftigen Einrichtung eine große Volksthümlichkeit genießt – nicht zu vergessen den Methkeller zum „süßen Löchl“ –, haben aus alter Zeit ihren guten Ruf und ihren Kundenkreis sich zu erhalten gewußt.

Die Herrengasse mündet auf die Freiung, einen stattlichen, geschichtlich merkwürdigen Platz mit lebhaftem Marktgetriebe, der Schottenkirche im Vordergrund und einer Reihe von Palästen und Zinsburgen als malerischer Umrahmung. Die gegenüber der Schottenkirche einmündende Teinfaltstraße zeigt neben der Kärntnerstraße und den Stadttheilen am Salzgries und an der Ausmündung der Rothenthurmstraße das langsam fortschreitende zielbewußte Wirken der Stadterweiterungskommission, welche an Stelle des Winkelwerks und der finstern, krummen Gäßchen breite, schöne und lichtdurchströmte Verbindungslinien schafft. Wie die jungen lichtgrünen Triebe an einen alten Tannenbaum setzen sich diese Neubauten mit ihrer heiteren prunkliebenden Architektur in das Gefüge der alten Straßenzüge ein, dem Verkehre bequeme Wege bahnend. Mit Wehmuth sieht der alte Wiener manche traute Stätte freundlicher Erinnerungen, manch denkwürdigen und künstlerisch werthvollen Bau diesem Bestreben zum Opfer fallen, und nicht immer erstehen an seiner Stelle Werke, welche dem Kenner und Schätzer des liebgewordenen Alten als würdiger Ersatz gelten können.

Der Stock im Eisen.

Durch die Färbergasse und Schwertgasse gelangen wir zur altberühmten stilvollen Kirche „Maria am Gestade“, einem herrlichen gotischen Baudenkmal aus dem zwölften Jahrhundert. Von gleich hohem Werthe und geschichtlichem Interesse ist das uralte Salvatorkirchlein. Hier umfängt uns Alt-Wien mit seinen engen finsteren Gassen und Winkeln und dem ehrfürchtigen Schauer einer nach vielen Jahrhunderten zählenden Vergangenheit. Am „Salzgries“, bei „Maria am Gestade“ und an der Fischerstiege vorbei floß vor Jahrhunderten der Donaustrom, dessen Bett jetzt weit von jener Stelle zurückgetreten ist. Wer einen Begriff von dem mittelalterlichen Wien erhalten will, der besuche diese Gäßchen mit den verwitterten Häusern, deren Fronten so enge aneinandergerückt sind, daß infolge der ewigen Dämmerung in den Geschäftslokalen den ganzen Tag Licht gebrannt werden muß: das enge Rothgäßchen mit seinem lebhaften Verkehr, die Judengasse mit ihren Trödlerläden und ihrem Straßenhandel, die Rosmaringasse und die merkwürdige Fischerstiege.

Wollzeile und Schulerstraße sind zwei äußerst lebhafte Verkehrsadern, in denen sich die Expeditionen und die Administrationen fast sämmtlicher Wiener Zeitungen angesiedelt haben. Von der Wollzeile gelangt man durch einen Schwibbogen auf den Universitätsplatz. Hier steht das alte, nun verlassene Universitätsgebäude und die Universitäts- oder Jesuitenkirche. Im Jahre 1365 unter Rudolf IV. gegründet, erfuhr die Universität im Jahre 1623 durch die Jesuiten eine gründliche Umgestaltung. In dieser Gestalt blieben die Gebäude fast unverändert bis in unsere Zeit. Im Jahre 1848 war der Universitätsplatz ein wichtiger Versammlungsort der akademischen Legion, und mancher geschichtlich denkwürdige Vorgang des großen Freiheitsjahres spielte sich in diesem Raume ab. Jetzt ist der Platz verödet; das Studentengewimmel und der lebhafte Verkehr in den angrenzenden Straßen hat mit der Verlegung der Universität in das neue Prachtgebäude auf dem Franzensringe sein Ende gefunden.

Der „hohe Markt“, ein schon zu Römerzeiten bekannter uralter Platz (forum altum) mit lebhafter Gewerbstätigkeit und regem Markgetriebe, war im Mittelalter der Ort, wo die Urtheile vertündet und vollzogen wurden (Gerichtsschranne). Eine prächtige von Karl VI. errichtete Denksäule ziert den Platz. Von hier gelangen wir über den „Lichtensteg“ in die Rothenthurmstraße und weiter über den Stefansplatz in die vom lebhaftesten Verkehr durchfluthete Kärntnerstraße, den Sitz des größten Geschäftsbetriebes mit prunkvollen Schauläden und wohlbekannten Geschäftshäusern.

Von der Kärntnerstraße biegen wir rechts ab und gelangen nach wenigen Schritten auf den „neuen Markt“, im Volksmunde noch immer „Mehlmarkt“ genannt, da in ältester Zeit hier der Sitz des Mehlhandels gewesen ist. Der „neue Markt“ gehört zu den geschichtlich denkwürdigsten Plätzen der Stadt. Hier ist die schmucklose Kapuzinerkirche und das Kloster mit der hochberühmten Kapuzinergruft, welche seit Matthias die kaiserliche Familiengruft des habsburg-lothringischen Herrscherhauses bildet. Das Mausoleum der Kaiserin Maria Theresia und ihres Gemahles Franz I. ist das hervorragendste, durch seine ergreifende Symbolik bedeutsamste Kunstwerk darin. Alljährlich zu Allerseelen werden diese Räume dem Publikum erschlossen. Der schönste Schmuck des Platzes ist aber der herrliche Monumentalbrunnen Rafael Donners, eine Schöpfung von vollendeter klassischer Schönheit, klar und einfach im leitenden Gedanken, von unsagbarer Anmuth und Schlichtheit in der Durchführung. Die Figuren, ursprünglich aus Blei, wurden erst im Jahre 1872 in Bronze abgegossen und dadurch eines der edelsten und formvollendetsten Kunstwerke aller Zeiten dauernd erhalten.

„So,“ sagte Herr Hainfelder zu seinem Schützling, „jetzt hätten wir einen flüchtigen Ueberblick von dem, was die innere Stadt bietet. Sie werden schon müde sein. Wollen Sie gut soupiren, so gehen Sie mit mir zu ‚Sacher‘ oder ins Hotel zur ‚Stadt Frankfurt‘ oder zu ‚Meißl‘. Da erzähl’ ich Ihnen dann von den guten alten Zeiten, die ich noch als Knabe und Jüngling gesehen; von den Basteien und Stadtmauern, vom Paradiesgärtchen und Wasserglacis, von Strauß und Lanner und den gemüthlichen, patriarchalischen Wienern, die ich noch gekannt habe, und die jetzt leider immer weniger werden. Und morgen, wenn Sie nichts anderes vorhaben, hol’ ich Sie ab zu einem Spaziergange über die Ringstraße.“




[128]

Truggeister.

Roman von Anton von Perfall.
(7. Fortsetzung.)


Als der alte Baron und Theodor nach Hause kamen, fanden sie im Empfangszimmer Stefanelly, der ihrer hier wartete. Christian fiel sofort das abfällige Urtheil Baron Anspachers ein und was er bei ihm erfahren hatte; die Zornesröthe stieg ihm ins Gesicht.

„Wie kommen Sie dazu, mich in öffentlichen Blättern als Theilnehmer an Ihrem Aktienunternehmen zu nennen? Ich hätte doch wenigstens erwartet, daß Sie zuerst meine Einwilligung dazu einholen?“

„Schon gelesen also?“ fragte Stefanelly, ohne seine Ruhe zu verlieren, mit geschmeidigem Lächeln.

„Nicht gelesen, aber gehört, und zwar von Baron Anspacher, von dem ich eben komme, der sich höchlichst darüber aufgehalten hat! – Sie gefährden damit meine ganze Stellung!“

„Das glaube ich, daß sich Baron Anspacher darüber aufgehalten hat. Der ärgert sich grün und blau, daß ich das Geschäft ohne ihn gemacht habe. Ihre Stellung gefährden? Was für eine Stellung, wenn ich fragen darf?“

„Als Mitglied der hiesigen Aristokratie, der ersten Gesellschaft!“

Stefanelly legte die Hand auf die Schulter Brennbergs. „Unsinn!“ sagte er fest, die Stirn runzelnd. „Ich komme eben, um Ihnen eine Stellung in dieser Gesellschaft zu verschaffen, die Sie noch nicht haben.“

Christian schüttelte entrüstet die Hand ab.

„Herr Stefanelly, Sie gehen weit!“

„Sehr weit! Ich biete Ihnen die Stellung eitles Aufsichtsrathes in der Bodenerwerbungsgenossenschaft. Nun, was sagen Sie jetzt?“

Christian war überrascht. Der Titel klang verführerisch, die besten Namen führten ihn; die Warnung des Bankers konnte ja auch wirklich dem Geschäftsneid entspringen. Anspacher ärgerte sich wohl, daß der unerfahrene alte Landjunker, kaum in der Stadt, ihm schon ins Handwerk pfuschte. Aber doch war Christians Vorsicht geweckt.

„Ich bin kein Geschäftsmann, verstehe nichts davon. Wie kommen Sie gerade auf mich?“ entgegnete er verwirrt.

„Sehr einfach, Sie führen einen guten Namen.“

Christian stutzte; hatte Anspacher doch recht?

„Sie können repräsentiren, und das ist die Hauptsache in dieser Stellung, das andere mache ich.“

„Das heißt, ich soll mit meinem Namen für die Sache Reklame machen!“ entgegnete Christian als gelehriger Schüler des Bankiers, mit geheimer Freude, daß er Stefanelly zeigen könne, wie er ihn durchschaue.

„Wenn Sie es so nehmen wollen, ja! Das Publikum muß immer durch Kniffe zu seinem Vortheil gezwungen werden, nur der Uebervortheilung schenkt es freiwillig Gehör. Ich weiß alles; Anspacher hat Sie gegen mich aufgehetzt, hat behauptet, ich mißbrauche Ihren Namen, das sei so die Art der kleinen Leute, die rasch zu etwas kommen wollen wie der Stefanelly – nicht wahr, so sagte er?“ Und der Unternehmer las aus Christians unverhohlenem Erstaunen, daß er fast den Wortlaut getroffen hatte; er kannte seine Leute.

„Nun, wenn Sie dem Anspacher mehr Vertrauen schenken als mir,“ fuhr Stefanelly im Tone des gekränkten Biedermanns fort, „mir auch recht, ich finde Dutzende Ihres Standes, die mit beiden Händen zugreifen. Das Unternehmen ist ein Bedürfniß, die ganze Stadt interessirt sich dafür, es wird nicht, es ist bereits ein großer Erfolg. Die Aktien werden, sobald sie an der Börse eingeführt sind, unter Hundertundvierzig nicht zu haben sein, Sie haben sie noch vor wenigen Wochen zum Nennwert gekauft. Wenn Sie die Stellung eines Aufsichtsraths annehmen, kann ich Ihnen noch hundert Stück verschaffen, die letzten. In einem Monat stehen sie schon auf Zweihundert. Allerdings, den Herrn Baron Anspacher werden Sie dadurch nicht zum Freunde gewinnen. Wenn Ihnen daran viel liegt – ich kenne Ihr Verhältniß zu ihm nicht – dann werden Sie wohl verzichten müssen, denn Anspacher, das sage ich Ihnen – wird sich zu Tode ärgern. Ich kann Ihnen die Beweise bringen, daß er selbst um jeden Preis diese Stellung anstrebte.“

„Der Baron Anspacher?“ Christian war fassungslos.

„Ja, Baron Anspacher! Hier, lesen Sie!“ Der Unternehmer überreichte ihm einen Brief.

Er enthielt wirklich ein Anerbieten des Bankiers, sich mit einer großen Summe bei dem Unternehmen zu betheiligen, unter der Bedingung, daß er in den Aufsichtsrath gewählt werde.

Christian empfand einen Augenblick ein lebhaftes Gefühl der Genugthuung: jetzt konnte er sich rächen an dem hochmüthigen verhaßten Bankier! Es war ihm nur unklar, wie Stefanelly dazu komme, ihm den Vorzug vor dem mächtigen Börsenmann einzuräumen. Er fragte danach.

„Das Unternehmen wäre verloren, wenn Anspacher hervorragend dabei betheiligt wäre,“ gab Stefanelly Auskunft. „Man mißtraut diesen Börsenfürsten, man haßt sie geradezu als die Ausbeuter des Volkes. Sie dagegen, ein Herr von Brennberg, können unmöglich in diesem Verdacht stehen. Gerade Ihre Unschuld in geschäftlicher Beziehung ist in diesem Falle Ihre Stärke.“

Christian war überzeugt, und seine Gereiztheit gegen Anspacher gab den Ausschlag. An die Stelle zu kommen, die dieser erstrebt hatte, das schien ihm ein Triumph. Er fühlte plötzlich Jugendkräfte in sich aufsteigen, die Schönauer Vergangenheit lag in grauer Ferne hinter ihm, er fühlte sich ganz im Banne dieser neuen Welt, die ihm, dem Greis, noch so verlockend winkte.

Er schlug ein.

Auf den Abend war eine Versammlung der Aktionäre anberaumt, da sollte Herr von Brennberg erscheinen, um seiner Wahl entgegenzusehen; alles sei wohl vorbereitet.

Christian drückte beim Abschiede Stefanelly die Hand – der Mann meinte es doch wirklich gut mit ihm!

„Aufsichtsrath!“

In seinem Lehnstnhl sitzend, sprach er das Wort wiederholt vor sich hin. Es klang so einschmeichelnd. Kaum zwei Monate in der Stadt, und schon glaubte er klar einzusehen, was er sein langes Leben über in diesem Schönau versäumt hatte. Allein noch war es Zeit, noch hatte er ein gutes Stück zu leben, er wollte es der hochmüthigen Gesellschaft, die jetzt wohl sich lustig machte über den ungebildeten Landjunker, schon zeigen! Aufsichtsrath! Dabei blieb man nicht stehen – man mußte aufmerksam werden auf ihn, – sein guter Name dazu – ein Finanzgenie – Finanzminister von Brennberg! „Gott, wenn ich jetzt zwanzig Jahre meines in Schönau nutzlos verträumten Lebens zurückrufen könnte!“

*      *      *

Die Versammlung der Aktionäre im „Hotel zum Kaiser“ war stark besucht, der Saal drückend voll. Entscheidende Berichterstattung, große Pläne standen auf der Tagesordnung, vor allem galt es, den Aufsichtsrath zu wählen.

Die Männer, die hier versammelt waren, trugen alle, mit wenig Ausnahmen, ein eigenthümliches Gepräge. Auf den ersten Blick erkannte man, daß sie nicht gerade dem altangesessenen Bürgerthum der Stadt angehörten, noch weniger den Finanzkreisen; es waren größtentheils Gestalten, denen man eine arbeitsvolle Vergangenheit ansah, Männer, die in ihrem ganzen Aeußern verriethen, daß sie erst im Begriffe waren, Städter zu werden, Emporkömmlinge, die eben Anstalt machten, sich zu den Kapitalisteu zu schlagen; Leute, welche das unnatürliche, hastige Aufblühen der Stadt rasch wohlhabend gemacht hatte. Sie mußten ja eigentlich einem Unternehmen Vertrauen schenken, das nur eine logische Folge ihrer neuen verbesserten Lage war.

Weinmann saß neben Margold, welchen er wider seinen Willen mitgeschleppt hatte. Ein junger Mann in auffallend moderner Kleidung ging von Tisch zu Tisch und machte, seinen erregten Armbewegungen nach, Stimmung – es war Hans Margold.

Hans hatte sich in der kurzen Zeit zu einem vortrefflichen Agenten Stefanellys ausgebildet, und dieser hatte mit dem brauchbaren jungen Manne große Pläne.

Es herrschte eine freudig erregte Stimmung. Alle waren darin einig, Stefanelly, der Gründer, müsse der Leiter der Gesellschaft werden. Er war ihr Mann, ihm, dem glücklichen Schicksalsgenossen, dem ehemaligen Arbeiter, der sich durch seinen geweckten Geist emporgeschwungen hatte, vertrauten sie unbedingt. Sie empfanden alle die stolze Genugthuung, sich „emporgearbeitet“ zu haben – daß bei den meisten das Glück, der Zufall die größte Rolle gespielt hatte, wurde nicht beachtet. Eine förmliche Gier erfüllte sie, unter der Leitung dieses Mannes aus ihrer Mitte dem Kapital, dem sie Jahrzehnte lang dienstbar gewesen waren, auf seinem eigenen Boden, dem Boden der Spekulation, Schach zu bieten. Daß sie damit demselben System huldigten, gegen das sie einst gemurrt hatten, daß sie auf Kosten ihrer früheren, weniger glücklichen Genossen sich bereichern wollten, daran dachten sie nicht.

[129]

Photographie von Franz Hanfstaengl Kunstverlag A.-G. in München.
Die Geschwister.
Nach einem Gemälde von L. Becchi.

[130] Der sündhafte Reiz des thatenlosen Verdienstes hatte sie erfaßt und trieb sie rastlos weiter auf dieser Bahn.

Stefanelly ließ lange auf sich warten. Endlich erschien er, lärmend begrüßt, an seiner Seite ein hagerer Mann mit mächtigem weißen Schnurrbart. Keiner der Ihrigen! Er hielt sich in fast ängstlicher Weise an der Seite des Gründers und blickte befangen in den rauchigen menschengefüllten Raum.

Stefanelly stellte der Versammlung Herrn Baron von Brennberg-Schönau als Hauptakionär ber Gesellschaft vor.

Ein unwillig klingendes Gemurmel verbreitete sich: dieser Mann erschien als fremder Eindringling, man brauchte keinen Baron dabei.

Christian verbeugte sich: ein ängstliches Gefühl packte ihn, und er fühlte einen Augenblick, daß er nicht hierher gehöre. daß er ein fremdes Element in diesem Saale sei. Stefanelly bot ihm neben sich einen Platz an und eröffnete die Versammlung.

Es handle sich vor allem um die Wahl des Aufsichtsrathes. Als Gründer des vielversprechenden Unternehmens bitte er, seine Person bei derselben ganz aus der Debatte wegzulassen; seine Feinde – und er habe deren genug – würden sofort daraus Kapital schlagen ttttd ihn einen ehrgeizigen Streber nennen.

Wilder Lärm erhob sich von allen Seiten. „Stefanelly und kein anderer!“ „Sie müssen, wir zwingen Sie dazu!“ „Ohne Debatte Stefanelly!“ erscholl es durcheinander.

Dieser ließ die Leute austoben und fuhr dann unbeirrt fort:

„Ich gehöre nicht zu denjenigen, die sich in den Vordergrund drängen, aber zu denjenigen, die, wenn sie einmal eine Idee erfaßt, als gesund und lebensfähig erkannt haben, mit der Zähigkeit eines Arbeiters daran fest halten.“

„Bravo! Bravo!“ brauste es durch den Saal.

„Zu denen, welche es als die heiligste Pflicht des Kapitals ansehen, die Arbeit im Lande zu heben, zu stärken, zu mehren, nicht sie einseitig aus- und abzunutzen. Das sind die Ziele, welche mich bei dieser Gründung leiteten, keine persönlichen ehrgeizigen Pläne.“

„Bravo! So ist es! Es lebe die Arbeit! Stefanelly! Ohne Debatte. Stefanelly soll Vorsitzender werden!“

Eine förmliche Wuth ergriff die Leute; so oft Stefanelly, sich nach allen Richtungen verbeugend, auch ansetzte, er kam nicht mehr zu Worte. Man umdrängte ihn, schüttelte ihm die Hand, allen voran drängte sich Hans Margold.

Stefanelly flehte um Ruhe, Besonnenheit, weigerte sich, zuckte die Achseln, bedauerte. Das alles erhöhte nur den Sturm. Da griff er endlich schwer aufathmend nach der Glocke – alles still!

„Nun, wenn es denn sein muß, wenn Sie durchaus mich zwingen, zwingen, sage ich – ich fühle mich ja durch Ihr Vertrauen hoch geehrt, aber –“

„Kein ‚Aber‘ – Annehmen! Annehmen!“ tönte es wieder.

„So nehme ich an!“ schloß er rasch und plötzlich; seine geschlossenen Lippen bewegten sich nervös wie die eines Raubthieres, welches den erhaschten leckeren Bissen langsam genießen will.

Christian verschwand ganz in der ihn umtobenden Menge, der Schweiß stand ihm auf der Stirn, eine wilde Aufregung erfaßte auch ihn unter diesen erhitzten Männern; es war ein prickelndes, nie gekanntes Gefühl.

Endlich legten sich die Wogen. – Das nächste war die Wahl der weiteren Mitglieder des Aufsichtsrathes. Daß sie nach diesem Auftritt ganz in den Händen Stefanellys liegen mußte, war klar.

Sein erster Vorschlag galt Herrn von Brennberg-Schönau.

Peinliche Ruhe trat ein bei Nennung dieses vornehmen Namens.

„Herr von Brennberg-Schönau ist nicht nur der Träger eines hochgeachteten, tadellosen Namens, der allgemeines Vertrauen genießen wird, sondern ganz besonders wie wir alle ein Mann der Arbeit! Jawohl, meine Herren, ein Mann der Arbeit, der von Jugend auf seine Scholle baute, selbst mitarbeitete, wenn es noth that. Wir müssen auch einen Vertreter der höheren Stände haben, wir wollen sie nicht ausschließen. Das Unternehmen muß möglichst große Ausdehnung finden, darauf ist es berechnet. Jene Kreise sollen uns einfachen Leuten, die sie verächtlich ‚Parvenus‘ nennen, die großen wirthschaftlichen Vortheile zu danken haben, die aus dem Unternehmen entspringen. Wollen Sie nun lieber einen Börsianer, einen Baron Anspacher zum Beispiel, der mich um die Stellung eines Aufsichtsrathes förmlich bittet, oder wollen Sie einen Mann, dessen Herz warm für Sie schlägt, der Ihr Freund ist, der, offen gesagt, in den Augen seiner Standesgenossen auch eine Art Parvenu ist wie wir alle –?“

Beifälliges Gemurmel. Der alte Margold, der den Herrn kennt, wird umdrängt; er weiß nur Vortreffliches von ihm zu sagen. Die Thränen stehen ihm in den Augen vor Rührung und Freude. Es war ihm bange zu Muthe gewesen, als er eintrat mit Weinmann, und jetzt sah er seinen geliebten alten Herrn selbst da, und dieser sollte sogar zum Aufsichtsrath gewählt werden! – Da hatte er mit seinem Hierherkommen ja doch das Rechte getroffen, er war ein dummer, mißtrauischer Mensch, weiter nichts. –

„Bitte abzustimmen über Herrn von Brennberg,“ rief Stefanelly. „Wer für ihn ist, erhebe sich!“

Kein Stuhl blieb besetzt. Um Christian drehte sich der ganze Saal, alle die Menschen. Er empfand zum ersten Male die Wollust der Volksgunst. eine heftige Liebe zu den Menschen allen, die ihm eben noch so feindselig erschienen waren. Er hätte jedem die Hand drücken mögen und ihm danken für das geschenkte Vertrauen, das zu rechtfertigen er im stillen mit der Begeisterung eines Ritters schwur, der sich zu einem Kreuzzug rüstet.

„So begrüße ich Sie, Herr von Brennberg, als Mitglied des Aufsichtsrathes der Gesellschaft,“ begann in feierlichem Tone Stefanelly, dem in seinem Innersten erschütterten Christian die Hand schüttelnd. „Es ist eine ehrenvolle, aber auch verantwortliche Stellung, die Entwicklungsgeschichte M...s wird einst Ihren Namen nennen.“

„Hoch! Hoch! Hoch!“ schallte es durch den Saal. In Stefanellys Auge schimmerte sogar eine Thräne. während sie über Christians Wangen unaufhaltsam strömten.

Mit zitternden Lippen, mit seiner Rührung ringend, stammelte Christian einige Worte des Dankes; kaum hatte er geendet, als aus der vor seinen feuchten Augen verschwimmenden Menge ein alter gebeugter Mann auf ihn zukam und ihm schon von weitem beide Hände entgegenstreckte.

„Gnädiger Herr, unser Herrgott gebe seinen Segen! Daß ich das noch erlebt habe! Die hohe Ehr’! Ich gratulir’ halt viel tausendmal!“

Es war der alte Margold. Er wollte in seiner Bewegung Christian die Hand küssen, doch der umarmte ihn und drückte ihn an die Brust wie einen alten längst vermißten Freund. Allgemeines Halloh begleitete diese herzliche Begrüßung des einfachen Gärtnermeisters durch den Edelmann – Christian hatte mit einem Male alle Herzen gewonnen.

Die weiteren Wahlen und Verhandlungen verliefen alle rasch und glatt, es gab keinen Widerspruch, kein Bedenken gegen einen Vorschlag, den Stefanelly machte. Eine nur leise Andeutung desselben, daß eine weitere Ausgabe von Aktien nothwendig sein werde, rief schon einen Beifallssturm hervor, man zeichnete sinnlos im voraus, ganze Vermögen wurden dem Unternehmer zu Füßen gelegt. Der zögerte zwar noch, sie aufzuheben, aber in seinem Buche standen sie alle pünktlich verzeichnet.

An die Sitzung knüpfte sich eine gesellige Unterhaltung. Das stärkste Band schlang sich um die Gesellschaft: der gemeinsame Vortheil; die kühnsten Hoffnungen wurden rege, man lachte über die Kurzsichtigkeit der M...er Bürger, die von den mißachteten Emporkömmlingen sich die reiche Frucht vorweg nehmen ließen, man lachte im geheimen über die dummen Leute, die sich um nothdürftigen Erwerb den ganzen Tag in ihren Werkstätten und Geschäften herumquälten, sah mit grimmigem Behagen auf die arbeitsvolle, mühselige, glücklich überstandene Vergangenheit zurück und verglich damit die glänzende Zukunft in der Großstadt, deren Genüsse von allen Seiten zum Zugreifen einluden.

Christian fühlte sich bald heimisch unter diesen Leuten, die trotz aller Gemüthlichkeit den angeborenen Respekt gegen ihn nicht außer acht ließen. Die Rolle, welche er hier spielte, war zu verschieden von der, welche ihm heute vormittag aufgedrungen war, und es kränkte ihn nur, daß ihn sein Sohn jetzt nicht sehen konnte.

Es war schon spät, als er den Heimweg antrat, wobei es der alte Margold sich nicht nehmen ließ, ihn zu begleiten. – Der einstige Gärtner von Schönau fühlte sich jetzt seinem frühern Herrn bedeutend näher gerückt, trotz des neuen Titels „Aufsichtsrath“; saßen sie doch jetzt in einer Gesellschaft, hatten gleiche Interessen, waren Bürger eines Gemeinwesens. Die endlose Häuserzeile, die sie Seite an Seite hinaufschritten, bewohnten Adlige und Bürgerliche, Arme und Reiche, da war kein Herrenhaus, kein Schönau, dessen Anblick ihm, dem alten Arbeiter, schon Ehrfurcht einflößte, und auch sein ehemaliger Herr sprach jetzt mit ihm wie mit seinesgleichen.

(Fortsetzung folgt.)


[131]

Die Komödie eines Königreiches.

Aus dem Großen Ocean ist die Kunde eingetroffen, daß Kalakaua, König von Hawaii, gestorben ist. Das bringt uns den sonderbaren König in Erinnerung, der einst, als er anfangs der achtziger Jahre seine Reise um die Welt machte, den Europäern einen so heiteren Unterhaltungsstoff geboten hat – und unsere Gedanken fliegen zurück zu den Hawaii- oder Sandwichinseln mit ihren rauchenden und flammenden Vulkanen, ihrer prachtvollen Natur, ihren Sandelholzwäldern und Zuckerplantagen – ein Kapitel aus der Geschichte der Entdeckungsreisen steigt in unserer Erinnerung auf; denn auf den Sandwichinseln schloß der Tod einen ruhmreichen Lebenslauf ab; dort wurde der berühmte James Cook von den Eingeborenen erschlagen.

Ein Jahrhundert ist seit jenem Ereigniß verflossen, und wie vieles hat sich auf den Inseln verändert! König Kamehamaha II. hatte die Götzenbilder verbrannt und dem Christenthum das Land geöffnet; leider kamen von Europa und Amerika nicht nur Missionare ins Land, sondern auch solche Weiße, denen der heimathliche Boden zu heiß unter den Füßen geworden, und diese Einwanderer waren keine Kulturträger, im Gegentheil, sie impften den sonst so begabten und bildungsfähigen Kanaken alle möglichen Laster der Civilisation ein.

Das Hawaiireich besteht aus acht bewohnten Inseln und mehreren Felseilanden, früher zählte die Bevölkerung nach Hunderttausenden; Cook selbst schätzt sie, wenn auch in übertriebener Weise, auf 400 000. Und jetzt? Allerlei Seuchen haben unter den Eingeborenen schrecklich aufgeräumt. Im Mai 1890 wurde die Bevölkerung des Königreiches auf rund 92000 Seelen angegeben, und wie bunt ist sie dabei zusammengesetzt! In dieser Zahl entfallen auf Eingeborene und Mischlinge zusammen 45000, auf Weiße 19000 (darunter 1500 Deutsche), auf Chinesen gleichfalls 19000 und auf Japaner 8500.

Die Wälder von Sandelholz, die einst viele Händler lockten, sind längst ausgerodet, aber dafür blühen auf den Inseln Zuckerpflanzungen; man kann sagen, daß die Inseln förmlich überzuckert sind, und in den Pflanzungen allein steckt ein Kapital von etwa 120 Millionen Mark. Es ist zumeist amerikanisches Geld, das hier die Welt mit Süßigkeiten versorgen hilft, sowie auch der meiste Hawaiizucker nach San Francisko geht. Theodor Kirchhoff, der den Lesern der „Gartenlaube“ durch zahlreiche Beiträge wohlbekannte Deutsch-Amerikaner, hat neuerdings ein Buch, „Eine Reise nach Hawaii“[1], geschrieben, in dem er mit frischen Farben sowohl das bunte Leben der Pflanzer, wie auch den höchst eigenthümlichen König Kalakaua schildert.

Nach seinen Berichten ist das Leben in jenem Inselreiche schmählich theuer; denn wenn man in der Hauptstadt Honolulu mit Familie behaglich leben will, so braucht man 40 000 bis 50 000 Mark jährlich. Honolulu ist eine eigenartige Stadt. Die alten Grashütten der Eingeborenen sind aus ihr längst verschwunden; wir sehen Villen und Geschäftshäuser im amerikanischen Stil; die Ziegel zu denselben sind in San Francisko angefertigt und das Holz von der amerikanischen Westküste aus Pouget-Sund und aus Oregon und Kalifornien eingeführt worden. Natürlich fehlen auch nicht einfachere Häuser, die aus Korallen- und Lavasteinen gebaut sind. Honolulu hat nur etwas über 20 000 Einwohner und nur zwei Hotels. Aber in zweifacher Beziehung übertrifft es alle Städte der Welt: es hat im Verhältniß zur Einwohnerzahl die meisten Droschken und die meisten Telephone; denn die Zahl der ersteren beträgt gegen 300, die der letzteren übersteigt 1000. Die feuchtwarme Luft der Insel ermüdet leicht den Europäer und darum werden die Droschken viel und auf sehr kurze Entfernungen benutzt. Elektrisches Licht glänzt schon lange in diesem „Paradiese des Pacific“ und selbst die Straßen werden elektrisch beleuchtet. Die Stadt ist ein Abglanz Nordamerikas, nur von den Sitten des leichtlebigen Volkes läßt sich nicht viel Rühmliches sagen. Der Champagner fließt hier in Strömen, aber nicht er allein macht das Leben theuer. Die Preise für Lebensmittel sind ungemein hoch, ebenso die Löhne für die Diener, und der Verbrauch an Wäsche bei dem feuchtwarmen Klima ist ein ungeheurer.

Ueber das bunte Getriebe von Menschen, in welchem alle Schattirungen der Hautfarben von blendendem Weiß bis zur Schwärze des Ebenholzes vertreten sind, herrschte nun seit dem Jahre 1874 König Kalakaua.

Er war kein „Tyrann“ wie andere Häuptlinge auf solchen fernen Inseln, sondern ein konstitutioneller König, der nach dem Aussterben der Dynastie Kamehamahas regelrecht gewählt wurde und dem ein „Parlament“ zur Seite stand. Er war der Kriegsherr einer Armee von 75 Mann und fand sich bereit, die großartige Abrüstung auf 31 Mann, also um mehr als 50 Prozent, gutzuheißen.

Die Charaktereigenschaften, durch die er sich auszeichnete, waren: Liederlichkeit, Trunksucht und ein weites Gewissen, und so erklärt es sich, daß er der Hans Narr seines Volkes war und Spottgedichte auf ihn in den Buchläden seiner Residenz ohne Scheu verkauft wurden. Er kümmerte sich darum wenig; er ging zum Tanzvergnügen in das „Hawaiian Hotel“ im schwarzen Gehrock und ohne Orden und ließ sich dort Fremde vorstellen. Natürlich wurde er „Your Majesty“ angeredet, aber in einem sehr vertraulichen Tone. „Ein prächtiger Kerl!“ sagten von ihm die Amerikaner, und Theodor Kirchhoff schildert eine Begegnung mit Kalakaua im „Hawaiian Hotel“ mit folgenden Worten: „Ich bewunderte die bunt schillernden Gewänder und die Junonischen Gestalten der weißen und der bräunlich angehauchten, mit Rosen geschmückten Damen der feinen Welt Honolulus, das farbenreiche Gepränge in den von elektrischen Glühlampen erleuchteten Räumen und das Menschengewoge und lauschte den Tanzweisen des vortrefflichen Orchesters – als der König in meiner Nähe in eines der offen stehenden kleinen Gemächer trat, wo ein halbes Dutzend mit Wein gefüllter Karaffen, Gläser etc. auf einem kleinen Tisch standen. Seine Majestät öffnete nacheinander drei Flaschen, roch hinein und steckte die Glaspfropfen mit sichtlichem Widerwillen wieder in den Hals derselben, denn Sherry und Port waren entschieden nicht, was er suchte. Mit den Fingern laut schnippend, rief er einem chinesischen Aufwärter zu: ‚John, bring’ mir Gin!‘ was der schlitzäugige Mongole denn auch prompt besorgte. Nachher setzte sich Kalakaua mit einigen Amerikanern in dasselbe Zimmer, spielte dort bei offenen Thüren Karten, trank Champagner, riß Witze etc., ohne der während der Tanzpausen oft auf der Veranda dicht bei ihm vorbeiwandelnden Ballgesellschaft die geringste Aufmerksamkeit zu schenken. Der an der Flasche riechende König der Sandwichinseln ist mir lebhaft in Erinnerung geblieben. Er trinkt nur Gin und Sekt, wovon er unglaubliche Massen zu vertilgen vermag.“

Kalakaua hatte ein Jahreseinkommen von 80 000 Dollar, trotzdem machte er Schulden über Schulden. Seine Regierungsräthe dachten auf Nebeneinkünfte für ihre eigenen Taschen. Man wollte z. B. die Einwanderung der Chinesen beschränken und erschwerte denselben die Bedingungen, unter denen sie sich in Hawaii niederlassen durften. Da verkauften die Beamten zu Hunderten und Tausenden Rückkehrpässe für Chinesen, die von Einwanderungslustigen in China nach Belieben gekauft werden konnten. Der König aber übertrumpfte seine Beamten, indem er das Recht des Opiumhandels in seinem Reiche zweimal hintereinander jedesmal für 71 000 Dollar an zwei Chinesen verkaufte.

Er schlug zu sehr über den Strang. Anno 1887 machte die Reformpartei des Reiches, die Weißen an der Spitze, eine Revolution. Kalakauas Armee wurde alarmirt, aber zur Vertheidigung des Palastes meldeten sich nur dreizehn Mann und von dieser kühnen Schar machten sich noch elf unsichtbar, als der Feind vor dem Königshause erschien. So kapitulirte Kalakaua und mußte sich bequemen, daß zur Tilgung seiner Schulden ihm Abzüge gemacht und die dem einen Chinesen gesetzwidrig abgenommenen 71 000 Dollars aus dem Vermögen des Königs zurückerstattet wurden.

Zuletzt, am 30. Juli 1889, fand in Honolulu eine Revolution der Farbigen unter der Führung eines Mischlings Namens Wilcox statt. Das Rebellenheer war 250 Mann stark, konnte aber den Palast nicht einnehmen. Da kamen der königlichen Armee fünf Deutschamerikaner zu Hilfe, schossen von den umliegenden Gebäuden aus die Bemannung des einzigen Geschützes der Aufständischen nieder und trieben die Rebellen in den im indischen Stil erbauten Sommerpavillon der Königin Kapiolani zurück. In dieser festen Stellung wurden sie schließlich durch einen im Ballspiel geübten Amerikaner zur Kapitulation gezwungen, indem derselbe vom Dache des Opernhauses aus die Empörer mit Dynamitpatronen bombardirte. Allsogleich flatterte ein weißes Betttuch der Königin als Friedenszeichen aus einem der Fenster. Sieben Todte und zwölf Verwundete deckten das Schlachtfeld; niemand wurde bestraft, die Todten bestattete man, die Fensterscheiben wurden wieder eingesetzt – und die Revolution der Kanaken hatte ein Ende.

Aber etwas Großes hatte Kalakaua doch gewollt. Es war einmal, da faßte er den Plan, „Kaiser der Südseeinseln“ zu werden; er kaufte ein Schiff, den zahmen hawaiischen Kriegsdampfer „Kaimiloa“ (auf Deutsch: „das Schönste“), und sandte ihn im Dezember 1886 mit entsprechenden Anträgen nach Samoa. Dort aber wurden seine Kaiserpläne mit Verachtung zurückgewiesen – und das Schönste dabei war, daß „das Schönste“, nämlich der Dampfer „Kaimiloa“, mit Ach und Krach in Apia dem traurigen Schicksal entging, versteigert zu werden, um den längst fälligen Sold, den die hawaiische Regierung den murrenden Seeleuten schuldete, flüssig zu machen. Anfang 1890 wurde den Eingeborenen von Hawaii überhaupt das Betreten der Samoainseln aufs strengste untersagt.

Vielleicht wird jetzt die traurige Komödie eines Königreichs auf den Hawaii-Inseln ihr Ende erreichen. Im Interesse der sonst bildungsfähigen Reste der Kanaken ist dies nur zu wünschen. C. Falkenhorst.     



Blätter und Blüthen.

Die Grillparzerwoche, während deren allenthalben in Deutschland und Oesterreich der hundertjährige Geburtstag des Dichters feierlich begangen wurde, mag in manchem die Erinnerung an die Schillerwoche des Jahres 1859 erweckt haben. Und zwar denken wir hierbei nicht bloß an die einmüthige Begeisterung, mit der in allen Ländern deutscher Zunge, sogar in der für die deutsche Gesittung gewonnenen Bukowina, der hundertste Geburtstag des österreichischen Dichters, wie ehedem derjenige des schwäbischen, gefeiert wurde. Wir erinnern uns vielmehr, daß im Jahr 1859 der Schillertag für Oesterreich das Wiederaufwachen des deutschen Geistes aus langer Erstarrung bedeutete, und wir können bestätigen, daß diesmal das Vaterlandsgefühl und Selbstbewußtsein der Deutsch-Oesterreicher durch die Grillparzerfeste sich mächtig bekundete und aufs erfreulichste stärkte. Die großen und öffentlichen Veranstaltungen für Grillparzers Ehrung scheinen uns für ein solches Urtheil weniger maßgebend als die oft in ihrer Schlichtheit rührenden Kundgebungen in den Kreisen des Volkes und insbesondere der Jugend Oesterreichs.

[132] Wir haben diese und jene Feier in Mittel- und Volksschulen und Töchteranstalten mitangesehen und uns innig daran erfreut, wie die jungen Herzen und Geister in das Verständniß des größten österreichischen Dichters eingeführt wurden. Wir haben gesehen, wie Grillparzers Werke zu den Lieblingsbüchern unseres Volkes geworden sind. Und als der Bürgermeister von Wien in der feierlichen Ansprache, mit welcher er die Grillparzer-Ausstellung im Wiener Rathhause eröffnete, den Wunsch ausdrückte, neben des Dichters Werken selbst, die schon tief in das Volk eingedrungen, möchte die auf Kosten der Stadt Wien veranstaltete Lebensbeschreibung Grillparzers von Sauer unser aller Kenntniß über den Dichter noch zu einer vollkommeneren machen, da mußte ihm der laute Beifall von allen Seiten sagen, wie sehr er hiermit allen aus dem Herzen gesprochen hatte.

Grillparzers Sommerwohnung in Rudolfsheim.

Wie vertraut aber bereits die Bevölkerung Wiens mit den Einzelheiten des Lebens Grillparzers und seiner Zeit sich gemacht hat, konnte man täglich erfahren, wenn man sich unter die Scharen mischte, welche die Grillparzer-Ausstellung besuchten und in ihrer lebhaften Art ihre Bemerkungen über die einzelnen Gegenstände machten. Es waren natürlich vor allem jene geweihten Stätten, da der Dichter im Leben geweilt hatte, welche die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zogen, sein bescheidenes Wohn- und Arbeitszimmer in der Spiegelgasse, wo ich selbst vor dreißig Jahren dem Dichter die Schauspielerin Janausek, welche in Wien als Medea gastirte, vorstellen durfte. Eine theuere Reliquie ist auch die von Reinhold in Wasserfarben gemalte und für die „Gartenlaube“ von T. Rybkowski gezeichnete Sommerwohnung Grillparzers in Rudolfsheim, beziehungsweise der Gartenpavillon der Freiin Henriette von Pereira Arnstein in deren ehemaligem Palast auf dem „Braunhirschen-Grund“ in Sechshaus. Auf dieser Besitzung der ihm gastfreundlichen, sehr kunstsinnigen Familie pflegte Grillparzer in den dreißiger und vierziger Jahren seinen Sommeraufenthalt zu nehmen und er hing mit Vorliebe in diesem idyllischen Gartenhäuschen seinen Gedanken nach. In den letzten Jahrzehnten pflegte er das reizende Baden bei Wien aufzusuchen. Auch dort ist die Pietät seiner Verehrer seinen Spuren nachgegangen, und auf Betreiben H. Rolletts wurde an dem Hause, wo er wohnte, eine Gedenktafel angebracht. Eine solche ziert auch in Wien sein Geburts- und sein Sterbehaus, und der Wiener Schriftstellerverein Concordia ließ dieses letztere für die Grillparzerwoche in sinniger Weise schmücken. In demselben Haus, in dem er gewohnt hat, befindet sich zu ebener Erde die Wirthschaft „Zur Stadt Amberg“. Dort pflegte der Dichter fast täglich ein Stündchen zu verweilen und sich seinen Träumen bei einem Gläschen österreicher Weines zu überlassen. Ueber seinem Stammplatze hat nun der wackere Wirth auf Anregung des Schriftstellers Amster eine marmorne Denktafel mit entsprechender Inschrift anbringen lassen. Ein Kreis von Schriftstellern hat auch diese Dichterstätte durch eine würdige Feier eingeweiht, und jetzt kaun man allabendlich daselbst Wiener Bürger über ihren Lieblingsdichter erzählen hören. W. L.     


Die Straßenschleppe. Sie ist wieder da – wirklich und in Lebensgröße, die lästige, unschöne, vernunftwidrige Straßenschleppe, trotz aller Warnungen, die seit vorigem Herbst vom ästhetischen und gesundheitlichen Standpunkt auf die Kunde ihres Herannahens erhoben wurden. Wann hätten aber solche Warnungen jemals dem Anschwellen einer neuen Modeströmung Halt geboten? Abwechselung muß sein; ganze zwei Jahre lang war die Mode hübsch und zweckmäßig: einfache Faltenröcke ohne gebauschte Raffung, anmuthig sitzende Leibchen und Aerme!, es ist also hohe Zeit, daß der Unsinn wieder siegt! Und so wandeln sie denn bereits vor uns auf den Straßen, die bis zu den Ohren emporgebauschten Faltenärmel, einerlei, ob die Schulternlinie dazwischen abfallend oder gerade ist, und das unendliche Chicbewußtsein der Trägerin strömt durch alle Linien der Figur fort und findet seinen Abschluß in der straßenkehrenden Schleppe. Noch spaziert diese vereinzelt, das giebt uns den Muth, eine bescheidene Bemerkung zu wagen, die sich natürlich nicht gegen das Thörichte, Unschöne und Unappetitliche einer solchen Mode richten soll – denn das wäre verlorne Mühe – sondern gegen das Unfeine.

Unserer Ansicht nach kennzeichnet die Straßenschleppe eine Frau, welche nicht, wie die Damen der großen Welt, einen strengen Unterschied zwischen Straßen- und Gesellschaftstoilette macht. Sie trägt das „gute Kleid“ vorzugsweise auf der Straße und läßt sich also von der modischen Schneiderin als das Allerfeinste die Façon aufschwatzen, welche ausschließlich für das Parkett des Salons berechnet ist und auf diesem ebenso graziös als majestätisch aussehen kann. Aber alles schickt sich nicht für alle: welche Dame also nicht in der Lage ist, ihre Schleppe auf dem dazu gehörigen Untergrund zu entfalten, die möge auch für das „gute Kleid“ den einfach fußfreien Rock beibehalten, welcher die einzige feine Straßentracht ist. Möchten doch die deutschen Frauen diesen Gesichtspunkt zu dem ihrigen machen – es ist unzweifelhaft derjenige der Bildung und des guten Geschmacks! Br.     


Rettungskasten auf den Dörfern. Im unteren Moselthale in der Nähe von Winningen und auf den seitlich gelegenen Höhen der Eifel und des Hunsrück hat man eine nachahmenswerthe Einrichtung getroffen, um Verunglückten, Verwundeten und plötzlich Erkrankten auch in den kleinsten und entlegensten Orten sofort die erste Hilfe zu bringen und nach Eintreffen des Arztes die nothwendigsten Arzneimittel sogleich zur Stelle zu haben. Jeder Ortsvorsteher ist dort nämlich im Besitz eines Gemeinderettungskastens, welcher, entsprechend der ähnlichen Einrichtung auf den Eisenbahnen, Verbandstoffe, antiseptische Mittel und die gebräuchlichsten Arzneien enthält. Kommt ein Unglücksfall im Dorfe vor, so werden jenem Kasten sofort die nöthigen Stoffe oder Medikamente je nach Bedürfniß entnommen, wogegen der Kranke oder dessen Angehörige verpflichtet sind, aus der nächsten Apotheke alsbald Ersatz in Natur zu beschaffen, oder aber, wie beim geringeren Verbrauch von Flüssigkeiten, z. B. Karbolwasser, einen Beitrag zur Neubeschaffung zu entrichten.

Das Segensreiche dieser Einrichtung liegt auf der Hand. Wie sich aber das Gute immer erst mit Mühe Bahn brechen muß, so stieß auch an der Mosel die Einführung der Rettungskasten anfänglich auf ganz entschiedenen Widerstand bei den Landbewohnern. Heute freilich möchte man sie dort um keinen Preis mehr missen.


Kleiner Briefkasten.

B. F. in Trier. Die in unserem Artikel „Geschichte eines deutschen Liedes“ (Nr. 6 dieses Jahrgangs) von Bletzacher wiederholte Behauptung F. Hammas, daß die Melodie der Marseillaise deutschen Ursprungs sei, hat in der That vielfache Anfechtung erfahren und damals zu einer lebhaften Polemik Anlaß gegeben. Die „Gartenlaube“ selbst hat vor mehreren Jahren (Jahrgang 1887, Nr. 36) auf die Forschungen A. Loths hingewiesen, der in dem Oratorium „Esther“ des französischen Kirchenkomponisten Grison die vollständige Melodie der Marseillaise entdeckt hat. Dieses Oratorium soll in der Zeit von 1775 bis 1787 entstanden sein. Die Holtzmannsche Messe, welche Hamma als Quelle angab, stammt nach dessen Zeugniß aus dem Jahre 1776; er hatte dieselbe zu Meersburg am Bodensee kennengelernt und danach seine Angaben gemacht; doch haben die nachträglichen Forschungen anderer das Manuskript dieser Messe nicht wieder zu Tage zu fördern vermocht.


Inhalt: Eine unbedeutende Frau. Roman von W. Heimburg (7. Fortsetzung). S. 117. – „Es ist eine alte Geschichte –“. Bild. S. 117. – Wanderungen durch Wien. Von V. Chiavacci. Die innere Stadt. S. 123. Mit Abbildungen S. 120 u. 121, 123, 124, 125, 127. – Truggeister. Roman von Anton von Perfall (7. Fortsetzung). S. 128. – Die Geschwister. Bild. S. 129. – Die Komödie eines Königreiches. Von C. Falkenhorst. S. 131. – Blätter und Blüthen: Die Grillparzerwoche. S. 131. Mit Abbildung. S. 132. – Die Straßenschleppe. S. 132. Rettungskasten auf den Dörfern. S. 132. – Kleiner Briefkasten. S. 132.



Unseren neu eingetretenen Abonnenten

theilen wir hierdurch mit, daß sie den Jahrgang 1890 der „Gartenlaube“ vollständig geheftet bis auf Weiteres noch zum Preise von 7 Mark oder in Originaldecke komplet gebunden zu 9 Mark beziehen können. Derselbe enthält unter Anderem die folgenden Novellen und Romane:

Flammenzeichen. Von E. Werner.
Sonnenwende. Von M. Bernhard.
Madonna im Rosenhag. Von R. Ortmann.
Der Sprung im Glase. Von A. v. Perfall.
Quitt. Von Th. Fontane.
Ein Mann. Von H. Heiberg.

Außerdem bietet der Jahrgang 1890 eine Reihe kleinerer Erzählungen, eine große Zahl unterhaltender und belehrender Artikel und einen reichen Schatz vorzüglicher Illustrationen unserer ersten Künstler, u. a. zwei farbige Kunstbeilagen.


Zum Preise von 7 Mark geheftet, 9 Mark gebunden sind ferner noch zu haben die Jahrgänge 1858, 1863, 1868, 1869, 1870, 1871, 1872, 1873, 1875, 1876, 1877, 1878, 1879, 1880, 1881, 1882, 1883, 1884, 1885, 1886, 1887, 1888, 1889 der Gartenlaube.

Die übrigen Jahrgänge 1853, 1854, 1855, 1856, 1857, 1859, 1860, 1861, 1862, 1864, 1865, 1866, 1867, 1874, sind entweder ganz vergriffen oder nur noch antiquarisch zu erhöhtem Preise zu beziehen. Die meisten Buchhandlungen nehmen Bestellungen entgegen. Wo der Bezug auf Hindernisse stößt, wende man sich direkt an die unterzeichnete Verlagshandlung.

Leipzig, Februar 1891. Ernst Keil’s Nachfolger.     


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.

  1. Altona. Schlütersche Buchhandlung.