Die Geschichte des Dachziegels

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Titel: Die Geschichte des Dachziegels
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aus: Die Gartenlaube, Heft 25, S. 802, 803
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[802] Zur Geschichte des Dachziegels Der rothe Dachziegel ist der Vertreter einer Kulturepoche. Wo er so stolz und vornehm zwischen einfachen Stroh- und Schindeldächern die Häuser schützt und schmückt, da gilt er als ein Zeichen des Fortschritts. Im Osten Europas kann man ihm noch heute als einer erobernden Macht begegnen. In den Sitzen der Kultur sind ihm dagegen viele Nebenbuhler erwachsen, auf den Dächern der Großstädte erblickt man oft anderes Material: Schiefer, Zink, Pappe u. dgl.

Der Dachziegel ist aber nicht überall von derselben Form; denn er hat eine Geschichte, und im Laufe derselben wurde er von den Menschen umgemodelt.

Den alten Trojanern war er noch unbekannt, wenigstens hat Schliemann bei seinen Ausgrabungen in Ilios keine Dachziegel gefunden. Der älteste Dachziegel im Kreise der althellenischen Kultur stammt aus der Zeit um 1000 v. Chr., er wurde unter den Trümmern des Heratempels in Olympia gefunden. Er war ein Hohlziegel, wie wir ihn noch heute in Europa auf älteren Gebäuden sehen können. Die Hohlziegel bestehen aus leicht gewölbten Ziegelplatten; dort, wo diese sich mit ihren Längsseiten berühren, wird auf sie noch ein halbröhrenförmiger Ziegel gesetzt, der das Eindringen von Regenwasser in die Fugen verhindern soll. Die Ethnographen haben ihn den „Normaldachziegel“ genannt, da er allem Anschein nach die älteste Form darstellt. Er scheint in China erfunden worden zu sein und wird noch heute in Korea, China und Japan gebraucht; wie die Ausgrabungen lehren, war er auch der älteste Ziegel Westasiens, und von hier aus bürgerte er sich in den Mittelmeerländern ein. Bemerkenswerth ist es, daß die Japaner ihn „hongavara“, d. h. den „echten“ Dachziegel, nennen.

Im Laufe der Zeit versuchten die Menschen, die zwei Stücke des Hohlziegels zu einem Ganzen zu verschmelzen, und bildeten den sogenannten „Pfannenziegel“, dessen Durchschnitt die Form eines liegenden lateinischen S hat (∾). Die Geburtsstätte dieser Neuerung waren die Niederlande, von wo sie sich nach Skandinavien und England, sowie nach Nordwestdeutschland bis Pommern ausbreitete. Andererseits hat man den Dachziegel vereinfacht, ihn der Holzschindel ähnlich gestaltet, und so entstand die dritte Form, der einfache, flache Ziegel mit einer Nase am hinteren Ende zum Aufhängen an den Latten des Dachstuhls.

Der amerikanische Forscher E. Morse, der mit besonderem Eifer die Geschichte des Dachziegels studierte, bemerkt, daß diese drei Formen auch in Nordamerika auf Dächern alter Häuser vorkommen und andeuten, von wem die einzelnen Gebiete zuerst besiedelt wurden. In Kalifornien, in dem sich zuerst Spanier niederließen, ist der Normaldachziegel wie am Mittelmeer zu finden, am Delawarefluß, an dem die Holländer als erste Ansiedler auftraten, deckt der Pfannendachziegel die alten Häuser und in Pennsylvanien, das den deutschen Einwanderern so viel verdankt, wiegt auf alten Gebäuden der flache Dachziegel vor.*      
[803] Wissen erregten damals den Neid, sondern das goldene Korn, das am heiligen Nil so reichlich gedieh. Sahen doch die Söhne Israels mit staunenden Blicken das Getreide an, welches Joseph vor ihnen ausbreitete, „über die Maßen viel, wie Sand am Meere“! Später war Aegypten eine der Kornkammern der Weltbeherrscherin Rom, und unter den drei Getreideflotten, welche die Stadt versorgten, der sicilischen, ägyptischen und pontischen, war die ägyptische die reichste und wichtigste.

Zwei Jahrtausende sind seit jenen Zeiten dahingerauscht, das Volk der alten Aegypter ist in der Flut anderer Völker untergegangen, die Götter, die Sitten und die Sprache der Vorväter sind den heutigen Aegyptern fremd, aber sie hängen wie diese an der Scholle und machen sie urbar just wie die fleißigen Ahnen vor fünftausend Jahren.

Wir stehen in der Ebene von Unterägypten in dem Ueberschwemmungsgebiet des Nils; scharf heben sich die Palmen von dem blauen Himmel ab und vor ihnen sehen wir den ägyptischen Bauer im Schweiße seines Angesichts das Feld bestellen. Ein Kamel und ein Ochse ziehen im Joche den Pflug, ein trauriges Geräth, das kaum drei bis vier Zoll tief in die Erde greift. Und doch ist ihm schon vor vielen tausend Jahren die Ehre der Abbildung zu theil geworden! Wir finden ihn schon unter den ägyptischen Hieroglyphen wo zwei Ochsen im Joch ihn wie heute noch an einer Deichsel bewegen. Er besteht aus zwei im spitzen Winkel vereinigten, einen Haken bildenden Hölzern. Das untere ist an der Spitze mit Eisen vorgeschuht und bildet die dürftige Pflugschar.

Wir würden jedoch irren, wenn wir annehmen wollten, daß alle Ackerbauer Aegyptens den Boden so bestellen wie der schlichte Bauer auf unserem Bilde. Aegypten giebt zwar noch heute Korn an andere Völker ab und viele Engländer leben von Brot, das aus ägyptischem Mehl gebacken wurde, aber seine Hauptausfuhr besteht heute in Spinnstoffen, in Baumwolle, und auf den Pflanzungen der Regierung und der großen Besitzer wühlt bereits seit Jahrzehnten der Dampfpflug den alten, vom Nil stets neu befruchteten Boden auf.

Der schlichte Mann Aegyptens aber geht noch jetzt hinter demselben einfachen Pfluge wie die Erbauer der Pyramiden und seufzt vielleicht noch mehr unter Fron und Lasten als die Unterthanen der Pharaonen.