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Die Koboldkammer auf dem Cżornebog

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Textdaten
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Autor: Heinrich Gottlob Gräve
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Titel: Die Koboldkammer auf dem Cżornebog
Untertitel:
aus: Volkssagen und volksthümliche Denkmale der Lausitz, S. 57–60
Herausgeber:
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1839
Verlag: F. A. Reichel
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Erscheinungsort: Bautzen
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Quelle: MDZ München, Commons
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[57]
XIII. Die Koboldkammer auf dem Cżornebog.

Auf dem sogenannten Cżornebog (schwarze Gott, Teufel), einem, eine Meile von Budissin, bei den Dörfern Rachlau und Döhlen über Meschwitz gelegenen Berge, liegt ein einzelner, mit einer Höhlung versehener Felsen, die Koboldkammer (wend. Koltki domy) benannt. Ueber sie Folgendes:

Hier sollen die Kobolde (wend. Kodolty) Alpe, (Mahre), Mittagsmännchen und Hausteufelchen wohnen, welche die Menschen necken, quälen, irreführen, auch nicht selten sich in ihre Wohnungen begeben und daselbst mancherlei Unfug treiben. Auf der andern Seite aber sollen sie – wenn sie bei guter Laune sind – die Erdbewohner beschenken und ihnen Glück und Heil bringen. So sagt man gemeiniglich von einem im Glück sich befindenden Menschen: „Er hat den Kobold.“ etc. Man erlaube uns diese Wesen näher zu betrachten.

[58] a) Kobolde. Diese Geister bewohnen abgelegene versteckte Winkel in den Häusern, z. B. Holzschuppen, Bodenkammern, Keller etc. Sie werden von den Hausbesitzern mit den nämlichen Speisen, welche sie selbst genießen, gefüttert und wohl gehalten, welches sie ihren Verpflegern durch Getraide, das sie Andern, die ihnen nichts geben, entwenden, vergelten.[1] Sie erscheinen den Kranken bei Nacht, vornämlich bei Vollmondsscheine.[2]

b) Alp, oder Mahre, Nachtmännlein, – Drutte, soll sich als ein unförmlich dickes, häßliches Weib, einen starken Klotz in beiden Händen haltend, den Schlafenden zeigen, sich auf sie legen und ihnen das Athmen erschweren. Er soll ein Geist seyn, der von einem andern Menschen, den man einen Alp oder Mahr nennt, (welcher durch über die Nase zusammenlaufende Augenbraunen kenntlich ist) ausfährt und einen Andern aus Uebermuth drückt.[3] Andere glauben, daß Hexen, oder der Teufel selbst, in hoher eigener Person dergleichen in der Hölle erzeugten [59] Unholde den Menschen auf den Leib schicken, um ihn zu quälen, oder dieses Geschäft selbst betreiben.[4]

c) Die Mittagsmännchen oder Weibchen (s. die vorige Nummer) erscheinen nicht in der Nacht, sondern, verwegener, als die meisten Geister, wählen sie zu ihren Spukereien die Mittagsstunde. Da sieht man z. B. ein verwimmertes Männchen, Holz auf dem Rücken tragen, und wenn es die Holzhauer unterstützen wollen, ertönt ein schallendes Gelächter und die Armen befinden sich im Sumpfe. Diesem fliegt die Axt vom Helm, Jenem zerspringt das Sägeblatt u. s. w.

Eben so, wie von den biedern Wenden, ja! vielleicht noch mehr, werden sie wahrscheinlich noch jetzt von den gemeinen Russen gefürchtet. Denn diese Geister sicheln die Früchte ab und wandeln als ärmliche Querxe oder als trauernde Wittwen am hellen, lichten Tage auf den Fluren umher, wo sie dann, Einem oder mehrern Tagearbeitern, – wenn diese nicht, sobald sie selbige erblicken, sich auf’s Gesicht zur Erde werfen – Arme und Beine, ja wohl gar den Hals brechen, wogegen jedoch – wenn man von einem geheiligten Baume die Rinde abschält und auf die Verletzung legt – hilft; indem sie bald schmerzlos heilt.[5]

[60] Man findet oft noch hier und dort in den beiden Lausitzen Wiesel, Eisvögel, Mauerschwalben, Ziegenmelker u. dgl. getödtet an Stallthüren hangen, welche man für dergleichen Mittagsmännchen, Kobolde oder Mahre hält und im Fürstenthume Hechingen war ehemals sogar eine Belohnung auf todte oder lebendige Einlieferung eines Kobolds oder Alps gesetzt.

d) Hausteufelchen sind das, was bei den Alten die Laren und Penaten waren. Denn so, wie sich diese bei jenen eben nicht durch Antinousgestalten empfahlen, eben so wenig waren sie bei den Teutschen und Wenden durch Schönheit berühmt. Die Teutschen nannten sie spiritus familiares, auch Galgenmännchen, denen sie eine abenteuerliche Entstehung zuschrieben. Wie bei den Alten die Laren in heimische und öffentliche und Letztere in Weg- (viales) und Wegescheiden- (compitales) Götzen eingetheilt wurden; so war es auch hier, und Plutarch führt einen Unterschied zwischen bösen und schädlichen Geistern von dieser Art an, und nach Einführung des Christenthums setzte man zum Schutz Heiligenbilder an die Kreuzwege. Nach Theophrastus Paracelsus Ableben, welcher einen Spiritum familiarum in einer Flasche gehabt haben soll, verschwand solcher, nachdem er seinen Herrn getödtet hatte und ward nie wieder gesehen. Gegen diese bösen Geister sollen die Anfangsbuchstaben von den Namen der heil. drei Könige C.M.B. an die Thüren geschrieben, helfen und vor ihren Tücken und Ränken schützen.


  1. S. Joannes Meletius epist. ad Sabinum de relig. et sacrificio veter. Boruss. pag. 169.
  2. Martin. Murinius in chron. Pruss. C. v. p. 9. und Hartknoch diss. VIII. pag. 142.
  3. Virgil i. 9. u. f. Vers d. 12. B. d. Anm. stellt diese Täuschung am besten dar:

    Ac velut in somnis oculos ubi languida pressit
    Nocte quies, nequicquam avidos extendere cursus
    Velle videtur, et in mediis conatibus aegri
    Succidimus, non lingua valet, non corpore notae
    Sufficiunt vires, nec vox, nec verba sequuntur.

  4. Mittuntur enim – uti credunt – incubi aliique daemones, a magis et sagis aut ab ipso diabolo, ad vexandos homines. Christ. Thomas. Diss. de sagis.
  5. S. Boxhom in republ. Moscov. p. I.