Die Kunstnovize

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Textdaten
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Autor: C. B.
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Titel: Die Kunstnovize
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 44, S. 739
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1897
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[729]

Die Kunstnovize.
Nach einem Gemälde von F. y Gonzalez.

[739] Die Kunstnovize. (Zu dem Bilde S. 729.) F. y Gonzalez, einer der fruchtbarsten unter den modernen spanischen Malern, dürfte manchem unserer Leser bereits bekannt sein. Seine Gemälde zeichnen sich durch meisterhafte Ausführung und lebenswahre Darstellung aus. Gern wählt er als Vorwürfe Scenen aus seiner Heimat, auch auf dem Bilde „Die Kunstnovize“ führt er uns in sein engeres Vaterland Andalusien und zwar nach Sevilla. Das kleine Volkslied, das man dort oft in den Straßen hört:

„Die Schleppe am Kleide,
Die Blume im Haar,
Allein auf dem Herde,
Kein Essen wird gar,“

wäre kein schlechtes Motto für die Gesellschaft schöner Frauen verschiedenen Alters, die der Maler hier vereinte. Die Anmutigste und Jüngste, Lolita, hat auf dem letzten Frühlingsfest – der Feria – den braunen Gil gehört, als er eine alte, alte Malaguénia spielte, deren Melodie heute noch spanische Tanzheime in Bewegung setzt. Die süßen Klänge haben sie seitdem Tag und Nacht verfolgt. Es ließ ihr keine Ruhe, sie mußte Gil wiedersehen und jene alte Weise von ihm lernen. Nun hat sie’s endlich durchgesetzt und ihre Züge strahlen glückliches Behagen. Man hat Gil eingeladen und er ist Mittelpunkt geworden. Die Capa hat er abgeworfen, wie den schwarzen Hut des Andalusiers – die Montera. Auf dem glattrasierten Gesicht spiegelt sich naive Eitelkeit. Er fingert an den Saiten des Instruments und berührt dabei ein schlankes, schmales Händchen, das der Guitarre noch etwas ungeübt die Töne entlockt. Dicht neben der Musizierenden die kräftige Rechte auf den Stuhl gestützt, den Kopf etwas zurückgeworfen begleitet Dolores mit leiser, etwas heisrer Stimme das Guitarrespiel. Wie sie so dasteht, das schwarzgrundige, großgeblumte Seidentuch mit breiten Fransen lässig um die Schulter gelegt, mit ihrem trotzigen Prosit und dem etwas wirren Haar, würde Dolores kaum die Zierde eines deutschen Hauses sein – aber was für ein interessanter Vorwurf für den Maler ist sie in ihrer pittoresken Schlamperei! Weniger interessant, aber stillvergnügt und wohlgenährt, die Hände leicht ineinander geschlungen, betrachtet Ines neidlos die Schwester mit der Guitarre. Die Familienähnlichkeit steht hier außer aller Frage. Unterdes scheint die älteste der Schwestern ernsten Träumen nachzuhängen Es ist, als ob Erinnerung ihr einen Schleier über alles Gegenwärtige gebreitet, als ob ihr dunkles Auge, obwohl halb geöffnet, nur auf ein innres Bild gerichtet sei; denkt sie der vergangenen Blütezeit, wo ihre schlanken Glieder sich im Fandango oder der Jota bewegten, oder jenes linden Abends, da Romero – dessen Triumph als Stierfechter eine Lithographie an der Wand verewigt – sie in den Delicias, den Promenaden von Sevilla, traf’ … Die Jugend weiß noch nichts vom Ernst und den Enttäuschungen des Lebens, und von fröhlichem Lachen unterbrochen ziehen die Klänge jener vierhundertjährigen Malaguénia durch den Raum.
C. B.