Die Langschläferin von Grambke

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: *
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Langschläferin von Grambke
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 52, S. 892
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Krankheitsfall der Gesine Meyer
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[892] Die Langschläferin von Grambke. Gelegentlich der Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte in Halle veröffentlichte Professor Ebstein die Geschichte einer Langschläferin, welche im Vergleich zu den anderen Fällen von Langschläfern sich durch einige seltsame Umstände auszeichnet und auch die Aufmerksamkeit weiterer Kreise verdienen dürfte.

Die Kranke ist die 28jährige Tochter eines Landmannes in Grambke, unweit von Bremen. Sie hat schon wiederholt an Schlafsucht gelitten, zum ersten Male im Jahre 1878. Sie litt an Melancholie, welche mit einem längeren, öfter ununterbrochenen Schlafe endete. Nach dem Erwachen war sie völlig gesund, bis sie im Jahre 1880 infolge des Todes einer Freundin wieder melancholisch wurde. Auf diese Verstimmung folgte ein 30 Wochen dauernder Schlaf. Die Kranke erwachte auch aus diesem gesund. Weder ihre Intelligenz noch ihr Gedächtniß hatte gelitten und sie ging mit Interesse ihren häuslichen Geschäften nach. Nur das Denken strengte sie etwas an.

Im Januar 1886 ereignete sich der dritte Anfall von Schlafsucht, aus welchem die Kranke bis jetzt nicht erwacht ist. Um jene Zeit wurde sie wegen eines leichten Falles schreckhaft und fing an zu schlafen. Während sie auf Stechen und Kneifen der Haut nicht reagiert, zeigt sie einen guten Geschmacks- und Geruchssinn, hat Durst- und Hungergefühl und giebt dasselbe durch Gähnen kund. Wird dieses dadurch gestillt, daß man ihr Speisen in den Mund einführt, so liegt sie wieder mit geschlossenen Augenlidern still da. Auch ihre Wahrnehmung scheint nicht ganz unterdrückt zu sein. Sie soll die Schritte ihrer Mutter, von der sie mit Sorgfalt überwacht wird, erkennen und einmal bei Erzählung von etwas Traurigem geweint haben. Während des Schlafes hat sie einmal Keuchhusten und einen Grippeanfall durchgemacht; dank der Leichtigkeit, mit der sie ernährt werden kann, wurde sie aber nicht mager, sondern hat im Gegentheil Fett angesetzt.

Eine Entfettungskur wollte bei ihr nicht gelingen, denn sie ißt reichlich; bekommt sie nicht genug, so fängt sie furchtbar zu gähnen an, wirft die Betten weg und wird unruhig. Sie zeigt auch zeitweise einen Widerwillen gegen gewisse Speisen; so konnte sie z. B. neuerdings kein Brot essen. Flüssige Nahrung wie Milch und Suppen verhindert nicht die beim Hungern auftretenden Gähnkrämpfe. Man hatte einmal versucht, sie einen Tag fasten zu lassen, um sie dadurch zu erwecken. Sie bekam aber infolgedessen so heftige Gähnkrämpfe, daß man von diesem Erweckungsmittel absehen mußte. In den ersten Jahren waren ihre Glieder steif, jetzt sind sie schlaff geworden und folgen mit Leichtigkeit jeder Bewegung; überhaupt scheint der Schlaf nunmehr weniger tief zu sein. Das Wesen der räthselhaften Schlafsuchterscheinungen ist bis jetzt nicht völlig aufgeklärt. Wir verweisen in Bezug darauf unsere Leser auf die Artikel über den Schlaf, die im Jahrgang 1880 unseres Blattes erschienen sind. *