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Die Pflanzeneinwanderung in Norddeutschland

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Textdaten
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Autor: Richard Büttner
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Titel: Die Pflanzeneinwanderung in Norddeutschland
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 35, S. 566–568
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[566]

Die Pflanzen-Einwanderung in Norddeutschland.

Kannst du dir, mein freundlicher Leser, bei einem Spaziergang durch Wald und Feld und Flur in unserem weiten norddeutschen Flachlande wohl vorstellen, daß alle Bäume und Blumen, die dein Auge sieht, und selbst all die unscheinbaren Gräser und Kräuter, über die dein Fuß achtlos fortschreitet, eine Heimath besitzen, die in fremden Ländern und selbst in anderen Erdtheilen gelegen ist? Daß uns aus anderen Gebieten viele und zwar die schönsten Blumen, sowie die Pflanzen, deren Pflege dem Landmann auf Feldern und in Gärten obliegt, zugekommen sind, daß noch alljährlicher uns neue Pflanzenarten in Cultur genommen werden – dies ist dir schon lange bekannt, und du hast vielleicht im Stillen deinem eigenen Lande einen Vorwurf daraus gemacht, daß es nur wenig schöne Feld- und Waldblumen, allerlei unscheinbares Kraut aber und die schädlichen Unkräuter in Menge hervorzubringen im Stande sei, während alle schönen und nützlichen Gewächse uns von weit her geliefert werden müssen.

Aber diesen Vorwurf verdient unser Land nicht, denn alle die verschiedenen Pflanzenarten, die uns umgeben, sowohl die nützlichen wie die schädlichen, sie sind alle bei uns zu Gaste, sind im Laufe von Jahrzehnten, -hunderten und -tausenden zu uns gekommen als Fremdlinge und Eindringlinge, und sind somit, je nach dem Alter ihrer Einwanderung und der Art und Weise ihrer Niederlassung, nur mehr oder weniger einheimisch.

Doch wenn die sämmtlichen Kinder unserer Flora fremdgeboren sein sollen, so müßte es einmal eine Zeit gegeben haben, in der unser Vaterland keinerlei Vegetation beherbergte? Allerdings gab es eine solche Zeit – war doch unsere norddeutsche Tiefebene ein Theil des Bodens eines großen Nordmeeres, das seine Südufer an den Gebirgen Mittelfrankreichs und Mitteldeutschlands hatte, dessen Wassermassen erst an den niederrheinischen und Wesergebirgen, am Thüringer Wald, am Erzgebirge, an den Sudeten und den Karpathen eine Grenze fanden. So ist der ehemalige Meeresboden, als die Gewässer sich allmählich nach Norden zu in engere Grenzen zurückzogen, zu unserem norddeutschen Lande geworden! In dieses Gebiet hinein haben dann Menschen-, Thier- und Pflanzenwanderungen stattgefunden.

Da drängt sich vor Allem die Frage auf: Können denn die Pflanzen wandern? Allerdings gehen unseren Blumen Fortbewegungsorgane ab, sie haften im Gegentheil ja selbst vermittelst der Wurzeln im Boden, sie sind so recht eigentlich an die Scholle gebunden, sie wandern aber auch nicht activ – sie wandern passiv. Wenn wir vorläufig von der Thätigkeit des Menschen für die Wanderungen der Pflanzen absehen wollen, so können wir als wirksame Factoren derselben, die natürlich nicht nur für unser Gebiet, sondern auch für alle anderen gelten, die Strömungen der Luft und des Wassers, sowie die Thätigkeit der Thiere anführen.

Die Samen vieler Pflanzen können, frei von den Hüllen oder von ihnen eingeschlossen, durch die Winde über weite Strecken fortgeführt werden – vorausgesetzt, daß sie leicht genug sind, um vom Winde getragen zu werden, und daß sie nicht durch ihre Schwere allzu bald zum Boden gezogen werden. Es findet sich in der Natur eine große Mannigfaltigkeit von Einrichtungen an Früchten und Samen, um dieselben für den Transport durch die Winde geeignet zu machen. In häufigen Fällen sind Anhängsel vorhanden, die, indem sie eine größere Fläche darbieten, dem Winde eine wesentliche Einwirkung gestatten.

Wer hätte z. B. nicht schon gesehen, mit welcher Leichtigkeit die mit Fallschirmen ähnlichen Haarkronen versehenen Samen des gemeinen Löwenzahn oder der Butterblume jeder Luftbewegung folgen und über weite Strecken fortgeführt werden?

Auf solche Weise hat die canadische Dürrwurz, die jetzt im ganzen Deutschland an unbebauten Orten sehr gemein ist, seit Mitte des siebenzehnten Jahrhunderts, wo sie zuerst in Frankreich beobachtet worden ist, ihr Verbreitungsgebiet durch verwehte Samen gewonnen, und erst in neuester Zeit haben wir von einer durch die Winde uns zugeführten, aus dem Osten stammenden Pflanze Notiz nehmen müssen, die ihr Gebiet alljährlich nach Westen zu ausdehnte – von der Wucherblume, einem gelbblühenden Kreuzkraut, das an vielen Orten als ein so häufiges Ackerunkraut auftrat, daß seine Ausrottung in öffentlichen Bekanntmachungen der Landbevölkerung von den Behörden dringend an's Herz gelegt worden ist.

In zweiter Art findet die Einwanderung von Pflanzen ans fremden Florengebieten durch die Strömungen des Wassers statt. Sind die Samen, beziehungsweise die Früchte leicht genug und durch ihre Umhüllung genügend gegen die schädliche Einwirkung des eindringenden Wassers geschützt, so ist nicht schwer einzusehen, daß sie, in Gewässer gefallen oder geweht, durch die Strömungen derselben an andere Orte geführt werden können, wo sie, wenn die Gelegenheit günstig ist, neuen Pflanzen Ursprung geben.

Es ist bekannt, daß die Cocospalmen durch vom Wasser fortgeführte Cocosnüsse ihre weite Ausbreitung erlangt haben – um so eher können daher kleine Samen den Wasserströmungen folgen. Der Pflanzenkundige trifft in den Flußthälern häufig Arten, von denen er mit vollster Bestimmtheit angeben kann, daß und aus welchen höher gelegenen Orten sie hierher geflößt worden sind.

Die überall in den deutschen Gewässern verbreitete kanadische Wasserpest (Elodea canadensis) giebt ein recht lehrreiches Beispiel von der Wirksamkeit des Wassers als Verbreitungsmittel neuer Pflanzen in einem Gebiete. Die Pflanze bringt in Europa keine Samen hervor, nichtsdestoweniger hat sie ihren Siegeslauf durch die deutschen Stromläufe in kürzester Zeit halten können, da selbst aus kleineren abgebrochenen Theilen, wie aus Stengelgliedern, die in dem Wasserlauf fortgeführt werden, neue zahlreiche Ansiedelungen entstehen.

Es wird noch Vielen in Erinnerung sein, daß besonders in England diese Pflanze die Wasserläufe derart füllte, daß Schifffahrt und Fischerei stellenweise völlig stockte. Auch bei Berlin war die Wasserpest im Jahre 1868 im Spandauer Canal so häufig, daß ihre Ausrottung, die wegen Behinderung der Schiffahrt nöthig geworden war, für eine Strecke von 11/2 Meile in drei Monaten mehr als 2500 Thaler erforderte.

Dieser Faktor der Pflanzeneinwanderung muß gerade für die Besamung unseres norddeutschen Tieflandes von höchster Wichtigkeit gewesen sein, denn einerseits hat das zurückweichende Meer die Strandflora – deren Ueberreste wir nach heute in den Salzpflanzen sehen – entstehen lassen, andererseits haben die unsere Ebene durchziehenden großen Flußläufe ihr Strombett mehrfach völlig verändert und somit den Pflanzen in verschiedene Gegenden die Einwanderung ermöglicht. Mündete doch einst die Weichsel durch das untere Elbthal in die Nordsee und später im unteren Oderthale! So finden wir noch heute viele Pflanzen. die ihre Hauptverbreitung in Südrußland und Ungarn haben, längs des Weges, den die Weichsel ehemals nahm. Andere Gruppen kamen sowohl in älterer wie in jüngerer Zeit mit der Oder und der Elbe. Die jetzigen Stromläufe führen noch alljährlich eine stattliche Anzahl von Flußthalpflanzen hernieder.

Die Einwanderung neuer Pflanzen wird ferner durch die Thiere vermittelt. Es haften Früchte oder Samen an der Körperbedeckung der Thiere, am Haarkleide der Vierfüßler und im Gefieder der Vögel, oder aber sie werden als Magen- und Kropfinhalt über weite Strecken hin fortgetragen und können somit – an günstigen Orten abgesetzt – neue Arten in einem Pflanzengebiete entstehen lassen.

In früheren Perioden, als das Klima unseres Landes mehrfach die vollkommensten Umwandlungen erlitt, somit Thierwanderungen veranlaßt wurden, muß dieser Faktor der Einwanderung von hoher Bedeutung gewesen sein, zudem viele Samen der Verbreitung durch Thiere so recht angepaßt erscheinen, sei es durch Ausbildung von Häkchen, Widerhaaren und anderen Haftorganen – man denke nur an Kletten und Pfaffenläuse – sei es durch Ausbildung einer weit sichtbaren wohlschmeckenden Hülle von Fruchtfleisch, welche die Vögel zum Verzehren und damit auch zur Verbreitung der Samen einlädt. Die Zugvögel dürften daher besonders als Pflanzenverbreiter eine Rolle spielen.

Nachdem nun die natürlichen Ursachen der Einwanderung und Verbreitung neuer Arten in einem fremden Florengebiete betrachtet sind, haben wir uns zu dem Einflusse des Menschen auf die Vegetation seines betreffenden Gebietes zu wenden. Der Mensch hat wesentlich zur Bereicherung des Pflanzenbestandes [567] unseres Landes beigetragen, und zwar nicht allein der moderne Gärtner oder Landbebauer durch Importation und Inculturnahme neuer fremdländischer Arten, sondern es haben sicherlich schon die ersten Ansiedler und nach ihnen alle folgenden die für sie werthvollen Pflanzen aus der ursprünglichen in die neue Heimath mit herüber gebracht, sowie durch theilweis recht weitgehende Handelsbeziehungen sich solche zu verschaffen gewußt.

Doch sehr viel größer als die Zahl der vom Menschen in eigens für sie angelegten Culturen gepflegten fremden Arten ist die Zahl derjenigen, welche ohne den Willen, aber doch durch die Vermittelung des Menschen zu uns gekommen sind, und derjenigen, die, obwohl sie von ihm absichtlich eingeführt worden sind, seiner unmittelbaren Pflege sich entzogen haben.

Von einer großen Anzahl dieser Pflanzen können wir die Heimath, die Zeit sowie die Art und Weise der Ansiedelung angeben, von vielen anderen indessen fehlt uns ein solcher Nachweis – trotzdem lassen sie sich in vielen Fällen deutlich als Fremdlinge erkennen. Dürfen wir nicht mit vollem Rechte schließen, daß eine Pflanzenart von fremder Herkunft und mit hoher Wahrscheinlichkeit durch den Menschen eingeführt worden ist, wenn sie sich nur an solchen Oertlichkeiten vorfindet, die vor dem Erscheinen des Menschen noch nicht oder doch nicht in derselben Weise vorhanden waren? Solche Oertlichkeiten sind aber das beackerte Land, Zäune und Raine, Schuttplätze, Mauern, Wege und Straßen.

So kommen wir zu dem Schluß, daß gerade die Schutt- und Unkrautflora – trotzdem ihre Mitglieder sich so breit machen und damit den Anschein erwecken, als ob ihnen das Gebiet erb- und eigenthümlich gehöre – wie etwa die Melden, die Gänsefuß-, die Mohnarten, die Kornblumen und Kornraden den Stempel fremdländischer Herkunft an sich tragen. Die Zeit der Einwanderung dieser Pflanzen ist in vielen Fällen gewiß eine sehr entfernte – hat man doch einen großen Theil unserer Unkräuter schon aus der Steinzeit constatirt! Auch die Bewohner der Pfahlbauten sahen ihre Getreide- und Leinfelder mit Kornblumen untermischt, deren Samen ihnen zugleich mit denen der Culturpflanzen zugekommen sein mögen.

Von diesen Pflanzen, von denen wir nicht einmal die Zeit der Einwanderung anzugeben vermögen, läßt sich natürlich nicht sagen, auf welche Weise sie ihre Wanderungen vollführt haben – eine Vorstellung von derselben können indessen historisch nachweisbare Vorgänge geben, durch welche zumeist neuerdings unsere Flora bereichert worden ist, wenn auch wieder manche dieser Vorgänge als Ausflüsse des modernen Lebens nicht aus jene entfernten Zeiten der Einwanderung passen können.

Einen sehr großen Theil der jetzt einen Bestandtheil unserer Flora ausmachenden und neuerdings uns zugekommenen fremden Elemente verdanken wir der Verwilderung aus den Culturen. Der Mensch cultivirt Pflanzen zu Nährzwecken, er baut Arzneipflanzen, Gewürzpflanzen, in den Gärten Zierpflanzen, für sein Vieh Futterpflanzen und eine große Zahl von Arten zu technischen und wissenschaftlichen Zwecken, er begrenzt seine Felder durch Heckenpflanzen, er befestigt Ufer, Abhänge und Flugsand durch Pflanzen – kurz, es sind der menschlichen Zwecke bei den Culturen viele, und die Zahl der cultivirten fremden Arten ist eine sehr große. Enthielt doch der botanische Garten zu Berlin im Jahre 1878 nicht weniger als 17,000 verschiedene Pflanzen!

Außerdem gelangt eine bedeutende Menge fremdländischer Pflanzenarten durch unbeabsichtigte Verschleppung seitens des Menschen in’s Land.

Die moderne Landwirthschaft cultivirt nicht allein die schon von den älteren Generationen überkommenen Gewächse, sondern sie nimmt auch neue Pflanzenarten in Cultur, die erst aus fremden Ländern zu uns eingeführt werden müssen. So pflanzt der Bauer der norddeutschen Tiefebene für sein Vieh als Grünfutter mehrere fremde Kleearten, die aus Süd-Europa stammenden Lupinen, seit mehreren Jahrzehnten auch mit Erfolg die in Spanien und Portugal heimische Sorradella, wie auf Kalkboden gern die aus Mitteldeutschland uns zugeführte Esparsette. Mit den aus den Heimathländern importirten Samen dieser Culturpflanzen gelangen auf unsere Felder auch die Samen der Unkräuter jener Länder.

Mit Sorradellasamen wurden so als Unkräuter etwa zwanzig südeuropäische Arten auf unsere Felder gebracht, welche indessen - zum Trost für den Landbebauer und zum Bedauern des Pflanzensammlers - die natürlichen Bedingungen in unserer nordländischen Heimath zu ungünstig finden, um sich hier länger als wenige Jahre zu halten.

Eine noch fremdartigere Flora, weil aus anderen Erdtheilen stammend, führt uns die zur Verschleppung von Samen so recht geeignete importirte rohe Thierwolle zu. Dieselbe wird in unseren Manufacturen von anhaftenden Verunreinigungen, wozu Pflanzentheile, wie Früchte und Samen, einen namhaften Beitrag liefern, befreit, gewaschen und weiter verarbeitet. Die Abfälle aber nebst den Verunreinigungen kommen auf die Felder und Schuttplätze. Auf solche Weise gelangten ganz neuerdings nicht weniger als zehn verschiedene Arten der einen Gattung Schneckenklee (Medicago) - deren Früchte als spiralig aufgerollte Hülsen, häufig außerdem mit Stacheln versehen, leicht anhaften - aus Amerika und Afrika in die Umgebung von Berlin und einiger märkischer Maunfacturstädte.

Indessen will die Zahl unserer durch Wolle eingeführten fremden Pflanzen herzlich wenig bedeuten gegen die an anderen Orten beobachtete ähnliche Verschleppung, wie etwa in mehreren Häfen Südfrankreichs, wo die auf selbe Weise in’s Land gelangten ausländischen Arten nach Hunderten zählen und schon seit mehreren Jahrzehnten die Aufmerksamkeit der französischen Botaniker auf sich lenken.

Es giebt der Arten der Verschleppung noch gar viele, wie es ja auch die Verschiedenheit der Transportgüter, Mittel und Wege nicht anders erwarten läßt. Die Hauptorte des Verkehrs sind immer zugleich die Sammelstellen für verschleppte Arten; die Güterbahnhöfe großer Städte und die Abladestellen in den Häfen wird man nach fremden Einwanderern nicht vergeblich durchsuchen.

Wir wissen von zum Theil recht merkwürdigen Verschleppungen, wie von solchen südamerikanischer Arten durch Guano, ungarischer und südrussischer durch Pferde und Borstenvieh.

Als bemerkenswerth mag hier auch einer unser Land allerdings nicht direct berührenden Art der Verschleppung Erwähnung getan werden, nämlich der durch Vermittelung der Kriege. Eine sehr große Anzahl von fremden Pflanzen wurde im Sommer 1871 und in den folgenden Jahren in Frankreich an verschiedenen Stellen beobachtet, wohin die Samen derselben durch Futtervorräthe, die von den Franzosen besonders aus Nord-Afrika bezogen wurden, gelangt waren. Im Gefolge der deutschen Armeen ist nur eine sehr geringe Zahl von unseren Pflanzen in das Nachbarland verschleppt worden.

Eine andere, allerdings nur wenig in’s Gewicht fallende Ursache der Einführung neuer Pflanzen in unser Gebiet ist deren absichtliche Aussamung seitens der Botaniker, in der Hoffnung, mittelst derselben der heimischen Flora neue Bestandteile zuzuführen.

Um nun zum Schluß unsern Lesern ein Beispiel zu geben von der Wichtigkeit des Menschen für die Einführung neuer Arten, sowie von der strengen Auslese, die der Botaniker in Betreff der Einbürgerung abhält, und endlich von der Beteiligung der verschiedenen Erdstriche an der Zuführung der fremden eingebürgerten Arten, sei es uns gestattet, einige Zahlen mitzutheilen, die wir neuerlich für das Florengebiet der Mark Brandenburg festgestellt haben.

Von 460 Pflanzenarten, die dem obigen Gebiet als fremde Elemente durch menschliche Thätigkeit zugeführt worden sind und die nicht der ausschließlichen directen und beabsichtigten Cultur augehören, sind nur 50 eingebürgerte zu nennen, von denen dem Gebiet durch Verwilderung 33, durch Verschleppung 13, durch beabsichtigle Aussaat 2 und vielleicht 2 durch freiwillige Einwanderung zugekommen sind. Unter diesen 50 Arten haben ihre Heimat in Deutschland (außerhalb der Mark) 17, in Südost-Europa 3, in Süd-Europa 7, in Asien 3, in Amerika 10 und zwar 9 von diesen in Nord-Amerika.

Doch sind nun alle diese aus so verschiedene Art und Weise uns zukommenden fremden Gewächse eine Bereicherung für unsere heimische Flora?

Der Laie wird diese Frage anstandslos bejahen, anders indessen der Fachbotaniker, der unter den verschiedenen Elementen eine gar strenge Auswahl trifft. Ihm gilt als Bestandteil seiner Flora eine fremdländische Art nicht, wenn sie nur vorübergehend in seinem Gebiet auftritt, oder wenn sie sich in demselben nur in unmittelbarer oder mittelbarer Pflege des Menschen erhält.

[568] Die eingebürgerte fremde Art soll ihm vollständig das Aussehen einer wilden einheimischen Pflanze gewähren. Er will sie, wenn er ihre Geschichte nicht kennt, für eine seit nicht mehr nachweisbaren Zeiten seiner Flora zugehörige halten müssen; sie muss ihm die höchste Wahrscheinlichkeit bieten, daß sie aus seinem Gebiet nicht wieder verschwinden wird, zu welchem Zwecke sie eine gewisse Ausbreitung erlangt haben und in vollkommen hinreichender Anzahl vorhanden sein muss, sodaß sie nicht durch locale Veränderung des Standorts oder durch abweichende klimatische Einflüsse der Vernichtung völlig preisgegeben ist.

Dr. R. Büttner.