Die Psalmen Salomos/Psalm 4
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Psalm 4
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[134] Heuchler im Hohen Rate[1].
Ein Gedicht Salomos gegen die Menschenknechte.
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4
- 1 Was sitzest du Unheiliger im Rate der Frommen[2],
- da doch dein Herz weit ab ist vom Herrn,
- [und] du mit Übertretungen den Gott Israels reizest?
- 2 An Worten und an Geberden alle [andern] überragend,
- [ist er] mit harten Worten [bereit,] die Schuldigen im Gericht zu verurteilen.
- 3 Er ist voran, Hand an ihn zu legen wie im [frommen] Eifer,
- während er doch selbst in vielfache Sünde und Unreinheit verstrickt ist.
- 4 Seine Augen sind auf jedes Weib ohne Unterschied gerichtet,
- seine Zunge lügt [selbst] beim eidlichen Vertrage.
- 5 Des Nachts und insgeheim sündigt er, weil er sich ungesehen glaubt;
- durch die Augen hält er mit jedem Weibe sündige Verabredung.
- Hurtig dringt er in jedes Haus ein — harmlos, als thäte er nichts Arges[3].
- 6 Rotte, Gott, aus, die in Heuchelei leben unter den Frommen,
- durch siechen Leib und Armut [raffe weg] ihr Leben!
- 7 Gott, decke auf die Werke der Menschenknechte!
- Zu Gelächter und Gespötte [müssen werden] ihre Thaten,
[135]
- 8 so, daß die Frommen ihres Gottes Gericht anerkennen,
- wann die Sünder den Gerechten aus den Augen hinweggethan werden,
- die Menschenknechte, die trügerisch fromm reden.
- 9 Ihre Augen richten sich auf die Häuser der Leute, die [noch] feststehen[4],
- schlangengleich zu zerstören der ’Frommen‘ Weisheit[5] durch gottlose Reden.
- 10 Seine Worte sind Trugschlüsse, um frevles Gelüste auszuführen;
- er läßt nicht ab, bis er durchgesetzt, daß er [die Leute] wie Waisen wegtreibe[6].
- 11 So hat er denn Häuser verödet um seiner gottlosen Lust willen[7],
- führte trügerische Reden, als sehe und höre [es] niemand.
- 12 Hat er die Gottlosigkeit an der Einen satt,
- so richten sich seine Augen auf ein anderes Haus,
- [es] zu vernichten mit verführerischen Reden.
- 13 Bei alledem ist, der Hölle gleich, unersättlich seine Gier[8].
- 14 Möchte, Herr, sein Teil vor dir in Schande sein,
- sein Ausgang in Seufzen, sein Eingang in Fluch!
- 15 In Weh, Not und Mangel sein Leben, Herr,
- sein Schlaf in Trübsal und sein Erwachen in Verzweiflung!
- 16 Seinen Lidern sei der Schlaf geraubt des Nachts,
- jedes Werk seiner Hände mißlinge ihm kläglich!
- 17 Mit leeren Händen trete er in sein Haus ein,
- und sein Haus leide Mangel an allem, was seinen Hunger stillt.
- 18 Einsam und kinderlos sei sein Alter bis zu seinem Hingang!
- 19 Möge der Leib der Menschenknechte von den Tieren zerrissen werden,
- und die Gebeine der Gottlosen schmählich an der Sonne [bleichen]!
- 20 Die Augen sollen die Raben den Heuchlern aushacken,
- weil sie viele Häuser schändlich verwüstet
- und durch ihre Lust auseinandergebracht haben
- 21 und an Gott nicht dachten
- und Gott bei alledem nicht scheuten
- und Gott reizten und erzürnten.
- 22 Er rotte sie aus von der Erde,
- weil sie arglose Seelen trügerisch irreführten[9].
- 23 Wohl denen, die den Herrn rechtschaffen fürchten!
- Der Herr wird sie erlösen von arglistigen und gottlosen Menschen
- und wird uns erlösen aus allen Anschlägen der Gottlosen.
- 24 Gott mache zunichte, die im Übermut jedes Unrecht thun,
- weil der Herr unser Gott ein großer und starker Richter ist in Gerechtigkeit.
- 25 Es walte, Herr, deine Gnade, über alle, die dich lieb haben!
- ↑ Der Psalm zeigt einen eigentümlichen Wechsel von Singular und Plural, so daß es recht wohl möglich ist, daß der Verf. mit den Gottlosen und Menschenknechten eine Mehrheit im Auge hat, aus der sich ein Einzelner als das Haupt jener „Gottlosen“, dem zuliebe sie zu „Menschenknechten“ werden, abhebt (Wellh.). Doch kann die Scheidung nicht streng durchgeführt werden; V. 6 ff. müssen die Singulare doch wohl kollektiv gefaßt werden, während von V. 10 an ein Individuum einzutreten scheint. — Die Gottlosen sind auch hier zweifellos die Sadduzäer. Wellh. hat deshalb vermutet, in dem Haupte der sadduz. Partei sei Alexander Jannai (102-76) zu erkennen. Läßt sich dies auch schwer zwingend beweisen, so kann immerhin gesagt werden, daß alles im Psalm auf ihn und seine Zeit paßt. Kaum ein hasmonäischer Fürst ist grimmiger als er von der pharisäischen Partei gehaßt und verfolgt worden; kaum einer bot ihr auch mehr Grund zur Klage vermöge seines unpriesterlichen, abenteuerlichen, buhlerischen und schwelgerischen Lebens. Vgl. Jos. Ant. XIV, 14, 2. 15,5. 13,5. Doch könnte auch an Aristobul II. (66—63) gedacht sein; V. 14 ff. würden auf ihn sehr wohl passen. Im ersteren Falle wäre das Lied etwa 80 v. Chr. gedichtet.
- ↑ Der Rat der Frommen übt zugleich das Gericht V. 2 f.; man wird also nicht fehlgehen, wenn man συνέδριον nicht bloß = Versammlung, sondern im technischen Sinn = Hoher Rat faßt.
- ↑ Über die sadduzäischen Kreisen vorgeworfene Unzucht hat schon 2,11.13 gehandelt (s. weiter 8,9ff.); über Alexander Jannai persönlich vgl. Jos. Ant. XIV, 14,2. Natürlich ist nicht ausgeschlossen, daß die Parteileidenschaft hier und im Folgenden die Farben allzu stark aufträgt.
- ↑ Die wenigen Häuser, in denen es noch ehrbar zugeht, werden systematisch verführt. ἐν εὐσταθείᾳ kann doch nur = נָכוֹן allenfalls = שָׁלֵו sein. Das kann aber nicht (Wellh.) heißen: eines Mannes, der es versteht … (= Alex. Jann.).
- ↑ σοφίαν ἀλλήλων kann nicht heißen: „des Nächsten Weisheit“. Für ἀλλ. zu lesen ἀγγέλων und dies = Gottesweisheit zu fassen (Wellh.), ist gewagt. Man lese (s. v. Gebh.) λαῶν = עמים und fasse dies als Textfehler für תמים) תַּמּׅים?). — σοφία = Tugend.
- ↑ Vielleicht: .... beständig [die Leute] wegzutreiben wie W., so daß ἕως ἐνίκησεν = עד־נצח wäre. Doch ist ohne diese Annahme auszukommen.
- ↑ Der Gedanke ist derselbe wie in V. 11 f. 20c: Die Verführung der Frauen und Töchter bringt Hader und Verödung über die Häuser, so daß die Bewohner (Männer und Kinder) schließlich heimatlos und verwaist sind. Ohne diesen durch den Zusammenhang geforderten Sinn könnte man an den Gedanken von 17,15 ff. (s. dort) denken.
- ↑ Vgl. Jes. 5,14.
- ↑ Am besten wohl (Geig., Del.) als Übersetzung des hebr. החניף Dan. 11,32 zu fassen.
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