Die Revolution in Brasilien
Die Revolution in Brasilien. Seit am 15. November 1889 das Kaisertum in Brasilien gestürzt wurde, ist das von der Natur so verschwenderisch ausgestattete Land der Schauplatz fortwährender Kämpfe, welche seine Entwicklung gefährden. Der erste Präsident der neugegründeten Republik, Marschall da Fonseca, wurde schon am 23. November 1891 wieder zur Abdankung gezwungen, und an seine Stelle trat der Vicepräsident, Marschall Floriano Peixoto. Doch auch er sollte sich nicht einer ruhigen Herrschaft erfreuen. In der Provinz Rio Grande do Sul brach ein langwieriger Aufstand aus und am 6. September 1893 ergriff die Revolution die Hauptstadt selbst: der Konteradmiral Custodio de Mello, der sich an Bord des Kriegsschiffes „Aquidaban“ in der Bai von Rio de Janeiro befand, erklärte seinen Abfall von der „Mißwirtschaft“ des Präsidenten, und binnen 24 Stunden gingen sämtliche brasilianische Schiffe, die im Hafen vereinigt waren, zu dem Admiral über. Der Kampf begann. Die Regierung hatte für sich die Forts, welche den Ausgang aus der Bai und den Standort der aufständischen Schiffe mit ihren Kanonen beherrschen; allein schon nach einigen Wochen schloß sich die Besatzung des Forts Villegagnon, aus Matrosen zusammengesetzt, der Revolution an, de Mello eroberte das der Hauptstadt gegenüberliegende Nictheroy, wo sich das Arsenal befand, und machte reiche Beute an Kohlen und Kriegsbedarf aller Art. Trotzdem wollte seine Sache nicht recht voran, denn die Befehlshaber der fremden Kriegsschiffe erhoben Einspruch gegen eine Beschießung von Rio selbst, im Interesse ihrer dort wohnenden Staatsangehörigen. So beschränkte sich der Kampf auf ein Kanonenduell zwischen der Flotte und den Forts, das bei der gegenseitigen schlechten Ausbildung im Schießen ohne wesentliche Folgen blieb. Erst der Anschluß des mächtigen Admirals de Gama an die Revolution verbesserte die Aussichten de Mellos und führte zu einer Beschießung der Hauptstadt selbst. Inzwischen hatte Peixoto in Nordamerika Schiffe ankaufen lassen, um sie kriegsmäßig auszurüsten und dann in Rio den Krieg auch zur See aufzunehmen. De Mello erwiderte diesen Schachzug durch eine ähnliche Maßnahme und verließ außerdem mit dem „Aquidaban“ unter dem Kugelregen der sperrenden Forts die Bai von Rio, um die vom Präsidenten gekauften Schiffe auf hohem Meere wegzunehmen. Es ist möglich, aber nicht wahrscheinlich, daß irgend ein entscheidender Schlag geführt worden ist, bis unsere Leser das Bild vom Hafen von Rio in Händen haben, das wir nach den Photographien eines Augenzeugen bringen. Wenn de Mello siegen sollte, so wird vielleicht – über seine eigentlichen Absichten gelangen die verschiedensten Nachrichten herüber – die Monarchie wieder eingeführt. Wie aber auch dem sein möge, jedenfalls ist dem unglücklichen Lande und besonders unseren zahlreichen Landsleuten dort zu wünschen, daß die ewigen Unruhen bald ein dauerndes Ende finden möchten