Die Ueberlieferung und Legende der Schlacht bei Dresden 1813
← Prinz Friedrichs Hochzeit und Tod 1539 | Die Ueberlieferung und Legende der Schlacht bei Dresden 1813 (1904) von Franz Lüdike Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904) |
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In einer besonderen Abhandlung[1] habe ich die strategische Bedeutung der sogenannten Schlacht bei Dresden wie des Dresdner Zuges überhaupt einer eingehenden kritischen Würdigung unterzogen. Ich bin dabei zu anderen Resultaten gekommen als die bisherige Forschung; wie ich meine, kann ich die Ergebnisse jener ersten Arbeit noch durch weitere Argumente stützen – und ich will das im Folgenden versuchen.
Vergegenwärtigen wir uns vorerst einmal die Situation.
Zu Ende des Jahres 1812 war Napoleon besiegt aus Rußland zurückgekehrt. Im Mai 1813 schlug er die verbündeten Preußen und Russen in den Schlachten von Großgörschen und Bautzen. Zu Anfang Juni schloß der Kaiser der Franzosen mit seinen Gegnern den Waffenstillstand zu Poischwitz, der bis zum 17. August desselben Jahres gedauert hat. Der Haupterfolg der Alliirten während dieser zehn Wochen war es, daß es ihnen gelang, Schweden und vor allem Oesterreich auf ihre Seite zu ziehen.
Aber es gelang den vier Verbündeten in der Zeit der Waffenruhe auch, nach mannigfaltigen Unterhandlungen im Hauptquartier zu Reichenbach sich auf einen gemeinsamen Kriegsplan zu einigen, den ich das „Reichenbacher Programm“ genannt habe und der im Allgemeinen auf den Vorschlägen des österreichischen Feldmarschalleutnants Grafen Radetzky beruht. In ihm wird als Prinzip aufgestellt, daß keine der drei alliirten Armeen (außer wenn sie das absolute Uebergewicht habe) sich auf eine Entscheidungsschlacht gegen Napoleon einlassen sollte. Die von Napoleon angegriffene Armee sollte (wie es besonders meisterhaft Blücher, dann aber auch Schwarzenberg gethan hat!) zurückgehen und einer Entscheidung ausweichen; die von Napoleon nicht unmittelbar bedrohten anderen Armeen dagegen sollten in diesem Falle die unbedingte Offensive ergreifen, die angegriffene Armee entlasten und versuchen, im Verein mit dieser den Gegner einzuschließen und ihn mit überlegenen und vereinten Kräften zu schlagen – ein Ziel, das dann bei Leipzig auch erreicht worden ist.
Die alliirten Armeen haben dieses Programm befolgt. Bisher freilich wußte man nicht, daß die Reichenbacher Verhandlungen die Grundlage für die strategischen Maßnahmen der Verbündeten im Herbst 1813 abgegeben haben. Fälschlicherweise hielt man bis in die neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts an dem in seinen Hauptzügen auf dem Kriegsplan des russischen Generals Grafen von Toll beruhenden Trachenberger Protokoll vom 12. Juli als der giltigen Abmachung fest. Erst Roloff (Militär-Wochenblatt 1892, Sp. 1563 ff.) hat hier Klarheit geschaffen. Nicht Trachenberg, wo unbedingte Offensive gegen Napoleon vorgeschrieben worden war, sondern Reichenbach, wo der gemeinsame und sichere Schlag verabredet wurde, gab den Alliirten die Richtschnur für ihre Strategie.
Nach dem Reichenbacher Programm ist es also nicht mehr wunderbar, sondern vielmehr selbstverständlich, daß eine Armee zurückging, wenn sie Napoleon allein gegenüberstand, selbst wenn sie stärker war. Es galt ja die Parole – und sie war die einzig kluge und Erfolg versprechende –, auf keinen Fall mehr sich dem Korsen zu stellen, sobald nicht alle Chancen auf Seiten der Verbündeten waren. Auch die böhmische Armee unter Schwarzenberg handelt den neuen Grundsätzen entsprechend. Sie trifft mit dem Kaiser der Franzosen zusammen, kommt mit ihm ins Gefecht und weicht zurück. Dieses Gefecht aber hat die Forschung ihr bisher als Niederlage ausgelegt, diesen Rückzug als Flucht. Man hatte immer noch das Trachenberger Protokoll im Auge, nach welchem allerdings die böhmische Armee den Entscheidungskampf mit Napoleon hätte aufnehmen müssen. So häuft man denn Vorwürfe über Vorwürfe auf die Armee und ihren Führer, so konnte die Legende entstehen, [280] es habe bei Dresden den wälschen Kaiser „noch einmal, zum letzten Male auf deutschem Boden, die Herrlichkeit des Sieges umstrahlt“.
So schön diese Phrase auch klingt – sie ist nicht wahr. Wenn ich nun in wenigen Sätzen die Reihe der Ereignisse darzustellen versuche, so muß ich für alle Einzelheiten und besonders deren Begründung auf meine Sonderuntersuchung hinweisen.
Die kombinirte böhmische Armee erhält Nachrichten, nach denen Kaiser Napoleon gegen die schlesische bezw. die Nordarmee marschirt sei. Dem allgemeinen Programm gemäß verläßt erstere jetzt Böhmen; sie geht nach Sachsen, bedroht Dresden, den Mittelpunkt der Operationen Napoleons, und erreicht, was sie gewollt: die Ablenkung des Kaisers von den beiden anderen Armeen, deren Siege über die einzelnen französischen Generäle – Großbeeren, Katzbach, Hagelberg – durch das Verhalten der Hauptarmee erleichtert oder erst ermöglicht werden. Dem Programm getreu läßt sich die Hauptarmee nicht in einen Entscheidungskampf mit Napoleon ein; am 26. August sieht sie, da nach der Ankunft des Kaisers ein „coup de main“ auf Dresden nicht mehr gelingen könne; am 27. liefert sie, um Zeit für die Rückdirigirung ihres Trosses zu gewinnen, Rückzugsgefechte, die sich im Ganzen auf eine lebhafte Kanonade beschränken. Nur auf den Flügeln kommen größere Truppentheile ins Nahgefecht. Gegen den linken Flügel der Verbündeten erringt Napoleon Erfolge, gegen Zentrum und rechten Flügel vermag er nichts. Seine eigenen Verluste sind beträchtlich. Napoleon erwartet, daß die Verbündeten, die nichts weniger als besiegt sind, am 28. August sich ihnen zur wirklichen Schlacht stellen werden. Aber deren Programm ist erfüllt, sie gehen nach Böhmen zurück. Napoleon täuscht sich in ihrer Rückzugslinie, wodurch eine Verfolgung illusorisch wird. Auf dem Rückzuge vernichten die Alliirten noch das Korps Vandamme in der Schlacht von Kulm und Nollendorf, und weiterhin erreichen sie dann ungefährdet Böhmen.
Die Mission ist also – von Einzelheiten abgesehen, die auf den Gang des Ganzen keinen Einfluß hatten – bestmöglich erfüllt worden: Die Hauptarmee hat Napoleon auf sich gezogen, hat ihm an zwei Tagen ohne größere Verluste und ohne daß es zur eigentlichen Schlacht kam, die Stirn geboten und erfocht zuletzt, als sie programmgemäß zurückging, den Sieg über Vandamme.
Diesen klaren und günstigen Verlauf der Dinge nun hat die Legende merkwürdig entstellt und verfälscht. Die Frage, wie solche Legendenbildung entstanden ist und entstehen konnte, soll uns im Folgenden beschäftigen. Wir werden zusehen, welche Beurteilung der Dresdner Zug bei den Mitkämpfern, den Kommandirenden, den Berichterstattern, der Presse und der späteren Darstellung gefunden hat.
Fassen wir zunächst ins Auge, wie die Verbündeten selber geurtheilt haben.
Die offiziöse Darstellung, wie sie uns in Armeebefehlen, Briefen, Zeitungsartikeln u. s. w. erhalten ist, deckt sich – das werden wir sofort sehen – im Ganzen etwa mit dem thatsächlichen Hergang der Ereignisse.
Der offizielle Bericht des Kgl. Preußischen. Militär-Gouvernements (Stargard, den 5. September 1813) besagt:
„Ein Theil der kombinirten Böhmischen Armee konzentrirte sich am 26. August vor Dresden und machte den Versuch, diese Stadt mit einem coup de main zu nehmen. Obgleich der Angriff am 27. August wiederholt und von den vereinten Truppen mit außerordentlicher Tapferkeit gefochten ward und einige Schanzen genommen wurden, so konnte der Zweck doch nicht erreicht werden, da der Kaiser Napoleon sich in der Stadt mit einer bedeutenden Macht befand, welche den starkverschanzten Platz hartnäckig verteidigte. Die kombinirte Armee zog sich darauf gegen Böhmen zurück.“[2]
Das vom Hauptquartier Teplitz am 31. August herausgegebene Extrablatt beginnt mit den Worten:
„Der Feind hatte sich über die Ursache unserer rückgängigen Bewegungen getäuscht[3] und unternahm es, uns einzelne Korps nachzusenden.“
Der Armeebericht aus dem Hauptquartier des Fürsten Schwarzenberg vom 29. August, den ich dem „Oesterreichischen Beobachter“ vom 8. September entnehme, enthält u. a. folgendes:
„Der 26. wurde dazu verwendet, durch eine starke Rekognoszirung gegen Dresden . . . die Haltung und Gegenwart des Feindes zu erforschen.“ „Während des Gefechts erfuhr man, daß der Kaiser Napoleon mit seinen Garden zur Unterstützung in der Stadt angekommen war . . . Man schloß daraus, daß die französische Armee Schlesien geräumt habe und also eine vorzügliche Absicht der gemachten Unternehmung erreicht war. Unter diesen Umständen [281] aber wäre der Versuch zur Wegnahme einer mit Wall und Graben umgebenen, von einer ganzen Armee vertheidigten Stadt Tollkühnheit, die zwecklose Einäscherung dieser unglücklichen Residenz Grausamkeit gewesen. Die vorgerückten Truppen wurden daher in die Stellung auf den Anhöhen vor der Stadt zurückgenommen.“ „Den 27. entfaltete der Feind bedeutende Streitmassen gegen unsern linken Flügel u. s. f.“ (Folgt eine vorsichtige Schilderung der Verluste des linken Flügels sowie die Erwähnung der Kämpfe im Zentrum und auf dem rechten Flügel, gegen welche beide Napoleon nichts ausgerichtet habe. Gegen Abend seien Nachrichten eingegangen, daß durch Napoleonische Truppen an der Elbe der Rückzug gefährdet sei.) „Diese Bewegungen in unserer rechten Flanke, welche die freie Kommunikation mit Böhmen störten, und die dadurch erzeugte Schwierigkeit, in dem von allen Mitteln entblößten sächsischen Erzgebirge länger zu bestehen, machten es nothwendig, eine Bewegung gegen Böhmen zu machen, um uns unseren Subsistenzmitteln zu nähern. Der Zweck der offensiven Demonstration war erreicht; die Armee des Kronprinzen von Schweden und des Generals von Blücher hatten Freiheit bekommen, sich vorwärts zu bewegen und mit Nachdruck auf Flanken und Rücken des Feindes zu wirken. Der Marsch nach Böhmen wurde daher am 27. in der Nacht angetreten.“
Einen ähnlichen Bericht giebt die „Wiener Zeitung“, den am 16. September die „Vossische Zeitung“ („Königliche Privilegirte Berlinische Zeitung“) abdruckt:
„Am 26. nahm man eine starke Rekognoszirung vor.“ „Man bezog am Abend wieder die Stellung, von welcher man am Morgen zur Rekognoszirung ausgerückt war.“ „Den 27. Morgens von 4 Uhr an bis in die sinkende Nacht fiel ein ununterbrochener Regen; der Wind war Nordost, den verbündeten Armeen ins Gesicht; die Wege wurden grundlos, die Gewehre versagten . . .“ „Inzwischen war der Endzweck, die gegen Schlesien und die kombinirte Armee von Norddeutschland gerichtete . . . Hauptmacht des Feindes abzuziehen und zu theilen, erreicht, und der darauf zu erwartende fernere starke Widerstand in Dresden, welches nunmehr 100–140 000 Mann vertheidigten, das über alle Maßen schlechte Wetter, die Unmöglichkeit, das Geschütz gehörig zu gebrauchen, und die Schwierigkeit, Lebensmittel über das unwegsame Gebirge zu beziehen, vermochten den Oberbefehlshaber . . . die Armee wieder über die böhmische Grenze zu führen.“
Auch ein Bericht des Generals Lottum nach Berlin an das Militärgouvernement des Landes zwischen Elbe und Oder sei hier erwähnt. Er ist datirt aus Kloster Osseck in Böhmen vom 29. August und befindet sich in den Akten des Geheimen Staatsarchivs zu Berlin (R. 74. O. Ap. Vol. III.). Ob er abgesandt ist, erscheint unsicher. In ihm heißt es nach kurzer Schilderung der Hauptattacken vom 26.:
„Es begann hiernach am 27. eine lebhafte Kanonade, die erfolglos geblieben sein würde, wenn der kommandirende Gen.-Feldmarschall F. Schwarzenberg sich nicht dadurch, daß die Absicht, Dresden mit einem coup de main zu nehmen, sowie durch die bei der bösen Witterung und den sehr verdorbenen Wegen äußerst schwierige Verpflegung der Armee bewogen gefühlt hätte, die Armee nach Böhmen zurückzuziehen, nachdem der Zweck erreicht war, die Hauptmacht der feindlichen Streitkräfte nach dem linken Elbufer herüberzuziehen.“
Erwähnenswerth ist vielleicht auch ein Brief Knesebecks an Hardenberg, der sich in den Akten der Geheimen Registratur des Staatskanzlers (Geh. St. A. R. 74. O. Ap. Vol. III.) befindet und der den Erfolg über Vandamme schildert.
„Gottlob,“ heißt es darin, „es geht nun von allen Seiten gut, und der Himmel wird uns ja auch ferner den Sieg geben.“
Diese Worte hätten in dem Bewußtsein einer kurz vorher erlittenen großen Niederlage der verbündeten Hauptmacht wohl kaum geschrieben werden können.
Aehnlich wie der Lottumsche Bericht lauten mehrere Briefe, die von Laun aus am 30. August (z. B. an Blücher) versandt wurden und die bezw. deren Konzepte sich gleichfalls im Geheimen Staatsarchiv zu Berlin (R. 74. O. Ap. Vol. III.) befinden; die Momente, die in ihnen besonders hervorgehoben werden, sind: Der coup de main auf Dresden, die lebhafte Kanonade („une cannonade fort vive“) am 27. August und der Rückzug, für den zumeist äußere Gründe angegeben werden.
Ein Brief des Kgl. Geh. Staatsrath Küster vom 30. August 1813 aus Laun in Böhmen an das Militärgouvernement in Berlin (Geh. St. A. R. 91. A. I. Generalia No. 2. Vol 9.) enthält folgende Stellen:
„Als am folgenden Tage (27.) der Sturm auf die Stadt erneuert werden sollte, war Kaiser Napoleon selbst in Dresden angekommen, und mehrere zahlreiche französische Korps gingen an der oberen Elbe . . . über den Fluß und den Alliirten in die Flanke. Es entstanden auf mehreren Punkten einzelne sehr blutige Gefechte, in welchen das Kriegsglück abwechselnd gewesen zu sein scheint. Nicht sowohl das allgemeine Resultat derselben, als vielmehr die Besorgniß, von dem über die Elbe kommenden Feind ganz tournirt und von Böhmen abgeschnitten zu werden . . . veranlaßte die Alliirten . . . über das Gebirge zurückzugehen.“ Es wird dann u. a. die eben bekannt gewordene Zurückwerfung Wandammes (noch nicht der Sieg über ihn!) bei Kulm berichtet, [282] und: „Man erwartet nunmehr,“ heißt es weiter, „daß die Alliirten mit neuen Vorteilen wieder über das Gebirge nach Sachsen werden vordringen können“, zumal die Siege der Nord- und schlesischen Armee „auf den ferneren gesammten Gang der Kriegsoperationen von entscheidendem Einfluß sein müssen“[4]).
Damit genug der offiziösen Darstellungen aus dem Lager der Verbündeten. Sie gehen in Einzelheiten auseinander, stimmen aber zum größeren Theil in folgenden Punkten überein: Die böhmische Armee ist auf Dresden gerückt, kehrt aber nach dem mißlungenen coup de main am 26. und der heftigen Kanonade sowie den übrigen Gefechten des 27. August zurück, da äußere Schwierigkeiten ein längeres Verweilen gefährlich machen und der Endzweck, Napoleon auf sich zu ziehen, erreicht ist.
Aus keinem der Berichte ist auf eine größere Schlacht (es ist auch stets nur von „Gefechten“ die Rede), geschweige denn gar auf eine Niederlage der Verbündeten zu schließen.
Auf die Gerüchte, die sich kurz nach dem Dresdner Zuge andernorts bildeten, will ich nur mit einem Worte eingehen – der Vollständigkeit wegen, da sie an sich ja ohne Belang sind.
In den Berliner Tagesrapporten, die zur Kennzeichnung der Stimmung in der Stadt für den General L’Estocq geliefert wurden, heißt es (Geh. St. A. R. 91. A. I. Generalia No. 2. Vol. 9.) am 5. September, es sei „gestern viel Betrübniß in Berlin durch die Sagen verbreitet worden, daß die österreichische Armee bei Dresden geschlagen sei“. Der Berichterstatter verzeichnet dann das Gerücht von der schweren Verwundung Moreaus, das aber unglaubwürdig sei, da es in der Leipziger Zeitung[5] gestanden habe. – Uebrigens sei es wünschenswerth, meint der Referent, wenn auch das kleine Publikum, das sich keine Zeitungen halten könne, durch billige Extrablätter von dem Gang der Ereignisse Kenntniß erhielte. Aber bei dem Ausrufen dieser Blätter „verdient ein Mißbrauch Rüge, der der Hauptstadt nicht zur Ehre gereicht, indem ich gestern einen Knaben rufen hörte: Neue Beschreibung von dem Bombardement von Dresden, Bonaparte hängt im Schornstein. Heute hingegen hörte ich wieder einen Knaben rufen: Neue Beschreibung der großen Schlacht bei Dresden, Napoleon reitet auf dem Besen. Wahrscheinlich hat diese Schmähung Bezug auf die verbreitete Sage, die mir gestern der Pfandverleiher Müller zuflüsterte: daß nämlich Napoleon als Schornsteinfeger gekleidet aus Dresden entkommen sei“.
Das Gerücht von einer vollständigen Niederlage der Verbündeten wird am 7. September mit vielen Einzelheiten vermerkt. Die Armee sei bis nach Böhmen zurückgeschlagen worden. Der Aktuarius Henneberg, heißt es, äußerte, „daß die Sachen wieder nicht mit Klugheit geleitet wurden, ohnerachtet der Kronprinz von Schweden gerathen habe, sich nicht zu früh an Dresden zu wagen, weil es sonst eine Schlappe geben werde, so wäre dennoch eine Charge unternommen worden, um Dresden durch einen coup de main zu nehmen, der aber nach wiederholten Stürmen nicht bloß mit einer Schlappe, sondern mit einer völligen Niederlage bezahlt worden sei, indem die russischen Garden allein bei 15 000 Mann verloren hätten“. „Es sei zu bezweifeln, ob die alliirte Armee wieder vorrücken werde, welcher traurige Umstand auch auf die Situation des Kronprinzen wirken müsse.“
Wir sehen übrigens, daß zu dem Aktuar, von dem diese Aeußerungen stammen, immerhin etwas von dem Kriegsplan der Verbündeten durchgesickert ist, und zwar scheint er seine Informationen von Bernadette nahestehender Seite erhalten zu haben.
Welchen Werth die oben verzeichneten Gerüchte aber gehabt haben müssen, ergiebt sich daraus, daß der Referent unter dem 9. September meldet,
„es zirkulire das Gerücht, daß Se. Majestät der König eine Schlacht bei Dresden gewonnen habe, welche sehr wichtig sein soll . . .“
Eine ähnliche Nachricht wird noch unter dem 15. September verzeichnet. Vielleicht haben wir es hier mit Gerüchten zu thun, die auf die Kulmer Schlacht Bezug haben. Doch verlassen wir dies Gebiet.
Die Zeugnisse von Mitkombattanten haben für uns natürlich größere Bedeutung, wennschon deren Berichte meist sehr subjektiv sind und den Verfassern derselben der tiefere Zusammenhang der Ereignisse ja verborgen geblieben ist.
Als verunglückte Operation, als einen abgeschlagenen Angriff, als größeres Manöver betrachten v. Müffling (C. v. W.: Napoleons Strategie i. J. 1813–1827), v. Hofmann (Zur Geschichte des Feldzuges von 1813–1843), Lützow (Beiträge zur Kriegsgeschichte der Feldzüge 1813/1814–1815), v. Colomb (Tagebuch des Rittmeisters v. Colomb 1813/1814–1854) u. a. m. Die Dresdener Ereignisse. Der Eindruck einer größeren Schlacht oder einer Niederlage [283] ist aus ihren Aufzeichnungen nicht zu entnehmen – erst dem Mißverstehen von anderer Seite war es vorbehalten, aus den an sich unentschiedenen Gefechten eine Niederlage der Alliirten zu machen. Der österreichische Oberstleutnant De Lort (vergl. Oesterreich. Milit. Ztschrft. 1899) nennt den Zug einfach die „Unternehmung gegen Dresden“; er rühmt Zentrum und rechten Flügel; nur der linke österreichische Flügel hätte Unglück gehabt. Der 27. August, sagt er, „wäre ohne die Katastrophe eines Theiles des linken Flügels für die Alliirten glorreich gewesen“. Doch bleibt gerade ihm, dem Oesterreicher, das Treffen von Dresden natürlich ein „empfindlicher Schlag“; die eigentliche Bedeutung der Expedition verkennt auch er. – Hören wir noch eine Stimme. Der russische Oberst Boutourlin (Tableau de la campagne d'automne de 1813 en Allemagne, – 1817.) kann ebenfalls nicht von einer Niederlage der Verbündeten sprechen, will aber den Franzosen die Berechtigung, sich den Sieg zuzuschreiben, nicht aberkennen: „On ne saurait dire que les Alliés aient été battus à Dresde, puisque près de la moitié de l'armée n'a pas été engagée; cependant de leur côté les Français peuvent avec raison s'attribuer la victoire, Ils n'avaient livré la battaille que pour dégager leurs communications, et la retraite des Alliés leur procurait cet important résultat.“ Wie dieser Offizier mögen viele der Zeitgenossen geurtheilt haben. Da sie weder die Gründe des Kampfes noch die des Rückzuges kannten, urtheilten sie nach dem äußerlichen Verlauf der Ereignisse, der freilich für die Franzosen glücklicher erschien als für die Verbündeten.
Daß König Friedrich Wilhelm und Kaiser Alexander sich nicht im entferntesten für geschlagen ansahen, sondern die Kämpfe des 27. auch am 28. fortgesetzt wissen wollten, haben wir oben erwähnt. Hier sei noch eine Aeußerung des Zaren wiedergegeben, die Michailowsky-Danilefsky („Denkwürdigkeiten aus dem Feldzuge 1813“, S. 132) überliefert: Man hätte, habe Alexander zu Schwarzenberg gesagt, keine Ursache betrübt zu sein; bei Dresden sei keine Schlacht verloren worden, sondern nur ein Unfall erlitten, der leicht zu verbessern wäre.
Gneisenau übrigens, um das hier beiläufig zu erwähnen, faßt in seinem Briefe an Hardenberg vom 2. September (Geh. St. A. R. 74. O. Ap. Vol. III.) die Dresdener Ereignisse als „Unfälle“ auf; und in einem zusammenfassenden Redaktionsaufsatze der „Voss. Ztg.“ über die Kriegsereignisse vom 17. August bis zum 17. September heißt es nur:
„Es gelang Napoleon, am 26. und 27. die ver bündete Armee Don Dresden abzuhalten.“
Also auch hier existirt nicht die Auffassung von einer „Schlacht“ oder „Niederlage“ wie bei späteren Autoren.
Wenden wir uns nunmehr den Gegnern zu und hören wir die französischen Darstellungen der Dresdener Affäre.
Am meisten käme hier wohl das Urtheil Napoleons für uns in Betracht. Wenn der Kaiser sich für den Sieger gehalten hätte, ja wenn er das Bewußtsein gehabt hätte, den Verbündeten eine Niederlage beigebracht zu haben, so würden wir das in seinen Briefen vom 27. August und den folgenden Tagen zur Genüge erfahren, denn er pflegte seine Siege selbst mit den überschwenglichsten Worten zu feiern. Hier aber hatte er nicht viel zu rühmen, hier, wo es ihm ähnlich ergangen war wie mit Blücher in Schlesien, hier, wo die Verbündeten einer Schlacht rechtzeitig auswichen und Napoleon fast ebensoviel Verluste aufzuweisen hatte wie seine Gegner. Und in der That: er bleibt in seinen Briefen in seinen Berichten über den „Sieg“ merkwürdig kalt. Am Abend des 27. schreibt er nach Paris nichts weiter als: „Les affaires vont ici fort bien.“ Sind das Worte eines Siegers in einem Briefe, der nach seiner Hauptstadt abgeht? (Vergl. Correspondence de Napoléon. Bd. 26. S. 147.) Dagegen giebt er in drei Briefen vom 27. abends Befehle für die am 28. mit Bestimmtheit zu erwartende Entscheidungsschlacht. Er läßt Murat mittheilen, daß der Feind den Kampf am 27. nur als mißglückten Angriff ansieht; er läßt Ney wissen, daß am 28. eine große Schlacht ausgefochten werden wird und daß die feindliche Armee zahlreich ist. – Auch der „Moniteur“ bringt zunächst über den 27. August geradezu bescheidene Berichte. – Aber selbst in einem Brief noch vom 30. August an seinen Verbündeten Friedrich von Württemberg finden wir nichts von den Verherrlichungen früherer Siege: „La grande armée des alliés a été entièrement défaite“ – das ist alles! (Corresp. de Nap. Bd. 26. S. 157.).
Daß Pelet (spectateur militaire Bd. 1.) und St. Cyr (mémoires Bd. 4) den Rückzug der Verbündeten als einen Erfolg Napoleons ansahen, ist verständlich; viel verständlicher als die späteren übertreibenden Darstellungen einiger deutscher Autoren (Bernhardi). Aber hören wir, was Pelet (S. 261) uns berichtet:
„Les historiens français de cette campagne annoncent que la victoire était gagnée dans l'après midi. Ils ne connaissaient pas, ou ils avaient oublié les sentimens que manifesta Napoléon. Le grand capitaine ne croyait pas l'affaire (!) de Dresde terminée, quand il rentra dans cette capitale, à sept heures du soir. On trouve bien des fois dans ses ordres du 27.: L'ennemi n'est point en retraite. Son armée est nombreuse. Il y aura demain une grande bataille. Il est douteux que l'ennemi se retira dans la nuit. . .‘.“
[284] Daß die späteren französischen Historiker Dresden als „victoire“ betrachten, ist nicht wunderbar. Wir brauchen uns mit ihnen erst gar nicht zu beschäftigen, da ja schon die Mehrzahl ihrer deutschen Kollegen derselben Ansicht ist. Nur auf Bertin[6] will ich verweisen, der in seiner campagne de 1813 Berichte von témoins oculaires zusammenstellt. Zur Sache selbst erfahren wir freilich nicht viel Neues. Wie subjektiv da geurtheilt wird, ersehen wir aus den Worten eines Gewährsmannes, des Barons Paul de Bourgoing (souvenirs d’histoire contemporaine. 1864.): „. . . cette victoire, l’une des plus glorieuses que Napoléon ait remportées . . .“
Auch auf einzelne französische Briefe, die überliefert sind, brauchen wir nicht einzugehen; die einen schildern den großen Sieg des Kaisers, bei den anderen erhält man kaum den Eindruck irgend welcher ernstlicher Gefechte. Daß überhaupt, als alles Andere mißlang, vor der großen Oeffentlichkeit Siegeshynen angestimmt wurden, ist nicht wunderbar. Die französisch-offiziöse Presse in Deutschland wurde zu der Lächerlichkeit gezwungen, fast einen ganzen Monat lang, bis zum Ende September, ihren Lesern Nachrichten über den Dresdener Sieg aufzutischen. Ein vortreffliches Beispiel zur Naturgeschichte der offiziösen Blätter giebt hier die „Leipziger Zeitung“. Am 4. September bringt sie eine „Authentische Darstellung“ der Dresdener Begebenheiten. Zur Charakteristik gebe ich nur einige Stellen aus der Schilderung des 27. August wieder:
„Um 9 Uhr waren alle Truppen vorgedrungen. Sie hatten schon allenthalben den Vortheil. Die Bataille hatte sich auf der ganzen Linie ausgebreitet. Um 3 Uhr Nachmittags waren der rechte und linke Flügel des Feindes zurückgeworfen . . . Man hatte jedoch das Zentrum in seiner sehr vortheilhaften Position noch nicht angreifen können. Die Niederlage der beiden Flügel mußte seinen Fall von selbst herbeiführen. Die alliirte feindliche Armee hat unendlich gelitten. Die Manövers, die vor ihren Augen entwickelt wurden, brachten sie vom ersten Augenblick an in Unordnung.“ Und als Resultat hören wir zum Schluß: „So war die große Armee, die in wenigen Stunden Meister von Dresden zu sein hoffte, in ebenso weniger Zeit auseinander gesprengt und fast aufgelöst. Welche Lehre an einem einzigen Tage!“ „Sie hat in einem einzigen Tage ein Dritttheil ihrer Mannschaft verloren.“ „Es giebt wenige Exempel, eines ähnlichen Unglücks, das eine neue, anscheinlich vom patriotischen Enthusiasmus aufgereizte, alle offensiven und defensiven Vortheile für sich habende Armee betroffen hätte. Man kann die Vorfälle von Dresden nur mit denen von Ulm vergleichen“ u. s. w.
Am 11. September bringt die „Lpz. Ztg.“ einen Artikel aus Freiberg über dasselbe Thema; er beginnt:
„Die große russische, österreichische und preußische Armee, welche am 27. August vor Dresden geschlagen, zerstreut und wie von einem Donnerschlage vernichtet wurde, stand unter dem unmittelbaren Befehl des Kaisers Alexander“ u. s. w.
Vom 20. September an veröffentlicht die Zeitung die ständigen Berichte, welche der Gemahlin Napoleons über die Kriegsereignisse nach Paris zugesandt wurden. An diesem Tage lesen wir auch die Nachricht, daß die Verbündeten bei Kulm geschlagen worden seien. Am 21. September erfahren wir von Paris her Neues über den Dresdener Sieg Napoleons; die Verluste der Verbündeten werden auf 60 000 Mann beziffert. Auf demselben Wege hören wir jetzt auch Näheres über Kulm. Es sei Vandamme gelungen, die Alliirten zu schlagen, wobei General Kleist gefallen sei. Allein dann habe sich das Glück gewandt; Vandamme sei tödlich verwundet worden; doch seien die Verluste der Franzosen nicht viel größer als die der Verbündeten. „General Vandamme verdient bedauert zu werden. Er starb auf dem Felde der Ehre; ein neidenswerther Tod für jeden Tapferen.“
Erst am 29. September konnte die Zeitung von Paris her halb verschleiert die Nachricht von der Gefangennahme Vandammes und vorsichtige Andeutungen über die Schlachten bei Kulm und an der Katzbach bringen. Bis zu den letzten Septembertagen also ist nichts von den zahlreichen Verlusten der napoleonischen Armee offiziell laut geworden. Da man aber auch von keinen Siegen zu melden hatte, so zehrte man ordentlich von den Dresdener Ereignissen. Am 22. September publizirt die „Lpz. Ztg.“ einige Privatschreiben, die am 28. bezw. 30. August nach Paris gesandt worden waren. Es heißt in ihnen:
„Wir haben, ohne einen Verlust zu erleiden, die furchtbare österreichische Armee beinahe aufgerieben.“ „Nie waren des Kaisers Manöver glänzender und besser kombinirt. Wir verfolgen unsere Siege, sie übersteigen alle Glaubwürdigkeit.“
Allerdings überstiegen sie – ganz wie diese Meldungen – alle Glaubwürdigkeit!
Nur ganz langsam und mit vorsichtigster Verhüllung drangen richtigere Nachrichten auch in diesen Blättern durch. Dann kommt plötzlich die Wendung. Am 5. Oktober lesen wir noch einen heftigen Schmähartikel gegen Bernadotte – am 21. desselben Monats hören [285] wir Jubelhymnen auf die Befreier, die „Sieger für die gute Sache“. „Die gute Sache hat triumphirt! Die Selbständigkeit der Völker ist gerettet! Der Rheinbund, diese schmachvolle Fessel, ist vernichtet! Die geretteten Völker preisen Gott und feiern die Heldennamen der großen Monarchen, ihrer Befreier. – Wir haben das Glück, I. M. I. M. den Kaiser Alexander, den König von Preußen und Se. königl. Hoheit den Kronprinzen von Schweden in unsern Mauern zu sehen.“
Wenn wir nun noch auf einen Bericht der „Augsburger Zeitung“ vom 5. September verweisen, in dem es heißt, daß linker Flügel, Zentrum und rechter Flügel geworfen und zersprengt seien und daß diese zweite Dreikaiserschlacht noch glänzender entschieden worden sei als jene erste, – so glauben wir, zur Charakterisirung der französisch-offiziösen Blätter und ihrer Meldungen genug Material beigebracht zu haben.
Fassen wir jetzt zusammen.
In den offiziösen Berichten aus dem Lager der Verbündeten betrachtete man Dresden als ein Manöver, dessen Endzweck – wenn auch nach einigen Unfällen – erreicht worden war; die Zeugnisse derjenigen Mitkämpfer, die das Ziel des Unternehmens nicht kannten, sehen im Ganzen nur diese Unfälle, sind aber meist weit davon entfernt, von einer Niederlage zu reden. Daß am 27. August keine Entscheidung gefallen ist, wissen die Heerführer und Monarchen auf beiden Seiten, weiß auch Napoleon. Ein Theil der französischen Schriftsteller ist in seinen Schilderungen denn auch sehr maßvoll, andere halten den Rückzug der Verbündeten für einen Sieg der französischen Waffen.
Was für den Geschichtsschreiber, der den Verlauf der Dresdener Gefechte, wenn auch nicht ihre strategische Bedeutung, kannte, feststehen mußte, war einzig das: daß nur ein geringer Theil der großen Armee vor Dresden aktiv thätig war und daß es zu einer Entscheidung nicht gekommen ist.
Die spätere historische Forschung aber verkannte gänzlich die strategische Bedeutung des Dresdener Unternehmens. Sie kannte nur den Trachenberger Plan, und dieser hatte ein ungestümes Vordringen gegen Napoleon, Angriff und Schlacht verlangt. Die alliirten Truppen sind denn (so folgerte man) auch gegen Napoleon vorgedrungen, haben ihn angegriffen, es kam zur Schlacht, ja zu einer zweitägigen Schlacht, und auf die Schlacht folgte der Rückzug –: also haben die Verbündeten eine Niederlage erlitten, also hat Napoleon seinen letzten großen Sieg auf deutschem Boden erfochten. Schon diese Logik ist falsch; wir haben gesehen, daß den bloßen Gefechten längst nicht eine entscheidende Bedeutung zukam. Mißtrauen gegen die offiziösen Berichte kam dazu. Vor allem aber – und das soll kein Vorwurf sein – kannte man das Reichenbacher Programm nicht und wußte demnach nicht, daß man gerade die Entscheidung zu vermeiden hatte, die der Trachenberger Plan gefordert.
So ist denn jene falsche Darstellung entstanden, die neunzig Jahre lang von unserer Historiographie vertreten worden ist.
Der Erste, der ein größeres Werk über die Befreiungskriege schrieb, war der Oberstleutnant von Plotho („Der Krieg in Deutschland und Frankreich 1813 und 1814.“ 3 Bände. 1817.) Er schildert eindringlich die Gefechte des 26. August und erwähnt (II, 52) die offiziellen Kriegsberichte, die ich oben angeführt habe und die den Zweck des Zuges als erreicht hinstellen. Nach Plotho sind sie aber nichts weiter als Bemäntelungen der Niederlage oder wenigstens des abgeschlagenen und vereitelten Angriffs auf die Stadt; denn nach ihm ist deren Eroberung das Ziel der Unternehmung gewesen. Er giebt dann eine lebhafte Schilderung der „Schlacht“ vom 27., und wenn er auch nicht gerade von einer Niederlage spricht, so behauptet er doch (S. 61), daß Fürst Schwarzenberg, „weil es keine andere Wahl mehr gab“, den Rückzug angeordnet habe – und damit ist denn schließlich auch nicht viel weniger gesagt!
Auf diesem Buche fußen alle späteren Darstellungen der Freiheitskriege, und was jener erste Historiker noch nicht ganz deutlich ausgesprochen hat, das trat dann bei den späteren um so unzweideutiger zu Tage: die zweitägige Schlacht, die Niederlage der Alliirten und Napoleons letzter großer Sieg in deutschen Landen. Auf Carl von Plotho fußt demnach die Legende der „Schlacht bei Dresden“.
- ↑ „Die strategische Bedeutung der Schlacht bei Dresden.“ Zuerst als Berliner Dissertation, dann noch gesondert gedruckt. Im Selbstverlage des Verfassers, Wilmersdorf bei Berlin.
- ↑ Die offiziösen Berichte sind größtentheils auch den Tageszeitungen zum Abdruck übergeben worden. – Beitzke in seiner „Geschichte der deutschen Freiheitskriege“ I S. 373 rügt nun diese Zeitungsberichte. In ihnen sei von „einem Theil der böhmischen Armee“ die Rede, die Ankunft Napoleons wäre nach ihnen Grund für den Rückzug gewesen, und schließlich sei die Unternehmung auf Dresden nur „eine große Auskundung“ genannt worden. . . . Mit Unrecht entrüstet sich Beitzke: jene Zeitungsberichte stellten die Dresdener Unternehmung historisch getreuer dar als er in seinem Buche!
- ↑ D. h.: Wir sind nicht zurückgegangen, weil wir (wie der Feind annimmt) geschlagen sind, sondern aus anderen Gründen, nämlich weil ein Rückzug unserem Programm entsprach!
- ↑ Uebergehen können wir hier einen acht Druckseiten umfassenden Bericht, „Precis des evenemens militaires depuis le 16. Aout“ (bis 16. September reichend), der in Stargard in französischer Sprache unter die Presse gegeben und an die Kommandeure der verschiedenen Blockade-Korps gesandt wurde mit der Bestimmung, den französischen Besatzungen in die Hände gespielt zu werden, um, wie es in dem Konzept des Begleitschreibens (Geh. St. A. R. 91. B. Sect. XXV. Pars 2. No. 1) heißt, „durch selbige die französischen Festungsbesatzungen von der Lage der Dinge zu unterrichten und ihre Hoffnungen auf Entsatz in Mutlosigkeit zu verwandeln“.
- ↑ Auf dieses Blatt werden wir weiter unten noch zu sprechen kommen.
- ↑ Dies Buch, das wohl erst neuerdings in Paris erschienen ist (es fehlt die Jahreszahl), glänzt durch eine Fülle von Flüchtigkeiten. Die Schreibweise für „Katzbach“ ist gewöhnlich „Kalzbach“ oder „Ratzbach“. Unter der Ueberschrift „Bataille de Dresde, 26.–27. Aout“ finden wir zwei Berichte der Schlacht an der Katzbach – u. s. w. Das Aeußere dieses Buches schmückt das – eiserne Kreuz!