Die Weihnachtsfeier der Wiener im Jahre 1227

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Textdaten
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Autor: B. Ch.
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Titel: Die Weihnachtsfeier der Wiener im Jahre 1227
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 821, 834
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[821]

Nach einer Aufnahme von R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hofmanufaktur für Photographie in Wien.

Das Weihnachtsfest der Wiener im Jahre 1227.
Nach dem im neuen Wiener Rathauskeller befindlichen Gemälde von H. Lefler.

[834] Das Weihnachtsfest der Wiener im Jahre 1227. (Zu dem Bilde S. 821.) Geschichtschreiber und Poeten haben das goldene Zeitalter Wiens unter der Regierung des glorreichen Babenberger Herzogs Leopold VII begeisterungsvoll gepriesen. Dieser edle Fürst, der „Vater des Vaterlandes“, der im Sängerkrieg auf der Wartburg „die Sonne deutscher Lande“ genannt und dessen Hofhaltung mit König Artus’ Hof verglichen wurde, erhob sein geliebtes Wien in einer dreißigjährigen Friedensepoche zu Macht und Ansehen. Er gab den Wienern weise Gesetze, war ihnen stets ein milder, wohlwollender Herr und beschützte die Künste des Friedens, sowie das Handwerk und den Warenaustausch mit fernen Ländern. Dadurch zog ein bisher ungekannter Wohlstand in die Donaustadt ein und mit dem Wohlstand die Freude, die der daseinsfrohe, sangeskundige Wiener gar bald zur höchsten, anmutigsten Lebenskunst auszubilden wußte. Die herrlichen Fruchtgelände ringsum spendeten dem emsigen Fleiße ihrer Bebauer reichlichen Segen; aus allen Teilen der Erde kamen Kaufleute, welche die Sicherheit des Verkehrs und die Gastfreundschaft der Stadt zu schätzen wußten, und brachten herrliche Gebilde der Kunst, schwere Brokatgewänder und zierlichen Schmuck unter die reiche Bürgerschaft. Dadurch wurde der Stolz und die Prachtliebe der Wiener noch gehoben, und die Reimchroniken wissen für die Festlust jener Tage nicht genug der preisenden Worte zu finden. Auf den gottbegnadeten Sänger Walther von der Vogelweide machte dies Leben voll verfeinerter Kultur einen so tiefen Eindruck, daß er gestand, am Herzogshof „ze Wienne“ erst „singen und sagen“ gelernt zu haben. Von Leopold dem Glorreichen sang er:

„Sein Lob ist nicht ein Loblein: er mag, er hat, er thut.“

Von diesem volksgeliebten Herrscher erzählen die Chroniken, daß ihn einstmals im Alter die Lust anwandelte, das schöne Christfest inmitten seiner Wiener zu begehen. Er kam aus seiner Burg, die erst jüngst an der Stelle hingebaut war, wo sie auch heute noch steht, und ritt auf seinem Zelter durch die verschneiten Straßen der Stadt. Die Fenster der Häuser strahlten in festlichem Lichterglanz und allenthalben war ein geschäftiges Drängen zu sehen. Und als sich mit Windeseile die frohe Nachricht verbreitete, daß der geliebte Herr in ihrer Mitte weile, da strömten die Wiener aus ihren Häusern und umringten ihn mit freudigem Gejauchze und drängten sich herzu, ihm Hände und Füße oder den Saum seines Kleides zu küssen. Bald hatten sich auch die Zünfte eingefunden und kamen in feierlichem Aufzug herbei, um dem Herrscher durch Ueberreichung von Christgeschenken aller Art zu huldigen. Der edle Fürst war tiefgerührt von all diesen herzlichen Zeichen der Liebe und Verehrung. Diesen Augenblick hat der Maler Heinrich Lefler in seinem Gemälde, das eines der Wandfresken des neuen Wiener Rathauskellers bildet, festgehalten. Die Komposition ist äußerst sorgfältig durchgeführt. Die eine Hälfte des Bildes nimmt die hoheitsvolle Gestalt des greisen Herzogs ein, der, in einen langen Hermelinmantel gehüllt, die Huldigung seiner treuen Wiener gerührt entgegennimmt. Er ist von seinem schlohweißen Zelter abgestiegen und richtet an den vor ihm knieenden Bürgermeister ernste Worte des Dankes, aber auch der Mahnung, welche die Umstehenden ernst und feierlich stimmen. Die weiße Schneedecke hebt die Farbenwirkung des schön gruppierten Bildes. B. Ch.