Die Zweikämpfe um die Oberherrschaft zwischen den Wenden und Dänen

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Autor: Jodocus Donatus Hubertus Temme
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Titel: Die Zweikämpfe um die Oberherrschaft zwischen den Wenden und Dänen
Untertitel:
aus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. S. 4–6
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1840
Verlag: Nicolaische Buchhandlung
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google und Scans auf Commons
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1. Die Zweikämpfe um die Oberherrschaft zwischen den Wenden und Dänen.

In den alten Zeiten wurde das jetzige Pommerland von einem Volke bewohnt, welches Wenden genannt wurde. Diese Wenden waren sehr tapfer und kriegerisch. Insbesondere wurden sie in viele und arge Kriege mit den Dänen verwickelt. Einstmals, lange Zeit vor der Geburt des Herrn, lebte in Dänemark ein König Namens Rorich, welcher viel Krieg mit seinen umliegenden Nachbarn führte. Derselbe unterstand sich auch, die Wenden im Pommerlande zu bekriegen. Er fand diese zum Streite lustig, und die beiden Völker kamen in ihren Schiffen auf der See gegen einander. Die Wenden hatten etliche Schiffe in einen Halt versteckt, und ließen nur einige wenige sehen, indem sie meinten, der Dänische König solle auf diese losgehen; so wollten sie dann weichen bis auf jene Seite des Haltes, und alsdann den König von vorn und von hinten zugleich überfallen. Aber der König merkte den Betrug, und als die Wenden vor ihm flohen, verfolgte er sie nur bis zu dem Halte hin und überfiel flugs die im Halt und schlug sie in die Flucht, ehe die anderen umkehren konnten. Diese kamen ihnen aber doch nach einer Weile wieder zur Hülfe, und sie setzten sich nun sämmtlich dem Könige zur Wehre. Da der König das sah, hielt er stille, und war zweifelhaft, was er thun sollte.

[4] Wie nun die Feinde so gegen einander lagen, trat einer der Wenden hervor, der hieß Maska, und war ein weidlicher starker Mann von Gliedmaßen und von Gemüthe. Derselbige rief, so die Dänen wollten, um Vermeidung vielen Blutvergießens, Einen gegen ihn schicken, daß sie mit einander kämpften um die Ueberhand, also welcher von den Kämpfern gewänne, daß dessen Volk des andern Herr sein sollte, so wollten die Wenden ihr Glück und Unglück darauf setzen. Dem Könige und den Seinen bedünkte es zwar schwer zu sein, um solche hochwichtige Sache, daran ihre Freiheit und ganze Wohlfahrt stände, auf eines einzigen Mannes Hand zu wagen; dennoch zogen sie sich es zum Schimpfe, daß nicht Einer unter ihnen sein sollte, der so keck und stark wäre als der Wenden Einer; sie forschten deshalben unter sich, und fanden Einen, der sich gegen den Wenden zum Kampfe erbot. Also willigten sie in den Vorschlag der Wenden ein, und gaben Maska einen Gegenmann.

Diese beiden Kämpfer traten nun zu Lande; die anderen aber Alle blieben in ihren Schiffen, damit kein Theil seinem Kämpfer mochte zu Steuer kommen, und sahen mit großer Begierde und Angst zu, wie es doch die Kämpfer endigen würden. Darauf stießen die Trompeter an, und die beiden Kämpfer liefen feindlich an einander. Der Däne schmiß weidlich gegen den Wenden an, und gab ihm einen Streich über den andern, und verwundete ihn etlichemal hart, also daß er schier erlegen hätte. Aber der Wende säumte auch nicht, schlug aller Orten um sich herum, und wehrte sich männlich, bis auf daß er zuletzt dem Dänen das Haupt mitten entzwei hieb und ihn also erwürgte.

Da erhob sich ein großes Geschrei und Frohlocken unter den Wenden; sie holten ihren Kämpfer Maska zu Schiffe, ließen ihn verbinden und erwiesen ihm große Ehre. Von den Dänen aber forderten sie, der gegenseitigen Verwilligung [5] nach, daß sie ihnen unterthänig sein sollten. Ueber solches Unglück wurden die Dänen traurig und sie begannen ihren Unbedacht zu verfluchen, daß sie so leichtsinnig ihr höchstes Gut und Wohlfahrt, als die Freiheit, auf Eines Mannes Hand gestellt. Sie suchten daher Ausflüchte, wie sie von ihrer Verpflichtung sich befreien möchten, und sagten, der Kampf sei ungleich gewesen, dieß und jenes hätte daran gefehlet, sonst hätte ihr Kämpfer wohl so gut gewinnen mögen als Maska; sie wollten ihrer Zusage nicht entfallen, aber es müsse ehrlich und unparteiisch zugehen; daher wollten sie noch einmal zwei Kämpfer gegen einander stellen, und dieselbigen sollten, ihrem vorigen Bescheide nach, durch ihren Gewinn oder Verlust entscheiden, wer da herrschen oder dienen solle.

Den Wenden bedünkte die Ausflucht unbillig; aber sie nahmen die Sache in Bedenken bis auf den andern Tag, und unterdeß beredete Maska sie, sie sollten der Dänen Vorschlag annehmen, nicht daß sie es schuldig, sondern zum Uebermaß, er versehe sich, ob er gleich etwas verwundet worden, dennoch so stark zu sein, daß er einem Dänen, er mögte seyn, wer er wolle, Manns genug sein könnte, und die Dänen würden auch so leichtlich keinen finden, der sich gegen ihn zu erheben vermöchte: derohalben sollten sie es nur kühnlich auf ihn wagen, er wolle ihnen, mit Hülfe der Götter, keinen Schimpf oder Verlust zu Wege bringen. Da die Wenden solch einen Trost hörten, ergaben sie sich darein, und bewilligten den Dänen ihren Vorschlag, doch daß es einen Tag oder vierzehn anstände, bis daß Maska ganz geheilet wäre. Das nahmen die Dänen fröhlich auf, und sie zogen unterdeß auf Mone (Insel Möne) und die Wenden auf Rügen. Die Dänen konnten anfangs nicht leichtlich Einen unter sich finden, den sie zu dem Kampfe vermögten; zuletzt hat sich Einer, Ubbo genannt, dazu angegeben. Dem [6] hat der König Rorich große Verehrung zugesagt und ihm auch sogleich seine güldenen Armbänder geschenket.

Nachdem nun der Anstand verlaufen war, sind die Dänen und Wenden wieder zur See gezogen, und haben die Stelle des Kampfes auf Falster benannt. Daselbst traten die Kämpfer auf den Strand und boten sich den Kampf.

Die Wenden und Dänen hielten auf dem Wasser in ihren Schiffen, und sahen zu. Da stießen die Trompeten an, und Maska und Ubbo liefen wie Riesen, mit großem Ungeheuer auf einander, und stritten mörderlich zusammen, also daß von den Schlägen das Feuer aus den Waffen flog und Einer dem Andern den Harnisch zerhieb, daß die Stücke klungen und das rothe Blut zur Erde lief. Darüber erhob sich ein großes Geschrei und Rufen in den Schiffen. Ein jeder Theil ermahnte seinen Kämpfer und wünschte ihm zu gewinnen, und stunden beide Theile in Hoffnung und Angst.

Aber wie die Kämpfer also auf einander verhitzet waren, und Einer auf den Anderen mörderlich drängte, da erwürgten sie sich zuletzt Beide, also daß Keiner übrig blieb.

Darauf vermeinten die Dänen, die Sache wäre jetzt gleich. Aber die Wenden bezogen sich darauf, daß ihr Kämpfer zuerst gewonnen, nachdem auch nicht verloren hätte; darum sollte die erste Ueberwindung nicht todt sein, und die Dänen sollten ihnen Unterthänigkeit geloben. Das wollten die Dänen nicht, und war die Sache wie zuvor. Nach vielem Zanken und Dräuen haben sie sich jedoch in der Länge so vertragen, daß die Dänen sich absagen mußten, nimmer wieder gegen die Wenden zu kriegen ohne billige Ursache.

Thomas Kantzow, Pomerania, herausgegeben von H.G.L. Kosegarten, I. S. 9-13.
Alberti Cranzii Wandalia, S. 8.