Die beiden Schwarzen

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Textdaten
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Autor: Christian Fürchtegott Gellert
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Titel: Die beiden Schwarzen
Untertitel:
aus: Sämmtliche Schriften. 1. Theil: Fabeln und Erzählungen, Drittes Buch. S. 247-248
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1769
Verlag: M. G. Weidmanns Erben und Reich und Caspar Fritsch
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Erstdruck 1746/48
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Die beiden Schwarzen.


Zween Schwarze lebten einst, verdammt zur Sklaverey,
Dem stolzen Spanier und ihrem Schicksal treu.
Sie waren beide jung, und bey dem Freundschaftstriebe
Empfanden sie zugleich die Stärke gleicher Liebe.

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Das schönste schwarze Kind, das noch ihr Vaterland

Nie reizender gesehn, war beider Gegenstand.
Als Sklavinn lebte sie bey einem Herrn mit ihnen;
Und jeder wünscht allein ihr Herz sich zu verdienen,
Und trug in jedem Blick ihr seins bescheiden an.

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     Ich lieb Euch, sprach sie oft, und einer sey mein Mann;

Allein, ich wähle nicht, um keinen zu betrüben:
Vergleicht euch, und alsdann will ich nur einen lieben.
Ein trauriger Vergleich, für beide stets zu schwer!
Denn jeder liebte sich bey diesem Glück zu sehr,

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Als daß er eine Braut, die sich ihm schenken wollte,

Und die er schon gehofft, dem Andern lassen sollte.
Dieß kann er nicht. Allein bey aller Zärtlichkeit,
Besaß ein jeder auch, zu viel Rechtschaffenheit,
Als daß, so lang ihn nicht sein Freund selbst überredte,

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Er ihn gekränkt, und sie dem Freund entzogen hätte.


     So blieb in langer Zeit, des Ausgangs ungewiß,
Zum Unglück jeglicher des Andern Hinderniß,
Und still ertrugen sie die Quaal feindselger Triebe,
Die Quaal der Eifersucht, der Redlichkeit und Liebe,

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Und sahn sich oft, wenn sie beschämt einander sahn,

Mit Thränen, die das Haus selbst weinend machten, an;
Mit Thränen, wie sie da zween Brüder treu vergiessen,
Die sich im Unglück sehn und keine Rettung wissen.

     Nach oft gefühlter Pein, und unentschiednem Streit

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Der freundschaftlichen Treu und gleicher Zärtlichkeit,

Und als sie einst mit ihr betrübt im Grünen sitzen,
Wird ihre Liebe Wuth. Zu schwach, sich zu beschützen,
Bewilligen sie schnell den schrecklichsten Verlust,
Und jeder stößt den Dolch in der Geliebten Brust.

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Ein Sklave sah von fern die schreckensvolle Scene.

Er kam. Hier lagen sie, umarmten ihre Schöne,
Beweinten ihren Tod, sahn sich noch einmal an,
Und thaten schnell an sich, was sie an ihr gethan.




     Von mancher That, die die Natur entehrte,

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War oft der Grund ein edler Trieb,

Der in ein Laster sich verkehrte,
Bloß, weil er ungebildet blieb.