| Fünfter Abschnitt.
Ueber die gegenseitige ponderomotorische Einwirkung zwischen zwei körperlichen Leitern, welche durchflossen sind von elektrischen Strömen.
Die Betrachtungen dieses Abschnitts haben zu ihrer Basis das Ampère’sche Elementargesetz. Sie werden hinleiten zu einer gewissen Erweiterung des von F. Neumann speciell für lineare Leiter (nämlich für lineare elektrische Stromringe) aufgestellten Integralgesetzes.
§. 26. Betrachtung des allgemeinen Falles, dass die elektrischen Strömungen im Innern der beiden Körper beliebig gegeben sind.
Zwei starre Körper und seien begriffen in irgend welchen Bewegungen, und gleichzeitig mögen im Innern eines jeden irgend welche elektrische Vorgänge stattfinden. Wir stellen uns die Aufgabe, diejenige ponderomotorische Arbeit eldy. Us
(1.)
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zu berechnen, welche während der Zeit ausübt auf .
Es seien
- und irgend zwei ponderable Massenpuncte der Körper und ;
- die gegenseitige Entfernung dieser Puncte und ;
- und ihre Coordinaten in Bezug auf ein absolut festes Axensystem;
- und ihre Coordinaten in Bezug auf zwei Axensysteme, von denen das eine mit , das andere mit in starrer Verbindung sich befindet;
- und die Stärken der in und zur Zeit vorhandenen elektrischen Strömungen;|
- und zwei von und ausgehende Linien, welche die augenblicklichen[1] Richtungen dieser Strömungen andeuten;
- und die Componenten von und , genommen nach den mit und verbundenen Axensystemen;
- und zwei bei und abgegrenzte Volumelemente der Körper und ; dabei soll von solcher Kleinheit sein, dass zur Zeit die elektrische Strömung in allen Puncten von einerlei Stärke und einerlei Richtung hat; Analoges soll gelten von .
Die Zeit mag, jenachdem sie Argument der Bewegungen der ponderablen Massen, oder Argument der innern elektrischen Bewegungen ist, verschieden bezeichnet sein, im erstern Falle mit , im letztern mit ; ausserdem mögen diese Argumente ihrerseits specieller benannt sein mit oder , jenachdem sie zugehörig sind dem Körper oder .
Sind
diejenigen Relationen, durch welche die beiderlei Coordinaten von , ebenso die beiderlei Coordinaten von mit einander zusammenhängen, so werden die Coefficienten und , weil die beiden Körper in irgend welchen Bewegungen begriffen sind, Functionen der Zeit sein; und zwar wird diese Zeit (entsprechend den eben getroffenen Festsetzungen) als Argument der mit , als Argument der mit zu bezeichnen sein; so dass also jene Relationen (2.) in collectiver Weise angedeutet werden können durch:
(3.a)
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während andererseits die in und vorhandenen Strömungscomponenten und in collectiver Weise darstellbar sind durch:
(3.b)
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| Solches festgesetzt, wird die gegenseitige Entfernung
der beiden Puncte
und
eine Function sein, deren Charakter angedeutet werden kann durch das Schema:
(3.c)
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D. h. ist zunächst abhängig von den sechs Coordinaten ; und diese ihrerseits sind abhängig von den acht Argumenten .
Absichtlich sind die Bezeichnungen (3.a,b,c) so viel wie möglich übereinstimmend mit denen gemacht, die früher [in (43.a,b,c) pag. 50, 51] bei der Betrachtung linearer Körper zur Anwendung kamen. Im Anschluss an diese Bezeichnungen mögen ausserdem noch die Charakteristiken eingeführt werden:
(3.d)
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Die augenblicklichen Richtungen der in vorhandenen Strömungen sind genannt worden. Demgemäss können als Symbole gebraucht werden zur Andeutung folgender Operationen:
(4.)
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denn es ist zu beachten, dass die Richtungscosinus von oder repräsentiren in Bezug auf das mit dem Körper starr verbundene Axensystem, und dass die analoge Bedeutung haben für oder in Bezug auf das mit verbundene Axensystem.
Sind und die den Zeiten und entsprechenden Werthe der gegenseitigen Entfernung zwischen und , so ist nach (3.c):
(5.)
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| Die zu berechnende Arbeit (1.) drückt sich daher aus durch:
(6.)
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wo diejenige ponderomotorische Kraft eldy. Us repräsentirt, welche auf ausübt, und die Summation sich ausdehnt über sämmtliche Volumelemente von und .
Um zunächst zu bestimmen, mögen die unendlich kleinen Volumina und zerlegt werden in Elemente zweiter Ordnung, und zwar in lauter prismatische Elemente, parallel zu und , d. i. zu und . Die ponderomotorische Kraft eldy. Us, mit welcher zwei solche Prismata auf einander einwirken, hat nach dem Ampère’schen Gesetz (pag. 44) den Werth:
(7.)
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wo , die Längen der beiden Prismata und ihre Stromstärken vorstellen. Nun ist aber, falls man die Querschnitte dieser Prismata mit bezeichnet, , . Somit kann der Ausdruck (7.) auch so dargestellt werden:
Die eigentlich gesuchte von auf ausgeübte Kraft ergiebt sich hieraus durch Summation über sämmtliche in und enthaltenen Prismata. Die Volumina und sind aber unendlich klein; und es haben daher und , und ebenso auch für all’ jene Prismata einerlei Werthe. Somit folgt:
d. i.
(8.)
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Durch Substitution dieses Werthes in (6.) erhält man sofort:
(9.)
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wo die Bedeutung hat:
(10.)
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Es handelt sich nun um die Berechnung dieses Doppelintegrals .
Für die Function oder ergeben sich, mit Rücksicht auf (4.), die Formeln:
(11.a)
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(11.b)
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| Sodann folgt aus (11.a) durch Ableitung nach
und Multiplication mit
:
(11.c)
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Diese Formeln (11.a,b,c)mögen in abgekürzter Weise angedeutet sein durch:
(12.a)
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(12.b)
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(12.c)
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wo alsdann unter eine Summation über , andererseits unter eine Summation über zu verstehen ist.
Aus (12.c) folgt durch Multiplication mit :
(13.)
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Zufolge (3.a,b,c) sind diejenigen acht coordinirten Argumente, von welchen die Entfernung , mithin auch die Function in letzter Instanz abhängt. Bei mehrfacher Differentiation nach diesen acht Argumenten wird daher das Resultat unabhängig sein von der Reihenfolge. Somit ist identisch:
(14.)
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wo die Bedeutungen haben:
(15.)
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Durch (14.) geht die Formel (13.) über in:
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(16.)
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und durch Substitution dieses Werthes (16.) ergiebt sich für das zu berechnende Doppelintegral (10.) folgende Darstellung:
(17.)
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wo die Werthe haben:
(18.)
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Um zunächst näher zu bestimmen, sei bemerkt, dass
(19.)
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Multiplicirt man diese Formel mit , und integrirt sodann über sämmtliche Volumelemente des Körpers , so ergiebt sich in bekannter Weise:
(20.)
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wo die Bedeutungen haben:
(21.)
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Dabei ist unter irgend ein Element der Oberfläche von , und unter die auf errichtete innere Normale zu verstehen. Aus (20.) folgt, wenn man für seine eigentliche Bedeutung (15.) substituirt:
(22.)
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Hieraus folgt weiter durch Ausführung der Summation
und mit Rücksicht auf (12.b):
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(23.)
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Hieraus aber folgt endlich durch Multiplication mit , und Integration über das ganze Volumen von :
(24.)
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In analoger Weise wird offenbar:
(25.)
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Ausserdem ergiebt sich für (18.), mit Rücksicht auf die eingeführte Bezeichnungsweise (12.a,b,c), ohne weitere Rechnung der Werth:
(26.)
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Aus (9.) und (17.) folgt durch Substitution der Werthe (24.), (25.), (26.) sofort:
(27.)
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und zwar:
(28.)
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wo die Summationen theils auf die Volumelemente , theils auf die Oberflächenelemente sich beziehen.
Unter Anwendung der in (3.d) genannten Charakteristiken
(29.)
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kann das in (27.), (28.) enthaltene Resultat ein wenig einfacher so ausgedrückt werden:
Wie beschaffen die Bewegungen der Körper , und die im Innern derselben vorhandenen elektrischen Strömungszustände auch sein mögen, immer wird die vom Körper während der Zeit auf den Körper vermöge der ponderomotorischen Kräfte eldy. Us ausgeübte Arbeit
(30.a)
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darstellbar sein durch die Formel:|
(30.b)
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wo die Integration sich hinerstreckt theils über die Volumelemente der Körper , , theils über ihre Oberflächenelemente . Dabei sind und zur Abkürzung gesetzt für die Ausdrücke:
(30.c)
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wo die innere Normale der Oberfläche von , und die innere Normale der Oberfläche von vorstellt.
Es leuchtet ein, dass dieser Satz nicht nur gültig ist für die Körper , selber, sondern auch für beliebige Theile derselben.
- ↑ Die Richtungen der in und vorhandenen elektrischen Strömungen und werden sich (ebenso wie ihre Intensitäten) im Allgemeinen von Augenblick zu Augenblick ändern; und es sollen also und diejenigen Richtungen sein, welche diese Strömungen haben speciell für den einzelnen Zeitaugenblick .