Zum Inhalt springen

Die frühesten Dresdner Straßenanlagen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dresden am 31. März 1206 Die frühesten Dresdner Straßenanlagen (1906) von Otto Richter
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908)
Dresden auf mittelalterlichen Erd- und Länderkarten bis zum Jahre 1500
  Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
[84]
Die frühesten Dresdner Straßenanlagen.

Bei den Schleusenbauten sind in den letzten Jahrzehnten wiederholt Überreste der ältesten Dresdner Straßenbefestigung aufgedeckt worden, die über die Beschaffenheit des Grundes, auf dem die Stadt einst angelegt wurde, Aufschluß gaben. Die ganze Bodenfläche ist ursprünglich von einem von Gruna hereinkommenden Elbarme überflutet gewesen. Zur Zeit der Stadtgründung (um 1215) waren davon außer den großen Teichen, die

Querschnitt einer alten Knüppelweganlage in der Schloßstraße.

sich bis in die Neuzeit erhielten, dem Jüdenteich auf dem jetzigen Georgplatze und den beiden Seen entlang der Waisenhausstraße und der Gasse „am See“, noch zahlreiche kleinere Teiche und Tümpel zurückgeblieben. Diese wurden bei Anlegung der Gassen entwässert, aber auf dem schlammigen Untergrunde bedurfte es einer besonderen Befestigung der Fahrbahn. Man bewerkstelligte sie durch Herstellung von Knüppelwegen. Im Jahre 1874 sind kurze Strecken solcher Knüppelwege in der Badergasse (jetzt König Johann-Straße) und der Frohngasse ausgegraben worden; diese Gegend, die noch in später Zeit die amtliche Bezeichnung „das Loch“ führte, hat jedenfalls viele Wassertümpel aufzuweisen gehabt. Auf einen langen und besonders stark gebauten [85] Knüppelweg stieß man im September 1898 in der Schloßstraße in etwa 21/2 Meter Tiefe. Auf einer bis zu mehreren Metern tiefen tonigen Schlammschicht ruhte eine Lage starke Holzknüppel, die zu beiden Seiten von kiefernen Baumstämmen eingefaßt und von einer Aufschüttung groben Kieses bedeckt waren; die Stämme ruhten an einzelnen Stellen auf dicken eichenen Bohlen und waren durch vereinzelt eingeschlagene Pfähle festgehalten. Dieses älteste Straßenpflaster, das ziemlich die Breite der jetzigen Fahrbahn einnahm, erstreckte sich vom Taschenberge, wo die Einsenkung des gewachsenen Bodens und die Schlammschicht beginnt, bis zur kleinen Brüdergasse, wo sie aufhört und wieder in festen Kiesboden übergeht. An dem Endpunkte führte ein kleiner Entwässerungskanal quer über die Straße; er war aus zwei Balken mit Bohlenbedeckung hergestellt und mit Kieselsteinen gepflastert.

Das Ergebnis der Ausgrabung bestätigte, daß der Taschenberg, auf dem schon vor der Gründung der Stadt die markgräfliche Burg stand, in der Tat eine kleine Anhöhe gewesen ist, die nicht bloß nach der Elbe zu, sondern auch nach der Stadtseite frei lag. Der Teich am Taschenberge ist offenbar von seiten der Burgbewohner als Ablagerungsort für Abfälle benutzt worden, denn es fanden sich im Schlamme massenhaft Hörner und Knochen von Schlachttieren und Wild. Es mögen die Überreste von dem gewesen sein, was Markgraf Otto der Reiche und Dietrich der Bedrängte mit ihren Mannen in der Burg verzehrt haben!

Einige Probestücke von dem Holzmateriale dieser ältesten Straßenbefestigung hat man im Stadtmuseum aufbewahrt. Es sind die einzigen Zeugnisse von der Tätigkeit der ersten Ansiedler in unserer Stadt.

O. Richter.