Drachenfels
Wo hoch empor die sieben Kuppen ragen –
Die das Gebirg auf festem Scheitel trug,
Gleich Kronen, die sie auf den Häuptern tragen,
Und die der Sturm der Zeit herunterschlug –
Die sich bespiegeln in des Rheines Wellen,
Dem Schiffer kündend von vergangner Zeit,
Entschwundner und versunkner Herrlichkeit:
Da hebt der Drachenfels sich majestätisch,
Es ist als spräch’ er warnend und prophetisch
Zu einer Welt die scheinbar friedlich ruht:
Auch Du hast noch zu kämpfen mit den Drachen,
Die an der Zukunft Paradies bewachen
Wo Alle Brüder sind in Liebe gleich. –
Von einem Drachen kündet hier die Sage,
Der Menschenopfer heischte lange Zeit –
Davon kein Fluch, kein Schwert und keine Klage,
Und Feinde, die sie in der Schlacht gefangen
Die stieß man zu des Drachen Höhle fort,
Er würgte sie im schauerlichen Mord. –
Fiel eine Jungfrau in der Heiden Hand,
Von deren Schöne eine Liebesflamme
In zweier Helden Brust zugleich entbrannt.
Zwei Häuptlinge sich um die Beute stritten –
Daß fürder nicht bestehe solcher Streit,
Die Jungfrau sei dem Drachentod geweiht,
Und schön geschmückt, im weißen Opferkleide
Bräutliche Blumen in dem goldnen Haar,
Das schon daheim dort prangte immerdar,
Und das man ihr zum Opfertod gelassen –
So schritt sie hin – es malte kein Erblassen.
Kein bleicher Schrecken ihre Wangen weiß,
Und da sie nahe zu der Höhle kamen,
Und schon der Drache ihr entgegen sprüht’,
Da sprach sie fromm und leis ein heilig Amen
Und sang – gleich wie im höhern Chor – ein Lied.
Hervor ein Kreuz – ihr höchstes Gut im Leide!
Und hielt es – als geweihten Talisman
Dem Drachen hin – er starrt es wütend an –
Er starrt es an – und plötzlich wie vernichtet
Den Rachen schließt er, kehrt sich um und flüchtet,
Und flüchtet vor dem unbewehrten Weib,
Und stürzt sich jähling in des Rheines Wellen
Man hört die Schuppen das Gestein zerschellen –
Der Himmel flammt in roter Opferglut.
Da scheint verklärt zum goldnen Strahlenkranze
Die Blumenkrone in der Jungfrau Haar,
Ihr Antlitz leuchtet auf im Himmelsglanze
Und alle Heiden die das Wunder schauen,
Ergreift alsbald ein niegekanntes Grauen,
Anbetend sinken vor dem Kreuz sie hin
Und vor der Jungfrau gottentflammtem Sinn.
Durch sie zum milden Christengott bekehrt! –
O daß die Sage doch lebendig bliebe
In unsrer Zeit, die noch vom Wahn bethört!
Wie schön sich einen solchem Tod zu weihn –
O Gott der Lieb’ dürft ich das Opfer sein!