Ein Eisenstrauß für Bismarck
[355] Ein Eisenstrauch für Bismarck. (Mit Abbildung.) Unter den Gaben, welche am 1. April dieses Jahres den Geburtstagstisch des Fürsten Bismarck zu Friedrichsruh zierten, befand sich auch ein riesiger, fast meterhoher, prächtiger Strauß. Nicht aus gewachseneu Blumen war er gefertigt, alle seine zahlreichen Blätter und Blüthen bestanden aus dem feinsten Eisenblech, so fein wie Schreibpapier, denn der Durchmesser betrug nur 1/10 Millimeter. In dem Puddel- und Martinsstahlwerk Bismarckhütte bei Schwientochlowitz in Oberschlesien war es gewalzt, in der Fabrik von Christine Jauch in Breslau zu Blumen und Blättern, Ranken und Früchten umgeformt worden. Keine unrichtige Linie stört das Auge, völlig naturwahr sind die Eichen- und Lorbeerzweige, die Rosen, Nelken, Kornblumen, der Flieder und die Schneeglöckchen, und selbst das zarte Heidekraut mit seiaen winzigen Blüthchen und zierlichen Nadelblättchen ist von überraschender Echtheit. Das Eisen ist durch keinerlei Färbemittel verändert, sondern einfach in seiner natürlichen Metallfarbe gelassen, und trotzdem tritt die Naturwahrheit auf den ersten Blick hervor. So bildet das Ganze ein kunstgewerbliches Meisterwerk, das unserer deutschen Industrie alle Ehre macht.
Nicht Zufall hat die Wahl der Blumen bestimmt, aus denen der Strauß zusammengesetzt ist; er steckt voll sinnreicher Anspielungen. Das Heidekraut z. B. ist des Fürsten Bismarck Lieblingsblume wie die Gartennelke die der Fürstin; Rosen in allen Formen und Gestalten hegt der Garten von Friedrichsruh; die Kornblume zieht den alten Kaiser Wilhelm I. in den Kreis, Eichenlaub und Lorbeer verkündigen Kampfmuth und Ruhm, Oelzweig und Palmblatt den Frieden, den Bismarck als Kanzler so lange gehütet. Und so ließe die Symbolik sich verfolgen bis ins einzelne hinein. Der Eisenstrauß steht in einer von Trelenberg in Breslau ebenfalls aus Blechen der Bismarckhütte in getriebener Arbeit verfertigten Vase, deren Zierate von matten Stahlstreifen gebildet werden. Eia leuchtendes Silberschild am oberen Ringe trägt die Widmung, mit welcher der Stifter dieser Vase, Wilhelm Kollmann, der Leiter der Bismarckhütte, seine Gabe dem Fürsten überreichte, zugleich mit einem begeisterten Begleitgedichte Ernst Scherenbergs, das in Golddruck auf einer Eisentafel stand. Diese Eisentafel hatte eine Stärke von nur 1/30 Millimeter – die feinste Walzung des Eisens, die man bisher erreicht hat.