Ein Krankenheim am Ufer der Themse
Ein Krankenheim am Ufer der Themse.
Ich will heute versuchen, den Lesern der Gartenlaube die Beschreibung eines neuen Hospitals zu geben, welches der Vollkommenheit seiner Einrichtung halber den bis jetzt existirenden ähnlichen Instituten an die Spitze gestellt werden kann, wenngleich ich nicht behaupten will, daß es an Raum das größte seiner Art sei.
Das Thomas-Hospital zu London wurde im Jahre 1213 gegründet und war ursprünglich ein Armenhaus. Am 13. Mai 1868 [381] wurde von der Königin Victoria der Grundstein zu dem sich bekanntlich an der Westminsterbrücke und dem Ufer der Themse erhebenden neuen Gebäude gelegt. Von diesem Tage an begann der Baumeister sein Werk, und nur den fast übermenschlichen Anstrengungen desselben ist es zu danken, daß am 19. Juli 1871 der Verwaltungsrath in den Stand gesetzt war, das Hospital zu eröffnen, bei welcher Feierlichkeit wiederum die Königin anwesend war.
Die Totalsumme zur Herstellung des Hospitals, ausschließlich der Kosten für Grund und Boden, beläuft sich auf 524,940 Pfund und diese, mit Ausnahme von 100,000 Pfund, wurde von dem Capitale des Hospitals bezahlt. Letztgenannte Summe ward geborgt und wird in dreißig jährlichen Raten abgetragen. Die auf diese Weise verausgabte Summe, einschließlich der Zinsen auf 100,000 Pfund, stellt sich auf 7000 Pfund per Jahr. Dazu aber kommt jetzt wahrscheinlich noch eine weitere Summe von jährlich 3000 Pfund, da der Finanzminister das Hospital zur Erlegung von allen Staatsabgaben verurtheilt hat, welche sich in diesem Falle auf die angegebene Summe belaufen. Gegen dieses Gesetz hat der Verwaltungsrath natürlich appellirt – mit welchem Erfolge, wird sich demnächst zeigen. Die Einnahme des Thomas-Hospitals beläuft sich auf jährlich 40,000 Pfund; dasselbe besitzt viel Landeigenthum in London und erhält fortwährend mehr oder weniger große Schenkungen, sowie eine Anzahl jährlicher Subscriptionen. Die Einkünfte reichen aber kaum hin, um die Ausgaben zu bestreiten, die bei einer so großen Anstalt natürlich enorm sind. Eine Schenkung von fünfzig Guineen berechtigt den Geber, unter die „Governors“ aufgenommen zu werden, falls er erwählt wird; käuflich ist eine solche Ehrenstelle nicht.
Ich gehe nun zur inneren Einrichtung des Instituts über. Das Thomas-Hospital wird in neun abgesonderte Gebäude eingetheilt, von denen acht durch einen langen, schnurgeraden Corridor verbunden sind. Man bezeichnet diese Gebäude mit dem Namen „Block“. Der Block Nr. 1 ist hart an der Westminsterbrücke gelegen, und die breite Eingangstreppe führt uns in das Comptoir des Hospitals. Der Secretär, die Buchhalter und der Schatzmeister nehmen die Hälfte dieses Gebäudes gänzlich ein, und von hier aus wird der kaufmännische Theil der Anstalt geleitet. Ein großes Zimmer dient zu den Versammlungen des Verwaltungsrathes. Der Vordertheil dieses Blocks wird von einigen Buchhaltern sowie von dem Schatzmeister bewohnt. Im Souterrain befinden sich Wohnungen für drei Portiers. Das eigentliche Hospital fängt erst mit Block Nr. 2 an.
Dieser, so wie die folgenden fünf Blocks werden in vier Stockwerke getheilt. Die einzelnen Blocks dienen außer der Aufnahme von Kranken einer Reihe von anderen Zwecken; so enthält Block Nr. 3 die Augenklinik, Block Nr. 4 die Wohnung der Oberaufseherin, Block Nr. 5 das Bureau des Oberaufsehers, die Hospitalcapelle und die Wohnungen der Hausärzte und Block Nr. 6 die Küche. Das alleinstehende Haus Nr. 9 umfaßt die Schule für junge Aerzte, das Museum, die Bibliothek etc. Das ist ein Ueberblick über die innere Eintheilung eines jeden Gebäudes dieses großen Hospitals, welches an sechshundert Kranke beherbergen kann. Die einzelnen Gebäude sind hundertfünfundzwanzig Fuß von einander entfernt, mit Ausnahme von Block Nr. 4 und Nr. 6, zwischen welchen der Raum um fünfundsiebenzig Fuß breiter ist, da sich hier die Kirche (Block Nr. 5) befindet.
Jedes Krankenzimmer enthält (oder ist wenigstens eingerichtet für) achtundzwanzig Betten, ist hundertzwanzig Fuß lang, achtundzwanzig Fuß breit und fünfzehn Fuß hoch. Jeder Kranke hat demnach einen Raum von achtzehnhundert Kubikfuß. Jeder Block besitzt außer den großen Räumen noch einige kleine Zimmer mit je zwei Betten für solche Kranke, die man von den übrigen zu trennen für rathsam hält. Auch diese Patienten haben einen Raum von je achtzehnhundert Kubikfuß. – Die Krankenzimmer selbst sind wahre Muster von Reinlichkeit und Ordnung. Das Bettzeug könnte nirgends sauberer gehalten werden, und die Kranken dürften wohl schwerlich irgendwo liebevollere und aufmerksamere Pflege erhalten, als gerade hier. Dieselben sind weiß gekleidet. Die Bettstellen sind aus Eisen gefertigt, da diese sowohl leichter zu reinigen wie auch besser und schneller zu bewegen sind, als hölzerne Bettstellen. –
Die Kranken werden im Thomas-Hospitale der Pflege von englischen sogenannten „Nurses“ anvertraut, und diese erfüllen ihre anstrengenden, schweren Pflichten in der liebevollsten Weise. Die Kleidung dieser Pflegerinnen besteht aus einem dunkelblauen Anzuge; als Kopfbedeckung tragen sie ein weißes Häubchen. Das Hospital besitzt fünfzehn „Schwestern“, vierundzwanzig Tag- und dreiundzwanzig Nachtnurses, acht Extranurses, zehn Zimmermädchen und sechszehn Scheuerfrauen. Außer diesen hat man noch die sogenannte „Nightingale Nurses,“ die seit etwa acht Jahren im Thomas-Hospitale zu tüchtigen Pflegerinnen herangebildet worden sind. Diese Mädchen bleiben zwölf Monate lang im Hospitale und werden dann als Krankenwärterinnen mit einem Zeugnisse entlassen, da man ein Jahr für genügend halt, um dieselben heranzubilden.
[382] Die Nightingale-Nurses wohnen in einem eigenen Theile des Gebäudes, der sich zwischen Block Nr. 2 und Nr. 3 befindet. Der Name derselben stammt von der Gründerin, der bekannten Miß Nightingale, her, die sich um wohlthätige Anstalten sehr verdient gemacht hat. Diese Dame hat dem Hospitale eine Schenkung hinterlassen, für welche dasselbe vierzig junge Mädchen jährlich zu Krankenpflegerinnen heranbildet.
Die einzelnen ersten acht Blocks werden, wie schon vorhin gesagt, durch einen langen Corridor verbunden, dessen Länge eine viertel englische Meile beträgt. Es findet sich ein solcher Corridor im Parterre und im ersten Stocke, im Souterrain jedoch sehen wir einen langen unterirdischen Gang, der vom ersten bis zum letzten Blocke reicht. Wir wollen uns zunächst mit diesem Theile beschäftigen.
Unter jedem Blocke befindet sich ein großer Raum, der als Kohlen- und Vorratskammer benutzt wird, sodaß jedes Gebäude vom nächsten gänzlich unabhängig ist und mit demselben fast gar nicht in Berührung kommt. Jeder Block hat ferner einen großen und einen kleineren Kessel und ebenfalls einen eigenen Ofen für jeden Kessel. Der große Behälter dient dazu, die Heizungsapparate mit heißem Wasser zu versehen, während der kleinere, dessen Feuer nie ausgeht, die Bade- und Waschzimmer speist. Bei kaltem Wetter wird das ganze Hospital mit Wasserheizung erwärmt. Gewöhnlich aber heizt man jedes Krankenzimmer mit je drei offenen Oefen; diese stehen in der Mitte des Raumes in Verbindung mit einer vertikalen Röhre, die den Rauch entfernt. Die Heizungswerke sind von der großen Firma Haden und Sohn in Trowbridge ausgeführt worden und werden von den Aerzten als unübertrefflich gerühmt.
Jeder Block besitzt ferner zwei „Lifts“ oder Hebemaschinen, die mit Wasserkraft in Bewegung gesetzt werden und vom Souterrain ausgehen. Die größere derselben kann sechs Menschen auf einmal heben, während die kleinere nur auf einen Centner berechnet ist. Erstere dient den Patienten, auch Kohlen etc. zur Beförderung, letztere dem Essen und leichteren Gegenständen. Diese Lifts sind im sogenannten hydraulischen Widdersystem gebaut. Das hierzu erforderliche Wasser hat einen Fall von hundertvier Fuß und befindet sich in großen Reservoirs unter dem Dache jedes Blockes. Jede Hebemaschine kann dreiundsechszig Fuß hoch steigen; der Wasserdruck ist fünfundvierzig Pfund per Quadratzoll. Die Lifts können an jedem Stockwerke angehalten werden. Diese Maschinen wurden von der in diesem Fache berühmten Firma F. Colyer u. Comp. hierselbst hergestellt.
Vermittelst der größeren Maschine werden Todte aus den betreffenden Krankenzimmern in das Souterrain befördert, von wo aus man dieselben nach dem am äußersten Ende des unterirdischen Ganges gelegenen Todtenhause bringt.
Unsere Wanderung führt uns zunächst in das Parterre. Der Eingang befindet sich unter einem breiten, hohen Portale und führt unmittelbar in die große Halle, wo die verschiedenen Marmorbüsten berühmter Aerzte aufgestellt sind. Hier ist auch der von der Königin gelegte Stein angebracht. Links liegt das Bureau des „Medical Secretary“; dem Eingange gerade gegenüber befindet sich das Bureau des Oberaufsehers; rechts und links führt uns der Corridor in die verschiedenen Gebäude. Alles was in das Hospital ein- oder aus demselben herausgeht, muß durch das Bureau des Oberaufsehers passiren. Die in das Hospital aufgenommenen Kranken haben sich hier beim Eintritte zu melden, und wird überhaupt das ganze Institut von hier aus verwaltet.
Wir wenden uns nun zunächst nach links und finden im ersten Blocke an dieser Seite (Nr. 6) die Küche, deren enormer Kochherd zwei Köche beschäftigt. Dieser Herd dient zur Bereitung der allgemeinen Kost, und von hier aus wird das Essen für die verschiedenen Blocks mit kleinen Rollwagen an seinen Bestimmungsort geschafft. Wenn ich sage, daß die Kochherde von der auch in Deutschland wohlbekannten Londoner Firma Benham und Söhne geliefert wurden, so bedarf es nicht der Versicherung, daß dieselben ausgezeichnet sind. In der Mitte der Küche steht eine große Tafel, auf der die verschiedenen „Formen“ für die Kranken angegeben sind. Daneben wird täglich bemerkt z. B. acht Portionen erster Form für Zimmer Nr. 9 etc. Dieser Formen oder Krankenkosten giebt es fünf, drei für Erwachsene, zwei für Kinder. Erstere werden eingetheilt in „gemischte“, „Milch“- und „Fieber“-Form. Letztere nennt man „gemischte“ und „Milch“-Form. Jeder eintretende Kranke wird auf Milch- oder Fieberkost gesetzt, bis der Arzt die für ihn passende Form anordnet.
Rechter Hand vom Eingange befindet sich die Wohnung der Oberaufseherin, die das weibliche Personal des Hospitales zu leiten hat. Außer ihrer Wohnung sind hier mehrere Zimmer zu Aufbewahrungsorten von Leinenzeug und Provisionen eingerichtet, für deren Inhalt die Oberaufseherin verantwortlich gemacht wird. Neben der Küche, zwischen Block Nr. 6 und 7, liegt ein sogenanntes „Operationstheater“; ein zweites findet sich zwischen Block Nr. 3 und 4. Letzteres dient für Frauen, ersteres für Männer. Zwischen den Blocks Nr. 3, 4 und 5 befinden sich die Augenklinik, die Zimmer des Wundarztes und die Wartezimmer derjenigen Patienten, die nur um Rath, nicht aber um Aufnahme in das Hospital bitten. Die hier befindliche Zahl von Betten beläuft sich auf siebenundzwanzig, wovon vierzehn männlichen, dreizehn aber weiblichen Patienten angehören.
Kranke, die nicht in das Hospital aufgenommen zu werden wünschen, gelangen durch den Eingang Nr. 2 zu den rechts gelegenen Zimmern des beaufsichtigenden Arztes, der dieselben untersucht. Er händigt jedem Patienten einen sogenannten „Krankenbrief“ ein, welcher auf sechs Wochen lautet, das heißt, der Patient darf jede Woche einmal kommen, um sich Rath und Medicin zu holen. Ist er nach dieser Zeit nicht curirt, so wird der Brief auf weitere sechs Wochen verlängert. Hauskranke erhalten ebenfalls Behandlung, Medicin und Kost frei, und nothdürftigen Leidenden werden Krücken, Schienen und Bandagen geschenkt.
Zwischen Block Nr. 7 und 8 befindet sich die Wohnung der Gehülfen der Hausärzte. Dieselbe besteht aus etwa vierundzwanzig Zimmern, nebst Baderäumen und dergleichen, und hat einen besonderen Eingang C. Die Zimmermädchen, Nurses, Scheuerfrauen etc. wohnen in den unter dem Dache belegenen Wohnräumen.
Bei gutem Wetter wird es den Kranken erlaubt, in den kleinen Gärten des Hospitals umherzugehen; ist es dagegen rauh oder naß, so dient ihnen der lange Corridor des ersten Stockwerkes zum Spaziergange. Wie schon gesagt, verbindet derselbe die einzelnen Blocks, und um es den Kranken zu ermöglichen, sich hier Bewegung zu machen, hat man die Seiten desselben mit hermetisch schließenden Fenstern versehen. Um neben dem leiblichen auch das geistige Wohl zu berücksichtigen, werden hin und wieder gute Bücher gereicht, oder die Nurses lesen ihren Schutzbefohlenen vor, während am Sonntag in der im ersten Stock des Blockes Nr. 5 belegenen Kirche von dem Hausgeistlichen Gottesdienst abgehalten wird. Diese Capelle enthält dreihundert Sitze, und auch hier werden die Männer von den Frauen getrennt. Die Aerzte des Hospitals haben der Kirche eine Orgel zum Geschenke vermacht. Das Innere der Capelle ist einfach, aber geschmackvoll verziert; auch hier findet Wasserheizung statt.
In einem Hospital, namentlich in einem solchen ungeheuren Gebäude, wie es das Thomas-Hospital ist, muß es natürlich von Wichtigkeit sein, eine Ventilation anzubringen, die bei jedem Stande des Wetters gleichmäßige Dienste leistet. Diese Aufgabe ist hier glänzend gelöst. Jedes Gebäude ist auch in dieser Hinsicht von den übrigen unabhängig. So weit es möglich ist, läßt man die natürliche Ventilation zu, für kalte, stürmische Tage aber hat man die vollendetsten Ventilationseinrichtungen getroffen und zwar mittelst einer Anzahl von Luftröhren, welche von Zink gearbeitet sind und die Dünste des Krankenzimmers durch das Dach entführen, während vom Souterrain aus frische Luft durch andre Röhren in die verschiedenen Räume gepumpt wird. Die Wasch- und Badezimmer und die Wasserclosets befinden sich am Ende eines jeden Raumes in den hervorspringenden Theilen; um jede Ausdünstung zu vermeiden, hat man zwischen den Closets und den Krankenzimmern einen kleinen, leeren Zwischenraum angebracht, der an beiden Seiten mit Fenstern versehen ist. Ferner befindet sich in diesem Theil eines jeden Gebäudes eine lange, bis in das Souterrain führende Röhre, die dem schmutzigen Leinen etc. zur Beförderung nach unten dient. Eine zweite Röhre, ebenfalls hier angebracht, beseitigt den Kehricht.
Am Eingang in die Krankenzimmer bemerkt man drei kleine [383] Räume; der erste gehört der betreffenden Aufseherin an; der zweite dient dem besuchenden Arzte als „Audienzzimmer“; hier nimmt derselbe den Bericht der Aufseherin entgegen. Der dritte Raum enthält eine kleine Küche. Wie schon vorhin bemerkt, bereitet man in der großen Küche nur die allgemeine Kost, wird aber für den einen oder andern Kranken vom Arzt etwas Besonderes verordnet, so wird dies hier sofort gekocht. – Der Fußboden jedes Krankenzimmers ist mit Eichenholz getäfelt, und die Wände sind mit dem wohlbekannten Keene’schen Cement bedeckt.
Um einen etwaigen Ausbruch von Feuer sogleich dämpfen zu können, sind in jedem Gebäude die umfassendsten Einrichtungen in Bezug auf Löschapparate getroffen worden. Wasserröhren, die an fast jeder Stelle geöffnet werden können, und Schläuche, die sich in einer Secunde befestigen lassen, findet man im ganzen Hospital vor. Die Wasserreservoirs zu diesem Zwecke sind von den übrigen gänzlich abgesondert und befinden sich in dem Thurme jedes Gebäudes; sie werden durch eine eigne Leitung der Vauxhall-Wasserwerk-Gesellschaft gespeist. Durch das ganze Gebäude sind Telegraphendrähte gelegt worden, so daß man von jedem beliebigen Punkte aus in die verschiedenen Zimmer des Hospitals telegraphiren kann.
Das Thomas-Hospital beschäftigt an Aerzten zwei rathgebende Doctoren (Ehrenmitglieder), vier „ordentliche“ Doctoren, Seniores, und vier Assistenzärzte, einen Accoucheur und einen Assistenzaccoucheur, vier Wundärzte und vier Assistenzwundärzte, einen (deutschen) Augenarzt und einen Zahnarzt. Hausärzte: ein Assistenzarzt und ein Assistenzwundarzt. Im Hospitale befinden sich ferner ein erster Apotheker und ein Chemiker. – Die Hausärzte erhalten nebst freier Wohnung und Kost jährlich hundert Pfund, während die übrigen Doctoren nur fünfzig Pfund, natürlich ohne Wohnung oder dergleichen, erhalten. Die Stelle ist daher eine Ehrenstelle, welche nur an bedeutende Capacitäten vergeben wird.
Mit dem Hospitale verbunden und doch wieder ganz von demselben abgesondert, ist eine hier befindliche „Schule“ für angehende Aerzte, die das alleinstehende Gebäude Block Nr. 9 einnimmt. Sie wird von etwa zweihundert Studenten besucht, die wenigstens drei Jahre hier verbleiben müssen. Von ihnen wird folgendes Honorar entrichtet: für das erste Jahr vierzig Pfund, für das zweite ebenfalls vierzig Pfund, für das dritte zwanzig Pfund und für jedes folgende zehn Pfund; eine Summe jedoch von hundertfünf Pfund, die beim Eintritte gezahlt wird, berechtigt den Betreffenden, eine beliebige Anzahl von Jahren in der Schule zu verbringen. Für dieses Honorar werden die Studirenden im Hospitale zur selbstständigen Praxis vorbereitet und dürfen ebenfalls die Vorlesungen besuchen, welche von den älteren Doctoren und deren Assistenten gehalten werden und Alles umfassen, was auf der Universität in diesem Fache gelehrt wird, nur mit dem großen Unterschiede, daß hier die Theorie mit der Praxis verbunden wird. Diejenigen Studenten, die ihre Examina am besten bestehen, empfangen ein Diplom und werden darnach als Hausärzte verwandt. Jedem Doctor werden mehrere Studenten beigegeben, und ebenso jedem Wundarzte. Das Hospital zählt etwa vierunddreißig Studenten als Assistenten der Doctoren und ebenso viele als Assistenten der Wundärzte, die, wie gesagt, aus den zweihundert jungen Männern gewählt werden. Von diesen wohnen eine Anzahl im Hospitale selbst, um zu jeder Zeit bereit sein zu können. Andere wieder, die sich der Arzneikunde widmen, werden dem Apotheker untergeordnet und bezahlen für drei Monate fünf Guineen extra. Wiederum Andere bezahlen fünfundzwanzig Guineen für einen neunmonatlichen Cursus praktischer Chemie, während Solche, welche die Bibliothek zu benutzen wünschen, eine Guinee für die Zeit ihres Aufenthaltes zu bezahlen haben. Das Museum dieser Schule ist sehr reich ausgestattet und enthält sehr werthvolle seltene Sachen. Der pathologische Theil allein zählt dreitausend Specimina. Man hält dieses Museum für eines der reichsten Englands. Das Gebäude, in dem sich die Schule befindet, enthält ausgezeichnete Räumlichkeiten. Es findet sich darin ein großes anatomisches Museum, ein „chemisches“ Museum, Vorlesungszimmer, Bibliothek, Laboratorium, „post mortem“-Zimmer etc., welche alle in der besten Weise eingerichtet sind.
Schließlich bemerke ich noch, daß ich für viele der angeführten Einzelheiten meinem Freunde, dem Herrn Dr. W. M. Ord, zu danken habe, der mir manche Stunde seiner werthvollen Zeit freundlichst zur Verfügung stellte, um mich persönlich durch das Hospital, dem er als Arzt angehört, führen und mir die Einrichtungen desselben erklären zu können.