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Ein Nebenbuhler des Diamanten

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Titel: Ein Nebenbuhler des Diamanten
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 52
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[52] Ein Nebenbuhler des Diamanten. Es ist bekannt, wie oft wichtige Entdeckungen den sonderbarsten Zufällen ihr Dasein verdanken. Das Porzellan, der Phosphor sind bei alchimistischen Versuchen erfunden worden. Die fruchtlosen Bemühungen um das Perpetuum mobile haben erhebliche Fortschritte im Maschinenwesen gezeitigt, und heutzutage ist es wiederum das unablässige Bestreben, den Diamanten auf künstlichem Wege herzustellen, was schon manche wichtige Entdeckungen als Zufallsgewinn abgeworfen hat. Unter diesen aber ist die neueste und vermutlich wichtigste der sogenannte „Karborund“, ein Körper, der gleichzeitig von Schützenberger in Paris und von Atcheson in Pennsylvanien entdeckt wurde, in Amerika sofort den Anlaß zur Bildung einer großen industriellen Gesellschaft gab und auf der großen Chicagoer Weltausstellung bereits als patentiertes Fabrikerzeugnis dem Publikum vorgelegt wurde.

Was ist nun der Karborund, der nach den wissenschaftlichen Untersuchungen der Chemiker mit der Härte und Unschmelzbarkeit des Diamanten eine völlige Unverbrennlichkeit und, für die technische Verwendung der Hauptpunkt, eine verhältnismäßig billige Herstellung verbindet?

Man hat zum Zweck der Herstellung künstlicher Diamanten oft den Versuch gemacht, eine Masse pulverisierten Kohlenstaubes durch einen starken elektrischen Strom teilweise zu schmelzen, um dann aus dem bei diesem Prozeß frei werdenden Kohlenstoff Diamanten zu krystallisieren.

Thatsächlich sind bei diesen Versuchen mehrfach kleine diamantähnliche Krystalle gefunden worden, welche man lange für schwarze Diamanten hielt, obgleich sie einige von diesen abweichende Eigenschaften besitzen.

Bei der Anwesenheit von Kieselstoff in der verwendeten Kohlenart entstehen diese kleinen Körperchen reichlicher, und bei ungefähr gleichen Mengen von Kohlen- und Kieselstoff entstand endlich der merkwürdige Körper, dessen Härte, Feuerfestigkeit und Unschmelzbarkeit so groß ist, daß man ihn technisch noch über den Diamanten zu stellen berechtigt ist, der „Karborund“. Seine feinsten puderartigen Teile sind hart genug, den Diamanten und andere Edelsteine zu polieren, was bisher mit dem Staube des Diamanten selbst geschehen mußte; gröberes Pulver dient zum Glasschleifen und Aetzen, sowie zum Schmirgeln harter Metalle; kleine, aus dem Karborundpulver hergestellte Steinchen, Rädchen oder Scheiben werden zum Glasschneiden und zum Einsetzen in chirurgische Instrumente (z. B. in Zahnsägen etc.) gebraucht. Größere Schleifscheiben oder -räder endlich können, in schnelle Drehung versetzt, jedes Glas, Metall oder andere harte Körper mit unübertrefflicher Schnelligkeit abschleifen, zerschneiden oder polieren, der härteste Stahl wird von der Karborundscheibe zerschnitten wie Holz von der Säge. Gerade das Schleifen der Metalle anstatt der langsamen Bearbeitung mittels stählerner Werkzeuge gewinnt aber neuerdings so große Bedeutung, daß die Karborund-Schleifscheibe allein hinreichen würde, der neuen Entdeckung eine Zukunft zu verschaffen. Eine solche steht ihr ohnehin schon offen, da der billige Karborund den Diamanten als Arbeitsmittel für den Glaser, Schleifer, Steinschneider etc. sicherlich sehr bald verdrängen wird. Die Herstellung ist, wenn sie im großen betrieben wird, bereits jetzt so einfach, daß sie sich kaum noch vervollkommnen lassen wird. Ein etwa zwei Meter langer Ofen aus feuerbeständigen Steinen wird der Hauptsache nach mit ungefähr zwei Centnern Koaksmehl, kieselhaltigem Sand und Seesalz gefüllt, und dieses Gemisch durch einen starken elektrischen Strom gewaltig erhitzt. Nach siebenstündiger Glut findet man fast 25 Prozent der wertlosen Rohmaterialien in Karborund verwandelt.