Ein amerikanischer „Reichsfechtmeister“

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Textdaten
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Autor: D.
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Titel: Ein amerikanischer „Reichsfechtmeister“
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 297–298
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[297] Ein amerikanischer „Reichsfechtmeister“. Wir haben hier in Amerika etwas Aehnliches, freilich nicht so Respectables wie der „deutsche Reichsfechtmeister“ (Gartenlaube Nr. 49, 1873), einen „großen Bettler“, wie man Rev. F. Jues von Auburn zu benennen pflegt. Derselbe spielt seine Rolle aber amerikanisch, indem er sich sein Bettelgenie – sehr anständig bezahlen läßt. Die Specialität dieses bettelnden Reverend ist, Gelder zusammen zu betteln, um die Schulden von Kirchengemeinden tilgen zu helfen. Solcher Bettel pflegt jedes Mal beim Einweihen oder vielmehr bei der „Widmung“ eines Kirchenbaues loszugehen. Der „große Bettler“ Amerikas hat schon für mehr als achthundert Kirchen auf diese Weise mit gutem Erfolge sein Talent verwerthet. Gewöhnlich bedarf er nur einige Tage, um seine Vorbereitungen zu treffen. Es werden Zusammenkünfte gehalten, Operationspläne besprochen und verabredet und endlich einflußreiche Männer in’s Interesse gezogen, die sich schließlich zur Zeichnung erklecklicher Summen verstehen müssen. Ist Alles gehörig vorbereitet, so erklärt der Reverend „das Deck klar für die Action“. Das Auditorium darf freilich nicht hinter die Coulissen sehen.

In ein paar Stunden hat der große Bettler bei solchen Festivitäten sein Werk gethan, und steht ihm hierbei ein reicher Schatz von Anekdoten, Schnurren und Possen zu Gebote, um die Leute in die passende Stimmung zu bringen. Ist Alles in guter Laune, dann thut er, als wisse er nicht, wie er gleich beginnen solle, und schlägt vor, lieber gleich mit den Eintausenddollars- oder jenachdem mit den Fünfhundertdollars-Subscriptionen [298] anfangen zu wollen. Hierauf geben die Männer, welche (schon voraus) sich zur Subscription solcher Beträge verbindlich gemacht haben und die sehr geschickt unter dem Auditorium vertheilt sind, mit sonorer Stimme den erforderlichen Bescheid. Und ist der Stein auf solche Weise in’s Rollen gekommen, so sorgt schon das große Bettlertalent, daß er gleich anfangs tüchtige Sprünge macht, bis er endlich bis unter den Hunderten herunter um nichts weniger lebhaft hüpft und zuletzt unter einer Masse von Fünfdollarsbeiträgen verrinnt. – Ein solcher Bettel wurde erst neulich auch in Brooklyn (bei New-York) bei der Wiedereröffnung des abgebrannten und wieder aufgebauten „Tabernacle“, der bekannten „fashionablen“ Kirche Henry Ward Beecher’s in Scene gesetzt. Von dem „großen Bettler“ wurden Subscriptionen im Betrage von fünfunddreißigtausend Dollars zu Stande gebracht. Der Reverend erhält für seine „Arbeit“ zweihundertfünfzig bis tausend Dollars per Sonntag, je nach der Höhe der aufgebrachten Summe. Er steht einzig und unübertroffen da in seiner Sphäre und soll – sehr beschäftigt sein.

D.