Ein deutscher Consul am Cap der guten Hoffnung
[672] Ein deutscher Consul am Cap der guten Hoffnung. Es ist ein altes Lied, welches wir heute singen, das aber leider immer und immer wieder seine Berechtigung hat, – wir meinen die hier und da noch mehr als klägliche Vertretung Deutschlands im Auslande.
„Sehr groß ist die Zahl der Deutschen,“ schreibt der Gartenlaube ein seit Jahren in der Capstadt in Südafrika angesiedelter deutscher Arzt, „welche hier in der Capcolonie leben. Unähnlich ihren Brüdern in Nordamerika, die sich nur zu rasch yankeeisiren, halten sie mit Zähigkeit an ihrer Nationalität fest und sind stolz darauf, Deutsche zu sein. Das wollen wir auch bleiben unter allen Umständen, selbst wenn das Vaterland uns nur eine Stiefmutter ist. Ja, manchmal leider eine arge Stiefmutter! Denn wie steht es hier zum Theil mit unserer Vertretung? Denken Sie, der preußische Consul, der Consul des größten deutschen Staates, versteht kein einziges Wort Deutsch!
Vor etwa zwei Jahren war es, als nahe der Capstadt eine preußische Barke scheiterte. Natürlich wandten sich die armen Schiffbrüchigen zunächst an ihren Consul. Doch, o weh! Sie waren nicht im Stande sich dem Manne verständlich zu machen, und es mußten erst Dolmetscher zusammengeholt werden, damit die armen Landsleute um einen Bissen Brod, um ein Hemd, um einen Rock bitten konnten. Und das in einer Stadt, welche eine beträchtliche und angesehene deutsche Bevölkerung zählt, wo so viele hochachtbare deutsche Geschäfts- und Kaufleute leben, daß sich Preußen aus ihnen zehn Consuln statt eines mit Leichtigkeit auswählen könnte! Aber das geschah leider nicht, – es ernannte einen Stock-Engländer mit antideutschen Gesinnungen und Anschauungen zu seinem Vertreter. Oesterreich und die anderen hier vertretenen deutschen Staaten, sie haben sammt und sonders Deutsche zu Consuln, nur Preußen, das intelligente, große Preußen, findet es für gut, dies für seine Staatsangehörigen so wichtige Amt in die Hände eines steifnackigen John Bull zu legen!
Wohl wissen wir hier, daß die Gartenlaube, die auch bei uns eifrigst gelesen und hochgehalten wird, so hoch, daß wir jedes Dampfboot, welches uns das liebe Blatt bringt, als eine freudige Erscheinung begrüßen, – wir wissen hier recht wohl, daß die Gartenlaube augenblicklich in Preußen als ‚feuergefährliche Waare‘ verboten ist, aber ich glaube doch gerade in ihr, der gelesensten aller deutschen Zeitschriften, die fabelhafte Thatsache veröffentlichen zu müssen, daß Preußen am Cap der guten Hoffnung einen Consul hält und besoldet, welcher den an ihn Gewiesenen, seines Schutzes Bedürftigen keine Sylbe Rath, Trost oder Hülfe zuzusprechen vermag, ohne erst zur Vermittelung von Uebersetzern und Dolmetschern genöthigt zu sein.
Vielleicht dringt diese Mittheilung doch in jene Regionen, von wo aus dem unerhörten Mißstände abgeholfen werden kann.“