Ein frisches Kleeblatt
[800] Ein frisches Kleeblatt. (Zu dem Bilde S. 797) Wen überkommt nicht unwillkürlich ein Lächeln, wenn er die von Gesundheit strotzenden, wohl im Sonntagsstaat prangenden heiteren Landschönen von jenseit der Mainline in’s Auge faßt, welche auf unserer Abbildung eine intime Conferenz abhalten? Es ist mutmaßlich ein Stück unfreiwilligen Humors, welchen der Brief zusammt dem Riesenbouquet repräsentirt; das Lachen der sitzenden Schönen hat etwas so sieghaft Triumphirendes, daß man versucht ist, auf das Unterwerfungsschreiben eines zur Capitulation genöthigten Männerherzens zu rathen, welches vielleicht nicht einmal die Genugthuung erfährt, nun auch dem Scepter der Siegerin wirklich unterstellt zu werden. Daß der Inhalt des Schriftstücks Beziehung auf jenen heimlichen Guerillakrieg hat, der seit Adam und glücklicher Weise überwiegend zum Heil der Menschheit zwischen Männer- und Weiberherzen geführt wird, darf umsomehr mit Gewißheit behauptet werden, als er uns unerfindlich scheint, welcher andere Stoff in Briefform drei jugendliche Repräsentantinnen der Haute-volée irgend eines Dorfes in so außerordentlichem Maße interessiren sollte, wie das hier offenbar der Fall ist. Wie dem auch sei - der talentvolle Schüler Gussow’s, dem wir das Bild verdanken, hat mit dieser Composition einen glücklichen Griff gethan. Ernst Philipp Fleischer ist ein Breslauer Kind; seine Studien hat er in Dresden und Weimar, endlich in Italien gemacht, von wo er Gussow, dem Meister seiner Wahl, nach Berlin folgte. Er zählt hier zu den entschiedenen Jüngern jener Richtung, welche auf treue und genaue Wiedergabe der Natur den Hauptnachdruck legt und dadurch in so hohem Maße befruchtend auf die deutsche Malerkunst der Gegenwart eingewirkt hat.