Ein künstliches Nordlicht
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[624] Ein künstliches Nordlicht zu erzeugen, ist, wie die Leser der „Gartenlaube“ schon früher aus Zeitungsnachrichten entnommen haben werden, dem Leiter der finnländischen Polarexpedition, Professor Lemmström aus Helsingfors, im letzten Winter gelungen. Sein in vielen Tagesblättern falsch dargestelltes Verfahren bestand einfach darin, daß er in Nordfinnland einen Berg von achthundert bis tausend Meter Höhe am Gipfel mit einem System isolirter Metallspitzen bedeckte, denen die Erdelektricität vom Fuße des Berges mittelst eines Metalldrahtes zugeführt wurde, der in einer im Grundwasser versenkten Zinkplatte endigte. Aus den einzelnen Metallspitzen, welche den Berggipfel wie die Stacheln einer geschlossenen Distelknospe umgaben, brachen sodann in der Polarnacht Lichtstrahlen hervor, welche in einem Falle die Länge von hundertundzwanzig Metern erreichten, und im Ansehen sowohl wie bei der spectroskopischen Untersuchung die Eigenthümlichkeiten der Nordlichtstrahlen darboten. Weder Professor Lemmström noch andere Physiker halten mit diesem wiederholt gelungenen Versuche, wie dies hier und da behauptet wurde, das bisher dunkle Problem der Entstehung des Nordlichtes für endgültig gelöst, aber es läßt sich nicht leugnen, daß nunmehr eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Annahme gegeben ist, es handle sich bei der Nordlichterscheinung nicht, wie man in der Humboldt’schen Zeit annahm, um ein „magnetisches Gewitter“, sondern vielmehr um eine stille Ausgleichung der Erdelektricität mit der des Lichtkreises, indem die freie Erdelektricität in die trockene Luft jener Breiten sichtbar ausströmt. Das Nordlicht wäre dann nichts anderes, als ein Sanct-Elmsfeuer im Großen, das heißt jenen höchstens meterhohen Flammen vergleichbar, die wir bei gewitterhafter Luft nicht selten auf Kirchthurmspitzen gewahren, die aber in manchen Fällen alle hervorragenden Spitzen der Gebäude, Bäume etc. ja selbst die Häupter der Menschen umspielen.
C. St.