Ein russischer Oelprinz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Hugo Hoffmann
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ein russischer Oelprinz
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 4, S. 63–64
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1867
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Ölbohrung durch Oberst von Nowosilzoff in der Region Ekaterinodar
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[63]
Ein russischer Oelprinz.


Ihre Gartenlaube brachte vor einiger Zeit einen sehr interessanten Aufsatz unter dem Titel: „Die nordamerikanischen Oelprinzen“.

Im Jahre 1862, als die Speculation mit amerikanischem Photogen und amerikanischen Photogenlampen eine fabelhafte Höhe erreicht hatte und der Ruf der ungeheuren Petroleum-Aufschlüsse in Nordamerika die ganze industrielle Welt in Alarm setzte, erinnerte sich in Petersburg ein Gardeoberst, Ardalion v. Nowosilzoff, daß er bei den Feldzügen im Kaukasus, welche er vor mehr als zwanzig Jahren als junger Officier mitgemacht hatte, häufig daselbst Oelbrunnen bemerkt habe. Er theilte diesen Umstand einem amerikanischen Kaufmann mit, der schon seit mehreren Jahren in Petersburg eine Photogenlampenfabrik besitzt und in dem Petroleumfache Erfahrung hatte. Derselbe faßte die Nachricht begierig auf und beredete den Obersten, mit ihm in Compagnie an die Ausbeutung der kaukasischen Petroleumquellen zu gehen.

Noch ein dritter Herr trat dem Unternehmen bei, und unverzüglich machten sich die Drei nun an das Werk. Herr v. Nowosilzoff und der amerikanische Lampenfabrikant reisten sofort nach dem Kaukasus und dem Ersteren gelang es auch wirklich, unter sehr günstigen Zahlungsverhältnissen von der Verwaltung des kubanschen Heeres auf sechs Jahre das ausschließliche Privilegium zu erhalten, Petroleum aufzusuchen und auszubeuten, mit Ausschluß der Taman’schen Halbinsel, wo bereits ein ähnliches Privilegium an einen Privatmann, in Kertsch wohnhaft, gegeben worden war. Da aber dem Oberst v. Nowosilzoff vor Allem daran gelegen war, ein möglichst großes Terrain für sein Unternehmen zu besitzen und keine nachbarliche Concurrenz zu haben, so trat er alsbald mit diesem benachbarten Privilegiumsbesitzer, welcher bereits seit länger als einem Jahre im Kleinen, ungefähr fünfzig bis hundert Eimer täglich, auf seinem Terrain Oel gewann, in Unterhandlung wegen Abtretung des Privilegiums. Er kam auch zum Ziele. Für eine Abstandssumme von dreitausend Rubel überließ ihm der erwähnte Privatmann sein Privilegium mit der Bedingung, daß sein Schwiegersohn, ein intelligenter junger Mann, welcher das Oelgewinnungsgeschäft seines Schwiegervaters geleitet hatte, mit einem ziemlich bedeutenden Jahresgehalt in die Dienste des Obersten trete und auch ferner die Leitung der Arbeiten des Geschäfts überhaupt erhalte. Diese Clausel konnte dem Obersten nur Nutzen bringen, denn sein auf diese Weise erworbener Geschäftsführer, Peters (ein deutscher Mechaniker), brachte eine große Localkenntniß und einige Geschäftserfahrung mit.

Man engagirte jetzt in Amerika zwölf geübte Bohrarbeiter nebst einem Ingenieur, beschaffte die nöthigen Bohrapparate und Röhren und schritt unverzüglich, gleichzeitig auf mehreren Punkten, an das Stoßen von Bohrlöchern. Obgleich diese Arbeiten ungeheure Summen verschlangen, namentlich wegen der sehr hohen Gehalte und Löhne der Amerikaner (der Ingenieur erhielt sechstausend S.-Rubel und die Arbeiter pro Mann über tausend Rubel jährlich), so blieben doch die Aufsuchungsarbeiten der Amerikaner ohne allen Erfolg, weil man nicht die rechten Leute gewählt hatte. So verlor man trotz der günstigsten Terrainverhältnisse zwei kostbare Jahre des sechsjährigen Privilegiums und verbohrte ungefähr zweimalhunderttausend Thaler nutzlos.

Die Amerikaner wurden darauf entlassen und zweien Mitgliedern der Compagnie, darunter auch dem lampenfabricirenden, sank der Muth. Es wären wohl auch manche Andere durch solche schlechte Erfolge und so große Geldverluste entmuthigt worden, nicht aber so das dritte Mitglied, der Oberst von Nowosilzoff. Dieser Mann, ein äußerst energischer und intelligenter Charakter, machte den letzten Rest seines Vermögens, einige Güter, zu Geld, fest entschlossen, das Unternehmen bis auf den letzten Rubel zu forciren und entweder Bettler oder Millionär zu werden, und solchen Personen ist ja bekanntlich das Glück hold.

Er reiste also mit dem Rest seines Vermögens nach Paris und contrahirte dort mit dem vielbekannten Bohr-Ingenieur Kind bezüglich Ausführung seiner Bohrarbeiten und Lieferung der nöthigen Bohrapparate (da dieser Herr nur Arbeiten mit seinen eigenen Apparaten unternimmt). Bereits im Jahre 1865 langte ein Hilfsingenieur des Herrn Kind auf Ort und Stelle an und die Bohrapparate folgten bald nach. Der Beginn der Arbeiten nach der Kind’schen Methode wurde jedoch bis zur Ankunft des Obersten verschoben, welcher sich um diese Zeit in Petersburg aufhielt, um seine letzten pecuniären Truppen, zu sammeln und in’s Feld zu führen. Derselbe hatte nämlich nach Entlassung des amerikanischen Ingenieurs die Oberleitung der Arbeiten selbst übernommen. Unterdessen betrieb der früher erwähnte Geschäftsführer Peters, welcher sich immer noch im Dienste der Compagnie befand, Versuchsarbeiten im kleinen Maßstabe mit den zurückgebliebenen amerikanischen Bohrapparaten, erzielte auch einige kleine Erfolge, aber die Hauptsache, einen freispringenden Oelstrahl, konnte man nicht erhalten.

So war auch ziemlich das dritte Jahr der Privilegiumszeit verflossen. Da erklärten die zwei anderen Mitglieder der Compagnie dem Obersten ihren Austritt, ohne wegen ihrer in diesem Unternehmen verausgabten Capitalien Entschädigungs-Ansprüche geltend zu machen. Nowosilzoff rüstete sich zur Abreise nach dem Kaukasus. Um diese Zeit, und zwar zu Anfang Januar 1866, bot ich dem Obersten meine Dienste als Geologe an, indem es schon längst mein sehnlichster Wunsch gewesen, den Kaukasus, der für Bergleute und Geologen noch ganz jungfräuliches Terrain und deshalb eben sehr interessant ist, wissenschaftlich zu bereisen. Herr v. Nowosilzoff nahm meine Dienste hinsichtlich einer genauen Besichtigung und Begutachtung seines Oelterrains bereitwillig an; über mein Honorar waren wir, da ich sehr bescheidene Ansprüche machte und der Oberst eine noble Persönlichkeit ist, bald einig, und so reiste ich bereits zwei Tage später, und zwar am 14. Januar 1866, mit Herrn von Nowosilzoff nach dem Oelterritorium ab.

Ueber die ziemlich weite und wegen schlechter Wege, sowie vieler Bekanntschaften des Obersten auch lange Reise erwähne ich nur so viel, daß sie mir durch die ausgezeichnete Liebenswürdigkeit und gediegene wissenschaftliche und gesellschaftliche Bildung meines Chefs und Reisebegleiters zu der angenehmsten meines Lebens wurde. Einen ganzen Monat nach unserer Abreise von Petersburg, also Mitte Februar, trafen wir in Ekaterinodar ein. Dort erwartete den Obersten eine äußerst freudige Nachricht, welche ihm bereits telegraphisch nach Petersburg mitgetheilt war, jedoch ihn wegen unserer bereits erfolgten Abreise verfehlt hatte.

Einige seiner genauern Freunde stürzten alsbald nach unserer Ankunft in unser Zimmer und theilten dem Obersten, seine bereits sehr kritisch gewordene finanzielle Lage kennend, mit Freudenthränen in den treuen Augen mit, daß durch Peters am 4. Februar ein zwanzig Fuß hoch springender Naphthastrahl erbohrt worden sei, der täglich eintausendfünfhundert bis zweitausend Eimer Oel liefere, so daß man nicht genug Gefäße liefern könne.

So waren denn die kühnsten Hoffnungen des Obersten v. Nowosilzoff theilweise erfüllt. Es war ein unterirdisches Petroleumbassin erbohrt worden, welches jedenfalls eine gewaltige Ausdehnung haben mußte, wenn die angesammelten Gase desselben im Stande waren, einen Oelstrahl mit solcher Kraft aus einer Tiefe von beinahe zweihundert Fuß empor zu schleudern. Der Oberst nahm die Nachricht seines Glückes mit großer Seelenruhe entgegen und traf sofort Dispositionen, Gefäße herbei zu schaffen. In höchster Erwartung reisten wir nach dem Orte des Naphthastromes ab. Derselbe befindet sich in einer Entfernung von etwa einhundertundvierzig Werst von Ekaterinodar, gegen sechszig Werst von Temrük und einhundertundvierzig Werst von Anapa. Der nächste Küstenpunkt ist also Anapa. Ferner liegt diese Petroleumquelle zwischen den Kosaken-Stanitzen Nowo-Rossisky und Warinikowsky am Flusse Chudakow, in den nordwestlichen Ausläufern des Kaukasusgebirges auf Grund und Boden des Kuban’schen Heeres. Ausgetretene Flüsse verhinderten uns direct nach der Naphthaquelle reisen zu können; wir mußten vier Tage in Temrük liegen bleiben. Am fünften Tage brachen wir auf; die Ungeduld ließ den Obersten alle Gefahren außer Acht setzen.

Endlich waren die Flußarme passirt, über den eigentlichen Strom brachte uns die Fähre, am jenseitigen Ufer standen Reitpferde und Wagen bereit, welche uns rasch nach der nur zwei Werst entfernten Kosakenstanitza Warinikovsky trugen, unserm Reiseziele für diesen Tag. Den andern Tag, gegen zehn Uhr Morgens, langten wir auf dem Petroleum-Etablissement an, eilten zum Petroleumstrom und fanden dort allerdings für den Augenblick unsere Erwartungen etwas getäuscht; es war in dem unteren Theile der Bohrröhre durch die Gewalt der aufwärts getriebenen Gase eine theilweise Verstopfung eingetreten und deshalb floß das Oel nur stoßweise und nicht die ganze Röhre ausfüllend. Immerhin aber waren zehn Menschen beschäftigt, das der Bohrröhre entströmendes Oel in leere Fässer und Bottiche zu füllen, und obgleich sich der Oelstrom erst seit einigen Tagen [64] ergossen hatte, so waren doch bereits eine beträchtliche Menge gefüllter Fässer aufgestapelt; ich schätzte den Inhalt derselben auf ungefähr dreißigtausend Eimer.

Den Oelstrahl fand ich folgender Maßen situirt. Auf einer kleinen Halbinsel des Flusses Chudakow war das glückliche Bohrloch placirt, man hatte von Anfang dasselbe mit sechs Zoll Durchmesser niedergestoßen und verröhrt, aber bei einer Tiefe von circa einhundertundfünfzig Fuß verstauchte sich der untere Theil, der sogenannte Schuh der nachgetriebenen Bohrröhre, und man hatte deshalb, was in einem solchen Falle unvermeidlich ist, die sechszöllige Dimension aufgegeben und in die sechszöllige Röhre eine zweite von zwei und einem halben Zoll eingetrieben und nun mit dieser letzteren Dimension weiter gebohrt. Am 4. Februar, um die Mittagsstunde, erfolgte der Ausbruch des Oelstromes. Was mir die angestellten Beamten über dieses interessante Phänomen mittheilten, fand ich ganz glaubwürdig, da ich Gelegenheit hatte, dieselben Erscheinungen in Nordamerika bei geöffneten Oelströmen zu beobachten.

Am Morgen des 4. Februar – so erzählten die Leute – war man, nachdem man von oben verschiedene Schichten von Thon, Lehm, Sand, Kalkstein etc. durchstoßen hatte, mit dem Bohrmeißel auf eine sehr feste Steinlage gestoßen, in welcher man rüstig vorwärts bohrte; die angestellte Messung des Bohrloches (welche bei jedem Wechsel der Erd- oder Steinmassen vorgenommen wird) ergab eine Tiefe von einhundertachtzig Fuß. Da, gegen Mittag, als man die neue, sehr feste Gesteinslage ungefähr acht Zoll durchbohrt hatte, erscholl plötzlich aus der Tiefe des Bohrloches ein furchtbares, donnerartiges Getöse, so daß die Arbeiter entsetzt zurücksprangen und einige die Flucht ergriffen; gleichzeitig wurde durch die Kraft der Gase und des aufsteigenden Oeles der Bohrmeißel sammt dem Stangenschafte herausgehoben, ja fast herausgeschleudert, und an der oberen Mündung des Bohrloches erschien ein dicker, brauner Oelstrom. Derselbe floß ungefähr zwanzig Minuten. Plötzlich abermals im Innern der Erde donnerartiges Getöse, das ausströmende Oel sinkt zurück – eine kleine Pause – und jählings erscheint ein Strahl von Seewasser, vermischt mit Gesteins- und Lehmstücken, welche hoch in die Luft geschleudert werden.

Plötzlich hört das Meerwasser nach ungefähr zwölf Minuten auf zu fließen, das unterirdische Geräusch wiederholt sich zum dritten Male, und zwar mit solcher Heftigkeit, als ob in einer Gebirgsschlucht hundert Achtundvierzigpfünder abgefeuert würden; drei fühlbare Erdstöße – endlich eine feierliche Stille – da erhebt sich aus der Röhre ein klarer, heller, noch über das zwanzig Fuß hohe Bohrgerüst aufsteigender Oel-, respective Petroleumstrahl, der, abgesehen von einigen momentanen Störungen, seit jener Zeit ununterbrochen fließt und hoffentlich zum Lohne des Obersten für seine energische Ausdauer und zum Segen der russischen Industrie noch lange, lange strömen wird. Wie schon bemerkt, war der Strahl bei unserer Ankunft schwächer, weil eine theilweise Verstopfung der Röhre vorlag. Dieselbe wurde gehoben, auch durch eine mechanische Vorrichtung für fernerhin unmöglich gemacht, und wieder floß das Oel in reichen Strömen wie zuvor, gegen zwei- bis dreitausend Eimer täglich spendend. Nach allgemeiner Conferenz wurde der Beschluß gefaßt, das Bohrloch noch mehr zu vertiefen, da man annehmen konnte, daß die untere Mündung des Rohres noch nicht in das Centrum des unterirdischen Oelbassins eingedrungen sei. Diese wegen des Oelstromes sehr schwierige Arbeit wurde ausgeführt, die Tiefe wurde um vierzig Fuß vermehrt und die Gesammttiefe sonach auf zweihundertundzwanzig Fuß gebracht. Weiteres Vordringen war wegen zu starken Oelflusses nicht möglich und auch nicht nöthig; der Oelstrom erfolgte nunmehr in der Stärke der ganzen Röhrendimension und lieferte täglich bis zwölftausend Eimer. Bei einem Localwerthe dieses Oeles von zwei Rubel pro Eimer im rohen Zustande, wofür sich Käufer genug finden, repräsentirt diese eine Quelle für den Obersten ein tägliches Einkommen von vierundzwanzigtausend und jährlich von acht Millionen siebenhundertundsechszigtausend Rubeln. Ziehen wir die siebenhundertundsechszigtausend Rubel für Fasttage und Betrieb ab, so ergiebt sich bei mittleren Preisen die jährliche Kleinigkeit von acht Millionen Rubeln!

Gewiß ein königliches Einkommen, welches sich in kürzester Zeit durch Erschließung anderer Quellen noch verdreifachen kann. Jedenfalls ist Unternehmen und Einkommen der amerikanischen Oelprinzen unbedeutend gegen dasjenige des russischen Oelprinzen, denn in Amerika gehören zu jedem Oelstrome und zu zehnmal kleineren Oelterrains Dutzende von Theilhabern, während der russische Oelprinz ganz alleiniger Inhaber und Nutznießer dieser beschriebenen Oelquelle und eines riesigen Terrains ist. – Ich gehe nun zur geologischen Begutachtung der Oelquellen und Oelterrains am Kaukasus im Allgemeinen über, mit besonderer Berücksichtigung des Nowosilzoff’schen Oelterrains.

Die Gebirgsformationen, in denen sich die bereits aufgeschlossenen Petroleumquellen finden, sowie das übrige Terrain des Obersten für Oelgewinnung, gehören vorherrschend und fast ausschließlich dem Kreidesystem und älteren sowie neueren tertiären Bildungen an. Das constante Ueberallzutagetreten des Petroleums und die regelmäßige Ablagerung der Schichten berechtigt mich zu der Meinung, daß sich auf dem erwähnten Territorium große und ausgedehnte Petroleumbassins häufig vorfinden. Bezüglich seiner Qualität kann das Oel der vorerwähnten Quellen den besten bekannten Steinölen zur Seite gestellt werden. Jedoch ist ganz entschieden diese aufgeschlossene Quelle nur der Vorläufer derjenigen, welche auf dem ausgedehnten erwähnten Terrain in der allernächsten Zeit zum Aufschluß kommen werden. Fast noch günstigere Auspicien als die, auf welche hin die Quelle am Chudakowflusse aufgeschlossen wurde, fand ich an der Küste des schwarzen Meeres, namentlich in der Nähe der Niederlassung Bugas.

Auf diesem Punkte ist das Zutagetreten der Kohlen, Wasserstoffgase und des Steinöls selbst so zahlreich und constant wiederkehrend, auf einem Flächenraum von vier Quadratwerst, daß es zu der sichern Hoffnung, berechtigt, daselbst sei ein mächtiges, ausgedehntes, natürliches Steinölreservoir vorhanden, dessen Aufschließung bei der wahrscheinlichen Tiefe von zwei- bis dreihundert Fuß durchaus keine Schwierigkeit bietet. Ganz dasselbe läßt sich von dem Terrain bei dem sogenannten Berge Pjokla am schwarzen Meere; zehn Werst von Taman und von der nächsten Umgegend bei der Poststation Sennaja sagen.

Man kann mit vollem Recht behaupten, daß die Erd- und Gebirgsmassen auf der ganzen Taman’schen Halbinsel wie ein von Steinöl getränkter Schwamm seien, und es werden wahrscheinlich die in Kurzem auf diesem Terrain aufgeschlossenen Steinölquellen an Reichthum und Anzahl den Oelquellen der nordamerikanischen Staaten Virginien, Pennsylvanien und Ohio nicht nachstehen, um so weniger, als der Pächter derselben auf eine energische und rationelle Weise bei der Aufsuchung und Aufschließung der Oelquellen zu Werke geht.

Was das General-Einfallen und Streichen der Schichten auf diesem Terrain anbelangt, so habe ich durch genaue Untersuchungen und Besichtigungen das erstere fast stets von Ost nach West und das letztere von Süd nach Nord gefunden. Das Vorfinden dieses Steinölreservoirs in neueren Bildungen, bei denen ja der Zersetzungs- und Bildungsproceß noch gegenwärtig fortdauert, berechtigt zu der gegründeten Hoffnung, daß die in Rede stehenden Steinölquellen nicht sobald erschöpft sein, sondern lange Zeit ihre reichen Oelvorräthe spenden werden. – Was ich hier über das Terrain des Herrn von Nowosilzoff gesagt habe, behaupte ich ganz ebenso von ausgedehnten Strecken der Halbinsel Krim, welche ich gleichfalls genau in Augenschein genommen.

Große und günstige Terrains erwarten noch in der Krim einen tüchtigen Unternehmer wie Herrn von Nowosilzoff und liegen unbenutzt. Die Disponenten, meistens kleine Landbesitzer, lassen theils aus alten flachen Brunnen täglich einige Eimer schöpfen für Wagenschmiere, theils bleiben andere Terrains ganz unbeachtet, obgleich sie Millionen in ihrem Schooße bergen. Hoffen wir im Interesse der Industrie, daß es außer dem Obersten von Nowosilzoff noch mehr Männer in Rußland giebt, die für einen so lohnenden und segensreichen Industriezweig ihr Vermögen oder doch einen Theil davon in die Schanze schlagen und so die Zahl der russischen Oelprinzen vermehren.

Hugo Hoffmann.