Ein wackerer Deutscher Nordamerikas, Karl Rümelin

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Titel: Ein wackerer Deutscher Nordamerikas, Karl Rümelin
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 12, S. 200
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[200] Ein wackerer Deutscher Nordamerikas, Karl Rümelin, ist am 16. Januar d. J. in Cincinnati zur ewigen Ruhe eingegangen. In Heilbronn a. N. hat seine Wiege gestanden; dort erblickte er als Sohn eines Kaufmanns am 19. Mai 1814 das Licht der Welt. Er genoß eine gute Erziehung, besuchte in seiner Vaterstadt und in Marbach die Lateinschule und das Obergymnasium und trat darauf in das Geschäft seines Vaters ein. Den Jüngling litt es aber nicht in der Heimat, er wollte ferne Länder schauen und jenseit des Oceans sein Glück versuchen. Schwere Kämpfe kostete es, bis er im Jahre 1832 die Einwilligung seines Vaters erlangte und, gut ausgestattet, die weite Reise antreten durfte. Nachdem er zuerst in Philadelphia Wurzel zu schlagen gesucht, fand er in Cincinnati, was er suchte. Er wurde zuerst Angestellter, dann Miteigentümer eines Materialwarengeschäfts. Nahrungssorgen blieben ihm fremd; er konnte eine Tochter der eingewanderten Schweizer Familie Mark als Gattin heimführen und erwarb Grund und Boden, um fortan auf einer blühenden Farm als Landwirt zu wirken. Ruhig und glücklich floß hier ihm und den Seinen das Leben dahin; aber mit diesem Glück begnügte sich Karl Rümelin nicht; frühzeitig war sein Sinn auf das Gemeinwohl gerichtet. Schon im Jahre 1834 wurde er einer der Begründer der „Deutschen Gesellschaft“ und rief auch eine deutsche Zeitung, das „Cincinnatier Volksblatt“, ins Leben. 1836 brachte er die Schöpfung einer deutschen Universität in Anregung, beteiligte sich auch in reger Weise an politischer Arbeit und sammelte in den Kämpfen des Lebens reiche Erfahrung.

Karl Rümelin.
Nach einer Photographie von Landy in Cincinnati.

Nach zehnjährigem Aufenthalt in Amerika machte er eine Reise nach Europa, wo er seinen Wissenskreis zu erweitern suchte. Im Jahre 1844 wurde er in das Haus der Repräsentanten von Ohio und zwei Jahre darauf in den Senat gewählt. Ob er in der Politik stets das Richtige getroffen, mag hier unerörtert bleiben. Sicher hat Rümelin stets das Gute und Edle gewollt. Rein stand er da und bekämpfte aufs schärfste jede Korruption, am nachdrücklichsten in der eigenen Partei. Das brachte ihm Feindseligkeiten ein, hinderte seinen Lauf zu den höchsten Aemtern, schuf ihm aber den hohen Ruf eines makellosen Mannes, der niemals um des persönlichen Nutzens willen der Oeffentlichkeit gedient hat.

Diesen seinen Charaktereigenschaften entsprach es, daß er an der eigentlichen Politik weniger Gefallen fand, um so nachdrücklicher aber sozialen und wirtschaftlichen Fragen sich zuwandte. Und wie ernst war ihm die Mitarbeit auf diesem Gebiete! Als Mann in voller Reife studierte er die Rechte und bestand glänzend die Anwaltsprüfung und als Greis hörte er auf seinen Reisen durch Deutschland bei hervorragenden Universitätslehrern Volkswirtschaft, Technologie und Philosophie. Für sein deutsches Vaterland hat er stets das wärmste Interesse bewahrt, und politische Flüchtlinge fanden in ihm in den sturmbewegten Jahren der Freiheitskämpfe einen werkthätigen Helfer. Rümelin war es, der sich Gottfried Kinkels und Ludwig Kossuths jenseit des Meeres annahm und nicht eher ruhte, als bis ihre Existenz gesichert war.

Bis in die letzten Augenblicke war sein Geist rege geblieben, unermüdlich wirkte er als Redner und Schriftsteller fort und noch im letzten Frühjahr hielt der 81jährige in Cincinnati einen Vortrag über das Thema „Die Erde und die Menschheit als völkerverbindendes Ganze“. Das war sein Schwanengesang. Karl Rümelin galt mit Recht als Patriarch der Deutsch-Amerikaner, als solcher wurde er an seinem Lebensabend geehrt und als ein Vorkämpfer für das Gemeinwohl, als Förderer alles Edlen und Guten wird er in der Erinnerung der Menschen fortleben.