Eine Biographie von Luise Otto-Peters

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Autor: Bn.
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Titel: Eine Biographie von Luise Otto-Peters
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 708 d
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[708 d] Eine Biographie von Luise Otto-Peters. Wiederholt schon hat die „Gartenlaube“ ihrer vor einigen Jahren dahingeschiedenen alten Mitarbeiterin gedacht und in kurzer Darstellung deren jahrzehntelanges unablässiges Mühen um Hebung der weiblichen Bildung, um Eröffnung neuer Berufszweige für die Frauen geschildert. Heute liegt in einem Bändchen der „Biographischen Volksbücher“ (Leipzig, Voigtländer) der ausführliche Lebenslauf dieser merkwürdigen Frau vor, die als eigentliche Begründerin der deutschen Frauenbewegung zu betrachten ist. Ihrem eigenen Wunsch entsprechend, stammt der erste Teil des Buches, die an interessanten Details reiche Biographie, von Hugo Rösch, dem Freund und Biographen ihres Gatten A. Peters. Im zweiten Teil zeichnet Auguste Schmidt, die weitbekannte Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins, in vortrefflicher Darstellung die geistige Thätigkeit der Dichterin und Schriftstellerin, in welcher sich Charakterstärke, Intelligenz und weibliche Herzensgüte zu einer seltenen Gesamtpersönlichkeit vereinigten.

Heute, wo unsere materiell so reiche Gegenwart dankbar der Idealisten von 1848, der Pioniere für Deutschlands Einheit gedenkt, heute sollten sich auch Deutschlands Frauen an die begeisterte junge Genossin jener alten „Achtundvierziger“ erinnern, an die für jene Zeit erstaunliche Honoratiorentochter, die aus ihrer behaglichen Familienexistenz heraus den Blick auf das soziale Elend richtete und in frühen Jugendgedichten schon Gerechtigkeit für die Unterdrückten, Hilfe für die Rechtlosen verlangte.

In jenen vormärzlichen Zeiten, wo das persönliche Auftreten einer Frau ausgeschlossen war, blieb nur der litterarische Weg, um Reformgedanken in die Oeffentlichkeit zu bringen. Luise Otto hat ihn energisch beschritten und durch eine Reihe sozialer Romane sich die Achtung und Freundschaft vieler Gesinnungsgenossen und Schriftsteller jener Zeit erworben, auch im Jahr 1844 die Verbindung mit Ernst Keil, dem späteren Begründer der „Gartenlaube“, geknüpft. Selbstverständlich ließen die Ereignisse der Jahre 1848 und 1849 die Begeisterung der jungen Dichterin zu hellen Flammen aufschlagen; sie stellte ihre Feder in den Dienst der Bewegung, gründete Vereine und sprach in Frauenkreisen, hatte auch nicht minder unter dem Polizeidruck zu leiden als ihre männlichen Freunde, ließ sich aber dadurch nicht verhindern, den Flüchtlingen, sowie deren Frauen und Kindern die aufopferndste Hilfe zu gewähren.

Bekannt ist ihr merkwürdiges Herzensbündnis mit dem in Rastatt gefangenen Freischarenführer und Schriftsteller A. Peters, der ihr angesichts des über ihm schwebenden Todesurteils brieflich seine Liebe gestanden hatte. Die Hochherzige zögerte keinen Augenblick, sie zu erwidern, und kam später, als das Urteil auf acht Jahre Zuchthaus gefallen war, um sich mit ihm in Gegenwart des Gefängniswärters zu verloben! Nach sieben langen Jahren endlich wurde Peters begnadigt, und 1856 konnten die beiden hochstehenden Menschen die bescheidenen äußeren Bedingungen schaffen, aus welchen eine wahrhaft ideale Ehe hervorging. Sie dauerte nur kurz: im Jahr 1864 erlag Peters der im Gefängnis erworbenen Krankheit.

Von da an wandte sich Luise Otto, geklärt durch Leiden und Erfahrung, aber unverrückt in ihrem innersten Streben, ganz der Hebung und Bildung ihres eigenen Geschlechtes zu. 1865 gründete sie mit Auguste Schmidt und Ottilie v. Steyber den heute zu so mächtiger Blüte gediehenen „Allgemeinen Deutschen Frauenverein“, dessen Organ „Neue Bahnen“ von ihr durch 30 Jahre redigiert wurde. Sie leitete die Versammlungen des Vereins und wußte die Gegner stets durch ihr ganz einfaches, echt weibliches Wesen zu entwaffnen, das sich von jedem aufgeregten Emanzipationsgeschrei fern hielt. Ihre Ziele hießen: „Vermehrung der Fähigkeit und Kraft zur Arbeit, zum klaren Denken, zum sittlichen Wollen“; sie hat sie lebenslang festgehalten und in ihrem höheren Alter noch reiche, beglückende Erfolge erlebt als Lohn eines ganz ans Allgemeine hingegebenen Lebens.

Unserer eigenen, nach raschen Erfolgen und materiellem Gewinn haschenden Zeit kann der Hinweis auf solche hart und unverdrossen arbeitende Idealisten nur gut thun, deshalb wünschen wir dem sehr anziehend geschriebenen Bändchen recht viele Leserinnen und Leser. Sie werden vielleicht heute nach den mitgeteilten Gedichtproben der feurigen Freiheitssängerin den Kranz der Dichtung nicht mehr reichen, wie es dereinst ihre Zeitgenossen thaten, aber sie werden sicher mit Ehrfurcht das Bild der Frau betrachten, die, gleich groß im Handeln wie im Ertragen, sich um die deutsche Frauenwelt unsterbliche Verdienste erworben hat und das Denkmal, das ihr binnen kurzem in Leipzig errichtet werden soll, voll verdient!
Bn.