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Eine Erinnerung an Georg Stephenson

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Textdaten
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Autor: M. M. v. Weber
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Titel: Eine Erinnerung an Georg Stephenson
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aus: Die Gartenlaube
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1863
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[425]
Eine Erinnerung an Georg Stephenson.
Von M. M. v. Weber.

Vertrauen besitzen ist immer eine Annehmlichkeit, aber Nichts weniger als immer eine Ehre. „Nichts, nächst dem Glücke,“ ruft schon la Rochefoucauld aus, „wird auf der Welt ungerechter vertheilt als das Vertrauen! Der Knabe, der mit verbundenen Augen in die Lottourne greift, vertheilt die Gewinne nicht weniger gerecht als Völker, Fürsten, Behörden und Freunde ihr Vertrauen spenden.“

Wie der Ruf, guter und böser, sich spontan erzeugt (wie etwa Infusorien und Moose aus einem Nichts, das die Luft willkürlich da und dorthin trägt, entstehen), ohne daß Handlungen und Gesinnungen [426] Etwas dagegen vermögen, so wandert das Vertrauen planlos von Mann zu Mann. Es kommt heut zu diesem, ohne zu sagen weshalb, verläßt ihn morgen, ohne daß er an Kopf und Herz um ein Haar breit anders geworden wäre, und wandert zu jenem, der unwerth ist, ihm die Riemen der Sohlen aufzulösen.

„Sei dem gleich, dessen Vertrauen Du gewinnen willst, denn der Thor kann nicht dem Weisen, und der Schuft darf nicht dem Biedermanne trauen,“ ist noch das sicherste Recept zur Erlangung dieses Gutes, das nun einmal, trotz seiner Wandelbarkeit, unentbehrlich zur Inslebenführung des bedeutsamen Gedankens und daher der schlimmste Feind jeder segenbringenden neuen Idee, jeder Entdeckung, ja jeder hervorragenden Begabung ist.

Die Fähigkeit, auch dem Bessern, Klügern und Größeren, als man selbst ist, vertrauen zu können, das „Genie des Vertrauens“, ist nur wenigen Auserwählten angeboren, ist aber ein Hauptelement der am seltensten von allen gefundenen Geistesgabe, nämlich des Talents für Regierung und Administration.

Dies Talent wird beim Individuum eingeschränkt, ja erstickt, durch Kleinlichkeit der Jugendeindrücke, Beschränktheit der Lebensverhältnisse, Mangel an Verkehr mit genialischen Persönlichkeiten, Philisterhaftigkeit der täglichen Thätigkeit und vor Allem durch den Mangel der Wanderjahre in der Erziehung und Bildung des Menschen, und es wohnt niemals, oder doch wunderbar selten, bei Mehrheiten, Collegien und Körperschaften, mögen sie Namen haben welche sie wollen, wenn sie nicht blos Echowände für die Stimme einer einzigen, dominirenden Persönlichkeit sind.

Der genuesische Tuchmachersohn wäre eben nicht Columbus gewesen, wenn er den Dummköpfen von Salamanca Vertrauen eingeflößt hätte. Salomon de Caus hätte nicht mit seiner Jammergestalt das weiche Herz Marion de Lorme’s in Bicêtre erschüttert, wenn er nicht Narr genug gewesen wäre, die Dampfmaschine zu erfinden. Das Comité des Parlaments von England hätte, bei Durchsicht der Pläne zu der Liverpool- und Manchester-Bahn, den großen Stephenson nicht „utterly devoid of common sense“ genannt, wenn seine Gedanken nicht über den gewöhnlichen Menschenverstand hinausgegangen wären. Ludwig dem Vierzehnten wären die Schreckensposten von Oudenarde und Malplaquet erspart worden, hätte er „Genie des Vertrauens“ genug besessen, dem unscheinbaren savoyischen Helden den Marschallstab in die Hände zu legen; Weber’s Opern hätten wahrscheinlich nicht verdient, seit 40 Jahren die Welt zu umwandern, wenn man an gewisser Stelle es nicht nöthig hätte finden müssen, ihre Partituren einem beschränkten Italiener zur Prüfung zuzusenden.

Je ferner Geburt und Lebensstellung einen Menschen von der unmittelbaren Wahrnehmung der Thatsachen des Lebens hält, je mehr talentlose Organisation und unpraktischer Usus eine Behörde darauf anweist, ihre Anschauungen sich aus dem Staube der Acten zu sammeln, die Wahrheit aus den Berichten subalterner Geister zu klauben, mit den Schritten Anderer zu messen und mit den Augen Anderer zu schauen, je schwerer es mit einem Worte leitenden Individualitäten gemacht ist, ihre Urtheile auf Autopsie und Thatsachen zu begründen: um so nothwendiger ist es für das Heil der Thätigkeiten, daß das „Genie des Vertrauens“ die Mängel ihrer directen Beziehungen mit dem Leben ersetze.

Bei der großen Seltenheit dieser Form des Genies, die es in hohem Maße unräthlich macht, auf ihre Anwesenheit an irgend einem Orte zu rechnen, ergiebt sich für den redlich eine edle Idee Verfolgenden, den redlich nach Erfüllung der Pflicht in Geist und Wahrheit Strebenden, der ganz kategorische Imperativ: dreimal in’s Herz zu greifen, dreimal Gewissen und eigene Ueberzeugung zu fragen, ehe er einmal die Hand ausstreckt, um nach Vertrauen zu haschen.

Wie aber Genie und Instinct so nahe beisammen liegen, so wenig in ihren charakteristischen Merkmalen getrennt sind, daß sie sich eigentlich nur in der Richtung ihrer Intuitionen unterscheiden, das Genie durch den Blick von oben nach unten, der Instinct durch Wahrnehmung von unten nach oben die Wahrheit erkennt, so wohnt, im Gegensatz zum Genie das Vertrauens bei den Befehlern, der Instinct des Vertrauens bei den Gehorchern.

Wie alle instinctiven Thätigkeiten ist er an Gattungen geknüpft, und seine Kundgebungen sind meist von fast unwidersprechlicher Wahrheitskraft.

Ein Untergebener, der das Vertrauen seiner Vorgesetzten nicht besitzt, kann trotzdem vortrefflich sein, ein Vorgesetzter aber, der das Vertrauen seiner Untergebenen genießt, ist ohne allen Zweifel desselben würdig.

Es hat Menschen von großen Gaben und Charakteren jederzeit gekennzeichnet, daß sie auch in untergeordneten Stellungen unwiderstehlich das Vertrauen von Arbeitsgenossen und Untergebenen an sich rissen und sie oft dadurch zu Opfer an Blut und Leben um sich versammelten, während ihre Vorgesetzten Bedenken trugen, ihnen die unbedeutendste Leistung anzuvertrauen. Es tritt dies, außer auf dem Schlachtfelde und auf dem Meere, mit am prägnantesten in jenen männlichen und kraftstählenden Thätigkeitskreisen hervor, welche die Neuzeit im Bereiche der Technik theils geschaffen, theils unendlich erweitert hat und in denen es so häufig gilt, im Kampfe mit der Elementargewalt das Vertrauen zu einer Persönlichkeit, oder einer Anordnung, trotz Noth und Gefahr zu bethätigen.

Einer der größten Menschen, den die Neuzeit innerhalb jener Thätigkeitskreise wirkend gesehen hat, und an dem sich das Gesagte auf’s Schlagendste bewahrheitet, ist der geniale Erfinder der Locomotive, Georg Stephenson.

„Es giebt Genies,“ sagt Arago in seiner Lobrede auf James Watt, „welche nicht allein die größten Ideen haben, sondern dieselben auch der Nachwelt so vollkommen verkörpert hinterlassen, daß dieselbe, mehrere Generationen lang, daran nichts Wesentliches zu verbessern finden kann.“

So hinterließ James Watt die stehende Dampfmaschine, fast ganz in der Form, wie wir sie jetzt, nach beinahe einem Jahrhundert, noch benutzen, so Georg Stephenson die Locomotive, an der die Epigonen nur Weniges zu verbessern wußten, und dies Wenige entsprang auch fast Alles wieder dem starken Geiste von des großen Mannes großem Sohne.

Georg Stephenson stammt von einem ehrsamen Arbeiterpaare Robert Stephenson und Mabel Carr her, das mühsam in den um Wylam in Northumberland gelegenen Kohlengruben um die Existenz kämpfte. Rings um das, fast eine Hütte zu nennende, kleine Haus, in dem das arme Kohlenarbeiterkind geboren wurde, schnauben jetzt die weltumgestaltenden Maschinen, die aus Wylam das für den Techniker machen, was Urbino für den Künstler ist.

Fast ganz ohne Erziehung gelassen, schuf sich der thatkräftige, echt anglosächsische Geist des Mannes aus sich selbst, gestaltete seine großen Talente, baute die mächtige Stirne von unglaublicher Capacität, schaute aus den großen, grauen Augen mit aller durchdringenden Schärfe und fast poetischen Weichheit zugleich und zeichnete um Mund und Wangen die kraftvollen Linien, die seinem Gesichte die Form gaben, von der der berühmte Bildhauer Marochetti sagte. „Sie ist dafür geschaffen, in Erz gegossen zu werden!“ Nur langsam gelangte Stephenson dazu, seine großen Gaben bethätigen zu können, nur klein waren die Stufen, um die sich die Stellungen, die er einnahm, über einander erhoben, denn wer sollte dem schlichten Arbeitsmanne größere Thätigkeitskreise anvertrauen, wer von den über ihm Stehenden hatte Lust sich die Mühe zu nehmen, sein Talent kennen zu lernen? Aber wo er auch stand, überall war er besser als seine Stellung, überall war er der unbedingt Erste unter Seinesgleichen, überall genoß er unter ihnen ein an das Wunderbare streifendes Vertrauen. Wo Stephenson stand, mußte gewiß der beste Platz sein; wo er arbeitete, förderte es am meisten; was er unternahm und that, das mußte gelingen – so sagten seine Collegen – Warum? Sie wußten’s nicht – aber es war „nonsense“ anderer Meinung zu sein. Bis zu welchem Grade zwingend dieses unerschütterliche instinctive Vertrauen auf seine Freunde und Arbeitsgenossen einwirkte, sie selbst zu fast verzweifelten Thaten fortriß, wenn er voranging, davon liefert folgende schöne Begebenheit Zeugniß, die wir aus einer Menge ähnlicher Züge hervorheben, welche seinen hohen Muth, seine Alles überwiegende Nächstenliebe bekunden, und welche der Verfasser, als er im Jahre 1844 mehrere Wochen beim Studium des Kohlenminenbetriebs bei Newcastle am Tyne zubrachte, im Munde der englischen Minenarbeiter gäng und gäbe fand, die von dem großen Manne gern als von einem „Ihresgleichen“ sprachen.

Im Jahre 1814 bekleidete Georg Stephenson (der auf seinem fürstlichen Landsitze zu Tapton, als Mann von weltweitem Ruhme, nach eben siegreich durchkämpften Streite mit einem reichen Herzoge in einer kostspieligen Frage der Horticultur, starb), mit 1 Pfd. Sterl. 15 Schill. Gehalt per Woche, den bescheidenen Posten als Maschinenwärter und Bremser der Pump- und Fördermaschine auf einer der Killingworth-Kohlengruben, dem West-Moor-Schacht.

[427] In seinem kleinen Häuschen zu Killingworth besserte der unermüdlich thätige Mann in seinen Mußestunden mit gleicher Sorgsamkeit die alten Schuhe, wie die Uhren seiner Arbeitsgenossen aus, um das Geld zu erwerben, welches dazu nöthig war, seinen Sohn „Dick“, den nachmals ebenfalls weltberühmten Robert Stephenson (nachmals leitender Ingenieur von mehr Eisenbahnen, als sehr viele Techniker gesehen haben, Mitglied des Parlaments von England und Träger der höchsten wissenschaftlichen und bürgerlichen Ehren), in der Sammelschule eines gewissen Bruce in Newcastle das lernen zu lassen, dessen Mangel ihn, Georgen, wie er sagte, abhielt „ein großer Mann“ zu werden.

An einem Sommerabende des genannten Jahres befand sich George Stephenson in dem kleinen Garten, der an seinem Häuschen lag, emsig mit der Pflege seiner Kohlpflanzen und Gurken beschäftigt. Die Gemüsecultur, die stets bei ihm eine wahre Leidenschaft geblieben ist, und die er später in den größten Dimensionen, mit ungemeinem Aufwande trieb, interessirte ihn schon damals sehr, und er war stolz darauf, daß seine Nachbarn zu ihm zu kommen pflegten, um die ungewöhnliche Größe seiner Kohlköpfe und Rüben anzuschauen.

Plötzlich dröhnte durch die Stille des Sommerabends ein dumpfer, den Boden erschütternder Donnerschlag, dem augenblicklich ein markerschütterndes Geschrei von der nahegelegenen Kohlengrube her folgte. Stephenson war keinen Augenblick im Zweifel darüber, daß eine Explosion schlagender Wetter in derselben stattgefunden haben müsse, und noch weniger über die Pflichten, die er dabei zu erfüllen hatte. Welche Gefahren sich daran knüpften, das war ihm, dem Erfahrenen, am wenigsten verborgen.

Schuhe und Hut anzulegen – dazu ließ er sich nicht die Zeit – aber ohne einen, vielleicht den letzten Kuß von seinem Weibe, seiner treuen, guten Fanny, zu gehen, das war ihm unmöglich, und diese Versäumniß müßte ihm der gerechte Gott schon verzeihen!

Aber kaum hatte er sich aus den Armen, die ihn fest umschlungen hielten, losgerungen, so trieb schon der „Instinct des Vertrauens“ heulende und schreiende Schaaren von Arbeitsgenossen, Weibern und Kindern der in der Grube steckenden Leute zu ihm in’s Haus, die es mit schreckverzerrten Gesichtern füllten und die Hände nach ihm streckten, ohne zu wissen, was sie eigentlich von ihm, dem einzelnen Manne, wollten. Ohne ein Wort zu verlieren, bahnte er sich einen Weg durch die dichte Masse, die dem Voranlaufenden getreulich folgte.

Dampf und Brodem schoß in mächtigen Säulen aus dem Schachte; das Dach des Maschinenhauses war durch den mächtigen Luftdruck der Explosion zerstört.

Die Grube hatte nur einen Förder- und Fahrschacht, aber mehrere Luftschachte, es war also möglich, daß die Leute unten, wenn sie nicht verschüttet waren, unerstickt geblieben sein konnten. Es galt sie herauszuschaffen, oder das Feuer, das offenbar unten brannte, zu dämpfen. Stephenson untersuchte ruhig seine Maschine, räumte dazwischen gefallene Trümmer weg, setzte sie in Gang, fand, daß sie sich gut bewegte, tauchte ein großes Tuch in Wasser und wickelte es sich um Kopf und Oberkörper, und in das zur Kohlenförderung bestimmte Gefäß steigend, das vier bis fünf Mann fassen konnte, und das der Dampf aus dem Schachte umqualmte, rief er mit starker Stimme in die Schaar, die ihn leichenblaß und stumm umstand, hinein: „Wer fährt mit hinunter?“ Entsetzt wichen die jüngsten und beherztesten, wie die ältesten und erfahrensten Leute vor dieser wahren Höllenfahrt zurück. Da befahl Stephenson seinem Stellvertreter, die Maschine in Gang zu setzen, indem er allein hinunter wolle, und sie schnell laufen zu lassen, damit er nicht schon unterwegs ersticke. Doch – da siegte der „Instinct des Vertrauens“ bei drei Männern im Kreise – sie sprangen zu ihm in das Fördergefäß – die Maschine zog an, und die vier Beherzten verschwanden, unter einem allgemeinen Geschrei des Entsetzens, in dem dampfenden Schlunde.

Die Grube war nur wenige hundert Fuß tief; die Hinabfahrt war daher, ohne vieles Athemholen, auszuhalten, und etwas betäubt, aber wohlbehalten langten die Männer unten an. Stephenson überzeugte sich bald, daß die Zerstörungen nur gering, nur zwei Leute durch die Explosion getödtet seien und die andern, entsetzt und ohne Geistesgegenwart, sich unter einen der Luftschächte zusammengedrängt hatten. In einem der Stollen brannte Zimmerung und Kohlenflötz, aus ihm qualmte der Brodem empor, der, inzwischen vermehrt, die Ausfahrt aus dem Schachte ganz unmöglich gemacht hatte.

Bei Stephenson’s Anblick brachen die Leute in ein Jubelgeschrei aus; starken Herzens und nur das Nothwendige im Auge, wies er schroff und hart alle Freudenbezeigungen zurück, befahl zehn von ihnen, die er als die besten Maurer kannte, sich mit Wasser zu begießen und ihm mit Maurerwerkzeug nach dem brennenden Stollen zu folgen. Zugleich mußten die Andern eine dichte Handlangerkette von dem im Schacht befindlichen Depot von Ziegeln und Kalk nach jenem Orte der Gefahr bilden. Als ob ein mächtiger Geist und nicht ein armer Maschinenwärter befehligte, gehorchte die Masse. Auf dem Leibe hinkriechend, näherte sich Stephenson mit den zehn Maurern der Mündung des brennenden Stollens; über ihre Leiber hin wurden ihnen Kalk und Steine zugereicht, und die Leute selbst wurden mit Wasser begossen. So begannen sie, unter unsäglichen Beschwerden der Athemnot und Glut, aber, trotzdem daß mehrere von ihnen immer matter und stiller wurden, bis sie endlich regungslos ausgestreckt lagen, mit aller Kraft, die ihnen die furchtbare Lage ließ, und, am rüstigsten unter ihnen arbeitend, Stephenson, eine Mauer an der Stollenmündung auszuführen. Je nachdem diese emporstieg und sie gegen Rauch und Hitze schützte, konnten sie sich mehr emporrichten, und um so schneller und freudiger förderte die Arbeit. Immer enger wurde das Loch, aus dem Rauch und Flamme herausqualmte, schon wollten sich einzelne Freudenrufe hören lassen, als Stephenson, der sehr wohl wußte, wie nahe die Gefahr einer zweiten Explosion lag, denselben kraftvoll Stille gebot, bis der letzte Stein in die Mauer gesetzt, der brennende Stollen verschlossen und die letzte Qualmwolke zur Schachtmündung hinausgezogen war. Dann ließ er die Schwächsten in das Fördergefäß steigen und an das Gotteslicht emporfahren, und so alle Lebendigen, und zuletzt die zwölf Leichen der bei der Explosion und dann bei der Arbeit Erstickten, die seine rüstigen drei Gefährten bei der Höllenfahrt, ihm in das Fördergefäß laden helfen mußten.

Endlich fuhr er auch selbst hinauf, wo die Ingenieure und Eigenthümer der Grube versammelt waren.

Die Ersteren lobten sein Verfahren und sagten, sie hätten es selbst nicht besser machen können; die Andern, denen er die Grube gerettet hatte, denn der Brand des Flötzes erlosch noch denselben Tag, erhöhten seinen Wochenlohn um 10 Schillinge!! – Einer unter diesen frug Stephenson im ersten Eindruck des neuen, durch die furchtbare Gewalt der schlagenden Wetter herbeigeführten Unglücks, und mit einem Anwehen des „Genies des Vertrauens“: „Mann! läßt sich denn gar Nichts gegen dieses Unheil thun?“ Und der noch in seinen nassen Kleidern triefende Stephenson sagte im Weggehen: „Ich sollte meinen, daß Gott Hülfe dagegen schicken würde, wenn sich ein guter Mann recht ernstlich damit beschäftigen wollte!“

Zwanzig Jahre später rang der Erfinder der Locomotive mit dem großen Humphry Davy um die Priorität der Erfindung der Sicherheitslampe!

Er war einer der „guten Männer“ gewesen, die Gott auserwählt, um seine Hülfe zu schicken, und der „Instinct des Vertrauens“ der armen Kohlenarbeiter hatte ihn längst als Rüstzeug der Vorsehung erkannt, als das Parlament noch die Pläne des dunkeln Mannes zu der Liverpool-Manchester-Eisenbahn verspottete.