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Eine Idee

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Kurt Tucholsky
unter dem Pseudonym
Ignaz Wrobel
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Titel: Eine Idee
Untertitel:
aus: Die Weltbühne. Jahrgang 22, Nummer 33, Seite 271
Herausgeber: Siegfried Jacobsohn
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 17. August 1926
Verlag: Verlag der Weltbühne
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Die Weltbühne. Vollständiger Nachdruck der Jahrgänge 1918–1933. Athenäum Verlag, Königstein/Ts. 1978. Scan auf Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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Eine Idee

„Der Innenminister der Südafrikanischen Union teilte mit, daß die Regierung den Empfang des Prinzen von Wales dadurch finanziert habe, daß sie zahlreiche Zuchthäusler begnadigte. Von den dadurch ersparten Unterhaltungskosten sind sogar noch 200 000 Mark übriggeblieben.“ Dafür ließen wir Großvater Tirpitz immerzu auf einem Äppelkahn im Landwehrkanal einziehen; dafür den Privatdienstangestellten Nicolai durchs Brandenburger Tor einziehen – meinethalben sogar den v. Oels den v. Südekum besuchen. Wenn man nur gewisse Zuchthäusler freiließe.

Zum Beispiel jenen Albert Stemmer, der am 28. Februar 1924, weil er im Ruhrgebiet einen verbotenen Waffen- und Flugblättertransport begleitet hat, zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt worden ist und die Konsequenz dieser politischen Meinung deutscher Richter heute noch trägt; zum Beispiel jenen Bernhard Kalscher, am 20. Juli 1924 wegen „Angabe heimlicher Rüstungen der Rechtsverbände“ nicht etwa belobt, wie das rechtens gewesen wäre, sondern zu 6 Jahren Zuchthaus, zum Beispiel jenen Arthur Dietschel, am 26. Mai 1924 wegen einer ähnlichen Mitteilung an einen englischen Major zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt worden ist. Was diese Polizeimaßnahme, die mit Justiz überhaupt nichts mehr zu tun haben, bedeuten, das wissen wir. Rache.

Aber ließe man die Opfer frei und bezahlte von den Ersparnissen Empfänge, was käme dabei heraus –?

Ach, es würde nicht viel erspart. Erspart würde der Zuchthausfraß, die Arbeit der Gefangenenaufseher, des Menschenarztes, der da sagt: „Raus! Simulation!“, des Seelsorgers, der da sagt: „Denn mein ist die Rache, spricht der Herr!“ und des Direktors der Strafanstalt, der ewig in Urlaub ist. Und für das ersparte Geld käme wiederum kein feierlicher Einzug zustande, sondern höchstens die Kosten einer eiligen Autofahrt irgendeines Generals aus der Gefahrenzone in die Pensionszone.

Und so werden wohl die Zuchthäusler hocken bleiben im Elend, bis ein mündig gewordenes Volk seine Bonzen abschüttelt und sie herausholt.

Ignaz Wrobel