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Eine höchst merkwürdige elektrische Erscheinung

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Textdaten
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Autor: Philipp Spiller
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Titel: Eine höchst merkwürdige elektrische Erscheinung
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1863
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[95] Eine höchst merkwürdige elektrische Erscheinung. Die feuchte Luft ist bekanntlich ein guter Leiter für die Elektricität, und daher gelingen z. B. auf Cayenne in der so feuchten Luft elektrische Versuche fast gar nicht. Da nun im größten Theile der nordamerikanischen Freistaaten die Luft sehr trocken ist, so zeigen sich dort die auffallendsten elektrischen Erscheinungen. Geht man z. B. in New York mit schleifenden Füßen auf dem mit Teppichen belegten Fußboden der durch Luftheizung erwärmten und ausgetrockneten Zimmer, so wird der Körper so elektrisch, daß von ihm auf die berührten Thürklinken oder auch auf eintretende Personen Funken überspringen und daß leichte Kleider, die man trägt, benachbarten Gegenständen sich nähern. Es ist daher auch möglich, daß Personen durch die atmosphärische Elektricität in einen elektrischen Spannungszustand versetzt werden, in welchem sie eine große Reizbarkeit und Exaltation zeigen, so daß sie bisweilen unzurechnungsfähig erscheinen.

Professor Loomis in New-York hat darüber eine Reihe interessanter Thatsachen gesammelt, aber den merkwürdigsten Fall theilte mir kürzlich ein Freund, der Chef-Redakteur des New-York Demokrat und Direktor der deutschen Hoboken-Akademie, Herr Dr. Douai, in folgender Weise mit: „An einem der letzten Tage (4. August d. J.) schlug hier während einer ziemlich stillen, mehr wetterleuchtenden Gewitterentladung der Blitz in das Haus eines meiner Bekannten auf Staten-Island, aber ohne zu zünden. Die Familie saß beim Abendbrode, als der betäubende Schlag erfolgte und die Familienglieder eine Feuerkugel sich um einen Zinnkrug auf dem Tische schlängeln sahen. Die Hausfrau war getroffen worden. Sie war zwar auffällig ruhig und gefaßt, zeigte auch keine Spur von Verletzung, aber Tages darauf begann sie zu klagen. Ihre Verdauung war gestört und sie war in einer solchen elektrischen Spannung, daß, so oft man sie berührte, elektrische Schläge von beiden Theilen empfunden wurden. Ihre Hoops (Reifrock) verursachten ihr heftige Schmerzen, besonders beim Entfernen derselben. Es konnte nur ihr Schwager sie anrühren, ohne ihr Krämpfe zuzuziehen, und wenn er ihre Hand in der seinigen hielt, schlief sie allmählich ein. Als der Arzt, ein kräftiger, energischer Mann, wenige Schritte vom Bette entfernt und ihr den Rücken zukehrend, eine Medicin in einer Schale umrührte, empfand er und sie einen heftigen elektrischen Schlag. Am dritten Tage starb sie im Augenblicke des Aderlasses an einem kurzen Krampfanfalle. Die Luft war auch mehrere Tage nach dem Blitzschlage noch fortwährend elektrisch gespannt und gewitterhaft.

Nach meiner Ansicht hätte die Kranke nichts retten können, als der häufige Gebrauch von warmen Bädern, um durch das gut leitende Wasser den elektrischen Spannungszustand ihres Körpers, welcher dem regelmäßigen Stoffwechsel bei der organisch-elektrischen Thätigkeit entgegenwirkte, zu vermindern und endlich aufzuheben.

Ph. Spiller.