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Eine kleine Geburt

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Textdaten
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Autor: Kurt Tucholsky
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Titel: Eine kleine Geburt
Untertitel:
aus: Lerne lachen ohne zu weinen, S. 369-371
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Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1932 (EA 1931)
Verlag: Ernst Rowohlt
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Erscheinungsort: Berlin
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: ULB Düsseldorf und Scans auf commons
Kurzbeschreibung:
Erstdruck in: Weltbühne, 20. Januar 1931
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[369]

 Eine kleine Geburt

Ich lebte mit Frau Sobernheimer;
sie war so lieb, sie war so nett.
Wir wuschen uns im selben Eimer,
wir schliefen in demselben Bett.

5
     So trieben wir es manches Jahr …

     Bis sie den Knaben mir gebar.

[370]

Doch dieser Knabe war kein Knabe.
Wir hatten in der dunklen Nacht
als Zeitvertreib und Liebesgabe

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uns dieses Wesen ausgedacht.

     Frau S. war jeden Kindes bar.
     Der Knabe, der hieß Waldemar.

Und war so klug! – Nach fünfzehn Tagen,
gelebt im Kinderparadies,

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da konnte er schon Scheibe sagen,

bis man ihm solches leicht verwies.
     Er setzte sich aufs Tintenfaß
     und machte meinen Schreibtisch naß.

Er wuchs heran, der Eltern Freude,

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ein braves, aufgewecktes Kind.

Wir merkten an ihm alle Beude,
wie süß der Liebe Früchte sind.
     Da fragte Mutti ganz real:
     „Was wird der Junge denn nun mal –?“

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Hebamme? General? Direktor?

Bootlegger? Hirt? Ein Schiffsbarbier?
Verlorner Mädchenheim-Inspektor?
Biographist? Gerichtsvollziehr?
     Ein Freudenmännchen? Jubilar –?

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     Uneinig war das Elternpaar.


Ein Krach stieg auf, bis zu den Sternen!
Frau S., die krisch. Die Türe knallt.
Sie wollt ihn lassen Bildung lernen,

[371]

ich aber war für Staatsanwalt.

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     Ein Kompromiß nahm sie nicht an:

     im Kino, als Bedürfnismann.

Der Lümmel gröhlte in der Küche
und fand den Krach ganz wunderbar.
So ging die Liebe in die Brüche –

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und alles wegen Waldemar?

     Da sprach ich fest: „Mein trautes Glück!
     Wir geben dieses Jöhr zurück!“

Gemacht.
     Nun ist Frau Sobernheimer

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wie ehedem so lieb und nett.

Wir waschen uns im selben Eimer,
wir schlafen in demselben Bett.
     Und denken nur noch hier und dar
     mal an den seligen Waldemar.