Eine luftige Statistik

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Titel: Eine luftige Statistik
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aus: Die Gartenlaube, Heft 16, S. 268
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[268] Eine luftige Statistik. Unsere Leser haben schon oft gehört, daß unsere klare, durchsichtige Atmosphäre von unzähligen Wesen bewohnt wird, die so winzig sind, daß wir sie nur mit Hülfe der stärksten Mikroskope sehen können. Sie haben auch viel von der Bedeutung dieser kleinen Organismen gehört, da in unsern Tagen viele Gelehrte der Meinung huldigen, daß einzelne Arten derselben verschiedene ansteckende Krankheiten hervorrufen. Vom Hörensagen kennt heute selbst das Schulkind den „Cholerapilz“, die Tuberculose-Bacterien etc. Unsere Aufgabe ist es heute nicht, den Lesern zu erklären, wie viel Wahres diese vielfach angefochtenen Theorien der modernen Forscher enthalten, wir wollen die Pilzfrage, soweit sie sich auf den Aufenthalt der kleinsten Pilze in der Luft bezieht, von einem andern Standpunkte betrachten.

Ein französischer Forscher, P. Miquel, beschäftigt sich gegenwärtig in dem Observatorium von Montsouris bei Paris mit der Statistik der in der Luft enthaltenen Pilzkeime und hat vor Kurzem die Ergebnisse seiner recht mühseligen Arbeiten veröffentlicht.

Nach seinen Mittheilungen enthielt ein Cubikmeter Luft aus der Umgebung von Montsouris durchschnittlich folgende Mengen von Pilzkeimen: im December, Januar und Februar 7000, im Mai 12,000, im Juni 35,000, im August 23,000, im October 14,000 und im November 8000. Man kann also hieraus den Schluß ziehen, daß auch diese unsichtbaren Pilze, wie Alles in der Welt, ihre Zeit haben und in warmen und feuchten Monaten sich am zahlreichsten vorfinden.

Miquel hat seine Forschungen auch auf einzelne Arten von Pilzen ausgedehnt, namentlich auf die Bacterien, von welchen einige in dem schlechten Rufe der Krankheitserzeuger stehen. Im Durchschnitte soll es im Laboratorium von Montsouris achtzig Bacterien in einem Cubikmeter Luft geben, und auch diese Zahl ist je nach der Jahreszeit besonderen Schwankungen unterworfen. Im Februar zählte Miquel nur 33 und im October 170 Bacterien in einem Cubikmeter Luft. Natürlich gelten diese Zahlen nicht für jeden Ort. Zu derselben Zeit fand man nämlich in einem Cubikmeter Luft folgende Bacterienmengen: auf der Spitze des Pariser Pantheons 28, im Parke von Montsouris 45 und in der Mairie des vierten Arrondissements von Paris 462.

Schließlich bemerken wir noch, daß das Pariser Regenwasser mindestens 64,000 derartige Gäste in je einem Liter enthält.

Der Leser wird wohl fragen: Wozu nützt diese sonderbare Statistik? und er wird geneigt sein, zu antworten: Doch wohl nur zur Befriedigung einer „wissenschaftlichen Neugierde“. So wie die Sache sich heute verhält, dürfte er wohl Recht haben, denn die Zahlen, welche uns Herr Miquel mittheilt, sind noch zu unzuverlässig, um aus ihnen irgend welche sichere Schlußfolgerung zu ziehen. Bei sorgfältiger Fortsetzung derartiger Statistik könnten jedoch Daten gesammelt werden, die für die Erklärung mancher räthselhaften Naturerscheinungen, mancher Krankheiten etc. von großem Nutzen wären. Das ist auch das Ziel, welches sich der genannte Forscher gestellt hat. Ob er es erreichen wird, ob wir die Nutzanwendung dieser mühseligen Arbeit erleben, das muß freilich dahingestellt bleiben.