Eine neue billige Ausgabe von Grillparzers sämmtlichen Werken

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Titel: Eine neue billige Ausgabe von Grillparzers sämmtlichen Werken
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aus: Die Gartenlaube, Heft 45, S. 772
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[772] Eine neue billige Ausgabe von Grillparzers sämtlichen Werken. Auf die vierte Ausgabe der Werke des großen österreichischen Dichters ist jetzt nach sechs Jahren die fünfte gefolgt, wieder wie die letzte in vortrefflicher Weise von August Sauer herausgegeben. Sie umfaßt, da der Text erheblich bereichert werden konnte, statt der früheren sechzehn Bände deren zwanzig, ist aber trotzdem bedeutend billiger geworden, dank dem Bestreben der Cotta'schen Verlagsbuchhandlung, den Schöpfungen dieses Klassikers der neueren Zeit die weiteste Verbreitung und die verdiente volkstümliche Geltung zu sichern. Eine Fülle von dramatischer Kraft, einen Reigen packender erhebender Gestalten bringe uns diese Dichtungen in einer Sprache entgegen, deren Tiefe, deren klangvoller Schwung seither von keinem mehr erreicht wurde. Da ziehen sie an uns vorüber, jene mächtigen Bilder tragischer Größe, allen voran Sappho und Medea, Hero und Leander. Und hinter den Werken seiner Phantasie zeigt uns der Dichter sein eigenes Wesen. Grillparzer hat das Leben nicht leicht getragen. Er, der mit seinem ganze geistige Sein in seinem poetischen Wirken aufging, dem die Dichtkunst nach seinem eigenen Ausspruch Philosophie und Physik, Geschichte und Rechtslehre, Liebe und Neigung, Denken und Fühlen war, konnte es nie verwinden, daß nach dem vollen Erfolg seiner Jugend sein Name durch widrige Umstände zwei Jahrzehnte lang fast in Vergessenheit gerieth. Erst 1848 machte das berühmte Gedicht an den Feldmarschall Radetzky :

„Glück auf mein Feldherr, sichre den Streich,
Nicht bloß um des Ruhmes Schimmer!
In Deinem Lager ist Oesterreich,
Wir andern sind einzelne Trümmer“ ...

sein Vaterland wieder auf ihn aufmerksam, das nun seinen Werth in immer steigendem Maße erkannte. Sein achtzigster Geburtstag am 15. Januar 1871 wurde mit Festen gefeiert, wie sie selten einem Dichter dargebracht wurden, und als er bald darauf, am 21. Januar 1872, starb, da geleitete Tausende seinen Sarg. Sein Ruhm ist nicht mit ihm zu Grabe gegangen, er hat die Zeit, die das Echte vom Nichtige scheidet, überdauert und wird sie überdauern , denn was Grillparzer so gewaltig schildert, die großen Räthsel menschlichen Lebens und Liebes, das wird wirksam sein, so lange empfängliche Herzen sein schönes Wort begreifen:

„Und in der Welt voll offenbarer Wunder
Sind wir das größte aller Wunder selbst.“