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Einer

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller
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Titel: Einer
Untertitel:
aus: Friedrich Schiller:
Musen-Almanach für das Jahr 1797, S. 192 – 195
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1797
Verlag: J. G. Cotta
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Erscheinungsort: Tübingen
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
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Quelle: HAAB Weimar, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[192]
Einer.


Grausam handelt Amor mit mir! o! spielet, ihr Musen,
     Mit den Schmerzen, die er, spielend, im Busen erregt,
Manuscripte besitz ich wie kein Gelehrter noch König,
     Denn mein Liebchen sie schreibt, was ich ihr dichtete, mir.

5
Wie im Winter die Saat nur langsam keimet, im Frühling

     Lebhaft, treibet und schoßt, so war die Neigung zu dir.
Immer war mir das Feld und der Wald, und der Fels und die Gärten
     Nur ein Raum, und du machst sie, Geliebte, zum Ort.

[193]

Raum und Zeit, ich empfind es, sind bloße Formen des Denkens,

10
     Da das Eckchen mit dir, Liebchen, unendlich mir scheint.

Sorge! sie steiget mit dir zu Pferde, sie steiget zu Schiffe,
     Viel zudringlicher noch packet sich Amor mir auf.
Schwer zu besiegen ist schon die Neigung, gesellet sich aber
     Gar die Gewohnheit zu ihr, unüberwindlich ist sie.

15
Welche Schrift ich zweymal, ja dreymal hinter einander

     Lese? das herzliche Blatt, das die Geliebte mir schreibt.
Wer mich entzückt, vermag mich zu täuschen. O! Dichter und Sänger,
     Mimen! lerntet ihr doch meiner Geliebten was ab.

[194]

Alle Freude des Dichters, ein gutes Gedicht zu erschaffen,

20
     Fühle das liebliche Kind, das ihn begeisterte, mit.

Ein Epigramm sey zu kurz, mir etwas herzlichs zu sagen?
     Wie, mein Geliebter, ist denn nicht noch viel kürzer der Kuß?
Kennst du den herrlichen Gift der unbefriedigten Liebe?
     Er versengt und erquickt, zehret am Mark und erneut’s.

25
Kennst du die herrliche Wirkung der endlich befriedigten Liebe?

     Körper verbindet sie schön, wenn sie die Geister befreyt.
Das ist die wahre Liebe, die immer und immer sich gleich bleibt,
     Wenn man ihr alles gewährt, wenn man ihr alles versagt.

[195]

Alles wünscht’ ich zu haben, um mit ihr alles zu theilen,

30
     Alles gäb ich dahin, wär sie, die Einzige, mein.

Kränken ein liebendes Herz und schweigen müssen! geschärfter
     Können die Qualen nicht seyn, die Rhadamant sich ersinnt
Warum bin ich vergänglich? o Zevs! so fragte die Schönheit,
     Macht dich doch, sagte der Gott, nur das Vergängliche schön.

35
Und die Liebe, die Blumen, der Thau und die Jugend vernahmens,

     Alle gingen sie weg, weinend, von Jupiters Thron.
Leben muß man und lieben! Es endet Leben und Liebe!
     Schnittest du, Parze, doch nur beyde die Fäden zugleich.

G. und S.