Elektrische Kraft Hertz:029

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Heinrich Hertz: Untersuchungen über die Ausbreitung der elektrischen Kraft
Seite 29
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1. Einleitende Uebersicht.


pressibele Flüssigkeit, ist ein Lieblingssatz Maxwell’s. Diese Aussagen aber passen nicht in die Vorstellungen des vierten Standpunktes, sie lassen vermuthen, dass es vielmehr der dritte Standpunkt gewesen sei, dessen Anschauungen Maxwell vor Augen standen. Ich glaube, dass dies letztere niemals der Fall war, dass die Widersprüche scheinbar sind und auf einem Missverständniss beruhen. Irre ich nicht, so ist der Zusammenhang der folgende: Maxwell hat ursprünglich seine Theorie entwickelt an der Hand sehr bestimmter und specieller Vorstellungen über das Wesen der elektrischen Erscheinungen. Er nahm an, dass die Poren des Aethers und aller Körper erfüllt seien mit einer zarten Flüssigkeit, welche aber keine Fernkräfte ausübte. In den Leitern sollte sich diese Flüssigkeit frei bewegen und diese Bewegung sollte das bilden, was wir einen elektrischen Strom nennen. In den Isolatoren sollte diese Flüssigkeit durch elastische Kräfte an ihren Ort gefesselt sein und die Verschiebung, das „displacement“ derselben wurde betrachtet als das Wesen der elektrischen Polarisation. Die Flüssigkeit selbst nannte Maxwell als die Ursache aller elektrischen Erscheinungen „Elektricität“. Als Maxwell nun sein grosses Werk abfasste, sagten ihm offenbar die gehäuften Hypothesen jener ersten Vorstellung nicht mehr zu oder er fand Widersprüche in denselben und so liess er sie fort. Aber er eliminirte sie doch nicht so vollständig, dass nicht eine ganze Reihe von Bezeichnungen, die aus jener Vorstellung stammen, zurückgeblieben wären. Und so hat leider das Wort „Elektricität“ in Maxwell’s Werk offenbar einen Doppelsinn. Einmal bezeichnet es dasjenige, was auch wir so bezeichnen, eine Grösse, welche positiv und negativ sein kann, und welche den Ausgangspunkt mindestens scheinbarer Fernkräfte bildet. Zweitens bezeichnet es jenes hypothetische Fluidum, von welchem keine, auch keine scheinbaren Fernkräfte ausgehen, und dessen Menge in einem Raum unter allen Umständen nur eine positive Grösse sein kann. Liest man die Ausführungen Maxwell’s, indem man beständig den Sinn des Wortes „Elektricität“ in geeigneter Weise interpretirt, so lassen sich die zuerst überraschenden Widersprüche fast immer zum Verschwinden bringen. Ich muss indess bekennen, dass mir dies in Vollständigkeit und zu meiner vollkommenen Befriedigung doch nicht hat gelingen