Elephanten als Gewerbtreibende
[628] Elephanten als Gewerbtreibende. Ein Engländer bemerkte auf seinen Reisen über die Insel Ceylon nicht selten Elephanten als eben so kluge, als mächtige Handwerker und Arbeiter. Zunächst sah er einen bei Urbarmachung von Land beschäftigt. „Es war sehr interessant, das riesige, plumpe Ungeheuer in seiner Arbeit zu beobachten. Er riß ungeheure Baumwurzeln aus der Erde, vermittelst eines mächtigen Hakens, der mit einer Kette um seinen Hals befestigt war. Er riß und zerrte mit der Kraft von 100 Arbeitern in bestimmten, regelmäßigen Ansätzen, die er jedesmal mit einem tiefen, brausenden Grunzen begleitete. Mit der ganzen Masse seines Vorderkörpers bog er sich bis beinahe auf die Knieen nieder, um einem Menschen Gelegenheit zu geben, die Kette danach einzuhaken und abzukürzen, dann stämmte er sich aufwärts, daß die dicksten, tausendjährigen Wurzeln krachten und nach allen Seiten hin brachen und, Erde umherstiebend, aus dem festhaltenden Boden sprangen. Dabei trat er oft zurück, um sich die Fortschritte seiner Arbeit anzusehen, und dann mit neuen Kräften fortzufahren. Die Klugheit, welche der Elephant in seinem gezähmten Zustande entwickelt, erreicht beinahe den Verstand des Menschen. Ohne Zweifel denkt, urtheilt und schließt er und benutzt Erfahrungen oft besser, als der Mensch, dem, wie es scheint, alle großen Lehren der Geschichte nichts helfen. Auch macht der Elephant leicht Fortschritte in seiner geistigen Entwickelung. An einer andern Stelle sah ich einen Elephanten als Maurer bei einem Brückenbau beschäftigt. Die Genauigkeit und Ausdauer, die sie zeigen, die großen behauenen Quadersteine zu legen, zu rücken und nach dem Augenmaße mathematisch genau aneinander zu fügen, ist unglaublich, wenn man’s nicht selber sieht. Sie legen die Steine mit der Wissenschaft eines alten Maurergesellen und treten jedesmal zurück, um den Stein aus der Ferne und von allen Seiten zu besehen, und ihm dann die letzten, feinen Rucke zu geben, wenn sie finden, daß das Werk nicht ganz vollkommen ist. Und wie der Maurer dann dem Steine gleichsam einen leisen Schlag des Beifalls giebt, nimmt der Elephant seinen Rüssel und pocht leise drauf, als wollt’ er damit sagen: „so ist’s gut und so bleibst du liegen. „Wenn sie mehrere Steine auf diese Weise placirt und zurechtgeschoben haben, treten sie ziemlich weit zurück, um das Ganze einer allgemeinen Revue und Kritik zu unterwerfen. Dann wackeln sie mit ihren alten, klugen Ohren und drehen die Augen und den ganzen Kopf, um Alles genau zu prüfen und schließen bald das eine, bald das andere Auge, um jede leise Unregelmäßigkeit in ihren Anordnungen zu entdecken und danach Verbesserungen anzubringen. Freilich muß man sie zu behandeln wissen, denn als vernünftige, civilisirte Wesen wollen sie auch ehrlich und anständig behandelt sein und lassen sich durchaus nicht so viel gefallen, als mancher menschliche Arbeiter. In ihrer noblen Weise bringt sie nichts so sehr in Zorn, als wenn Menschen ihnen etwas versprechen, ohne es zu halten. Der Mensch muß sich das bekanntlich von Menschen sehr oft gefallen lassen: aber ein Elephant in Ninivelly, der den ganzen Tag Floßholz aus dem Wasser gezogen und am Lande aufgeschichtet hatte, riß sich die folgende Nacht aus seiner Schlafstelle los und warf alles Holz wieder in’s Wasser, weil ihm der Arbeitgeber zum Feierabend ein Fläschchen Rum versprochen und diese nicht gegeben hatte. Der buddhistisch-heidnische Herr des Elephanten war übrigens in diesem Falle vernünftiger und menschlicher, als sich in der Regel christliche Obrigkeit erweist. Er gab ihm jetzt den Rum zum Frühstück und versprach und gab ihm zum Abend die Quantität, welche ihm den Abend vorher versprochen worden war. Herr und Elephant standen jetzt wieder in dem besten Unterthanen-Verbande. Hätte Ersterer statt des Rums eine Tracht Prügel verabfolgt, wäre er zum Tyrannen und Wortbrecher, der Elephant aber ein tückischer Sklave geworden, als welcher er eben so viel von seiner Arbeitslust, als von seinem Talente und seiner Nützlichkeit für den Herrn verloren haben würde.