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Erbarmt euch der Waisen!

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Textdaten
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Titel: Erbarmt euch der Waisen!
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 33, S. 544
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Erbarmt Euch der Waisen!

Eine Bitte für ein deutsches Forstwaisenhaus. Schutz dem Wilde – Schutz dem Walde nicht allein gegen unbefugte Frevler, sondern auch gegen die eigene Mordlust, gegett die eigene Habgier, das ist ein Ruf, der jetzt durch ganz Deutschland geht und Widerhall findet in allen treuen deutschen Jägerherzen, ein Ruf, der die Devise geworden ist für viele Tausende von Männern aus allen deutschen Gauen, die ein warmes Herz haben für das edle Waidwerk und für den schönen Wald und die sich vereinigt haben zur Bildung eines allgemeinen deutschen Jagdschutzvereins. Viel Segensreiches ist bereits von dieser nationalen Vereinigung geschaffen, ein neues Denkmal treuer Liebe und deutscher Einigkeit soll dem hinzugefügt werden.

In der Nähe des märkischeu Waldidylles Hubertusstock in der Schorfhaide, des alten Jagdschlosses der Hohenzollern, liegt der Ort Groß-Schönebeck. Waldesruhe rings umher, nur der Schrei des Hirsches unterbricht die einförmige Stille. Hier soll ein Asyl geschaffen werden für die Waisenknaben deutscher Forstbeamten, staatlicher, communaler und privater; hier sollen die Kinder, die im grünen Walde aufgewachsen sind, einen Ersatz für ihr so früh verlorenes Elternhaus finden und vorbereitet werden zum Beruf ihres Vaters oder auch zu einer anderen Lebensstellung.

Der Ort ist gefunden, in ihm aber auch der Mann, welcher befähigt ist eine derartige Anstalt zu leiten, und dessen warmes Herz die Bürgschaft giebt, daß die Waisenknaben bei ihm in guter Hand sind. Es ist dies der Lehrer Kortenbeitel, der Begründer der ersten preußischen Försterschule, von dem auch zuerst die Idee zur Errichtung einer Anstalt für Waisenknaben deutscher Forstbeamten ausging. Der preußische Minister für Land- und Forstwirthschaft, Dr. Lucius, sowie der Oberlandforstmeister Ulrici traten warm für die Sache ein, der deutsche Jagdschutzverein erklärte, das Waisenhaus in jeder Weise unterstützen zu wollen, und der Kronprinz des deutschen Reiches übernahm das Protectorat der zum Andenken an seine silberne Hochzeit errichteten Stiftung.

Bereits sind 18,600 Mark zum Bau der projectirten Anstalt gesammelt und dem preußischen Ministerium für Land- und Forstwirthschaft, welches dereinst die Aussicht über die Anstalt übernehmen wird, zugestellt worden, aber eine große Summe wird noch erforderlich sein, bevor mit dem Bau des Waisenhauses begonnen werden kann. Auch diese wird beschafft werden. Man rühmt die edle deutsche Jägerei. Nun, da müssen auch viele edle Herzen unter den deutschen Jägern schlagen, die gern geben für ein gutes Beginnen, für die armen Kinder, die ihren treusorgenden Vater, oft in gewissenhafter Ausübung seines Berufes, in hartem Kampfe mit Wild- und Waldfrevlern, verloren haben.

Herbei, Ihr deutschen Jäger, die Ihr Wild und Wald liebt, sorgt für die besonderen Schützer derselben, sorgt, daß der treue Beamte wenigstens den Trost und die Gewißheit hat, daß seine Knaben ein Obdach und Asyl finden werden, wenn Ehre und Pflicht ihn in den Kampf treiben und er in diesem unterliegt. Sammelt auf den Jagden und auf Festen der verschiedensten Art, setzt Strafen für Fehlschüsse und für waidmännische Verstöße auf den Jagden aus und sucht auch in Freundeskreisen für Groß-Schönebeck zu interessiren. Der Dank der Forstbeamten wird Euch nicht fehlen.

Wer aber auch kein Jäger und kein Waldbesitzer ist, jedoch die grüne Farbe und den grünen Wald liebt und wer sich freut, daß wieder einmal ein Monument deutscher Ewigkeit erstehen soll, auch dem sei die Sache an’s Herz gelegt; sein Scherflein wird in deutschen Jägerkreisen doppelt freudig begrüßt werden.

Die „Gartenlaube“ ist gern bereit jede Gabe anzunehmen, und mit der ersten Quittung, welcher viele andere recht bald folgen mögen, schließt sie diesen Aufruf, der sicherlich nicht ungehört verhallen wird.


Für das deutsche Forstwaisenhaus sind eingegangen:
v. B. 100 M.; W. B. 5 M.; Ein frühzeitig Verwaister 3 M.; Verlagshandlung der „Gartenlaube“ 100 M.; R. G. 4 M.

Weitere Beiträge sind zu adressiren: „An die Verlagsbuchhandlung Ernst Keil in Leipzig“.