Erinnerungen von der Dresdner Kunstausstellung im Jahre 1802
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Seit gestern, mein Theurer, sind die Säle, in denen wir vergangenes Jahr manche Stunde recht angenehm hinbrachten, und die, wie damals, seit dem 3 März der Kunstausstellung gewidmet waren, wiederum verschlossen. Es wird daher die höchste Zeit, wenn ich meinem Versprechen nachkommen, und Ihnen eine kurze Anzeige der Werke zuschicken will, die für mich die bedeutendern gewesen sind; für mich sage ich, um die Beschuldigung eines anmaßenden Urtheils gänzlich von mir zu entfernen.
Wie immer waren die Zimmer mit Gemählden, Zeichnungen, Kupferstichen und überhaupt Kunstsachen von mancherlei Art ausgestattet. Schattenrisse, Quodlibets und Stickereien hatten sich mit hinein gedrängt, und im Ganzen schien überhaupt ziemlich derselbe Geist zu herrschen, welcher die letzte Ausstellung auszeichnete. Wenig eigne Erfindungen, viel Kopien nach der hiesigen Galerie, und besonders viel Porträts. Unter den letztern gab es indessen freilich welche, die aus Meisterhänden hervorgegangen waren, und ich darf nur der Bildnisse gedenken, mit denen die Herren Graff und Tischbein, auch Demoiselle Stock die Ausstellung beehrt hatten, um meine Behauptung in ein durch Gründe unterstütztes Urtheil zu verwandeln.
Ich fange sogleich mit dem in Oel gemahlten „Brustbilde eines betenden Alten“ an, welches Herr Graff ausgestellt hatte. Seine Augen glänzten von dem Verlangen nach überirdischen Gütern, und jede Gesichtsmuskel wiederholte aufs rührendste dieses Verlangen, das schon durch die gefaltenen Hände angedeutet war. Ich kann wohl sagen, daß mich nicht dieses köstliche Bild allein, sondern auch dabei der Gedanke an den mit allem Rechte so hoch geschätzten Künstler sehr erfreute, von dessen Kraft sogar die Schwäche der Augen, woran er außerordentlich leiden soll, auf das glücklichste überwunden wird. Sie hätten das vortreffliche Porträt sehen sollen!
Von Herrn Graff führe ich Sie zu Ihrem Lieblinge Herrn Grassi. Wie jener hatte auch er nur ein einziges Gemählde ausgestellt; und zwar ein „Altarblatt“. Der Heiland stand in der Mitte desselben auf einer Wolke, den rechten Arm nach der Höhe ausgestreckt, in der Linken eine Weltkugel mit einem Kreuze haltend. Ob Herrn Grassi eine besondre Szene aus der heiligen Geschichte bei der Erfindung dieses Bildes vorgeschwebt hatte, war zweifelhaft. Meines Erachtens sollte es blos eine Vorstellung von Engeln seyn, welche ihren Herrn und Meister anbeten. Der Engel, die ihn umknieten, waren drei. Wahrscheinlich würden Sie sich am längsten auf dem anmuthigen Gesicht des einen verweilt haben, der dem Erlöser zur Rechten, die Hände nach her eignen Brust gekehrt, auf den Knien lag. Hr. G. hatte diesen mit hinreißendem Reize und stiller Anbetung [371, 372] ausgeschmückt. Der Charakter der Hauptfigur schien dem Künstler weniger gelungen zu seyn. Jupiter würde diesen Kopf vielleicht besser getragen haben, als der milde Heiland der Welt. Auch kam es mir vor, als wäre der rechte Arm lange nicht schön genug für den wirklich herrlichen Körper des Erlösers. Von Hrn. G’s. lebendigem Kolorit brauche ich Ihnen nur zu sagen, daß es, wie gewöhnlich, das Auge unwillkührlich an sich zog. Die Gewänder (unter denen sich das Gewand des Engels zur Rechten, durch eine dunkelblaue, und das des Heilandes durch eine wohlgewählte rothe Farbe auszeichnete,) verriethen vielleicht die Körperform der Engel allzuwenig.
Diesem Altarblatte gegenüber war unter andern auch ein Oelgemählde des Herrn Tischbein zu Leipzig aufgehängt, „eine Pandora mit dem Merkur“, fliegend dargestellt. Die leichte gefällige Manier des Künstlers konnte in dieser Pandora nicht verkannt werden, und was auch der ächte, strengere Kunstfreund gegen die allzu galante Behandlung einwenden möchte, sie schwebte, von einem rothen und weißen Gewande umflattert, mit vieler Lieblichkeit daher. Weit weniger wollte mir ihr Begleiter, besonders wegen eines zu starken Körpers, gefallen. An den beiden Porträts dieses Meisters waren ebenfals große Vorzüge zu rühmen; hauptsächlich an dem Kopfe des männlichen, welches Hrn. Frege zu Leipzig im Lesen eines Buchs begriffen, zeigte. Das weibliche Brustbild gab die Miniaturmahlerin, Mad. Seidelmann, ziemlich getroffen wieder.
In demselben, dem sogenannten Zimmer der Professoren, zeichneten sich ebenfals „drei Landschaften in Oel“, von Hrn. Klengel aus, wovon aber nur die eine seinem gewöhnlichen Gegenstande, der Wirkung des Sonnenuntergangs, gewidmet war. Wie immer konnte man auch in ihr diesen geschätzten Künstler wieder sehen, seine feine, leichte Behandlung, seinen fertigen Pinsel, seine glühende Luft und überhaupt den angenehmen Ton, der über seine Werke gleichsam hinschwebt und sie harmonisch macht. Außerdem hatte Hr. K. der Ausstellung noch „zwei Mondbeleuchtungen“ zum besten gegeben.
Unweit davon hingen die Ausstellungen der Herren Seidelman, Vogel und Zingg. Hr. Seidelmann unterhielt die Freunde seiner zarten und geistreichen Zeichnungen sehr angenehm mit vier Blättern in Sepia, die nach Gemälden alter Meister, theils aus der hiesigen[WS 1], theils aus römischen Galerien gearbeitet waren. Hr. Vogel dagegen zeigte in einer eigenen Erfindung die an ihm gewohnte Manier in einem stärkern Grade, wie mich dünkt. Sein Oelgemählde enthielt zwei Kinder von recht lieblicher Form, „Amorn und Psychen“, wenn man dem gedruckten Kataloge hierin Glauben beimessen darf. Unter den vier verdienstlichen Ansichten welche Hr. Zingg gezeichnet hatte, schien mir der Hasenberg und die Gegend von Skalka in Böhmen, am vollendetsten und schönsten.
Noch erwähne ich aus diesem Zimmer das Porträt des „Herzogs von Hollstein-Beck“ von dem rühmlich bekannten Hrn. Bause gestochen; sodann ein artiges Oelgemählde von Dem. Friedrich; ein Paar weiße Tauben, die einen Helm zu ihrem Neste gewählt haben, und nebst den Blumen und andern, die bezweckte Allegorie auf den Frieden deutlicher heraushebenden Dingen, überaus gefällig dargestellt waren; und endlich eine freundliche Ansicht von Hrn. Klaß, welche den Morgen zum Gegenstande hatte.
Wir gehen in das anstoßende Zimmer, und sehen wie Demoiselle Stock auch in diesem Jahre einen der obersten Plätze durch ihre vier Pastellgemählde zu behaupten vermochte. Die „Madonna“ nach Titian und der „heilige Joseph“ nach Ferdinand Poll, von der hiesigen Galerie, sodann eine „heilige Katharina“ nach Domenichino, aus der Sammlung des Grafen Truchses von Wurzach, und ein „weibliches Porträt“ nach der Natur waren ihre Ausstellungen. Die Originale der beiden ersten Gemählde sind Ihnen nicht unbekannt. Daher darf ich nur sagen, daß die Kopien von dem gründlichsten Studium derselben und einer besonders glücklichen Ausführung zeugten. Dasselbe bemerkte man an der Nachbildung Katharinens, welche die Augen nach dem Himmel gerichtet hat, und zwischen deren gefaltenen Händen ein Palmenzweig aufsteigt. Das schöne Bildnis nach dem Leben stand wie das Leben selbst, voll Kraft und Wärme da; ein blühendes Gesicht mit reizenden Zügen, das dazu durch eine zarte Freundlichkeit höchst interessant wurde. Die geistvollen Augen sprachen schon, und der schöne Mund schien eben den Inhalt ihrer sanften Blicke bestimmter angeben zu wollen. Ein blaßgelbes Kleid schloß sich an den feinen Körper. Eine goldne Kette glänzte in ihren dunkeln Haaren, eine ähnliche um den runden, wie das Gesicht vortreflich kolorirten Arm, und ein einfacher Perlenschmuck war zur Zierde des Busens angebracht. [373]
Sie kennen, mein Th., den so wohl verdienten Ruf der Künstlerin bereits, ja, mehr als den, Sie kennen ihre Werke. Daher brauche ich Ihnen nur zu sagen, daß es mir vorkommt, als ob sie diesmal ihre großen Talente noch ausgebildeter gezeigt hätte, als je zuvor, und Sie werden mir zugeben, daß eine Erhebung von dem Standpunkte, auf dem Sie Demoiselle Stock schon so sehr bewundert haben, ein so schwerer als rühmlicher Schritt ist. [377, 378]
Von der Künstlerin, die Sie hochachten, führe ich Sie zu dem Künstler, nach dessen Werken Sie bei der vorjährigen Ausstellung zuerst mit, doch vergebens suchten. Herr Mechau war diesmal so gefällig gewesen, die Freunde der Kunst durch zwei Landschaften, eine sehr große in Oel, und eine kleinere en Gouache, zu erfreuen. Daß dem gebildeten Publikum der Sinn für das wahrhaft Schöne noch nicht abgehet, wie Manche durch Erfahrung allzu mißtrauisch gewordene, wohl behaupten mögen, davon beweiset der große Eindruck, den des Künstlers Landschaft in Oel, Trotz dem französischen Bilde daneben, dessen bunte unruhige Farben ihr nothwendig Schaden thun mußten, auf diesen und jenen so sichtbarlich machte. Sie kennen die Werke Mechau’s. Sie kennen den reifen Geist, die kräftige Fantasie, die poetische Komposizion, wodurch alles sich auszeichnet, was aus seiner Hand hervorgehet. Es ist nicht die scheinbare Verbindung einzelner Stücke, wie sie mancher Landschafter durch eine schimmernde, dürftige Oberfläche hervorzubringen sucht. In Herrn Mechau’s Landschaften giebt es gar keine einzelnen Stücke; Alles greift in einander, und ist nicht oberflächlich zu einem Ganzen gemacht, sondern aufs innigste und tiefste dazu verbunden. Mehrmals schon bewunderten Sie mit mir seine Darstellungen, die nicht durch einen falschen Schimmer das Auge für den ersten Moment bestechen, aber wie alles Große, dasselbe wohl nach und nach für immer gewinnen.
Sie wissen, m. Fr., wie so oft in einem warm scheinenden, Leben heuchelnden Gemählde bei fortgesetzter Betrachtung alles erkaltet und abstirbt, und wie man sich von der Schminke, die man nunmehr erblickt, um so schneller weg wendet, je größer ihre Prätension gewesen, und je besser es ihr gelungen war, uns unter der Maske der Natur an sich zu locken. Aber Sie wissen auch, wie die Mechauischen Landschaften, je länger man vor ihnen steht, desto lebendiger werden, wie die ganze Natur aus ihnen hervorzusteigen und jeden Grashalm zu bewegen scheint. Sie kennen in diesem Künstler den Mann, dem die Kunst und sein Ruf zu heilig sind, um sie an unwürdige Gegenstände zu verschwenden, den Mann, der, wie sehr er auch allezeit die Größe des Ganzen bei seinen Darstellungen im Auge hat, doch zugleich in der Ausarbeitung des Einzelnen so gründlich verfährt, um von der Art jedes Baumes und Krautes Rechenschaft geben zu können. Mit Einem Worte, Sie beneiden mich um den Genuß, noch ehe Sie etwas weiter von mir erfahren, als daß Herr M. wirklich zwei Landschaften ausgestellt hatte.
So sehr aber auch diese beiden Landschaften wieder von dem Geiste des großen Künstlers zeugten, so wenig werde ich Ihnen von ihrem Inhalte etwas Bestimmtes anzugeben vermögen. Denn, wenn es überhaupt [379, 380] schon eine schwere und undankbare Mühe ist, ordentliche Beschreibungen von bildlichen Darstellungen zu versuchen: so kann man die Beschreibungen landschaftlicher Gemählde wohl einer zwiefachen Undankbarkeit beschuldigen, indem den Hauptgegenständen der Landschaft gerade die wlllkührlichsten Formen eigen sind, und sich unter Baum, Berg und dergl. Verschiedenheiten denken lassen, die bei lebendigen Körpern gar nicht statt finden. Daher nur das Wenige. Die große Landschaft in Oel, welcher „die Flucht nach Aegypten“ zur Staffage diente, hatte im Vorgrunde hohe, immergrüne orientalische Eichen, unter denen der Pflegevater des Heilandes, bei seinen Eseln stehend, die Jungfrau erwartete, welche so eben, den Sohn auf dem Arme, aus der Höhle kam, worin sie übernachtet hatte. Die Köpfe einiger Engel, ihrer Begleiter, ragten hinter ihr aus einer Wolke hervor. Auf der andern Seite nach der Mitte zu war niedrigeres Baumwerk angebracht, und die Abstufung in den blauen Gebirgen des nähern und entferntern Hintergrundes, so wie die schöne Darstellung des dazwischen strömenden Wassers, konnten eine allgemeine Bewunderung nicht verfehlen.
Wie diese Landschaft einen heitern Morgen, so stellte die en Gouache „den Abend vor, wo Faustulus die Kinder Romulus und Remus ihren Eltern zurückbringt.“ Man kann diese schöne Szene häuslicher Freude nicht lebendiger darstellen. Auch in dieser Landschaft freute man sich über die großen, charakteristischen Bäume, und den Himmel, der in dem heitern Blau der Natur glänzte.
Die Natur und Sie mögen es mir es verzeihen, wenn ich unmittelbar von ihr zu einem Bilde im französischen Geschmack übergehe, weil dieses Gemählde des Herrn Riviere nicht weit davon, und dicht neben dem Mechauischen Oelgemählde hing. Es stellte den „verwundeten Philoktet auf Lemnos, neben dem Ulyß und Neoptolem“ vor, und zeichnete sich durch eine außerordentlich saubere Behandlung, und eine große Zierlichkeit aus.
Herr Verstappen aus Antwerpen hatte fünf in Oel gemahlte Landschaften ausgestellt, welche sich besonders durch einen sehr guten Ton und nette Ausarbeitung empfahlen. Auch die Staffage zeigte von einer recht verständigen Ansicht der Sache, und die „Mutter unter ihren Kindern“ auf der einen, konnte wohl des beabsichtigten freundlichen Eindrucks auf Jedermann gewiß seyn.
In einem großen Oelgemählde von Herrn Matthäi’s Erfindung, „Semira und Semin“, nach Geßners Idyllen hatte der Ausdruck des Leidens im Gesicht des Mannes, und das Vertrauen Semira’s auf ihn, und ihre Hingebung das meiste Interesse für mich. Nicht weit davon sahe man ein Gemählde, ebenfals in Oel, „die Musik“ vorstellend, wieder, welches der Verfertiger desselben, Hr. Gareis, im vergangenen Sommer auf der hiesigen kurfürstlichen Galerie stehen hatte.
Wenn man auch nach einer eignen Komposizion des Herrn Veith diesmal vergebens suchte, so freute man sich doch, daß dieser Künstler die Ausstellung wenigstens nicht ganz vergessen hatte, und seine beiden schönen Kopien nach Ruisdael zeigten, daß Herr V. in der Oelmahlerei ebenfals den Pinsel wohl zu führen versteht.
Herrn Faber empfahl besonders eine in Oel gemahlte Kopie nach Ruisdael. Nicht weniger Herrn Caffe’ ein Knabe in Pastell, dessen Gesicht durch Kraft und kindlichen Charakter interessirte.
Demoiselle Freystein zeigte durch ihre zwei Landschaften das Unermüdete ihres Bestrebens. Ihre geschickte Hand wird immer gewisser; der Baumschlag freier und größer. Auch ist es sehr an ihr zu rühmen, daß sie sich mehr und mehr an die Regeln der Natur zu halten scheint, welche sie am sichersten vor dem Manierirten bewahren kann und wird. Die beiden ausgestellten Stücke waren Baumpartieen aus dem hiesigen großen Garten, warm und mit Wahrheit wiedergegeben. Die röthliche Abendluft war das Einzige, worin es der Künstlerin nicht ganz gelungen seyn mochte, die Farbe der Natur aufzufinden. Möchte Dem. Freystein doch bald von diesen Studienblättern sich zu größern landschaftlichen Komposizionen erheben! – [388]
Noch eine Künstlerin bleibt mir zu erwähnen übrig, nicht nur darum, weil das große Oelgemählde, welches sie ausgestellt hatte, an sich schon ein schätzbarer Beitrag genannt werden muß, sondern auch, weil es von ihren [389, 390] seit einem Jahre ganz außerordentlichen Fortschritten in der Kunst den deutlichsten Beweis abgab. Sie erinnern sich vielleicht noch der vorjährigen Ausstellung der Demoiselle Alberti, die von Talent zwar, aber noch nicht sattsam gebildetem zeigte. Um so mehr hätte ich daher gewünscht, daß Sie durch das weibliche Porträt, womit die Künstlerin diesmal auftrat, von ihrem rastlosen Eifer für die Kunst überzeugt worden wären. Dem. A. hatte eine ganze Figur, „ein sitzendes junges Frauenzimmer auf der Guitarre spielend“, dargestellt. Es war eine schöne Zeichnung in dem Bilde, ein belebtes Kolorit. Das rothe Tuch, welches über der Stuhllehne hing, hob das Einfache des weißen Kleides sehr glücklich heraus, dessen Farbe sowohl, als die kunstlos geordneten Falten, dem Natürlichen, das in der ganzen Figur herrschte, vortreflich anpaßte. Ein Körbchen mit Blumen befand sich auf dem daneben stehenden Tische, worauf auch das Notenblatt lag. Ich kann hinzufügen, daß das Porträt der Dem. A. überaus ähnlich gerathen ist.
Unter den Landschaftzeichnern bemerke ich Ihnen noch die Herren Hammer, C. A. Richter, und Henschke. Der erstere hatte eine „Mondscheinlandschaft“ in Wasserfarben ausgestellt, die sowohl durch das liebliche Ganze, welches sie ausmachte, als auch wegen der schönen Arbeit, am meisten aber wegen der Kunst, mit welcher die fast so oft verfehlte, als versuchte Mondbeleuchtung herausgebracht war, ausgezeichneten Beifall verdiente. Von Herrn Richter waren mehrere kräftige Blätter in Sepia zu sehen, und auch Herr Henschke hatte eine weicher, als Hrn. R–s, und überhaupt recht schön gehaltene und ausgearbeitete Landschaft geliefert.
Von den Miniaturmahlern nenne ich Ihnen Hrn. Raabe von Breslau, der des Domenichino „heilige Katharina“ und zwei Porträts ausgestellt hatte. Ein Fruchtstück nach Mignon von Herrn Lommatsch in Oel gemahlt, würde Ihnen gefallen haben, besonders aber zwei Blumenstücke in Wasserfarben, von Herrn Arnholdt. Wie vorm Jahre, zeichnete sich Herr A. auch diesmal vor denen, die mit ihm in dieser Gattung konkurrirten, durch seine zarten, lebendigen Blumen aus. Sie führten aufs neue den Beweis, daß eine unermüdete Uebung seine Hand zu der Festigkeit gebracht hat, welche zur leichten Darstellung dieser lustigen Naturgebilde so unerlaßlich ist.
Blumensträuße, den natürlichen nachgeahmt, gab es fünfe zu sehen. Am täuschendsten waren die von Madame Kramer und Madame Limberg gelungen.
Fast hätte ich vergessen, eines grau in Oel gemahlten, ein Basrelief vorstellenden Bildes des Herrn Runge zu gedenken, und jeder, der das Bild gesehen, könnte mir mit Recht einen Vorwurf machen, wenn es geschehen wäre. Denn Herr Runge hatte „das menschliche Leben in seinen vier Hauptperioden“ durch Kindergruppen überaus richtig und geistreich ausgedrückt.
Noch erwähne ich, daß der geschickte Bildhauer Herr Ulrich zwei Gipsfiguren in Lebensgröße, den „Komus und die Harmonie“ vorstellend, gearbeitet hatte, die wohl zur Verzierung eines Zimmers dienen können, dessen Bestimmung auf die Gottheiten Bezug hätte.
Unter den vielen Dilettanten, welche die Ausstellung mit Beiträgen beschenkt hatten, bemerke ich Ihnen nur den Herrn von Wazdorf, Fräulein aus dem Winkel und Demoiselle Richter. Ersterer zeigte sich in zwei sehr sauber behandelten Oelgemählden. Fräulein aus dem Winkel hatte eine recht artig in Sepia gearbeitete Zeichnung nach Dietrich, und Dem. R. einen leichten und zierlichen Blumenstraus ausgestellt.
Und hiermit, mein Freund, hätte ich mich meiner Zusage entledigt, welche, wir Sie sich erinnern, nicht darin bestand, Ihnen von allen guten Kunstsachen, die es bei der Ausstellung gab, sondern nur von denen einige Nachricht zu ertheilen, welche mir die bedeutendern schienen; leicht möglich, daß mir mein schlechtes Gedächtnis sogar gegen die Ausführung dieses Vorsatzes manchen schlechten Streich spielte. Ja, gewiß, kann ich sagen; denn so eben erinnere ich mich, Herrn Tettelbach nicht genannt zu haben, der die „Europa auf dem Stiere“, und ein „Medusenhaupt“, mit seiner gewöhnlichen Geschicklichkeit in Stein geschnitten hatte.
Zuletzt muß ich noch gedenken, daß die allzu große Mannichfaltigkeit der Besucher der Ausstellung, an der Sie sich im vorigen Jahre bisweilen ergötzten, bisweilen ärgerten, durch eine neue Einrichtung viel von ihrer Buntheit eingebüßt hat. Es wird nehmlich seit diesem Jahre ein Einlaßgeld bezahlt, das bei aller Unbedeutenheit doch für die ärmern Klassen von der Wirkung eines Verbots ist, die Ausstellung zu besuchen. Die eingekommene Summe, welche nicht ganz unbeträchtlich [391] sein kann, soll, wie ich höre, zu Unterstützung der Armen angewendet werden.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: hiesiegen