Erwerbsmöglichkeiten für deutsche Frauen in Amerika

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Textdaten
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Autor: Bn.
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Titel: Erwerbsmöglichkeiten für deutsche Frauen in Amerika
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 44, S. 755
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[755] Erwerbsmöglichkeiten für deutsche Frauen in Amerika. Viele deutsche Mädchen richten, seitdem die Frauenarbeit auf der Weltausstellung in Chicago einen so ehrenvollen Erfolg errungen hat, ihre Blicke auf Amerika und möchten dort eine einträgliche Stellung finden. Aber sie sind gewöhnlich ganz im unklaren über die Wege dazu sowie über die Art der Leistung, welche dort Aussicht auf gute Bezahlung hat. Sie alle seien hierdurch aufmerksam gemacht auf einen älteren, aber noch völlig zutreffenden Aufsatz, welchen C. Wenckebach, Professorin am Wellesley College, Massachusetts, in der bekannten Zeitschrift „Die Frau“ (Verlag von W. Moeser in Berlin) veröffentlicht hat. Die erfahrene und urteilsfähige Verfasserin stellt darin zunächst fest, daß die Arbeit suchende junge Deutsche aus guter Familie den Begriff „standesgemäß“ zu Hause lassen muß, weil in Amerika nicht ein Unterschied zwischen Arbeiterinnen aus höheren oder niederen Ständen, sondern nur zwischen unausgebildeten und ausgebildeten Arbeiterinnen gemacht wird. Nur die letzteren haben Aussicht auf lohnende Arbeit, sie müssen aber beim Suchen derselben die in Deutschland so hochgeschätzte mädchenhafte Bescheidenheit mit einem ruhigen Selbstbewußtsein vertauschen, welches ohne Untertänigkeit die eigenen Leistungen ins rechte Licht setzt und dafür einen möglichst hohen Lohn zu erlangen sucht.

Diese Leistungen müssen bestimmte, den amerikanischen Bedürfnissen angepaßte sein. Gar keine Aussicht hat die in Deutschland so vielbeliebte „Stütze der Hausfrau“, das heißt, das junge Mädchen mit hilfsbereiten, aber ungeübten Händen, das mit geringem Lohn zufrieden ist, aber „völligen Familienanschluß“ als erste Bedingung stellt. Letzterer wird in keiner guten amerikanischen Familie einer Unbekannten gewährt, außerdem erfordert die Art des dortigen Haushalts keine „Stützen“, sondern Köchinnen, Kindermädchen, Haushälterinnen etc.

Da der Lohn dieser sämtlichen Dienstboten ein für unsere Begriffe sehr hoher ist (40 bis 160 Mark monatlich bei freier Station), da außerdem in den Häusern gebildeter und wohlhabender Amerikaner die Dienstboten hübsch möblierte Zimmer mit einer kleinen Bibliothek, häufig mit Nähmaschine und Klavier ausgestattet, bewohnen und die Behandlung durchaus höflich ist, so besteht gar kein Hindernis für eine junge Deutsche, auch aus besserer Familie, sofort in Dienst zu treten und allmählich zur hochbezahlten Hausaufseherin aufzurücken, ja noch weiter, wenn sie den Gehalt von ein paar Jahren zusammenlegt, um eine Industrieschule zu besuchen, und sich dem gewerblichen Leben zuwendet.

Glänzend bezahlt werden geschickte Schneiderinnen und Putzmacherinnen; einfache Arbeit nach dem Modejournal wird mit 25 bis 75 Mark für das Kleid berechnet, wer aber „Originaldichtungen in Seide und Spitzen“ zu machen versteht, kann mit der Zeit ein Vermögen erwerben.

Die deutsche Krankenpflegerin findet gleichfalls Arbeit und guten Verdienst, die geprüfte Aerztin muß den amerikanischen Studiengang nachholen.

Die deutsche geprüfte Lehrerin hat als Gouvernante nur dann Aussichten, wenn sie fließend französisch und englisch spricht, Musik und Zeichnen versteht. Kann sie statt der beiden letzteren Fächer Latein oder Griechisch lehren, so besitzt sie damit auch eine Anwartschaft auf guten Erwerb. Eine Schulstelle ist indessen jeder Privatstelle vorzuziehen, weil sich von ihr aus die Bahn zu den höheren Schulen, zu College und Universität eröffnet, wenn Talent und Charakter vorhanden sind.

Möchten doch recht viele Eltern junger Mädchen, die sich später ihr Brot verdienen sollen, diese vortrefflichen Winke beachten. Die Ausführungen von C. Wenckebach gelten nicht für Amerika allein: auch bei uns führt eine bestimmte Fachausbildung viel sicherer zum Erfolg als die verschiedenen halben Fähigkeiten, welche leider noch so oft die ganze Mitgift unserer Mädchen ausmachen! Bn.