Fünfundzwanzig Jahre!
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Fünfundzwanzig Jahre!
Es spricht sich leicht: „Nach fünfundzwanzig Jahren“
Und sind sie mehr als eine Spanne Zeit?
Doch wer in ihr des Kampfes Druck erfahren,
Dem dehnt die Spanne sich zur Ewigkeit,
Wer vorgefochten dem Befreierheer,
Der sieht am Fuße der erklommnen Stufen
Bereits ein loses graues Nebelmeer.
Da ziemt es wohl, den Blick zurückzulenken,
Und jeden Schritt voll Ernst zu überdenken,
Den man vielleicht in Sturm und Drang getan.
Und wunderlich sind froher Stolz und Trauer
In dem Empfinden unsrer Brust gemischt,
Verblichne Bilder wieder aufgefrischt.
Ja, die Partei hat glorreich überwunden
Brutale Macht und schlangenglatte List,
Und ihr Instinkt hat sich zurechtgefunden
Die in der Wiege man gedacht zu morden
Und die noch heut' sich um ihr Dasein schlägt,
Ist durch die Presse eine Macht geworden,
Die man zu reizen schon Bedenken trägt.
Und seiner Ohnmacht inne wird das Gold;
Der Arbeit Presse macht sich nicht zur Dirne
Und Freie nur und Kühne sind ihr hold,
Und jeder Sieg, den wir seitdem erfochten,
War eng und streng und fest mit ihr verflochten
Und an die Arbeit, die sie tat, geknüpft.
Doch Opfer fielen, die noch ungerochen,
Die wir allein nach ihrem Wert erkannt,
Die „Waffenbrüder" wir mit Stolz genannt.
Sie warfen sich dem Feindesschwall entgegen
Und gaben kühn das Haupt dem Hiebe preis,
Und auf der Treuen grüne Hügel legen
Und endlich soll die Fugend heut' erfahren,
Wovon sie doch nur blasses Ahnen hegt,
Wie arm und schwach und vogelfrei wir waren,
Als wir den Grund zum stolzen Bau gelegt.
Damit es Feuer in die Kerzen flößt,
Wie wir die Faust an Schranken wund geschlagen,
Die heut' verächtlich man beiseite stößt.
Wir können auch von Veteranen sprechen,
Und ihren Trotz vermochte nichts zu brechen,
Denn ihren Nacken stählte die Idee.
Es lohnt sich wohl, die graue Mär zu lesen
Von jenem Ringen wider finstre Macht —
Was ohne Zuck die Eisernen vollbracht.
An diesem Tag mag seinen Zahn versuchen
Beschränktes Denken und ohnmächt‘ger Groll.
Man möge ihm, wenn wir ihn segnen, fluchen —
Beiseite wirft geschwollene Berichte
Der strengen Klio richtender Verstand,
Doch in die Tafeln der Kulturgeschichte
Trägt diesen Tag sie ein mit fester Hand.
L.
Anmerkungen (Wikisource)
[Bearbeiten]Gedicht von Rudolf Lavant zum 25. Jubiläum der Leipziger Volkszeitung.
Aus Vorwärts 31.03.1912 Nr.77, Seite3: Die „Leipziger Volkszeitung“ erscheint zu dem Jubiläumstage im festlichen Gewand. Rudolf Lavant gibt ihr das dichterische Relief. Wir wünschen, daß unser Leipziger Parteiblatt auch weiterhin wachsen und gedeihen möge.