Frühling im Winter
[148] Frühling im Winter. (Zu dem Bilde S. 144 und 145.) Wie man bei uns in der Stadt die regelmäßigen Zusammenkünfte der jungen Mädchen „Kränzchen“ nennt, so hat im deutschen Alpenland vielfach die Bezeichnung „Heimgarten“ eine ähnliche Bedeutung und einen ähnlichen Anklang an die Welt der Blumen, mit welcher der poetische Sinn der weiblichen Jugend so gern vergleicht. Nicht immer aber vereinigt solch ein Heimgarten so viel taufrischen Liebreiz und knospenhafte Anmut wie derjenige, in welchen der Maler unsres Bildes uns einführt. Das ist ein gesegneter Ort, wo die hübschen Dirndl’n so dicht bei einander aufblühen, und die Burschen, die sich dann beim Dunkelwerden zum Abholen einstellen, sind zu beneiden, wenn sich die Thür des verschneiten Hauses öffnet und ihnen auf einmal dieser Frühling im Winter entgegenglänzt. Und wie dann die nun verschämt und verlegen dreinblickenden Mädchen, die unter sich so ausgelassen lachen und übermütig spotten konnten, so spüren es auch die durch den Schneesturm herangekommenen Burschen wie Frühlingshauch durch ihre Herzen gehen, ein beseligendes Ahnen voll Hoffnungsglück schwellt ihre Brust.