Frauenarbeit (Die Gartenlaube 1874/28)
[458] Frauenarbeit. Aus Washington wird geschrieben: „In beinahe allen Regierungsabtheilungen in Washington, mit Ausnahme einiger militärischen und des Staatsdepartements (Ministerium des Auswärtigen) arbeiten die Frauen mit Erfolg, und der Einfluß auf die Verfeinerung der Sitten der Männer, mit denen dieselben arbeiten, ist auffallend. Vieles Rohe und Wüste, welches man früher antraf, fällt jetzt ganz weg, und überall, wo Frauen untermischt mit Männern arbeiten, beobachtet man eine Galanterie der Sitten, die auch dem Publicum zu gute kommt, wie dies bei der amerikanischen gesellschaftlichen Rücksicht auf die Frauen nicht anders zu erwarten war. Die Frauen zeichnen sich überall durch Ordnung, Genauigkeit und Pünktlichkeit und häufig durch Scharfsinn und große Fertigkeit in Geschäften aus.
Nur wo keine Frauen in den Zimmern sind, beobachtet man noch bei der Arbeit den alten Schlendrian, die gemüthliche Stummelpfeife oder den Kautabak, Barschheit, Langsamkeit, Faulheit und rohe oder anzügliche Redensarten. Es ist zu erwarten, daß demnächst auch die Frauen in die klösterlich feierliche Citadelle des Staatsdepartements einziehen und von da in den diplomatischen Dienst übergehen werden. Im Consulatfache würden sich Manche derselben gewiß mehr auszeichnen, als verschiedene unserer gegenwärtigen männlichen Agenten.“