Zum Inhalt springen

Allgemeines Deutsches Kommersbuch:84

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
(Weitergeleitet von Freiheit und Gleichheit (Otto))
Schauenburg:
Allgemeines Deutsches Kommersbuch
Seite 166, 167
<< Zurück Vorwärts >>
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

[166]

     5. Wie sich dem Menschen auch der Mensch entfernt, entfremdet
fand; wie Kutt und Schwert die Welt entzweit, so trägt die Schiene
Einigkeit rings hin von Land zu Land.

     6. Drum ihr, die ihr heut bauen könnt, begreifet eure Zeit: zum
Eisen greift mit starker Faust, daß frei der Geist die Welt durchbraust,
daß er die Welt befreit!

E. Wiebe.


          178.     Freiheit und Gleichheit.     (III. 22.)

     Mäßig bewegt. K. Döbbelin. 1810.

     1. Im Krei=se fro=her, klu=ger Ze=cher wird je=der
Wein zum Göt=ter=trank; denn oh=ne Lie=der, oh=ne
Be=cher bleibt man ein Narr sein Le=ben lang,
und al=le Keh=len stim=men ein: es le=ben
hoch Ge=sang und Wein!

     2. Wir Menschen sind ja alle Brüder, und jeder ist mit uns ver=
wandt, die Schwester mit dem Leinwandmieder, der Bruder mit dem
Ordensband; |: denn jeder Stand hat aufgehört, wenn wir das letzte
Glas geleert. :|

     3. Der Mann auf seinem Throne lebe mit allem, was ihm angehört,
und unser Vaterland umschwebe der Friedensengel ungestört; der
Fürst sei Mensch, der Sklave frei, dann eilt die goldne Zeit herbei!

[167]

     4. Wem für der Menschheit edle Sache ein gutes Herz im Busen
schlägt; wer gegen Feinde keine Rache und gegen Freunde Freund=
schaft hegt; wer über seine Pflichten wacht, dem sei dies volle Glas
gebracht!

     5. Beim Silberklange voller Humpen gedenken wir des Armen
gern; ein Menschenherz schlägt unter Lumpen, ein Menschenherz schlägt
unterm Stern. Drum, Brüder, stoßt die Gläser an: es gelte jedem
braven Mann!

     6. Wer aus Fortunas Lottorädchen den Treffer seines Wertes
zog; wer einem edlen deutschen Mädchen, das treu ihn liebt, nie Liebe
log; wer deutscher Weiber Tugend ehrt, sei ewig unsrer Freund=
schaft wert!

     7. Dem Dulder strahle Hoffnungssonne, Versöhnung lächle unserm
Feind, dem Kranken der Genesung Wonne, dem Irrenden ein sanfter
Freund! Wir wollen gut durchs Leben gehn und einst uns besser
wiedersehn!

Chr. Gottl. Otto. Seit 1808 bekannt.


          179.     „Motiver“.

     Singw.: Mein Lebenslauf ist Lieb und Lust ec.

     1. Im Westen winkt das Abendrot mit seinem Purpurlicht, die
Sonne küßt verklärt im Tod der Erde Angesicht. Es wiegt der Wellen
goldger Schein die Wasserrose ein, sie lauscht der nahen Nachtigall
süßmilden Melodein: Heidi, heidi, heida, wie ist die Welt so wunder=
schön!

     2. Am Ufer steht ein Lindenbaum in junger Frühlingspracht,
durch seine Äste zieht ein Traum mit wunderbarer Macht, ein Traum
von längst vergangner Zeit, wo man in gleicher Tracht, in gleicher
Lust und Fröhlichkeit wohl unter ihm gelacht: Heidi ec. ec.

     3. Ja, Wahrheit war einst dieser Traum von jener schönen Zeit,
wo unterm selben Lindenbaum man sang und trank wie heut; wo
man wie heut im Freundeskreis, Motiver allzumal, dem Stiftungstage
sang zum Preis manch Lied mit der Moral: Heidi ec. ec.

     4. Verstorben ist manch treuer Freund, verklungen manches Lied,
verdorben mancher auch zur Zeit, allein Motiv: es blüht. Es blüht
just wie der Lindenbaum im goldnen Abendrot, die Eintracht ist sein
schönster Traum und Frohsinn sein Gebot. Heidi ec. ec.

     5. Sind wir einmal bejahrt und alt, ein Vater, Mann und Greis,
allein das Herze noch nicht kalt, das Haar in Ehren weiß, dann laßt
uns denken oft zurück – sehn wir die Linden blühn – im Abendrot
mit jungem Blick: „Motiver=Melodien“: Heidi ec. ec.

W. Wulff. 1873.