Fritz Bergmann, Plauen, Vogtl., Fabrik deutscher Gardinen
Der Inhaber dieser Firma vertauschte zu Ende des Jahres 1868 seine hannoversche Heimat mit dem ihm, von seinen Geschäftsreisen her bereits lieb gewordenen Sachsenland und speziell Plauen, indem er mit Hermann Wagner unter der Firma Wagner & Bergmann daselbst ein Fabrikgeschäft weißbaumwollener Waren gründete, welches sich zwar in den ersten Jahren gut entwickelte, dann aber nicht mehr recht reüssierte, weshalb die Firma im April 1883 aufgelöst wurde.
Erst als vom 1. Mai 1883 ab das Geschäft unter der Firma Fritz Bergmann, als ein Spezial-Gardinen-Fabrikations-Geschäft eingerichtet und betrieben wurde und der Inhaber die glückliche Idee hatte, gewebte Tüllgardinen creme und farbig bemalen und besticken zu lassen und so einen ganz neuen Artikel herzustellen, den vorher niemand in Deutschland fabriziert hatte, erst von da ab wurden die Erzeugnisse der Firma bekannt und so begehrt, daß die Fabrikation von Jahr zu Jahr vergrößert werden mußte und im laufenden Jahre durch Gründung einer Filiale in Untersachsenberg an der sächsisch-böhmischen Grenze noch eine wesentliche Ausdehnung erhielt.
Der bedeutende Erfolg, den die Firma in so verhältnismäßig kurzer Zeit auf allen Märkten der Erde und zwar hauptsächlich französischen und schweizer Erzeugnissen gegenüber errang, beruht in der Hauptsache auf Herstellung geschmackvoller Muster und schöner Farbenzusammenstellung.
In dieser Beziehung ist die allgewaltige Mode, die erst in dem letzten Jahrzehnt für Gardinen überhaupt Farben zuläßt, dem Geschäftsgange der Firma sehr förderlich gewesen.
Die Firma bringt mit Vorliebe fortlaufend neue Artikel in Gardinen, Stores, Vitrages und Decken in farbiger Ausführung in den Handel, wovon die Musterzeichnungen im eigenen Atelier von künstlerisch gebildeten Zeichnern entworfen werden, und repräsentieren die Erzeugnisse mit das Beste und Schönste, was in diesen Artikeln überhaupt fabriziert wird.
Der Absatz der Fabrikate wird, was Europa betrifft, durch Reisende, die die Firma aussendet, vermittelt; außerdem unterhält die Firma 38 Vertreter, von denen alle kultivierten Länder der Erde bereist werden.
Die bei der Herstellung der verschiedenen Artikel nötigen Arbeiten setzen sich zusammen aus Handarbeiten, die in den um Plauen liegenden Dörfern ausgeführt werden, ferner aus Arbeiten, [Ξ] die in eigenen großen geschlossenen Räumen mittels der Kurbelstick- oder Tambourier-Maschinen ausgeführt werden. In ersterer Weise beschäftigt die Firma ca. 200 und in letzterer Weise ca. 300, größtenteils weibliche Arbeiter.
Soviel bekannt, befindet sich weder in Deutschland noch sonstwo ein Etablissement dieses Umfanges, weshalb dasselbe sich auch seitens des Hohen Königl. Ministeriums verschiedentlicher Besuche zu erfreuen hatte und allseitig mit großem Interesse in Augenschein genommen wurde.
Es dürfte noch erwähnenswert sein, daß der Inhaber, soviel in seinen Kräften steht, bestrebt ist, die sozialen Gegensätze zu mildern, die höher gestellten Beamten für das Geschäft durch Anteile zu interessieren und die Arbeiter zum Sparen dadurch zu veranlassen, daß sie laut Fabrik-Ordnung nach je 3 Jahren, die sie für die Firma gearbeitet haben, als Prämie für Treue in der Arbeit 25 Mark in der Form eines Sparkassenbuches ausgehändigt erhalten.
Die Firma giebt ihren Arbeitern und Angestellten jedes Jahr ein Sommerfest mit Festessen, Spiel und Tanz, worauf sich groß und klein lange Zeit vorher freut und das ein beredtes Zeugnis davon ablegt, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer in voller Harmonie sich ihres Daseins erfreun.
Obwohl die letzten Jahre in wirtschaftlicher Hinsicht viel zu wünschen übrig ließen und in vielen Geschäften am Platze die Arbeiter nicht voll beschäftigt werden konnten, so hat der Inhaber keine Opfer gescheut, um den Ausfall, den das völlige Darniederliegen des südamerikanischen Geschäftes verursachte, durch Aufsuchen anderer Absatzgebiete wieder auszugleichen, wodurch es ihm auch gelungen ist, die Arbeiter das ganze Jahr hindurch voll zu beschäftigen. Möge dieses Streben auch fernerhin dadurch belohnt werden, daß das Geschäft weiter wachse und blühe.