Fund auf dem Geiselstein (Schuldiktat Schubart)
Erscheinungsbild
Den 25. Okt. 1768.
Hochgeehrtester Herr,
Hier hat sich folgende Neuigkeit zugetragen. Ein Schäfer entdeckte auf dem Geiselstein ein Loch, und als er hineinstieg, so fand er eine eiserne Kiste, worinnen folgende Kostbarkeiten sich befanden:
- 1. 100 geschnittene Federn, welche Alles selbst schön und orthographisch schreiben können.
- 2. Eine Brille, durch welche der dummste Mensch Alles lesen kann.
- 3. Ein pulverisirter guter Menschenverstand, den man wie Schnupftabak in das Hirn hinaufziehen kann.
- 4. Etliche Gläser Gedächtnißtropfen, womit sich Diejenigen, welche ihren Catechismum, ihre Sprüche, Lieder nicht auswendig lernen wollen, alle Morgen und Abend um die Schläfe schmieren müssen.
- 5. 3 Dutzend Feldteufel in Futteralen, welche die bösen Buben bei den Ohren schütteln, wann sie gottlose Streiche anstellen.
- 6. 10 ℔[1] gestankvertreibende Salbe, womit sich diejenigen schmieren können, die das ganze Jahr wie die Böcke stinken.
- 7. Ein Stimmhammer, womit man diejenigen Hälse stimmen kann, welche rauhe Eselsstimmen haben.
- 8. Ein Hobel, womit man alle groben Flegel hobeln kann.
- 9. Ein Zauberspiegel, worin man alle Tagediebe, Fresser, Flucher, Unflätige und Dummköpfe erkennen kann u. s. f.
Diese und andere Raritäten sind allhier in Geislingen um billige Preise zu haben. – In unserer Schule könnte man sie wohl brauchen, wann nur das Geld nicht so klemm[2] wäre. Ich verharre
Dero ergebenster Diener |