Gedankenlesen, Gedankenmittheilung, Hellseherei

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Hugo Klein
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Gedankenlesen, Gedankenmittheilung, Hellseherei
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 13, S. 222–223
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Vorführungen des Gedankenlesers Stuart Cumberland in Wien und Erklärungsversuche
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[222]

Gedankenlesen, Gedankenmittheilung, Hellseherei.

In Wien wußte in den letzten Wochen ein Tausendkünstler ganz besonderer Art das allgemeine Interesse in Anspruch zu nehmen, die weitesten Kreise mit seinen Productionen in Spannung zu erhalten und durch die letzteren sogar einen wissenschaftlichen Streit gelehrter Professoren hervorzurufen. Nachdem Kronprinz Rudolf und der Erzherzog Johann den bekannten Spiritisten Mr. Bastian entlarvt und die Nichtigkeit seiner Gaukeleien dargethan hatten, meldete sich in der Hofburg ein anderer Engländer, Mr. Cumberland, der sich einen „Anti-Spiritisten“ nannte und den hohen Herrschaften die intimeren Praktiken des spiritistischen Hokuspokus erläutern wollte. Das haben freilich vor ihm Andere bereits viel gründlicher besorgt, und es giebt auch keine einzige spiritistische Charlatanerie, in deren geheimen Mechanismus wir nicht, dank entsprechenden Enthüllungen, geblickt hätten. Wir wollen hier nur auf das Aufsehen erregende Buch „Confessions of a medium“ (Bekenntnisse eines[WS 1] Mediums) von Parker hinweisen, in welchem der Verfasser alle Geschäftsgeheimnisse seines früheren Chefs, des „berühmten“ amerikanischen Spiritisten Thomson, der sich im Jahre 1879 in England producirte, rücksichtslos und mit beißender Ironie verrieth. Gleichwohl fand Mr. Cumberland, wie man in allen Tagesblättern lesen konnte, Eingang in die Wiener Hofburg, deren hohe Kreise er mit seinen Taschenspielereien unterhielt, um sie schließlich für seine „Gedankenkunst“ zu interessiren. Was die Journale davon berichteten, klang gar wunderbar. Mr. Cumberland errieth angeblich, daß Kronprinz Rudolf den ganzen Tag an ein Thermometer gedacht, daß derselbe während der Production an eine schwarze Dogge denke, faßte ihn bei der Hand und führte ihn zu dem Hunde in der Dienerstube, ebenso wie den Erzherzog Rainer zu einer Officierskappe im Antichambre, welche dieses Mitglied des Kaiserhauses eben im Sinne hatte.

Den „Séancen“ in den Hofcirkeln folgten unmittelbar öffentliche Productionen Mr. Cumberland’s, und es erwies sich bald, daß seine Leistungen durchaus nicht so wunderbar waren, wie die Fama wissen wollte, wenn sie auch noch immer manches scheinbar ganz Unerklärliche boten. Die erste der öffentlichen „Manifestationen“ des „Gedankenlesens“ war sogar eine ziemlich verunglückte. Wohl gelang es Mr. Cumberland, drei Namen, die Adolf Wilbrandt auf drei Zettelchen geschrieben, zu nennen, ohne die Papiere zu entfalten, die er blos an die Stirn hielt. Als er aber mit verbundenen Augen eine Nadel finden wollte, welche Wilbrandt in Abwesenheit Cumberland’s in einer Logendraperie verborgen hatte, verließ ihn sein Glück; er konnte die Nadel nicht finden. Das gleiche Experiment mißlang auch vollständig mit Professor Weinlechner und wurde erst mit einem Herrn Mayer nach Wunsch durchgeführt. Das Mißglücken der ersteren Experimente erklärte der „Gedankenleser“ damit, daß er von einer Vorstellung, die er in der vergangenen Nacht beim Fürsten Metternich gegeben, überaus erschöpft sei. Die weiteren öffentlichen Productionen Cumberland’s gehörten indessen bekanntlich zu den gelungenen.

Am zweiten Abend führte der „Anti-Spiritist“ den Grafen Strachwitz zu einer Person im Saale, auf die derselbe seine Gedanken concentrirt hatte. Den Baron Schwarz-Senborn bat der Demonstrator an einem dritten Abend, seine Gedanken auf eine Person im Saale zu fixiren, einen Gegenstand im Besitze derselben in’s Auge zu fassen, und eine zweite Person auszusuchen, welcher er diesen Gegenstand übergeben möchte. Mit verbundenen Augen führte dann Cumberland den Baron, dessen Hand er mit beiden Händen erfaßte, zu einem Herrn in der ersten Sitzreihe, nahm demselben einen Zwicker ab und übergab diesen einem Officiere in der zweiten Sitzreihe. Schwarz-Senborn bestätigte, daß Personen und Gegenstand die richtigen seien. Das Experiment mit der Nadel, welche diesmal zuerst General Kodolitsch, dann Professor Schnitzler versteckten, wurde von dem „Gedankenleser“ in der befriedigendsten Weise durchgeführt.

Die höchst überraschenden Productionen Cumberland’s führten in Wien selbstredend zu vielfachen Erörterungen. Der Psychiater Dr. J. Hinterstoißer gab öffentlich der Vermuthung Ausdruck, Cumberland arbeite mit der Hypnose, da er die Individuen, die er bei der Hand führe, veranlasse, ihren ganzen Ideenkreis auf eine bestimmte Person oder auf einen bestimmten Gegenstand zu concentriren, und sie dabei herumzerre, als wären sie regelrechte „Medien“. Von anderer Seite wurde hervorgehoben, daß der Puls die feinsten Erregungen verrathe und Cumberland, welcher die Leute bei der Hand fasse, hierdurch bei dem Errathen bestimmter Personen oder Gegenstände wesentlich unterstützt werde. Professor Weinlechner, mit welchem, wie erwähnt, in der zweiten Soirée Cumberland’s das Experiment mit der Nadel mißglückte, gab damals sofort die folgende Erklärung ab:

„Ich erkläre, daß dies kein Gedankenlesen ist. Gedankenlesen heißt, Gedanken so errathen, daß man sie zu Papier bringen kann. Hier aber handelt es sich nicht um Gedanken, sondern um ganz concrete Gegenstände, zu welchen Cumberland hingeführt werden muß. Hier ist nun der Führer der Geführte und der anscheinend Geführte der Führende. Cumberland braucht nämlich zu seinem Experimente übermäßig nervöse Leute, das heißt solche, welche die Bewegung ihrer Muskeln im gegebenen Falle nicht in ihrer Gewalt haben. Wenn Cumberland mit solchen in die Nähe des zu errathenden Gegenstandes kommt, so zeigt ihm ein gewisses willenloses Abwehren oder Hinzudrängen der Hand des Geführten die genaue Richtung an. Ich habe mich überzeugt, daß dies ausschlaggebend ist, und zwar dadurch, daß ich absichtlich an ganz ungefährlichen Orten mit der Hand zuckte und so Cumberland den Impuls gab, stehen zu bleiben und zu suchen. Dies that er denn auch regelmäßig, wo ich ihn irreführen wollte, und dies verschafft mir die Ueberzeugung, daß das Gedankenlesen Cumberland’s in nichts Anderem besteht, als in einem besonders fein ausgeprägten Muskelgefühl.“

Die Ansicht Weinlechner’s scheint sehr plausibel; man bemerkte auch bei einer Soirée, daß Cumberland den Grafen Strachwitz wirklich zu der Person führte, an die dieser dachte. Graf Strachwitz mochte seine Gedanken durch eine Muskelbewegung verrathen haben, als ihn der „Anti-Spiritist“ zwischen den Sitzreihen entlang führte. Auffallend war es dabei, daß der Letztere die gedachte Person nicht direct bezeichnete, sondern den Grafen fragte: „Ist es diese?“ Als der Graf nicht antwortete, wiederholte Cumberland viermal seine Frage, bis sie bejaht wurde. Indessen erklärte Professor Schnitzler, mit welchem ein ähnliches Experiment zum Besten gegeben wurde, er sei nicht der Führende, demnach auch nicht der „Angeführte“ gewesen. Cumberland selber veröffentlichte schließlich eine Erklärung in den Journalen, welche im Wesentlichen besagte, er könne nur einen bestimmten Gegenstand errathen, wenn ein Individuum alle seine Gedanken auf denselben concentrire, und seine Divinationsgabe lasse ihn im Stiche, wenn die betreffende Person zwei dominirende Ideen im Kopfe habe, nämlich auch die Idee, ihn irrezuführen und zu bekämpfen.

Aus Alledem geht nur das Eine mit Sicherheit hervor, daß C. Stuart Cumberland ein Mensch mit ganz besonders entwickelten, ganz besonders feinen Sinnesorganen ist. Das fein ausgeprägte Muskelgefühl, welches Professor Weinlechner constatirte, ist eine Thatsache. Zu dem außerordentlichen Tastsinne dürfte sich aber auch ein ausnehmend feines Geruchsorgan gesellen, was sehr Vieles erklärlich macht, so auch die Experimente mit der Nadel. Ein guter Schweißhund verfolgt ja meilenweit die Spur eines Wildes, warum soll ein Mensch mit abnormem Geruchsorgan nicht auch eine Fährte im engen Raume eines Saales verfolgen können? Ich bin der Ansicht, daß Cumberland nicht die Nadel sucht, sondern den Ort, wohin sich eine betreffende Person begab und an dem sie am längsten verweilte, bevor sie auf die Estrade zurückkehrte. Mit ausgeprägtem Tastsinne [223] dann die Nadel zu finden, wenn der Ort einmal gefunden ist, wo sie verborgen wurde, ist gar nicht schwer.

Es fehlt nicht an Beispielen für einen so stark ausgeprägten Geruchssinn beim Menschen. Eckartshausen berichtet in seiner „Geschichte der Magie“ von einem Manne, der an den Stühlen erkannte, welcher seiner Bekannten auf denselben gesessen, und die Personen nennen konnte, die einen bestimmten Gegenstand berührt hatten, was er durch seinen Geruchssinn entdeckte. Der Dichter Goeking hatte in seiner Jugend das Vermögen, das Begegnen mit einem Bekannten zu ahnen, der gleich darauf erschien, was er ganz auf Rechnung seines feinen Geruchssinnes setzte. Eckermann erzählt, daß er, von einem Spaziergange heimkehrend, etwa zehn Minuten von Weimar den geistigen Eindruck hatte, daß ihm an der nächsten Ecke eine Person begegnen würde, die er seit Jahr und Tag nicht gesehen und an die er sehr lange nicht gedacht. „Es beunruhigte mich zu denken, daß sie mir begegnen könnte, und mein Erstaunen war daher nicht gering, als sie mir bald darauf wirklich entgegentrat.“ Goethe erwiderte auf diese Erzählung: „Das ist sehr merkwürdig und mehr als Zufall. Wir tappen alle in Wundern und Geheimnissen.“ Auf ganz natürliche Art dürfte sich aber die Sache mit dem feinen Geruchssinn Eckermann’s erklären lassen, ohne daß man uns deshalb beschuldigen dürfte, in die Seelenriecherei des Professor Jaeger zu verfallen. Thatsächlich würde jeder Schweißhund in einem Saale einen verborgenen Gegenstand mit Leichtigkeit auffinden; ja, selbst bei gewöhnlichen Stubenhunden ist das Auffinden verlorener Gegenstände keine ungewöhnliche Erscheinung. Die Art nun, wie Cumberland sucht, seine gebückte Haltung, das Niederbeugen seines Kopfes, sein Schnuppern mit der Nase, spricht für die geäußerte Anschauung.

Was nun das Experiment anbelangt, zu errathen, an welche Person Jemand denke, so giebt es in den Angaben Professor Weinlechner’s dafür auch eine Erklärung. Ein Zucken der Hand, ein lebhaftes Schlagen des Pulses können das verrathen. Uebrigens will ich nicht leugnen, daß manche ernste Denker eine gewisse Divinationsgabe bei manchen Menschen zugegeben, ja eine solche bei sich selbst beobachtet haben. Ich will hier unter Anderem auf Schopenhauer hinweisen, welcher („Parerga und Paralipomena“, I.) schreibt:

„Unmittelbare Mittheilung der Gedanken ist so gewiß, daß ich dem, der ein wichtiges und gefährliches Geheimniß zu bewahren hat, anrathe, mit dem, der es nicht wissen darf, über die ganze Angelegenheit nie zu sprechen, weil er während dessen das wahre Sachverhältniß unvermeidlich in Gedanken haben müßte, wodurch dem Anderen plötzlich ein Licht aufgehen kann, indem es eine Mittheilung giebt, vor der weder Verschwiegenheit noch Verstellung schützt.“

Und weiter:

„Meine schöne Wirthin in Mailand, vor langen Jahren, fragte mich in einem sehr animirten Gespräche an der Abendtafel, welches die drei Nummern wären, die sie als Terne in der Lotterie belegt hätte? Ohne mich zu besinnen, nannte ich die erste und die zweite richtig, dann aber, durch ihren Jubel stutzig geworden, gleichsam aufgeweckt und nun reflectirend, die dritte falsch.“

Ferner schreibt Zschokke („Selbstschau“, I.):

„Es begegnete mir zuweilen beim ersten Zusammentreffen mit einer unbekannten Person, wenn ich schweigend ihre Rede anhörte, daß ihr bisheriges Leben mit vielen kleinen Einzelheiten (Kleidung, Bewegung der handelnden Personen, Zimmer, Geräthe etc.) – oft nur diese oder jene Scene – traumhaft und doch klar an mir vorüberging, ganz unwillkürlich, in wenigen Minuten. Während dem ist mir gewöhnlich, als wäre ich in das Bild des fremden Lebens so völlig versunken, daß ich zuletzt weder das Gesicht des Unbekannten deutlich mehr sehe, noch seine Stimme verständlich höre. Es wandelte mich öfter ein Grauen an, wenn mir die betreffenden Personen dann die Richtigkeit jener Einzelheiten, die ich angab, staunend bestätigten.“

Zschokke erzählt des Weiteren, daß er einem jungen Mann auf diese Weise einmal vorhalten konnte, daß er die Casse seines Principals bestohlen, wobei er das Zimmer, in welchem solches geschah, genau zu beschreiben vermochte. Dieses Durchschauen äußerte sich gewöhnlich nur bei Personen, an welchen Zschokke wenig gelegen war. Die Richtigkeit all dieser Beobachtungen zugegeben, wäre Mr. Cumberland jedenfalls kein neues Weltwunder, geeignet, Sensation hervorzurufen, sondern eine Erscheinung, wie sie bereits sattsam vorgekommen; es giebt eben nichts Neues unter der Sonne.

Es ist übrigens nicht ausgeschlossen, daß Mr. Cumberland sich bei manchen seiner Experimente in einem somnambulen Zustand befindet, in welchen er sich ja durch die Concentrirung aller seiner Gedanken auf einen bestimmten Gegenstand versetzen kann. Die Hypnose ist ein physiologisches Phänomen, das einmal besteht und Gegenstand ernster wissenschaftlicher Erforschung geworden ist. Er kann auch durch einen Magnetiseur in einem Nebensaale, durch seine Frau, die allen seinen Productionen, selbst in der Hofburg, beiwohnt, in einen hypnotischen Zustand versetzt werden. Auf diese Vermuthung führt mich der Umstand, daß er aus zusammengefalteten Zettelchen Namen ablesen kann, indem er die Papiere blos an die Stirne hält, was sonst nur Somnambulen zu Stande bringen. Ohne den wohlfeilen Prophezeiungen solcher den geringsten Glauben zu schenken, ohne ihren hysterischen Visionen Bedeutung zuerkennen zu wollen, muß ich mit Professor Fr. Fischer, der sich in seinem Buche über den Somnambulismus (Basel, 3 Bände) allen somnambulen Erscheinungen gegenüber höchst skeptisch verhält, die beglaubigten Zeugnisse doch beachten, welche über diese Fähigkeit der „Hellseherei“ vorliegen. Man hat Briefe in dreifache, undurchsichtige Umschläge gelegt, hat jeden derselben dreifach versiegelt, und einzelne Somnambulen lasen den Inhalt ab, ohne daß die Couverts verletzt und geöffnet worden wären.

Die Anhänger des thierischen Magnetismus haben eine ganze Bibliothek von Beispielen dieser Art zusammengetragen. Noch bemerkenswerth ist es, daß Cumberland die erwähnten Namen las, wie die Somnambulen die Briefe, nämlich buchstabirend, Buchstaben für Buchstaben, die er dann zu Worten construirte. Auch das „Gedankenlesen“ fände auf diese Weise seine Erklärung. Perty schreibt in seiner „Geschichte der mystischen Erscheinungen der menschlichen Natur“:

„Die hellsehende Person verfolgt mit unendlich feiner Spürkraft den Weg zu Jenem, von welchem man ihr z. B. eine Haarlocke, einen Brief oder einen andern Gegenstand gegeben hat, unbeirrt durch die unzähligen anderen Spuren bei dieser specifisch unterschiedenen beharrend, wobei die dazwischen liegenden Dinge gleichsam verschwinden, wie für den Magnet die indifferenten Körper zwischen ihm und dem Eisen.“

Sind solche Erscheinungen auch nicht unzweifelhaft beglaubigt, so seien sie doch hier angeführt, weil sie eine überraschende Analogie zu dem Verfahren Cumberland’s bieten.

Ist nun Mr. Cumberland ein „Gedankenleser“? Oder ein Gedanken-Divinator? Oder ein Hellseher? Nachdem es feststeht, daß wir es hier mit einer Person von ganz besonderer, ja krankhafter Sensibilität zu thun haben, ist keine der drei Möglichkeiten ausgeschlossen, doch erklärt sich alles, wie wir ausgeführt haben, so ziemlich auf ganz natürliche Weise. Seine Erscheinung hat nichts Wunderbares, nichts Niedagewesenes an sich. Es ist physiologisch möglich, Gedanken zu lesen, wie er sie „liest“ – mit den Fingerspitzen, mit der Nase. Und so wollen wir uns auch an diese Deutung seiner Kunstfertigkeit halten, obgleich es auch vor ihm Menschen gegeben hat, welche die Gedanken Anderer zu errathen wußten, obgleich einzelne somnambulische Erscheinungen wirklich beobachtet wurden, wenn auch ihre Verallgemeinerung ungerechtfertigt erscheint. Es dürfte dem Herrn im Grunde wohl gleichgültig sein, wie man ihn classificirt. Die Hauptsache ist, daß seine „Séancen“ bei hohen Entréepreisen gut besucht seien, und dieses Ziel hat er, in Wien wenigstens, vollständig erreicht. Es werden sonst die Leute nicht so gut bezahlt, welche Uhren aus den Taschen und Gedanken aus dem Kopfe Anderer stehlen, wie dies Mr. Cumberland unter dem lauten Beifall der staunenden Menge öffentlich producirt.Hugo Klein.     


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: eine