General Enrico Cialdini

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Autor: unbekannt
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Titel: General Enrico Cialdini
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aus: Die Gartenlaube, Heft 48, S. 768
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[768] General Enrico Cialdini, dessen Portrait wir in Nr. 45 gaben, nach Victor Emanuel selbst unstreitig die ritterlichste Gestalt und in diesem Augenblicke der gefeiertste Führer des königlich sardinischen – wir werden hoffentlich bald sagen dürfen – des italienischen Heeres, ist im Modenesischen geboren und dermalen erst 47 Jahre alt. Feurigen Gemüths und lebhaften Geistes mußte er noch sehr jung, und zwar im Jahre 1832, als flüchtiger Kämpfer für die Freiheit und Unabhängigkeit seines Vaterlandes nach Frankreich auswandern, wo er als Zögling der Pariser Polytechnischen Schule mit dem nachmaligen General Lamoricière zusammentraf, wie man sagt, mit demselben sogar ein Duell bestand und so den Grund zu jener persönlichen Abneigung, um nicht zu sagen Feindschaft legte, welche in der letzten bei Castelsidardo und Ancona gegen den päpstlichen Obergeneral genommenen Revanche für das unbesonnene Wort des Kriegsministers der französischen Republik von 1848 „Les Italiens ne se battent pas“ einen so glänzenden Ausdruck fand.

Cialdini’s kräftige Gemüthsanlagen und sein entschlossener Sinn duldeten nicht, daß er sich lange ruhigen Studien hingebe und überhaupt müßig bleibe; daher nahm er Dienste in der Fremden-Legion, welche das constitutionelle Spanien warb, um die Ansprüche des Prätendenten Don Carlos abzuweisen. Durch sein tapferes und einsichtvolles Benehmen wußte er sich bald den Grad eines Oberstlieutenants zu verdienen. Viele auf dem Schlachtfelde erhaltene Wunden bedecken seinen Körper, aber auch viele rechtmäßig verdiente Ehrenzeichen schmücken seine ritterliche Brust.

Anfangs 1848 verließ er den spanischen Dienst und eilte zum Kampfe für die vaterländische Freiheit nach Italien; mit Johann Durando und Massimo d’Azeglio nahm er Theil an der Vertheidigung von Vicenza, wobei er eine schwere Wunde davon trug. Kaum genesen trat er wieder in activen Dienst und befehligte durch mehrere Jahre mit dem Range eines Obersten ein piemontesisches Regiment der Brigade Pinerolo. Während des Feldzugs in der Krim führte er eine Brigade, an deren Spitze er sich, wie gewöhnlich, auszeichnete. Nach beendigtem Kriege wurde er zum General-Major befördert und vom Könige zum Flügel-Adjutanten ernannt. Im Feldzuge von 1859 erhielt er den Befehl über die 4. sardinische Armee-Division und bedeckte sich bei Palestro in den Gefechtstagen des 30. und 31. Mai, so wie durch seinen Sesia-Uebergang mit Ruhm. Später wurde er zur Aufnahme des am 15. Juni bei Tre Ponti durch Urban hart bedrohten Garibaldi vom Könige nach Castenedolo an der Chiese entsendet, und gleich darauf mit seiner tapfern Division in das Veltlin zur Paralysirung der von Südtyrol drohenden Oesterreicher detachirt, was ihn hinderte, am 24. Juni an der Schlacht von Solferino Theil zu nehmen und so den Stand der von Benedek hart mitgenommenen Piemontesen zu erleichtern.

Nach beendigtem Feldzuge wurde er zum General-Lieutenant ernannt, und ihm, als die sardinische Regierung den Einmarsch in die Marken und in Umbrien beschlossen hatte, der Oberbefehl des vierten, direct gegen die Marken vorzudringen bestimmten Armeecorps anvertraut. In welcher Weise Cialdini das in ihn gesetzte Vertrauen gerechtfertigt habe, sprechen die glorreichen Waffenthaten von Pesaro und Castelsidardo, so wie die jüngst erfolgte Einnahme von Ancona, zu der er so wesentlich beigetragen, endlich die in wenigen Wochen vollbrachte Vernichtung des päpstlichen, von Lamoricière organisirten und befehligten Heeres.

Cialdini ist unstreitig in jeder Beziehung einer der brillantesten Officiere der sardinischen Armee. Tiefe Einsicht, ein scharfer Coup d’oeil und unerschütterliche Entschlossenheit zeichnen ihn als Führer, Gerechtigkeit, Festigkeit und Wohlwollen als Vorgesetzten aus; im cameradschaftlichen Umgange bieder und aufrichtig freundlich, ist er der Liebling Aller, vom Könige an bis zum letzten Bersagliere. Man kann ihn richtig den Bayard der sardinischen Armee nennen.

Als die Kunde der so einsichtsvoll herbeigeführten und so glänzend von ihm gewonnenen Schlacht von Castelsidardo zur Kenntniß des Königs gelangte, beeilte sich Victor Emanuel, den General Cialdini zum Zeichen seiner vollsten Zufriedenheit mit dem Großkreuze des königlich sardinischen Militär-Ordens von Savoyen zu schmücken und ihn bald darauf zum Armee-General, „Generale d’Armata“, derzeit in der königlichen Armee, welche keine Marschälle hat, die höchste militärische Würde, zu ernennen.