Gesetz, betreffend Abänderungen und Ergänzungen des Gesetzes über die Pensionirung und Versorgung der Militärpersonen

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Titel: Gesetz, betreffend einige Abänderungen und Ergänzungen des Gesetzes vom 27. Juni 1871 über die Pensionirung und Versorgung der Militärpersonen etc.
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Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1874, Nr. 10, Seite 25 - 29
Fassung vom: 4. April 1874
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Bekanntmachung: 8. April 1874
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(Nr. 995.) Gesetz, betreffend einige Abänderungen und Ergänzungen des Gesetzes vom 27. Juni 1871 über die Pensionirung und Versorgung der Militärpersonen etc. Vom 4. April 1874.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1.

Das Gesetz vom 27. Juni 1871, betreffend die Pensionirung und Versorgung der Militärpersonen des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, sowie die Bewilligungen für Hinterbliebene solcher Personen (Reichs-Gesetzbl. S. 275), wird durch nachfolgende Vorschriften abgeändert beziehungsweise ergänzt.

I. Offiziere und im Offizierrange stehende Militärärzte.

A. Im Reichsheere.

§. 2.

Die im §. 14 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 genannten Offiziere und Militärärzte erlangen Ansprüche auf die Hälfte der im §. 12 daselbst bestimmten Pensionserhöhung auch schon dann, wenn durch eine im Kriege erlittene Verwundung oder Beschädigung zwar eine bleibende Störung ihrer Gesundheit herbeigeführt, durch diese aber nur ihre Felddienstfähigkeit, nicht auch ihre Garnisonsdienstfähigkeit (§. 3 daselbst) aufgehoben worden ist.

§. 3.

Die §§. 13 a. bis d. des Gesetzes vom 27. Juni 1871 erwähnten Pensionserhöhungen sind auch dann zu gewähren, wenn die Pensionirung später als fünf Jahre nach dem Friedensschlusse, beziehungsweise nach erlittener Beschädigung eintritt (§. 16 ebenda).

§. 4.

Die Zahlung der Pension an solche Verabschiedete, welche zur Zeit der Pensionirung Gehalt nicht mehr beziehen, beginnt mit dem Monat, für welchen die Pensionirung ausgesprochen worden ist (§. 31 ebenda).

§. 5.

Die Befugniß zur Bewilligung der Pensionszahlung an die Hinterbliebenen pensionirter Offiziere oder im Offizierrange stehender Militärärzte für den auf den Sterbemonat folgenden Monat kann auch anderen Behörden, als den obersten Militär-Verwaltungsbehörden der Kontingente übertragen werden (§. 39 ebenda). [26]

§. 6.

Bei Bemessung der Pension der Zeug-, Feuerwerks- und Train-Depot-Offiziere wird der Betrag des wirklich bezogenen etatsmäßigen Gehalts zu Grunde gelegt (§. 10 und §. 47 ebenda).

B. In der Kaiserlichen Marine.

§. 7.

Die vorstehenden Bestimmungen (§§. 2 – 6) finden gleichmäßig im Geschäftsbereich der Kaiserlichen Marine Anwendung (§§. 48 und 55 des Gesetzes vom 27. Juni 1871).
Die Maschinen-Ingenieure der Marine sind den im §. 48 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 bezeichneten Angehörigen der Marine beizuzählen.
Die ebendaselbst nur zu Gunsten der Wittwen und Kinder getroffene Bestimmung findet überhaupt auf die Hinterbliebenen dieser Angehörigen der Marine entsprechende Anwendung (§§. 29 u. ff. ebenda).

§. 8.

Die auf Seereisen nachweislich in Folge einer militärischen Aktion oder durch außerordentliche klimatische Einflüsse, namentlich bei längerem Aufenthalte in den Tropen, invalide oder zur Fortsetzung des Seedienstes ohne ihr Verschulden unfähig gewordenen Offiziere, Aerzte, Maschinen-Ingenieure und Deckoffiziere haben auf die im §. 12 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 festgesetzten Pensionserhöhungen nur dann Anspruch, wenn ihre Pensionirung vor Ablauf von fünf Jahren nach der Rückkehr des Schiffes in den ersten heimathlichen Hafen eintritt (§. 52 ebenda).

§. 9.

Den mit Pension aus dem Marinedienste ausscheidenden im Offizierrang stehenden Aerzten, Maschinen-Ingenieuren, Deckoffizieren und oberen Marinebeamten, welche früher der Handelsflotte angehörten, wird die Fahrzeit mit derselben vom 18. Lebensjahre an bis zum Eintritt in die Kriegsmarine zur Hälfte als pensionsfähige Dienstzeit in gleichem Maße angerechnet, wie den Offizieren der Kriegsmarine (§. 54 und §. 56 ebenda).

II. Militärpersonen der Unterklassen.

§. 10.

Unteroffiziere, welche nicht als Invaliden versorgungsberechtigt sind, erlangen durch zwölfjährigen aktiven Dienst bei fortgesetzter guter Führung den Anspruch auf den Civilversorgungsschein (§§. 58 und 75 ebenda). [27]
Unteroffiziere und Mannschaften des Beurlaubtenstandes erwerben Anspruch auf Invalidenversorgung nicht auf Grund der Dienstzeit, sondern nur durch eine im Militärdienste erlittene Dienstbeschädigung.

§. 11.

Ganzinvaliden, deren Invalidität durch eine in dem Kriege von 1870/71 erlittene Dienstbeschädigung herbeigeführt worden ist, und welche Anspruch auf den Civilversorgungsschein haben, wird nach ihrer Wahl an Stelle des Civilversorgungsscheins eine Pensionszulage von 2 Thalern monatlich gewährt (Anstellungsentschädigung).
Das Recht zur Wahl erlischt für die bereits anerkannten Berechtigten innerhalb sechs Monaten nach Eintritt der verbindlichen Kraft dieses Gesetzes, für die etwa noch später anzuerkennenden Berechtigten innerhalb sechs Monaten nach der erfolgten Anerkennung der Invalidität, beziehungsweise durch Annahme des Civilversorgungsscheins vor Ablauf dieser Frist.

§. 12.

An Stelle der nach §. 76 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 zu bewilligenden Pensionserhöhung für Nichtbenutzung des Civilversorgungsscheins tritt eine Pensionszulage von 3 Thalern monatlich, welche den Invaliden aller Pensionsklassen gewährt werden kann.
Ganzinvaliden von mindestens achtjähriger aktiver Dienstzeit bedürfen zum Erwerbe dieser Pensionszulage des Nachweises erlittener Dienstbeschädigung nicht.
Die Anstellungsentschädigung und die vorerwähnte Pensionszulage können nicht nebeneinander bezogen werden. In dem Fall des §. 74 ist jede dieser Pensionszulagen für sich neben einer dem gesammten Diensteinkommen gleichkommenden Pension zahlbar.

§. 13.

Für die Versorgungsansprüche der nachweislich durch den Krieg invalide gewordenen, aus dem aktiven Militärdienst ausgeschiedenen Unteroffiziere und Mannschaften gelten innerhalb der dem betreffenden Friedensschlüsse folgenden 3 Jahre die Bestimmungen der §§. 65 bis 80 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 mit den durch gegenwärtiges Gesetz festgestellten Abänderungen (§§. 81 – 85).
Für die Versorgungsansprüche der nachweislich durch den Krieg 1870/71 invalide gewordenen, aus dem aktiven Militärdienst ausgeschiedenen Unteroffiziere und Mannschaften wird dieser Termin auf 4 Jahre verlängert.
Sämmtliche Temporär-Invaliden bleiben versorgungsberechtigt bis zur Rückkehr der Felddienstfähigkeit.

§. 14.

Die Bestimmungen der §§. 39 und 40 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 finden auf die Hinterbliebenen aller bei ihrem Tode im Genusse von Pension befindlich gewesenen Militärpersonen der Unterklassen Anwendung (§. 98 ebenda). [28]

§. 15.

Die im §. 103 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 bezeichneten Diensteinkommenssätze, bis zu deren Erfüllung den im Civildienst angestellten oder beschäftigten Pensionären die Pension belassen werden kann, werden
a) für den Feldwebel auf 350 Thlr.,
b) für den Sergeanten oder Unteroffizier auf             250 Thlr.,
c) für den Gemeinen auf 130 Thlr.
erhöht.
Für Militärpersonen des Unteroffizierstandes, welche sich mindestens 12 Jahre im aktiven Militärdienst befunden haben, werden die Sätze zu a. und b. auf 400 Thlr. festgesetzt.

§. 16.

Die Vorschriften im §. 107 Absatz 1 und 2 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 finden nur auf die Fälle Anwendung, in welchen bei Feststellung der Civilpension die früher zurückgelegte Militärdienstzeit als pensionsfähige Dienstzeit mit in Anrechnung gebracht wird.
In allen anderen Fällen greifen die Vorschriften des §. 108 a. a. O. Platz.

§. 17.

Auf die im §. 112 Absatz 2 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 bezeichneten Militärpersonen und deren Hinterbliebene finden die Bestimmungen der §§. 99 bis 108 ebendaselbst nur insoweit Anwendung, als diejenigen Vorschriften, welche vor der Wirksamkeit des erwähnten Gesetzes auf sie anwendbar waren, ihnen nicht günstiger sind.

III. Gemeinschaftliche und Schlußbestimmungen.

§. 18.

Für jeden einzelnen Feldzug erläßt der Kaiser besondere Bestimmungen darüber, wer im Sinne des Gesetzes vom 27. Juni 1871 (§§. 17 und 71 daselbst) Theilnehmer am Kriege war.

§. 19.

Die Vorschrift des §. 2 hat rückwirkende Kraft für die Theilnehmer am letzten Kriege mit Frankreich.

§. 20.

Die Vorschriften in den §§. 6, 9, 11, 12 und 13 finden auch auf diejenigen ehemaligen Militärpersonen Anwendung, über deren Versorgungsansprüche unter Zugrundelegung der Bestimmungen des Gesetzes vom 27. Juni 1871 bereits entschieden ist, beziehungsweise zu entscheiden war. [29]
Aus den angeführten Paragraphen können Ansprüche auf Nachzahlungen für eine vor Eintritt der verbindlichen Kraft dieses Gesetzes liegende Zeit nicht abgeleitet werden.
Die Zahlung der nach den §§. 11 und 12 eintretenden Bewilligungen für die bereits anerkannten, im Besitze des Civilversorgungsscheins, beziehungsweise im Genuß der Pensionserhöhung für Nichtbenutzung des Civilversorgungsscheins befindlichen Invaliden hebt mit demjenigen Monat an, in welchem gegenwärtiges Gesetz Geltung erlangt.

§. 21.

Die Vorschrift im §. 14 findet auf die Hinterbliebenen der Militärpersonen der Unterklassen auch für die Vergangenheit mit gleicher Wirkung Anwendung, als wenn sie bereits durch das Gesetz vom 27. Juni 1871 getroffen worden wäre.

§. 22.

Die Vorschrift im §. 15 Absatz 2 findet nur auf diejenigen Militärpersonen des Unteroffizierstandes Anwendung, welche nach dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Gesetzes aus dem aktiven Militärdienste ausscheiden.

§. 23.

Der Vorschrift im §. 17 wird für die dort bezeichneten Personen rückwirkende Kraft beigelegt.

§. 24.

Die Bestreitung derjenigen Ausgaben, welche dem Reiche nach dem gegenwärtigen Gesetze in Folge des Krieges von 1870/71 erwachsen, erfolgt aus dem durch das Gesetz vom 23. Mai 1873 begründeten Reichs-Invalidenfonds.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 4. April 1874.
(L. S.)  Wilhelm.

  Fürst v. Bismarck.