Guter Appetit
[34] Guter Appetit ist ein Zeichen der Gesundheit und ein Gut, das die Menschheit sich gegenseitig wünschen. Er kommt bei vielen von selbst, viele aber klagen über den Mangel desselben und suchen ihn künstlich zu erzeugen. Eigentlich ist eine vernünftige Regelung der Lebensweise das beste Mittel, den verlorengegangenen Appetit wieder zu bringen, aber der Mensch wünscht oft auch rasche Mittel, die im Augenblick wirken. Es giebt eine ganze Reihe derselben und darunter weniger zuträgliche, wie z. B. ein Gläschen Branntwein oder "ein Schnäpschen", wie viele sagen. Wir möchten hier ein Mittel angeben, das den Appetit am besten anregt und nicht schadet. Dieses Mittel ist eine Tasse Fleischbrühe, die jetzt so leicht mit einem Löffel Fleischextrakt herzustellen ist. Professor Voit sagt hierüber: „Es ist nicht zu leugnen, daß die Wirkung der Fleischbrühe eine außerordentliche ist; sie bereitet den Magen Gesunder und Kranker auf die mildeste Weise auf das Verdauungsgeschäft vor und kann daher als Arznei dienen. Daher die glänzenden Erfolge bei den Rekonvalescenten, deren Magen lange unthätig war; sie würden die gewöhnlichen Speisen nicht vertragen, wenn der Magen nicht vorher für die Absonderungen von Saft und die Aufsaugung wieder eingerichtet worden wäre. So wie die Erregungen der Mundschleimhaut auf den Magen einwirken, bevor die Speisen in ihn gelangt sind, so kann vielleicht auch von dem Magen aus auf den übrigen Darm gewirkt werden.“
Es ist darum eine gute Einrichtung, die Suppe zum ersten Gericht zu machen; denn dadurch wird der Magen für die Mahlzeit vorbereitet. Leider ist vielfach Abneigung gegen die Suppe vorhanden; das wissen wir schon aus der Geschichte vom „Suppen-Kaspar“ die im „Struwwelpeter“ nachzulesen ist. Es giebt aber auch große Suppenkaspar, welche die Fleischbrühe durch ein Glas Bier ersetzen. Wenn sie über schlechten Appetit klagen, so ist dies kein Wunder. Mögen sie das Bier abends trinken und ihre Mahlzeit mit der Fleischbrühe eröffnen, dann werden sie den Wunsch „Guten Appetit“ nicht vergeblich anhören müssen. *