Heinrich Karl Ludolph v. Sybel

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Titel: Heinrich Karl Ludolph v. Sybel
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aus: Die Gartenlaube, Heft 39, S. 613–615
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1862
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Heinrich Karl Ludolph v. Sybel.

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Heinrich Karl Ludolph v. Sybel

(Mit Portrait.)

Zur Begleitung des Bildnisses, das unsere heutige Nummer von dem in letzter Zeit als Lehrer und Schriftsteller auf dem Felde der Geschichte, sowie als Abgeordneter zum preußischen Landtage vielgenannten Manne giebt, möge die folgende biographische Notiz dienen. Die Charakteristik Sybel’s, namentlich in Beziehung auf dessen politisches Wirken im Abgeordnetenhaus, wird in einer Reihe neuer Bilder aus demselben ihre Stelle finden.

Die öffentliche Wirksamkeit Sybel’s begann auf dem Lehrstuhle. Durch seine Verträge zog er zuerst die akademische Jugend an, das Neue und die Schärfe in seinen historischen Anschauungen und Urtheilen lenkte die Aufmerksamkeit größerer Kreise auf ihn, bis er sich durch seine „Geschichte des ersten Kreuzzugs“ den Fachgenossen in ganz Deutschland als eine besonders beachtenswerthe Erscheinung darstellte. Die Schrift veröffentlichte er 1841 als Privatdocent an der Universität zu Bonn. Hier blieb er bis zu seiner Berufung als Professor der Geschichte nach Marburg. Die nächste Veranlassung dazu bot die 1849 erschienene Schrift über „die Entstehung des deutschen Königthums“. – Ebenso war es wieder eins seiner Geschichtswerke, welches ihm den Weg zu einer noch glänzenderen Stellung bahnte. Seine „Geschichte der Revolution von 1789 bis 1795“ erwarb ihm nicht nur in den wissenschaftlichen Kreisen erhöhte Anerkennung, sondern fand auch in dem König Maximilian von Baiern einen so warmen Verehrer, daß Sybel 1856 die Stellung als ordentlicher Professor der Geschichte an der Universität zu München angetragen wurde. Er folgte dem Ruf und sah sich bald nicht nur von einem großen Kreise begeisterter Zuhörer umgeben, sondern auch von seinem König mit immer neuen Ehren bedacht. So ward er kurz nacheinander Mitglied der historischen Classe der königl. baierischen Akademie der Wissenschaften, Vorstand des historischen Seminars, Ritter des Maximilians-Ordens für Verdienste in Kunst und Wissenschaft und Mitglied des Capitels dieses Ordens. Sybel’s Wirksamkeit in München war eine ebenso einflußreiche als achtungswerthe; die vorherrschenden Elemente der herrschenden Gesellschaft in der Königsstadt an der Isar wußten jedoch seine Stellung nach und nach zu einer nichts weniger als beneidenswerthen zu machen.

Die berüchtigte preußische Demarcationslinie des Baseler Friedens vom 5. April 1795 brauchte zwischen dem Norden und Süden Deutschlands nicht erst mit dem diplomatischen Pinsel gezogen zu werden, die auseinanderlaufenden Geistesrichtungen der herrschenden Kreise und ihres Anhangs bezeichneten jene traurige Grenzscheidung schon damals deutlich genug, und wenn auch durch die bitteren Erfahrungen der nächsten Jahrzehnte diese Grenzen durch die Bestrebungen der deutschen Völkerschaften äußerlich bedeutend verrückt wurden, so sind sie in den Anschauungen und Wünschen der hohen kirchlichen und politischen Kreise doch so ziemlich dieselben geblieben. Und unter ihrem Einfluß steht dort auch die Pflege der Wissenschaft, und so wenig frei ist diese, daß selbst die Lehren aus der Geschichte andere im deutschen Süden sind, als im deutschen Norden. Kein Wunder, daß der freidenkende Sybel in seinen Vorträgen bald der herrschenden Richtung ein Anstoß ward; es bedurfte nur einer genügenden Veranlassung, um dem Anstoß den gewünschten Erfolg zu geben. – Und diese gab Sybel selbst durch seine Darstellung jener „Demarcationslinie“ in der Fortsetzung seiner „Geschichte der Revolutionszeit von 1789 bis 1795.“ Der in derselben enthaltene Versuch zur Entschuldigung der preußischen Politik bei jenem Friedensschluß, durch welchen Preußen das linke Rheinufer an Frankreich preisgab, um sich ein Stück Polen zu sichern, brachte den Professor in den Verdacht kleindeutscher Parteinahme. Er erfuhr scharfe Angriffe von verschiedenen Seiten und spürte bereits das Schwanken seines baierischen Lehrstuhls, als der Ruf nach Bonn ihn aus der unleidlichen Lage befreite. In den Herzen der akademischen Jugend Münchens behielt er seinen Ehrenplatz, und er schied, auch an Gesinnungsgenossen nicht arm, von [615] dort im Juli 1861. Der Ruf, der dem streitbaren Manne nach Bonn vorausgegangen war, lenkte, als die Wahlen zum Landtage von 1862 begannen, die Blicke der Crefelder auf ihn. Unwohlsein verhinderte ihn jedoch, diesmal dem Rufe der Wähler zu folgen, und so hatte er den 11. März dieses Jahres nicht mit zu erfahren. Der abermaligen Wahl, am 6. Mai, entzog er sich nicht, und somit werden wir ihn unseren Lesern in seiner Eigenschaft als Abgeordneter bei einem Besuch des Landtags selbst vorstellen.