Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen: Matthäus Daniel Pöppelmann
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George Bähr → |
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[29] Nr. 33. Pöppelmann, Matthäus Daniel, 1662–1736. Aus den jüngeren Jahren dieses so hochberühmten Meisters der Baukunst, der nach Steche in Dresden, nach Sponsel zu Herford in Westfalen geboren war, ist nichts bekannt; wir erfahren erst etwas von ihm, als er 1691 in der Stellung eines Kondukteurs am Landbauamte Dresden seine Tätigkeit begann. 1705 wurde er Landbaumeister und Geheimkämmerer, 1718 Oberlandbaumeister. Unsere Stadt verdankt ihm eine Anzahl hervorragender Bauwerke, so das 1786 abgebrannte Rutowski'sche Palais an der Kreuzgasse und das 1885 abgebrochene Brühl'sche Palais an der Schießgasse, sowie das nach Hasche 1733 errichtete und noch heute stehende Gebäude Große Meißner Straße 15, in dessen Vorderhaus sich jetzt die Königl. Amtshauptmannschaft für Dresden-Neustadt und die Königl. Oberrechnungskammer befinden. Für die äußeren Schauseiten des in den Jahren 1718 und 1719 und im Mai 1849 durch Feuer zerstörten Opernhauses lieferte P. die Entwürfe. An anderen großen Bauten, wie beispielsweise am Taschenberg- und am Japanischen Palais ist er mit den anderen berühmten damaligen Hofarchitekten August des Starken, wie Karcher, Longuelune und de Bodt hervorragend tätig gewesen, von 1727–1731 führte P. nach seinem Entwurfe den Umbau der 1908 abgebrochenen Augustusbrücke aus. Auch die Pläne für den Bau der Dreikönigskirche in der Neustadt und von der Matthäuskirche in der Friedrichstadt rühren von ihm her. Das herrlichste Bauwerk, das dieser große Künstler in Dresden schuf und in dem seine reiche Gestaltungskraft sich überaus wirkungsvoll entfaltete, ist der weltberühmte Zwinqer. Er wurde von 1711–1722 erbaut, blieb aber, weil zur Weiterführung die Geldmittel fehlten, an seiner Nordseite offen, also unvollendet. Erst durch die 1885 fertiggestellte Semper'sche Gemäldegalerie wurde die [30] breite Lücke geschlossen. August der Starke hatte den Zwinger lediglich zur Abhaltung höfischer Festlichkeiten aufführen lassen. (vergl. Beutel, Bildnisse hervorragender Dresdner, Erste Reihe, Nr. 9.)
In Steches Aufsatz, den er gegen Ende der 1880er Jahre in der Allg. D. Biographie über P. veröffentlichte, heißt es am Schlusse u. a.: „Ein Bildnis des großen Künstlers ist wie sein Grab nicht erhalten.“ Diese zwei Angaben bedürfen einer Richtigstellung. In ein Grab sind die sterblichen Überreste P's. überhaupt nicht gebettet worden, sondern in eine in der Matthäuskirche der Friedrichstadt augenscheinlich auf seine ausdrückliche Anordnung eingebaute Gruft, die er zum Familienbegräbnis bestimmt hatte. Das geht auch klar aus dem Eintrage hervor, der sich unter Nr. 4 im Totenbuche des genannten Gotteshauses aus dem Jahre 1736 befindet und wörtlich lautet: „Herr Matthäus Daniel Pöppelmann, Königlicher Ober-Land-Baumeister und Geheimer Cämmerer, starb in Dreßden an Alter und Verzehrung den 17. Januar 1736, ward den 20. ej. abend auff allergnädigsten Befehl, mit Absingung 2 gewöhnlicher Lieder, Collecte und Seegen, ingleichen einer am Altar vom Pastore gehaltenen Parentation in das Pöpelmannsche Erbbegräbniß in der Kirche begraben. Ist 56 Jahr in Königlichen Diensten gewesen und alt worden 75 Jahr, 8 Monath, 2 Wochen.“ Die Tatsache, daß der berühmte Oberlandbaumeister in der Friedrichstädter Kirche seine letzte Ruhestätte gefunden hat, war nie ein Geheimnis; ist ja in dem alten Dresdner Geschichtsfreunden wohlbekannten „Kern Dreßdnischer Merkwürdigkeiten Nr. II vom Januar 1736“ über Tod und Begräbnis P's. ausführlich berichtet. U. a. wird dort mitgeteilt: „Die Friedrichstädter Gemeinde hat in langen Trauermänteln bey der“ – am Anfange der heutigen Friedrichstraße 1830 neuerbauten und 1895 abgebrochenen – „Ostraischen Weißeritz-Brücke die Leiche angenommen und biß zur Kirchen begleitet zu besonderer Dankbarkeit, weile der Hochseelige zu deren Erbauung nicht wenig contribuiret, sowie es auch seine Erben zur Auszierung derselben gethan.“ – Auch die gern benutzte Dresdner Chronik von Klemm und Hilscher macht auf Seite 575 kürzere Angaben über Tod und Begräbnis P's., erklärt aber ebenfalls: „Die Leiche wurde am 20. Januar abends bei Fackelschein nach der Friedrichstädter Kirche gebracht, wo P. sich eine Gruft erbaut hatte.“ Bemerkt sei noch, daß diese gelegentlich des im Jahre 1875 erfolgten Einbaues der Kirchenheizungsanlage vermauert worden ist.
Aber nicht nur die letzte Ruhestätte, sondern auch ein Bild des gefeierten Künstlers ist bekannt und vorhanden. Beutel bietet in seinem Werke „Bildnisse hervorragender Dresdner aus fünf Jahrhunderten. Erste Reihe“ eine getreue Nachbildung davon und bemerkt zu dieser folgendes: „Miniatur (2,5:2 cm) auf Papier in silbernem Medaillon (Stadtmuseum). Auf der Rückseite des Bildnisses steht von einer alten Hand geschrieben. Ober Land Baumeister Poeppelmann. Das Bildnis befand sich im Besitz einer von dem Künstler abstammenden Familie und ist 1894 dem Stadtmuseum geschenkweise übergeben worden. Ein weiteres Bildnis ist nicht bekannt.“
[31] Was nun schließlich die wichtige Frage nach der Wohnung P's. betrifft, so ist zunächst festzustellen, daß er in den Geschoßbücherauszügen als Hauseigentümer keine Erwähnung findet. Er hat mit seiner Familie also eine Mietwohnung innegehabt. Auf die Frage, in welcher Gasse diese gewesen sei, antwortet der kurze Eintrag auf dem Totenzettel der Kreuzkirche vom 20. Januar 1736, der folgenden Wortlaut hat: „Herr Matthaeus Daniel Pöppelmann, Königl. Pol. und Churf. Sächß. wohlverdienter Ober Land Baumeister und geheimbder Cämmerirer, 75½ Jahr alt, Verzehrung, Schloßgasse, wurde abends mit gebräuchlichen Ceremonien nach Neustadt Ostra in die Kirche, in sein eigen Begräbnis beygesetzet.“ Da auf diesem Zettel der Name des Hauswirtes, bei dem der Verstorbene wohnte, nicht genannt wird, ist leider die Möglichkeit entzogen, P's. Wohnung sicher anzugeben.
Im vorliegenden Falle mag eine Vermutung nicht unausgesprochen bleiben. Sie stützt sich auf eine Abschrift, die Herr C. Hollstein von Blatt 85 des 19. Amtshandelsbuches des Kurf. Amtes Dresden (im Archiv des Königl. Amtsgerichtes Dresden-Altstadt) anfertigte und mir zur Verwertung gütigst überließ. Zufolge dieser Abschrift „verkaufte am 8. März 1719 Frau Oberlandbaumeister Anna Christine Pöppelmann, geb. Ottin (Otto), an ihre zwei Stieftöchter, die dritte und die jüngste Tochter des Oberlandbaumeisters P. ihre Gerade[1] für 1000 Rthlr. Bei Confirmation dieses Kaufes bekundet der Commissionsrath und Oberamtmann des Kurf. Amtes Dresden, daß er auf Erfordern der Frau Oberlandbaumeister P. zur Schließung des Gerade-Kaufes sich in ihre auf der Schloßgasse allhier habende Behausung begeben habe, wo deren Eheliebster, der Herr Oberlandbaumeister P. zugegen gewesen.“ Wie mitgeteilt, war dessen zweite Gattin eine geborene Otto. Nun ist, wie sich aus den Geschoßbücherauszügen ergibt, das Haus jetzt Schloßstraße 11 (O.-Nr. 724) seit hundert Jahren unter dem Namen „Stadt Gotha“ als vielbesuchter Fremdenhof bekannt, über hundert Jahre das Eigentum einer Familie Otto gewesen. Das erste Glied derselben, das hierbei in Frage kommt, war laut Kontraktbuch von 1767 Bl. 19 der kurfürstliche Vorwerksverwalter zu Ostra Johann Gottfried Otto. Von ihm erbte sein Sohn, ebenfalls ein Johann Gottfried Otto, aber kurfürstlicher Holzverwalter, 1692 das Haus an der Schloßgasse und besaß es Jahrzehnte und gerade zu jener Zeit, als P. in Dresden wirkte. Vielleicht hätte der Schluß viel Wahrscheinlichkeit für sich, daß dieser zweite Otto des berühmten Oberlandbaumeisters Schwiegervater war, der in seinem geräumigen Hause dem Schwiegersohn eine geeignete Wohnung eingeräumt hatte. Könnte man diese Annahme als richtig gelten lassen, dann würde auch die ausgesprochene Vorliebe P's. für die Friedrichstadt durch seine Familienbeziehungen verständlich. – Wie gesagt, ist diese Darlegung nur eine Vermutung, deren Richtigkeit vielleicht später einmal nachgewiesen werden kann.
[32] Zum Schlusse möge noch darauf hingewiesen werden, daß P. auch außerhalb Dresdens an hervorragenden Bauwerken tätig gewesen ist. Das Schloß Moritzburg baute er um und erweiterte es. Er muß während dieser umfänglichen Arbeit längere Zeit wohl in Moritzburg gewohnt haben, denn sein letzter Wille vom 18. Juli 1735 wurde am 12. Februar 1736 vom Amte Moritzburg bekanntgegeben.
- ↑ Im älteren deutschen Recht waren Gerade solche Gegenstände, die nur von einer Frau verwendet werden, wie Kleider, Wäsche, Schmuck usw.